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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
H 20/02 
 
Urteil vom 23. Januar 2003 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Grunder 
 
Parteien 
R.________, 1941, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 19. Dezember 2001) 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1941 geborene R.________ übt die Tätigkeit eines Unternehmensberaters (Kader- und Personalentwicklung, Managementberatung und -training) aus und ist als Selbstständigerwerbender der Ausgleichskasse des Kantons Zürich angeschlossen. Das Kantonale Steueramt Zürich meldete am 31. Mai 1999 gestützt auf eine rechtskräftige Steuerveranlagung ein Einkommen von Fr. 110'957.- für das Jahr 1993 und von Fr. 74'663.- für das Jahr 1994 bei einem am 1. Januar 1995 in den Betrieb investierten Eigenkapital von Fr. 0.-. Aufgrund dieser Angaben ermittelte die Ausgleichskasse ein beitragspflichtiges Erwerbseinkommen im Durchschnitt der Jahre 1993 und 1994 von Fr. 92'800.- (abgerundet) und setzte gestützt darauf mit zwei Nachtragsverfügungen vom 28. Oktober 1999 die persönlichen Sozialversicherungsbeiträge für die Periode 1996/1997 auf je Fr. 8'816.40 (zuzüglich Verwaltungskosten von je Fr. 264.60) fest. 
B. 
Hiegegen reichte R.________ Beschwerde ein und beantragte, die Beiträge für die Periode 1996/1997 seien auf der Grundlage eines Einkommens von Fr. 72'896.- festzusetzen. Pendente lite beantwortete das Kantonale Steueramt eine Anfrage der Ausgleichskasse mit einem als "Rektifikat" der Steuermeldung vom 31. Mai 1999 bezeichneten Schreiben vom 23. Dezember 1999, gemäss welchem das Erwerbseinkommen von 1993 auf Fr. 134'559.- und dasjenige von 1994 auf Fr. 93'450.- heraufzusetzen seien. Erläuternd zu diesen Angaben wurde bemerkt, die von R.________ in den Steuerdeklarationen abgezogenen Aufwendungen der "kunstmalenden" Ehefrau hätten richtigerweise bei der Ermittlung des steuerbaren Bruttoeinkommens wieder hinzugerechnet werden müssen, womit sich die ursprüngliche Steuermeldung als unrichtig erweise. Die Ausgleichskasse erliess daraufhin pendente lite eine Wiedererwägungsverfügung (vom 16. März 2000), mit welcher sie das beitragspflichtige jährliche Einkommen neu auf Fr. 114'000.- und gestützt darauf die Beiträge der Periode 1996/1997 auf je Fr. 10'830.- (zuzüglich Verwaltungskosten von je Fr. 325.20) festsetzte. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich nahm diese Wiedererwägungsverfügung als Antrag im hängigen Beschwerdeverfahren entgegen und wies, nach Androhung der reformatio in peius, die Beschwerde ab mit der Feststellung, dass R.________ 1996 und 1997 auf einem Einkommen von je Fr. 114'000.- Sozialversicherungsbeiträge schulde. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt R.________, "der von der Einzelrichterin festgesetzte Betrag von Fr. 114'000.- als beitragspflichtiges Einkommen für die Jahre 1996 und 1997 sei um Fr. 30'234.- (Durchschnitt der Kunsterlöse in den Jahren 1993 und 1994) auf Fr. 83'766.- zu reduzieren." Gleichzeitig legt er die Geschäftsbuchhaltung der Jahre 1993 und 1994 auf. Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung. 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
1.1 Da keine Versicherungsleistungen streitig sind, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Entscheid Bundesrecht verletzt, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
 
Ferner ist Art. 114 Abs. 1 OG zu beachten, wonach das Eidgenössische Versicherungsgericht in Abgabestreitigkeiten an die Parteibegehren nicht gebunden ist, wenn es im Prozess um die Verletzung von Bundesrecht oder um die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts geht. 
1.2 Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglichkeit, im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht neue tatsächliche Behauptungen aufzustellen oder neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend eingeschränkt. Nach der Rechtsprechung sind nur jene neuen Beweismittel zulässig, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte erheben müssen und deren Nichterheben eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 121 II 99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinweisen). 
2. 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Bereich der Alters- und Hinterlassenenversicherung geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: vom 28. Oktober 1999) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar. 
3. 
Nach Art. 23 Abs. 1 AHVV obliegt es in der Regel den Steuerbehörden, das für die Berechnung der Beiträge Selbstständigerwerbender massgebende Erwerbseinkommen auf Grund der rechtskräftigen Veranlagung für die direkte Bundessteuer und das im Betrieb investierte Eigenkapital auf Grund der entsprechenden rechtskräftigen kantonalen Veranlagung zu ermitteln. Die Angaben der Steuerbehörden hierüber sind für die Ausgleichskassen verbindlich (Art. 23 Abs. 4 AHVV). 
 
