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[AZA 7] 
I 510/99 Vr 
 
II. Kammer 
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; 
Gerichtsschreiber Fessler 
 
Urteil vom 23. März 2001 
 
in Sachen 
 
B.________, 1953, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Ulrich Seiler, Falkenhöheweg 20, Bern, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, Bern, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
A.- Der 1953 geborene B.________ ersuchte die Invalidenversicherung im Juli 1992 um Umschulung und eine Rente. Mit Verfügung vom 29. September 1994 lehnte die IV-Stelle Bern das Leistungsbegehren mangels rentenbegründender Erwerbsunfähigkeit ab, was das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 9. August 1995 bestätigte. Auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin hob das Eidgenössische Versicherungsgericht mit Urteil vom 16. April 1996 Entscheid und Verfügung auf und wies die Sache an die IV-Stelle zurück, damit sie nach ergänzenden Abklärungen im Sinne der Erwägungen über den Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung neu befinde. 
Nach beruflicher Abklärung vom 7. bis 30. Juli 1997 in der Eingliederungsstätte Appisberg (BEFAS-Bericht vom 26. August 1997) und nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach die IV-Stelle B.________ mit Verfügung vom 6. März 1998 eine ab 1. November 1992 laufende halbe Invalidenrente (als Härtefallrente) samt Zusatzrente für die Ehefrau und mehreren Kinderrenten zu. 
 
B.- B.________ liess hiegegen Beschwerde erheben, welche das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 30. Juli 1999 abwies, soweit es darauf eintrat. 
 
C.- B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und zur Hauptsache sinngemäss die Zusprechung einer ganzen Invalidenrente beantragen. Im Weitern ersucht er um unentgeltliche Verbeiständung. 
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde anträgt, lässt sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Im Streite liegt der Anspruch auf eine (ganze) Rente der Invalidenversicherung. 
 
2.- Im angefochtenen Entscheid werden die massgeblichen Gesetzesbestimmungen über den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG) sowie über die Bemessung des Invaliditätsgrades bei Erwerbstätigen nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 104 V 136 f. Erw. 2a und b) richtig wiedergegeben. Zutreffend sind auch die Erwägungen zur Bedeutung ärztlicher Auskünfte im Rahmen der Invaliditätsbemessung. Darauf wird verwiesen. 
 
3.- Die Invaliditätsbemessung der Vorinstanz hat einen Invaliditätsgrad von rund 47 % ergeben. Das Valideneinkommen (Fr. 56'003. - für 1997) wird nicht beanstandet. Anlass zu einer näheren Überprüfung dieser Einkommensgrösse besteht nicht (BGE 125 V 417 oben). Im Weitern ist in Bezug auf das Invalideneinkommen (Fr. 29'951. -) zu Recht unbestritten, dass für dessen rechnerische Bestimmung Tabellenlöhne beigezogen werden können. Der Beschwerdeführer war seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Baufirma X.________ AG Ende September 1995 - abgesehen von einem Beschäftigungsprogramm der Arbeitslosenversicherung - keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen. Sodann erscheint aufgrund der Akten fraglich, ob die seit Februar 1992 am alten Arbeitsplatz ausgeübte Funktion als "Ladenreiniger" eine hinreichende Grundlage für das trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung zumutbarerweise noch erzielbare Einkommen bildete (vgl. BGE 126 V 76 f. Erw. 3b). 
 
4.- a) Die Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde richten sich zur Hauptsache gegen die Auffassung des kantonalen Gerichts, wonach für die Beurteilung der zumutbaren Arbeitsleistung und der beruflichen Einsatzmöglichkeiten auf den BEFAS-Bericht vom 26. August 1997 abgestellt werden könne. Dieser sei, wird argumentiert, oberflächlich und stimme mit dem Bild, welches die Abklärung ergeben habe, nicht überein. Danach weise der Versicherte weit unterdurchschnittliche manuelle und intellektuelle Fähigkeiten auf. Es seien sogar Zweifel aufgekommen, ob es ihm überhaupt möglich wäre, den normalen Alltag zu bewältigen. Der Versicherte habe während der Abklärung anhaltend über Beschwerden geklagt, sich als krank bezeichnet und als arbeitsunfähig eingestuft. Eine hypochondrische Entwicklung werde zwar eingeräumt, ohne dass jedoch eine allfällige psychische Überlagerung mit Krankheitswert behauptet oder weiter geprüft worden wäre. Werde weiter berücksichtigt, dass multiple Einschränkungen von den Arbeitsbedingungen her bestehen (keine Arbeiten auf dem Gerüst und in der Nähe von Gruben, kein Kontakt mit gefährlichen Maschinen, keine Arbeiten über Kopf oder in gebückter Haltung), dass der Beschwerdeführer weiter wegen seiner Schwerhörigkeit und mangelnden Sprachkenntnis Instruktionen nicht verstehen könne und zudem an Diabetes leide, sei es schwer, wenn nicht sogar unmöglich, sich eine konkret in Betracht fallende Beschäftigung vorzustellen. 
 
