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[AZA 0/2] 
1P.595/2000/boh 
 
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG 
********************************** 
 
23. März 2001 
 
Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, 
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter 
Féraud, Ersatzrichter Loretan und Gerichtsschreiber Haag. 
 
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In Sachen 
Z.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Markus Lüthi, Schwarztorstrasse 56, Postfach 530, Bern, 
 
gegen 
Fischereipachtvereinigung Thun, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprecher-Rechtsanwalt K. Urs Grütter, Moosstrasse 2, Gümligen, Einwohnergemeinde Thun, handelnd durch den Gemeinderat, Regierungsstatthalter von Thun, Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, 
 
betreffend 
Art. 8 und 9 sowie 26 und 29 BV (Willkür, 
Eigentumsgarantie; unentgeltliche Prozessführung), hat sich ergeben: 
 
A.- Z.________ ist seit 1995 Eigentümer der an der äusseren Aare gelegenen Parzelle Nr. 4185 an der Scheibenstrasse 4 in Thun, auf welcher die Villa zur Schützenlinde steht. Es handelt sich dabei um das frühere Direktorenhaus auf dem Selve-Areal. Entlang der äusseren Aare führt der Reckweg, der seit dem 1. Juni 1912 zu Gunsten der Einwohnergemeinde Thun und zu Lasten der Parzelle Nr. 4185 durch eine privatrechtliche, ins Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit gesichert ist. 
 
Auf dem Selve-Areal ist nach der Stilllegung der dort bis in die achtziger und frühen neunziger Jahre betriebenen Fabrik als Übergangsnutzung ein Vergnügungsviertel entstanden. Am 25. Juni 1995 genehmigten die Stimmberechtigten der Einwohnergemeinde Thun die Überbauungsordnung Scheibenstrasse, gemäss welcher nach Durchführung einer Altlastensanierung ein Teil des fraglichen Gebiets mit Wohn- und Gewerbebauten hätte neu überbaut werden sollen, während im ufernahen Bereich ein Park, ein Kindergarten und ein Museum in einer unter Schutz gestellten Fabrikhalle vorgesehen war. 
 
Die Überbauungsordnung wurde vom kantonalen Amt für Gemeinden- und Raumordnung am 30. Mai 1996 genehmigt und damit rechtskräftig. Ihre Umsetzung verzögerte sich jedoch, weil die erforderlichen Investoren ausblieben. Ihre Verwirklichung ist heute fraglich. Der Regierungsstatthalter von Thun hat die zunächst bis August 2000 befristeten Bewilligungen für die Freizeit- und Vergnügungseinrichtungen auf dem Selve-Areal bis Ende 2003 verlängert. 
 
Als unerfreuliche Begleiterscheinung der Übergangsnutzung des Selve-Areals sah sich Z.________ verschiedenen Unannehmlichkeiten ausgesetzt. Insbesondere wurde der Reckweg zwischen der alten Aare und seinem Haus häufig verschmutzt bzw. als Toilette missbraucht und für Drogenkonsum verwendet. Im Mai 1997 traf die Einwohnergemeinde Thun mit Z.________ eine Vereinbarung über eine versuchsweise Schliessung des Reckwegs während der Nacht. Nach Ablauf des Versuchs verlangte Z.________ die vollständige Schliessung des Reckwegs. Im August 1998 beschloss die Einwohnergemeinde Thun im Bereich der Villa zur Schützenlinde die provisorische befristete Schliessung des Reckweges (Tag und Nacht) bis längstens 31. Juli 2000. Das kantonale Fischereiinspektorat und die Fischereipachtvereinigung Thun setzten sich gegen die vollständige Schliessung des Weges zur Wehr. 
Am 6. August 1999 beschloss die Einwohnergemeinde Thun u.a., der Uferweg sei bis spätestens am 1. August 2000 wieder dauernd zu öffnen. Bis zur Öffnung sei den Angelfischern der Zugang zum Wasser vom 16. März bis zum 31. Dezember tagsüber an durchschnittlich zwei Tagen pro Woche zu gewährleisten. 
 
B.- Z.________ gelangte gegen diesen Beschluss an den Regierungsstatthalter von Thun, der die Beschwerde am 29. Januar 2000 abwies, soweit er darauf eintrat. Das Verwaltungsgericht wies die von Z.________ hiergegen erhobene Beschwerde am 16. August 2000 ab, soweit sie nicht gegenstandslos geworden war. Gleichzeitig lehnte es das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Prozessführung ab. 
 
 
C.- Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat Z.________ am 18. September 2000 staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. 
Gleichzeitig ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung. Er rügt die Verletzung der Eigentumsgarantie, des Willkürverbots und des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege. 
Der Regierungsstatthalter von Thun, das Verwaltungsgericht, die Stadt Thun und die Fischereipachtvereinigung Thun beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit überhaupt darauf einzutreten sei. 
 
D.- Der Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung hat der Beschwerde am 16. Oktober 2000 aufschiebende Wirkung beigelegt. 
 
E.- Am 31. Oktober 2000 ersuchte der Beschwerdeführer um die Anordnung eines zweiten Schriftenwechsels. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt und geben zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass. Entgegen der Auffassung der privaten Beschwerdegegnerin kann der Beschwerdeführer als betroffener Grundeigentümer mit staatsrechtlicher Beschwerde rügen, der angefochtene letztinstanzliche Entscheid verletze ihn in verfassungsmässigen Rechten, ohne dass er auf den Zivilweg zu verweisen wäre (Art. 84 und 86 Abs. 1 OG). 
 
b) Die Beschwerdeantworten beschränken sich, soweit sie sich materiell äussern, auf eine Stellungnahme zu den durch die Beschwerde aufgeworfenen Fragen. Es besteht kein Anlass für einen - gemäss Art. 93 Abs. 3 OG nur ausnahmsweise durchzuführenden - zweiten Schriftenwechsel. 
 
c) Der Sachverhalt ergibt sich hinreichend klar aus den Akten, weshalb auf den beantragten Augenschein verzichtet werden kann. 
 
2.- Das Verwaltungsgericht hat gestützt auf das kantonale Gesetz vom 6. Juni 1982 über See- und Flussufer (SFG, BSG 704. 1) erwogen, aus öffentlich-rechtlicher Sicht bestehe auf der Parzelle Nr. 4185 dem Aareufer entlang ein rechtskräftig ausgeschiedener öffentlicher Uferweg. Der Beschwerdeführer hält diese Gesetzesauslegung für willkürlich. 
 
a) Willkür liegt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht schon vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder sogar vorzuziehen wäre. 
Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen materieller Rechtsverweigerung nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür liegt nur vor, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 125 II 129 E. 5b S. 134 mit Hinweis). 
 
b) Gemäss Art. 2 SFG erstellen die Gemeinden unter anderem für den Thunersee und die Aare vom Brienzersee flussabwärts Uferschutzpläne. Der Uferschutzplan legt namentlich einen Uferweg fest (Art. 3 Abs. 1 Bst. b SFG). Gemäss Art. 4 Abs. 2 SFG muss der Uferweg durchgehend sein und unmittelbar dem Ufer entlang führen, soweit nicht die Topographie oder bestehende Bauten es verunmöglichen, überwiegende Interessen des Natur- und Ortsbildschutzes entgegenstehen oder eine andere Linienführung attraktiver ist. Er soll möglichst verkehrsfrei sein. 
 
Mit der Überbauungsordnung Areal Scheibenstrasse hat die Einwohnergemeinde Thun im fraglichen Bereich einen Uferweg festgelegt und ihn als bestehend bezeichnet. 
 
c) Der Beschwerdeführer wendet ein, der Uferweg sei nicht durchgehend. Die private Beschwerdegegnerin bestreitet dies. Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben, da jedenfalls unbestritten ist, dass gemäss der Überbauungsordnung eine durchgehende Führung des Uferwegs vorgesehen ist und da Art. 4 Abs. 2 SFG im Übrigen Ausnahmen zulässt. 
 
Der Beschwerdeführer behauptet, die Tatsache, dass das an sein Grundstück angrenzende, als Parkareal vorgesehene Grundstück versteigert werden solle, statt wie geplant ins Eigentum der Stadt Thun überzugehen, stehe einer Realisierung des Uferweges entgegen. Ob diese Behauptung zutrifft, ist fraglich. Es ist durchaus möglich, dass die Überbauungsordnung Areal Scheibenstrasse nicht wie vorgesehen realisiert wird. Das ändert nichts am gesetzlichen Auftrag der Gemeinde Thun, entlang der Aare einen Uferweg auszuscheiden. Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass auch eine allfällige neue Ordnung, welche die derzeit gültige Überbauungsordnung ablöst, einen Uferweg vorsehen wird. Überdies ändert der Einwand des Beschwerdeführers nichts an der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass zur Zeit auf Parzelle Nr. 4185 ein rechtskräftig ausgeschiedener öffentlicher Uferweg besteht. 
 
Dasselbe gilt für die weiteren Einwände des Beschwerdeführers, der wiederholt, die Überbauungsordnung Areal Scheibenstrasse könne in der vorgesehenen Form nicht verwirklicht werden, und geltend macht, der Reckweg genüge den sicherheitstechnischen Anforderungen nicht und eine Entfernung der Tore mache nur Sinn bei Umsetzung der Überbauungsordnung Areal Scheibenstrasse. Alle diese Vorbringen lassen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum rechtlichen Status des Uferwegs auf Parzelle Nr. 4185 nicht als willkürlich erscheinen. 
 
3.- Weiter ist umstritten, ob es zur rechtlichen Sicherung des Uferwegs in Übereinstimmung mit Art. 6 SFG einer förmlichen Enteignung des Beschwerdeführers bedarf oder ob die Stadt Thun bereits gestützt auf die bestehende Dienstbarkeit über die erforderlichen Rechte zur Offenhaltung des Uferwegs verfügt. 
 
a) Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang vorfrageweise den Inhalt der Dienstbarkeit untersucht. 
Es hat die Argumentation des Regierungsstatthalters übernommen und festgestellt, dass im Jahr 1912, als die Dienstbarkeit errichtet bzw. eingetragen wurde, der Gütertransport auf der Aare und damit das Recken von Flössen und Schiffen bereits seit einigen Jahrzehnten eingestellt worden war. Es sei aber nicht anzunehmen, dass die Stadt Thun sowie die damalige Grundeigentümerin im Jahr 1912 eine sinnlose Dienstbarkeit errichtet hätten. Daher sei es schon damals beim Reckweg um die Sicherung der durchgehenden Begehbarkeit der Aarewege zwischen Bern und Thun gegangen. Tatsächlich sei der Reckweg denn auch von der Öffentlichkeit in Anspruch genommen worden. Somit handle es sich um einen öffentlichen Uferweg, für dessen Sicherung es keines Enteignungsverfahrens mehr bedürfe. Ergänzend weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass auch eine engere Auffassung über die Bedeutung der Dienstbarkeit, die auf den Unterhalt des Ufers und das Recken von Schiffen und Flössen beschränkt wäre, jedenfalls voraussetzen würde, dass der Reckweg jederzeit zugänglich sei, was einer zeitweisen oder gänzlichen Schliessung durch Tore entgegenstehe. 
 
b) Der Beschwerdeführer macht geltend, die Stadt Thun habe den Inhalt der Dienstbarkeit in einem zivilrechtlichen Verfahren klären zu lassen, wenn sie die Meinung vertrete, das ihr zustehende Reckwegrecht werde beschnitten. Er stellt damit die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts zur Auslegung des Inhalts der Dienstbarkeit in Frage. 
 
Es besteht kein Zweifel, dass die Bestimmung des Inhalts und des Umfangs einer Dienstbarkeit grundsätzlich dem Zivilrichter obliegt. Das Verwaltungsgericht hat den Inhalt der Reckweg-Dienstbarkeit als Vorfrage zur Beantwortung der öffentlichrechtlichen Frage, ob für die Offenhaltung des Uferwegs ein Enteignungsverfahren erforderlich sei, geprüft. Zur Beurteilung solcher zivilrechtlicher Vorfragen ist das Verwaltungsgericht unter Vorbehalt abweichender gesetzlicher Regelung befugt, solange die für die Auslegung der Dienstbarkeit zuständige Behörde noch nicht darüber entschieden hat (vgl. BGE 120 V 378 E. 3a S. 382; Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, Bern 1997, N. 5 zu Art. 5, N. 10 zu Art. 8 und N. 3 zu Art. 74). 
 
Der Beschwerdeführer behauptet nicht, das Verwaltungsgericht habe eine abweichende gesetzliche Regelung oder den Entscheid einer zuständigen Behörde missachtet. Er behauptet auch nicht, das verwaltungsgerichtliche Verfahren hätte bis zur Klärung der Vorfrage durch den Zivilrichter sistiert werden müssen, obwohl dazu Anlass bestand, da der Vorfrage massgebliche Bedeutung für die Notwendigkeit eines Enteignungsverfahrens zuzusprechen ist (vgl. Merkli/ Aeschlimann/Herzog, a.a.O., N. 3f. zu Art. 38). Der Beschwerdeführer bezeichnet das Vorgehen des Verwaltungsgerichts als "klar rechtswidrig und willkürlich", ohne sich mit den einschlägigen prozessualen Vorschriften auseinander zu setzen. Dies genügt den Begründungsanforderungen einer staatsrechtlichen Beschwerde nicht (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 125 I 71 E. 1c S. 76). Ein Blick in die kantonale Verwaltungsgerichtsbeschwerde zeigt zudem, dass der Beschwerdeführer selbst die vorfrageweise Beurteilung des Inhalts der Dienstbarkeit durch das Verwaltungsgericht verlangt hat. Unter diesen Umständen muss der Vorwurf "klarer Rechtswidrigkeit und Willkür" in Bezug auf die Frage der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts zur Beurteilung der zivilrechtlichen Vorfrage nach dem Grundsatz von Treu und Glauben im Verfahren (BGE 121 I 30 E. 6 S. 41; 119 Ia 221 E. 5a S. 228) als unbegründet bezeichnet werden, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann. 
 
c) Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Interpretation der Dienstbarkeit verletze die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV). In der Tat würde in die Eigentumsrechte des Beschwerdeführers eingegriffen, wenn die Einwohnergemeinde Thun den fraglichen Weg für die Öffentlichkeit zugänglich machte, ohne dazu durch das Reckwegrecht berechtigt zu sein und ohne sich die entsprechenden Rechte auf dem Wege des freihändigen Erwerbs oder der Enteignung verschafft zu haben. Zu prüfen ist daher, ob die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers verletzt. Dies hängt von der Auslegung der (privatrechtlichen) Dienstbarkeit, mithin von der Auslegung von Bundeszivilrecht ab. Dabei stellt sich die Frage, ob das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid auf Willkür hin oder aber frei zu prüfen habe. 
Grundsätzlich prüft das Bundesgericht im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde die Anwendung von kantonalem und von eidgenössischem Gesetzesrecht auf Willkür hin (Walter Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Auflage, Bern 1994, S. 164 und 177; BGE 108 Ia 178 E. 2). Eine freie Prüfung nimmt es nur vor, wenn der in Frage stehende Eigentumseingriff schwer wiegt, was in der Regel der Fall ist, wenn Grundeigentum zwangsweise entzogen wird oder wenn durch Verbote und Gebote der bisherige oder künftig mögliche bestimmungsgemässe Gebrauch des Grundstücks verunmöglicht oder stark erschwert wird (BGE 126 I 213 E. 3a S. 218; 124 II 538 E. 2a mit Hinweis; W. Kälin, a.a.O., S. 175). 
 
aa) Der konkret in Frage stehende Eingriff besteht darin, dass ein bestehender Weg, der zwischen dem Haus des Beschwerdeführers und dem Aareufer entlang führt und gemäss der unbestrittenen Auslegung des Reckwegrechts für den Uferunterhalt und das Recken von Schiffen offen zu halten ist, auch als öffentlicher Fussweg benützt werden darf. Der damit verbundene Eingriff in das Eigentum wiegt nicht schwer, da es weder um den zwangsweisen Entzug von Eigentum noch um einen anderen schwerwiegenden Eingriff in die Nutzung des Grundstücks geht. Im Streit liegt allein eine gewisse Steigerung der Nutzung eines in beschränktem Umfang ohnehin öffentlichen Weges. Die Nutzung des Hauses als Wohnhaus wird dadurch nicht ernsthaft beeinträchtigt (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 18. Januar 1986, BVR 1986 247 E. 2b). Liegt somit kein schwerer Eingriff vor, hat das Bundesgericht zu prüfen, ob die Erwägungen des Verwaltungsgerichts in diesem Punkt willkürlich sind. Diese Beurteilung ist von der vom Verwaltungsgericht nicht beantworteten Frage zu trennen, ob die gegenwärtigen Missbräuche des Wegs diese Nutzung übermässig beeinträchtigen bzw. eine unzulässige Ausübung des Wegrechts bedeuten. 
 
bb) Der Beschwerdeführer führt aus, die Einwohnergemeinde Thun habe mit dem Reckwegrecht lediglich das Recht auf Zugang für Unterhaltsarbeiten am Ufer und für die Reinigung des Einlaufes des städtischen Gewerbekanals, der sich etwas weiter flussabwärts befindet, erhalten. Diese Auslegung der Dienstbarkeit habe 1912 ihren Sinn gehabt, der bis heute nicht weggefallen sei. Für eine weitere Öffentlichkeit habe der Reckweg im fraglichen Abschnitt nicht offen gestanden, einerseits weil er nicht weiter als bis in das Fabrikareal geführt habe, anderseits weil das Betreten von Fabrikarealen ohnehin unüblich und im konkreten Fall auch untersagt gewesen sei. 
 
Diese Ausführungen stellen eine mögliche Interpretation der Bedeutung der umstrittenen Dienstbarkeit dar. Der Reckweg in das Fabrikareal bis hin zum Einlauf des Industriekanals lässt sich nicht ohne weiteres mit den Uferwegen an der Aare zwischen Bern und Thun vergleichen. Der umstrittene in das Areal der ehemaligen Metallfabrik Selve führende Weg dürfte jedenfalls zur Zeit nicht mit einem öffentlichen Spazierweg gleichzusetzen sein. Auch seit der Fabrikschliessung hat sich der Weg nicht als durchgehender öffentlicher Uferweg etabliert. Gemäss der Lehre sind (Grund-)Dienstbarkeiten grundsätzlich nach der ursprünglichen Zweckbestimmung aufzufassen (Peter Liver, Zürcher Kommentar, N. 15 zu Art. 737 ZGB, vgl. allerdings ebenda N. 20). Es liegt somit die Vermutung nahe, dass der Reckweg im vorliegenden Fall nur für den Unterhalt des Ufers und die Reinigung des Kanaleinlaufs vorgesehen war. Dies dürfte einer objektivierenden Auslegung der damaligen und mithin massgeblichen Bedürfnisse der Berechtigten (vgl. P. Liver, a.a.O., N. 40 und 48 zu Art. 738 ZBG) entsprechen. So betrachtet würde die Nutzung als öffentlicher Uferweg eine geänderte, von der Dienstbarkeit nicht gedeckte Nutzung darstellen. 
 