Nach der Rechtsprechung begründet jede rechtskräftige Steuerveranlagung die nur mit Tatsachen widerlegbare Vermutung, dass sie der Wirklichkeit entspreche. Da die Ausgleichskassen an die Angaben der Steuerbehörden gebunden sind und das Sozialversicherungsgericht grundsätzlich nur die Kassenverfügung auf ihre Gesetzmässigkeit zu überprüfen hat, darf das Gericht von rechtskräftigen Steuertaxationen bloss dann abweichen, wenn diese klar ausgewiesene Irrtümer enthalten, die ohne weiteres richtig gestellt werden können, oder wenn sachliche Umstände gewürdigt werden müssen, die steuerrechtlich belanglos, sozialversicherungsrechtlich aber bedeutsam sind. Blosse Zweifel an der Richtigkeit einer Steuertaxation genügen hiezu nicht; denn die ordentliche Einkommensermittlung obliegt den Steuerbehörden, in deren Aufgabenkreis das Sozialversicherungsgericht nicht mit eigenen Veranlagungsmassnahmen einzugreifen hat. Die selbstständigerwerbenden Versicherten haben demnach ihre Rechte, auch im Hinblick auf die AHV-rechtliche Beitragspflicht, in erster Linie im Steuerjustizverfahren zu wahren (BGE 110 V 86 Erw. 4 und 370 f., 106 V 130 Erw. 1, 102 V 30 Erw. 3a; AHI 1997 S. 25 Erw. 2b mit Hinweis). 
4. 
Streitig ist einzig die Höhe des der Beitragsfestsetzung zugrunde zu legenden Erwerbseinkommens für die Beitragsperiode 1996/97. 
4.1 Im kantonalen Verfahren hat der Beschwerdeführer zunächst geltend gemacht, die Sozialversicherungsbeiträge seien aufgrund des steuerbaren Einkommens festzusetzen. Die Vorinstanz hat hinsichtlich dieses Einwandes die Verfügungen der Ausgleichskasse vom 28. Oktober 1999 mit der zutreffenden Begründung geschützt, die steuerrechtlich zulässigen Abzüge für Sozialversicherungsbeiträge müssten zum gemeldeten Einkommen der Steuerbehörde im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. d 2. Satz AHVG wieder aufgerechnet werden. Nicht zu beanstanden ist sodann die Erwägung, die vom Beschwerdeführer geltend gemachten, steuerlichen Korrekturen des privaten Liegenschaftenunterhalts seien AHV-rechtlich unbeachtlich. Es wird auf den angefochtenen Entscheid verwiesen. 
4.2 Der Beschwerdeführer bringt wie schon im vorinstanzlichen Verfahren vor, er habe zur Akquirierung neuer Mandate Kunstausstellungen organisiert, weshalb die hiezu notwendigen Aufwendungen als Gewinnungskosten von den Einnahmen abzuziehen seien. Sollten diese Abzüge unzulässig sein, so dürften die Erlöse aus den Kunstausstellungen auch nicht als Einnahmen in die Ermittlung des massgeblichen Einkommens einbezogen werden. 
 