b) Diese Einwendungen entbehren nicht einer gewissen Stichhaltigkeit. In der Tat haben die Abklärungen gezeigt, dass Schwindel nicht nur bei Arbeiten über dem Boden (auf Gerüsten und Leitern) auftritt, sondern auch bei Verrichtungen in gebückter Stellung. Dies setzt hinter die Annahme einer medizinisch-theoretischen Arbeitsfähigkeit von 70 % ganztags mit der Möglichkeit von Entlastungspausen bei einfacheren Hilfsarbeiten gemäss BEFAS-Bericht vom 26. August 1997 ein Fragezeichen, zumal diese Einschätzung hauptsächlich auf der Beobachtung beruht, dass der Beschwerdeführer bei der Gartenarbeit 60 % einer Durchschnittsleistung erbrachte, ohne damit an seiner Belastungsgrenze zu sein zu scheinen. Es kommt dazu, dass diese Beschäftigung im Wesentlichen darin bestand, Komposterde zu holen, zu sieben und schliesslich zum Desinfizieren in einen Tank zu schaufeln. Es handelte sich somit um eine monotone und sehr einfache Arbeit, welche der Beschwerdeführer überdies nur langsam verrichtete. Eine verlangsamte Arbeitsweise wurde im Übrigen auch in den anderen erprobten Tätigkeiten (industrielle Montage, Holzwerkstatt) beobachtet, wobei nicht auszuschliessen ist, dass hiefür allenfalls die auf Grund der Testergebnisse schwachen kognitiven Fähigkeiten und das schlechte räumliche Vorstellungsvermögen mitverantwortlich sind. 
Entgegen den Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann indessen nicht gesagt werden, es sei praktisch unmöglich, für den Beschwerdeführer eine konkrete Beschäftigung zu finden. Es gibt auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt ein genügend breites Spektrum an Betätigungen ohne die hier zu beachtenden Einschränkungen in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, insbesondere keine Sturzgefahr und keine Lärmexposition. Sodann zeigten die Abklärungen, dass der Versicherte durchaus in der Lage war, auch qualitativ bessere Leistungen zu erbringen, so beim Schneiden und Abpacken von Brennholz sowie beim Aufräumen, Reinigen und Sortieren des Verkaufslagers für Holzgegenstände und Spielzeuge. Ebenfalls zeigte er bei der Gartenarbeit im Bericht positiv vermerkte Ansätze für eine zuverlässige, sorgfältige und auch selbstständige Arbeitsweise. Damit stimmt überein, dies in einem gewissen Widerspruch zu den sehr schlechten Testergebnissen, dass der Beschwerdeführer durchaus im Stande war, den Zugsfahrplan zu studieren und zu verstehen. 
 
c) Nach dem Gesagten kann für die Beurteilung der in zeitlicher Hinsicht massgebenden Verhältnisse bis zum Verfügungserlass (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweisen) Anfang März 1998 auf die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit im BEFAS-Bericht vom 26. August 1997 grundsätzlich abgestellt werden. Danach sind körperlich leichte Tätigkeiten, insbesondere einfachere Hilfsarbeiten ohne Sturzgefahr und starke Lärmexposition, bei welchen auch keine gefährlichen Maschinen bedient werden müssen, ganztags zumutbar. Ob der Beschwerdeführer in solchen Verweisungstätigkeiten eine Leistung von 70 % erbringen kann, erscheint aufgrund der beruflichen Abklärung allerdings fraglich. Weitere diesbezügliche Erhebungen sind indessen nicht notwendig, da aufgrund der in allen Arbeitsbereichen erbrachten Leistung unter Berücksichtigung des Einsatzwillens eine Leistung von mindestens 50 % als zumutbar zu bezeichnen ist. Daraus ergibt sich bei sonst unveränderten Bemessungsfaktoren ein Invalideneinkommen von Fr. 21'393. - für 1997 (0,5 x 0,8 x Fr. 53'484. -). Dem entspricht bei einem Valideneinkommen von Fr. 56'003. - eine Erwerbseinbusse von Fr. 34'610. - oder ein Invaliditätsgrad von rund 62 % (Fr. 34'610. -/ Fr. 56'003. - x 100 %). Damit besteht Anspruch auf eine halbe Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 IVG), wie von der IV-Stelle zugesprochen. Daran änderte sich im Übrigen nichts, wenn der höchstzulässige Abzug von 25 % vom massgeblichen Tabellenlohn (vgl. BGE 126 V 75) in Anschlag gebracht würde; auf die diesbezüglichen Einwendungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde braucht daher nicht näher eingegangen zu werden. 
 
5.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). 
Dem Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung kann entsprochen werden, da die Voraussetzungen nach Gesetz (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG) und Rechtspre- chung (BGE 125 V 202 Erw. 4a mit Hinweisen) hiefür erfüllt sind. Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Fürsprecher Ulrich Seiler, Bern, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2000. - (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet. 
 
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 23. März 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: