Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
9C_52/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 23. März 2016  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin, 
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Trütsch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Sebastian Lorentz, 
Beschwerdegegnerin, 
 
BVK Personalvorsorge des Kantons Zürich, Obstgartenstrasse 21, 8006 Zürich. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 9. Dezember 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1963 geborene A.________ war zuletzt vollzeitlich als Wäschereimitarbeiterin tätig. Mit Verfügungen vom 18. Oktober 2002 der IV-Stelle des Kantons Zürich erhielt sie, ausgehend von einer 50%igen Arbeitsfähigkeit, mit Wirkung ab 1. Juli 2002 eine halbe Rente zugesprochen, welche mit Mitteilung vom 22. Oktober 2007 bestätigt wurde. Im Rahmen einer im Jahr 2012 eingeleiteten Überprüfung von Amtes wegen liess die IV-Stelle die Versicherte psychiatrisch und rheumatologisch begutachten (Expertisen vom 29. November 2013 und 21. Januar 2014). Am 10. Juni 2014 verfügte sie die Aufhebung der halben Rente auf Ende des folgenden Monats. 
 
B.   
In Gutheissung der Beschwerde von A.________ hob das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 9. Dezember 2015 - nach Beiladung der BVK Personalvorsorge des Kantons Zürich - die Verfügung vom 10. Juni 2014 auf und stellte fest, dass weiterhin Anspruch auf eine halbe Invalidenrente bestehe. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung. Der Beschwerde sei zudem die aufschiebende Wirkung zu gewähren. 
Das kantonale Gericht schliesst sinngemäss auf Abweisung der Beschwerde. A.________, die BVK Personalvorsorge des Kantons Zürich und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz auf Rüge hin oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 BGG und Art. 97 Abs. 1 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Das kantonale Gericht hat festgestellt, zeitliche Vergleichsbasis für die Beurteilung einer anspruchserheblichen Änderung des Invaliditätsgrades sei die Mitteilung vom 22. Oktober 2007. Der Bericht von Dr. med. B.________, Spezialarzt FMH für Physikalische Medizin und Rehabilitation, speziell Rheumaerkrankungen, vom 16. Oktober 2007 sei zwar knapp gehalten, diesem seien indessen verschiedene seit der Rentenzusprache im Jahr 2002 ergangene Berichte beigelegt gewesen. Auf einen Einkommensvergleich habe bei identischen Verhältnissen und der 50%igen Arbeitstätigkeit gemäss Attest verzichtet werden können.  
Weiter erkannte das kantonale Gericht, der ursprüngliche Grund für die Rentenzusprache sei an sich weggefallen. Gemäss dem rheumatologischen Gutachter hätten sich die Diskushernie L4/5 und die Nervenwurzelirritation, welche damals für die 50%ige Arbeitsunfähigkeit verantwortlich gewesen seien, zurückgebildet. Eine (leicht) verbesserte Situation habe sich bereits im Zeitpunkt der rentenbestätigenden Revision im Jahr 2007 gezeigt. Eine weitere Verbesserung der Rückenpathologie sei bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung aber nicht mehr eingetreten. Im relevanten Bereich des Wirbels L4/5 liege eine Einengung des Foramens vor und es habe sich eine (asymmetrische) Sakralisation beim Lendenwirbelkörper 5 ausgebildet. Sodann lägen neu Befunde im Bereich der Halswirbelsäule (Diskushernie C6/7 mit Einengung des Neuroforamens, linksbetonte mediane Diskusprotrusion Höhe C3/4) vor. Die vom Experten attestierte vollständige Arbeitsfähigkeit sei bloss eine abweichende Beurteilung des praktisch identischen Sachverhalts, was revisionsrechtlich unbeachtlich sei. 
 
2.2. Die Beschwerde führende IV-Stelle rügt, massgeblicher Vergleichszeitpunkt sei nicht die rentenbestätigende Mitteilung vom 22. Oktober 2007, sondern die Verfügungen vom 18. Oktober 2002. Sodann zeige ein Vergleich mit dem aktuellen Gesundheitszustand eine eindeutige Veränderung. Wie die Vorinstanz korrekt festgehalten habe, seien inzwischen die Diskushernie L4/5 und die dadurch ausgelöste Schmerzproblematik, welche Grund für die Rentenzusprache gewesen seien, weggefallen. Damit sei ein Revisionsgrund gegeben.  
 
3.  
 
3.1. Zeitliche Vergleichsbasis für die Beurteilung einer revisionsrechtlich relevanten Änderung des Invaliditätsgrades bildet die letzte rechtskräftige Rentenverfügung, welche auf einer materiellen Prüfung des Anspruchs mit rechtskonformer Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Invaliditätsbemessung beruht (Art. 17 Abs. 1 ATSG; BGE 133 V 108; vgl. auch BGE 130 V 71 E. 3.2.3 S. 75 ff.). Unter einer Sachverhaltsabklärung im Sinne von BGE 133 V 108 muss eine Abklärung verstanden werden, die - wenn sie inhaltlich zu einem anderen Ergebnis führt - geeignet ist, eine Rentenerhöhung, -herabsetzung oder -aufhebung zu begründen (Urteil 8C_441/2012 vom 25. Juli 2013 E. 6.2).  
 
3.2. Im Rahmen der 2007 eingeleiteten Revision von Amtes wegen holte die IV-Stelle lediglich einen Arbeitgeberfragebogen vom 12. September 2007 und einen Bericht des behandelnden Arztes Dr. med. B.________ vom 16. Oktober 2007 ein. Diesem waren noch weitere Arztberichte beigelegt. Dem Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) hat die Verwaltung diese Dokumente nicht zur Stellungnahme unterbreitet. Vielmehr kam die Sachbearbeiterin zum Ergebnis, der Gesundheitszustand habe sich gemäss den Akten nicht verändert. Mit einer Standardformulierung teilte die IV-Stelle am 22. Oktober 2007 sodann mit, es bestehe weiterhin ein Anspruch auf die bisherige Rente.  
Hierbei kann nicht von einer rechtskonformen Sachverhaltsabklärung im Sinne der Rechtsprechung (vgl. E. 3.1 hievor) ausgegangen werden. Die von der Verwaltung getroffenen Vorkehren hätten im Falle eines inhaltlich anderen Ergebnisses eine Rentenerhöhung, -herabsetzung oder -aufhebung nicht zu begründen vermögen. Der Bericht von Dr. med. B.________ vom 16. Oktober 2007 ist äussert knapp gehalten. Nebst spärlichen Angaben zur Befunderhebung fehlen eindeutige Aussagen zur Arbeitsfähigkeit. Der Arzt führte lediglich aus, die Beschwerdegegnerin arbeite 50 % seit Jahren. Angesichts dieser dürftigen Aktenlagen und in Anbetracht, dass ausschliesslich Berichte von behandelnden Ärzten vorlagen, hätte es für eine rechtsgenügliche Abklärung mindestens einer Stellungnahme des RAD bedurft (vgl. Art. 49 Abs. 1 IVV). Damit kann die rentenbestätigende Mitteilung vom 22. Oktober 2007 nicht Vergleichsbasis für die Beurteilung einer revisionsrechtlich relevanten Änderung des Invaliditätsgrades sein, sondern vielmehr die ursprünglichen Rentenverfügungen vom 18. Oktober 2002. 
 
3.3. Der Vergleich des Gesundheitszustandes im Zeitpunkt der Verfügungen vom 18. Oktober 2002 mit jenem bei Rentenaufhebung am 10. Juni 2014 zeigt, dass gemäss - für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlicher (vgl. E. 1 hievor) - vorinstanzlicher Feststellung der ursprüngliche Grund für die Rentenzusprache weggefallen ist. Laut dem rheumatologischen Gutachter haben sich die Diskushernie L4/5 und die Nervenwurzelirritation, welche damals für die 50%ige Arbeitsunfähigkeit verantwortlich gewesen sind, zurückgebildet. Damit ist ein Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG gegeben. Indem das kantonale Gericht einen solchen verneinte, hat es Bundesrecht verletzt. Die Sache ist daher zur allseitigen Prüfung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10 f.; Urteil 9C_522/2015 vom 23. Februar 2016 E. 2) an die Vorinstanz zurückzuweisen.  
 
4.   
Die Beschwerde ist offensichtlich begründet, weshalb sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. b BGG zu erledigen ist. 
Mit dem Entscheid in der Sache ist der Antrag in der Beschwerde um Gewährung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos. 
 
5.   
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 9. Dezember 2015 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der BVK Personalvorsorge des Kantons Zürich, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. März 2016 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Glanzmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Trütsch