Die Auffassung des Beschwerdeführers lässt sich - sowenig wie diejenige des Verwaltungsgerichts - auf klare Akten oder andere Beweise stützen. Indessen erscheint die weitergehende Interpretation des Verwaltungsgerichts nicht als willkürlich. Namentlich verstösst es nicht gegen das Willkürverbot, den Sinn der Dienstbarkeit im Licht der allgemeinen Entwicklung der Reckwege und ihrer Nutzung auszulegen. 
Der Beschwerdeführer verweist zudem selbst auf Art. 738 Abs. 2 ZGB, wonach sich der Inhalt der Dienstbarkeit im Rahmen des Grundbucheintrags aus der Art ergeben kann, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist. Über die Nutzung des umstrittenen Reckwegs durch Fussgänger geben die Akten keinen Aufschluss. 
Hingegen lassen sie den Schluss zu, dass der fragliche Aareabschnitt schon seit längerem unangefochten von Fischern aufgesucht wurde, und zwar ungeachtet dessen, dass der Weg offenbar seit nicht näher bestimmter Zeit mit einer Kette abgesperrt gewesen war. Diese Nutzung stellt eine Nutzung durch die Öffentlichkeit dar, die über das vom Beschwerdeführer geltend gemachte Mass hinausgeht. 
 
d) Damit ist die Rüge zu verwerfen, es bedürfe zur Sicherung des Uferwegs eines Enteignungsverfahrens. Vielmehr erscheint es insbesondere auch unter Beachtung der Argumentation des Beschwerdeführers nicht geradezu als willkürlich, das Recht zur Benutzung des Uferwegs durch die Öffentlichkeit bereits aus der fraglichen Dienstbarkeit abzuleiten. 
Dies unabhängig davon, ob die am 21. April 1995 kaufvertraglich ausbedungene Pflicht zur Übertragung des Eigentums am Uferweg auf die Stadt Thun Bestand hat oder nicht. 
 
4.- Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei in treuwidriger und willkürlicher Art davon abgehalten worden, dem Verwaltungsgericht rechtzeitig mitzuteilen, dass die Übergangsnutzung auf dem Selve-Areal bis Ende 2003 verlängert worden sei. Abgesehen davon, dass der Regierungsstatthalter einwendet, der Beschwerdeführer sei schon seit längerem über diese Verlängerung orientiert gewesen, vermag dieser aus seiner Behauptung nichts für sich abzuleiten. Wie das Verwaltungsgericht mit Recht festgestellt hat, ist die Frage, ob die derzeitige Nutzung des Selve-Areals bzw. die damit verbundenen unerfreulichen Auswirkungen auf den Reckweg eine Überschreitung der Dienstbarkeit darstellen, vom Zivilrichter zu entscheiden. Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, würde sie am Bestand der Dienstbarkeit nichts ändern, da die fraglichen Missbräuche keineswegs eine zwingende Folge der Dienstbarkeit darstellen. Es spielt daher keine Rolle, ob das Verwaltungsgericht bei seinem Entscheid Kenntnis davon hatte, dass die Übergangsnutzung verlängert worden war. 
 
5.- Der Beschwerdeführer beanstandet schliesslich, dass ihm das Verwaltungsgericht die unentgeltliche Prozessführung im Sinne von Art. 111 des Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG, BSG 155. 21) verweigert hat. 
Er erblickt darin eine Verletzung von Art. 29 BV
 
a) Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege ergibt sich, soweit das kantonale Recht keine weitergehenden Ansprüche gewährt, heute als Minimalgarantie direkt aus Art. 29 Abs. 3 BV (vgl. BGE 124 I 1 E. 2 zu Art. 4 aBV, mit Hinweis). Art. 4 aBV bzw. Art. 29 Abs. 3 BV verschafft jeder Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, in einem für sie nicht aussichtslosen Verfahren Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und auf Ernennung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands, sofern ein solcher zur gehörigen Interessenwahrung erforderlich ist (BGE 122 I 267 E. 2 mit Hinweisen). Art. 111 Abs. 1 und 2 VRPG gewährleistet keine über Art. 29 Abs. 3 BV hinausgehenden Rechte. Namentlich bestimmt sich der Begriff der bedürftigen Partei nach der Praxis zu Art. 65 VwVG bzw. Art. 152 OG und zu Art. 4 aBV bzw. heute Art. 29 Abs. 3 BV (Merkli/Aeschlimann/Herzog, a.a.O., N. 1 und 3 zu Art. 111), weshalb der geltend gemachte Anspruch gestützt auf die bundesgerichtliche Praxis zu diesen Bestimmungen zu prüfen ist. 
 