Demgegenüber hat die Vorinstanz erwogen, es sei nicht nachzuvollziehen, inwiefern der Beschwerdeführer im Rahmen seiner selbständigen Erwerbstätigkeit im Bereich der Kader- und Personalentwicklung, Managementberatung und -training auch Kunstausstellungen zu organisieren habe. Er habe es unterlassen, sich mit dem Vorhalt der unerklärbaren Kosten für Rahmen und Malutensilien, Kunst-Abos und Akademie sowie Promotion auseinander zu setzen. Diese seien aufgrund der Aktenlage nichts Anderem als dem Hobby der kunstmalenden Ehefrau zuzuordnen. Daher sei erstellt, dass die ursprünglich vom Kantonalen Steueramt am 31. Mai 1999 gemeldete Einschätzung klar ausgewiesene Irrtümer enthalten habe, die ohne Weiteres aufgrund der Steuerakten richtig gestellt werden könnten. 
4.3 Auf dem Beiblatt zum Rektifikat des Steueramtes vom 23. Dezember 1999 wird zutreffend dargelegt, dass in der ersten Steuermeldung vom 31. Mai 1999 die Aufwendungen der Kunst malenden Ehefrau von Fr. 23'602.- für das Jahr 1993 und Fr. 18'787.- für 1994 zu Unrecht vom Einkommen des Beschwerdeführers abgezogen worden sind. Um welche Aufwendungen es dabei geht, hat der Beschwerdeführer in Ziffer 10 seiner Aufstellungen der übrigen Betriebsunkosten vom 20. März 1994 und 28. März 1995 angegeben. Wegen dieses offensichtlichen Fehlers kann für die Berechnung der Beiträge nicht auf die Steuermeldung vom 31. Mai 1999 abgestellt werden (siehe Erw. 3). 
 
Indessen macht der Beschwerdeführer wie schon im kantonalen Verfahren geltend, wenn schon die im Zusammenhang mit den Kunstausstellungen stehenden Aufwendungen nicht abgezogen werden könnten, seien die dabei erzielten Erlöse von Fr. 34'521.- im Jahre 1993 und von Fr. 25'946.60 im Jahre 1994 seinem Einkommen nicht hinzu zu rechnen. Die Vorinstanz hat hiezu erwogen, es sei auf Grund der Steuerakten nicht ausgewiesen, dass die Kunstausstellungen Erlöse eingebracht hätten. Der Beschwerdeführer belege zudem seinen Einwand in keiner Weise. Er habe bloss eine Aufstellung der Honorareinnahmen für den Zeitraum von 1991 bis 1999 mit jeweils einem Anteil "Ausstellungserlös" aufgelegt, aus welcher sich keine entsprechenden Anhaltspunkte ergäben. Den vorinstanzlichen Erwägungen kann nicht gefolgt werden. Das Steueramt hat bei der Abfassung des Rektifikats vom 23. Dezember 1999 übersehen, dass in den deklarierten Einkommen des Beschwerdeführers Erlöse aus Kunstausstellungen im Betrage von Fr. 34'521.- für das Jahr 1993 und von Fr. 25'946.60 im Jahre 1994 enthalten waren. Die Belege, aus welchen sich diese Einkommenszahlen ergeben, hat der Beschwerdeführer erst im letztinstanzlichen Verfahren eingereicht. Unter den gegebenen Umständen - der Beschwerdeführer hat im kantonalen Verfahren die Einkommenszahlen genau beziffert und dem Gericht lagen die Steuerakten vor - wäre die Vorinstanz auf Grund der bestehenden Anhaltspunkte gemäss Art. 85 Abs. 2 lit. c AHVG verpflichtet gewesen, entsprechende Beweismittel von Amtes wegen zu erheben und den Beschwerdeführer aufzufordern, Belege einzureichen. Daher liegt eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften vor, weshalb es sich bei den letztinstanzlich aufgelegten Beweismittel nicht um unzulässige Noven handelt (siehe Erw. 1.2). 
 
Aus den letztinstanzlich aufgelegten Belegen ergibt sich, dass aus dem Verkauf von Bildern 1993 ein Erlös von Fr. 34'521.- und 1994 von Fr. 25'946.60 erzielt wurde. Diese Zahlen stimmen genau mit den Angaben der im kantonalen Verfahren eingereichten Aufstellung der Honorareinnahmen von 1991 bis 1999 überein, so dass darauf abgestellt werden kann. Die vom Beschwerdeführer erzielten Einkommen lassen sich somit genau ermitteln (1993: Fr. 100'038.- und 1994: Fr. 67'503.-), weshalb die Sache an die Verwaltung zurückzuweisen ist, damit sie für die Jahre 1996 und 1997 neue Verfügungen erlasse. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 19. Dezember 2001 und die zwei Verwaltungsverfügungen vom 28. Oktober 1999 aufgehoben und die Sache wird an die Ausgleichskasse des Kantons Zürich zurückgewiesen, damit sie die Sozialversicherungsbeiträge des Beschwerdeführers für die Jahre 1996 und 1997 im Sinne der Erwägungen festsetze. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 900.- werden der Ausgleichskasse des Kantons Zürich auferlegt. 
3. 
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 900.- wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 23. Januar 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: