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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_1113/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 23. Juni 2014  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann, 
Gerichtsschreiber Egli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Donato Del Duca, 
 
gegen  
 
Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau, Rechtsdienst, Bahnhofplatz 3C, 5001 Aarau 1 Fächer.  
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 22. Oktober 2013. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der marokkanische Staatsangehörige A.________ (geb. 1981) reiste 1991 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein, wo er in der Folge eine Niederlassungsbewilligung zum Verbleib bei seiner Mutter erhielt. 1995 begann A.________ mit dem regelmässigen Konsum von Betäubungsmitteln. Im Zeitraum zwischen 2000 und 2010 ergingen gegen A.________ 21 strafrechtliche Verurteilungen, hauptsächlich wegen Vermögensdelikten sowie Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, aber auch wegen einfacher Körperverletzung. Insgesamt wurde er zu Freiheitsstrafen von rund 17 Monaten, Geldstrafen von insgesamt 135 Tagessätzen und diversen Bussen verurteilt. Die längste Freiheitsstrafe von 6 Monaten datiert aus dem Jahr 2002, die letzte Freiheitsstrafe von 75 Tagen wurde im Mai 2005 und die letzte Geldstrafe von 30 Tagessätzen im November 2010 ausgesprochen. Im Zeitraum zwischen 2000 und 2010 wurde A.________ mehrfach ausländerrechtlich verwarnt bzw. ermahnt. Bis Juli 2013 belief sich die Summe der von ihm bezogenen Sozialhilfeleistungen auf Fr. 294'665.--. Per Anfang März 2011 bestanden offene Betreibungen von über Fr. 6'000.-- und offene Verlustscheine von über Fr. 18'500.--. A.________ ist ledig und kinderlos.  
 
1.2. Am 27. Mai 2011 widerrief das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau die Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Auf Einsprache hin bestätigte das genannte Amt den Entscheid am 20. September 2011. Die anschliessende Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 22. Oktober 2013 ab.  
 
1.3. Vor Bundesgericht beantragt A.________, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Niederlassungsbewilligung ordnungsgemäss zu "verlängern", eventuell die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter sei ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.  
Das Verwaltungsgericht und das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau beantragen die Abweisung der Beschwerde. Die Vernehmlassung des Bundesamtes für Migration (BFM) erfolgte verspätet und bleibt daher unberücksichtigt. 
 
 Am 9. Dezember 2013 hat der Abteilungspräsident der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 Der Beschwerdeführer hat am 3. März 2014 repliziert. 
 
2.  
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, soweit sie überhaupt den gesetzlichen Begründungs- und Rügeanforderungen (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) genügt; sie kann ohne Weiterungen mit summarischer Begründung im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden. 
 
2.1. Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 AuG; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Allerdings wendet sich der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer - ungeachtet des Wortlauts seines Antrages auf "Verlängerung" der Niederlassungsbewilligung - in erster Linie, wenn nicht ausschliesslich, gegen die Zumutbarkeit der Wegweisung (Art. 83 Abs. 4 AuG [SR 142.20]). Dabei scheint er zu übersehen, dass gegen die Wegweisung die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht zulässig ist (Art. 83 lit. c Ziff. 4 AuG; BGE 137 II 305 E. 1.1 S. 307). Auf die hilfsweise erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 BGG) ist nicht einzutreten, da die vom Beschwerdeführer erhobenen (Verfassungs-) Rügen der Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) und der Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) nicht das erforderliche rechtlich geschützte Interesse verschaffen (Art. 115 lit. b BGG; BGE 137 II 305 E. 2 S. 308 u. E. 3.3 S. 310 f.).  
 
2.2. Als echte Noven unberücksichtigt bleiben die nachträglichen Eingaben des Beschwerdeführers zur medizinischen Situation und zum IV-Verfahren sowie die Eingaben des Amtes für Migration und Integration des Kantons Aargau zum Strafverfahren (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 138 II 393 E. 3.5 S. 397).  
 
2.3. Die Vorinstanz hat sich einlässlich zur psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers geäussert, was ihm eine sachgerechte Anfechtung des Entscheids ermöglichte. Damit ist die Vorinstanz ihrer Begründungspflicht nachgekommen (Art. 29 Abs. 2 BV; BGE 136 I 184 E. 2.2.1 S. 188; 133 III 439 E. 3.3 S. 445 mit Hinweisen).  
 
2.4. In der Sache vermengt der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer die Zumutbarkeit der Wegweisung nach Art. 83 Abs. 4 AuG mit der Verhältnismässigkeitsprüfung beim Widerruf der Niederlassungsbewilligung (Art. 63 und 96 AuG). Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Zumutbarkeit der Rückkehr nach Marokko.  
 
2.4.1. Unbestritten ist das Vorliegen eines Widerrufsgrundes. Die Vorinstanz geht davon aus, dass der Beschwerdeführer in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz verstossen hat (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG; Art. 80 VZAE [SR 142.201]). Die Vielzahl sowie teilweise die Tragweite der begangenen Straftaten, die seit 17 Jahren andauernde Suchtproblematik, das regelmässige Nichterfüllen privat- wie öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen sowie das Ignorieren der zahlreichen ausländerrechtlichen Anordnungen würden zeigen, dass der Beschwerdeführer weder gewillt noch fähig sei, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten (vgl. BGE 137 II 297 E. 3.3 S. 303 f.; Urteil 2C_160/2013 vom 15. November 2013 E. 2.1). Angesichts der (fehlenden) Rügen des Beschwerdeführers und der Aktenlage besteht kein Anlass, darauf näher einzugehen (vgl. zur allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f.).  
 
2.4.2. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern dem Beschwerdeführer die Rückkehr nach Marokko aufgrund der diagnostizierten Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ (ICD-10 F60.31) unzumutbar sein soll, zumal die Behandlung in der Schweiz mangels Kooperation des Beschwerdeführers bislang schleppend verlief und dieser namentlich die empfohlene (teil-) stationäre Behandlung ausschlug. Dass der Beschwerdeführer besonderer Betreuung bedürfte, die ihm einzig seine Familie bieten könnte, ist nicht erstellt. Auch folgt die Unzumutbarkeit der Rückkehr nicht allein aus dem Umstand, dass das Gesundheits- oder Sozialversicherungswesen in einem anderen Staat allenfalls nicht mit demjenigen in der Schweiz vergleichbar ist und die hiesige medizinische Versorgung einem höheren Standard entspricht (BGE 139 II 393 E. 6 S. 403; 128 II 200 E. 5.3 S. 209).  
 
2.5. Eine Verletzung von Art. 8 EMRK macht der Beschwerdeführer nicht geltend, weshalb darauf nicht einzugehen ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 V 74 E. 2 S. 76 f.).  
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist nicht einzutreten. Ergänzend wird auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).  
 
3.2. Bei diesem Verfahrensausgang wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da die Eingabe von vornherein aussichtslos war, kann dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren nicht entsprochen werden (Art. 64 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
 
 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
 
 Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
 
3.  
 
 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
4.  
 
 Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
5.  
 
 Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. Juni 2014 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Egli