b) Nach der Praxis gilt als bedürftig, wer die erforderlichen Prozess- und Parteikosten nur bezahlen kann, wenn er die Mittel angreift, deren er zur Deckung des Grundbedarfs für sich und seine Familie bedarf, wobei nicht nur die Einkommenssituation, sondern auch die Vermögensverhältnisse zu beachten sind. Bei der Beurteilung darf nicht schematisch auf das betreibungsrechtliche Existenzminimum abgestellt werden, sondern sind die individuellen Umstände zu berücksichtigen; auch wenn das Einkommen wenig über dem Betrag liegt, der für den Lebensunterhalt absolut notwendig ist, kann Bedürftigkeit angenommen werden (BGE 124 I 1 E. 2a mit Hinweisen). 
 
c) Der Beschwerdeführer hat im kantonalen Verfahren dargelegt, er verfüge nur über gelegentliche Einnahmen durch das Restaurieren von Möbeln; im Übrigen lebe er von der Veräusserung von Teilen seines Mobiliars. Sein Einkommen reiche zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts nicht aus. 
Dem Gesuch war u.a. das nach kantonalem Recht erforderliche "Zeugnis zur unentgeltlichen Prozessführung in Zivil- und Strafprozesssachen" beigelegt, auf welchem die Steuerverwaltung Thun bestätigte, dass der Gesuchsteller nicht über steuerbares Einkommen oder Vermögen verfügte. Beigelegt war weiter ein Schreiben der Bank des Gesuchstellers, gemäss welchem dieser anstelle der geschuldeten Hypothekarzinsen von über Fr. 40'000.-- pro Jahr vorläufig monatlich Fr. 2'500.-- zu bezahlen hatte, und in welchem die Bank in Aussicht stellte, bei pünktlicher Zahlung dieser Zinsen "einstweilen bis spätestens 31.12.2000 auf die Stellung des Verwertungsbegehrens" zu verzichten. 
 
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Gesuchsteller habe die Liegenschaft 1995 für Fr. 1'100'000.--, aus heutiger Sicht zu teuer, erworben. Sie sei heute, bei einem geschätzten Verkehrswert von Fr. 700'000.--, bei der Bank mit Fr. 924'514.-- belastet. Eine weitere Belastung zur Führung des Prozesses komme nicht in Frage. Aus dem erwähnten Schreiben der Bank folgerte das Verwaltungsgericht, wirtschaftlich betrachtet lasse die Bank die gegenwärtig unklaren Rechtsverhältnisse mittels unentgeltlicher Prozessführung durch den Beschwerdeführer klären, um anschliessend die Liegenschaft verwerten zu lassen. Die Wohnkosten von monatlich Fr. 2'500.--, die der Beschwerdeführer zu zahlen habe und zu zahlen offenbar auch in der Lage sei, seien im Verhältnis zu seinen finanziellen Möglichkeiten offensichtlich übersetzt, so dass nur ein angemessener Teilbetrag zu berücksichtigen sei. Mit der Differenz zu den angemessenen Wohnkosten könne er den vorliegenden Prozess innert einem bis maximal zwei Jahren bezahlen. Wohl sei es dem Gesuchsteller nicht zuzumuten, sein Haus im Hinblick auf den laufenden Prozess zu veräussern. Er könne das sehr grosse Haus jedoch kurzfristig (teilweise) vermieten und damit die Prozesskosten finanzieren. 
 
d) Auch wenn, mangels entsprechender Information durch den Gesuchsteller, das Verwaltungsgericht nicht wissen konnte, dass dieser seine Zinszahlungen an die Bank bereits seit Mai 2000 gänzlich eingestellt hatte, so kann doch den verwaltungsgerichtlichen Erwägungen zur prozessualen Bedürftigkeit des Beschwerdeführers nicht beigepflichtet werden. 
Dieser hat hinreichend dargetan und belegt, dass er im Moment der Beschwerdeführung über kein ordentliches Einkommen verfügte. Sein Haus konnte er weder höher belasten noch verkaufen, um seine Vermögensverhältnisse in Ordnung zu bringen. 
Zu weit geht auch die Folgerung, die Bank lasse die Rechtsverhältnisse mittels unentgeltlicher Prozessführung durch den Beschwerdeführer klären. Die Akten machen hinreichend deutlich, dass der Beschwerdeführer seine eigenen Interessen wahrnimmt. Es mag zutreffen, dass der Beschwerdeführer aus der (teilweisen) Vermietung des Hauses gewisse Einkünfte erzielen könnte. Angesichts der besonderen Situation im Selve-Areal ist aber nicht zu erwarten, dass der Mietertrag höher wäre als die laufend zu bezahlenden Bankzinsen. 
Hätte der Beschwerdeführer versucht, eine günstigere Unterkunft zu mieten, wären die gesamten Kosten für Miete und Hypothekarzins wohl noch höher ausgefallen, auch nach Abzug allfälliger Einnahmen aus der Vermietung der Villa. 
Insofern kann dem Verwaltungsgericht unter den besonderen Umständen dieses Falls nicht gefolgt werden, dass nur ein Teil der zu bezahlenden Hypothekarzinsen zu berücksichtigen sei. Vielmehr muss die prozessuale Bedürftigkeit des Beschwerdeführers bereits im Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht bejaht werden. Die Beschwerde erweist sich diesbezüglich als begründet. Das Verwaltungsgericht wird daher nach Prüfung der übrigen Voraussetzungen neu über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zu entscheiden haben. 
 
6.- Es ergibt sich somit, dass die Beschwerde teilweise gutzuheissen und der angefochtene Entscheid insoweit aufzuheben ist, als das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Prozessführung abgewiesen wurde. Bei diesem Ausgang obsiegt der Beschwerdeführer nur hinsichtlich der Frage der unentgeltlichen Rechtspflege im kantonalen Verfahren, während das Urteil des Verwaltungsgerichts in der Sache bestehen bleibt. Daher wäre ihm eine reduzierte Gerichtsgebühr aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 3 OG). 
 
Der Beschwerdeführer beantragt jedoch auch für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege. 
Da er wie erwähnt als bedürftig zu gelten hat, sein Begehren nicht als aussichtslos erscheint und er zudem auf die Vertretung durch einen Anwalt angewiesen war, sind ihm die Prozesskosten zu erlassen. Zudem ist ihm in der Person seines Anwalts ein unentgeltlicher Rechtsbeistand beizugeben und diesem eine Entschädigung zu Lasten der Kasse des Bundesgerichts zuzusprechen (Art. 152 Abs. 1 und 2 OG). 
 
Nachdem der Beschwerdeführer in der Sache selbst unterliegt, hat er die anwaltlich vertretene private Beschwerdegegnerin für deren prozessualen Aufwand angemessen zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG). Die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege entbindet davon nicht (Thomas Geiser, in: Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl. , Basel 1998, Rz. 1.41). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, und das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. August 2000 wird insoweit aufgehoben, als darin das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Prozessführung abgewiesen wurde. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
 
2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen: 
 
a) es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
b) Fürsprecher Markus Lüthi, Bern, wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter eingesetzt und aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 3'000.-- entschädigt. 
 
3.- Der Beschwerdeführer hat der Fischereipachtvereinigung Thun für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- zu bezahlen. 
4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Fischereipachtvereinigung Thun, der Einwohnergemeinde Thun, dem Regierungsstatthalter von Thun und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 23. März 2001 
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Der Gerichtsschreiber: