Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.473/2004 /zga 
 
Urteil vom 23. September 2004 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident, 
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Aeschlimann, 
Gerichtsschreiberin Scherrer. 
 
Parteien 
X1.________, 
X2.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Z.________, 
Beschwerdegegner, 
Untersuchungsrichteramt des Kantons Solothurn, Prisongasse 1, 4502 Solothurn, 
Obergericht des Kantons Solothurn, Anklagekammer, Amthaus 1, 4502 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Einstellungsverfügung des Untersuchungsrichters, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil 
des Obergerichts des Kantons Solothurn, Anklagekammer, vom 16. Juli 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Schreiben vom 19. Februar 2003 reichten X1.________ und X2.________ beim Untersuchungsrichteramt des Kantons Solothurn Strafanzeige gegen den Amtschreiber von A.________ ein. Sie warfen ihm Ehrverletzung, Anstiftung zur Amtsgeheimnisverletzung und unbefugtes Beschaffen von Personendaten vor. Gleichzeitig erhoben sie Anzeige gegen Unbekannt wegen Amtsgeheimnis- und Datenschutzverletzung. Zur Erhebung dieser Vorwürfe hatte sie ein Schreiben des Beschuldigten vom 18. Dezember 2001 an den Regierungsrat des Kantons Solothurn bewogen. In diesem Brief äusserte der Amtschreiber seinen Unmut über die Beschwerdeführer anhand verschiedener Beispiele und vertrat den Standpunkt, es sei nicht zu verantworten, dass die Familie X.________ länger im Kanton Solothurn verbleiben dürfe. 
 
Der erste Untersuchungsrichter verfügte am 28. Februar 2003, der Strafanzeige werde keine Folge gegeben, da der eingeklagte Sachverhalt nicht strafbar sei. 
B. 
Gegen diese Verfügung gelangten X1.________ und X2.________ an das Solothurner Obergericht. Dieses wies die Beschwerde am 14. Mai 2003 ab. Das Bundesgericht hiess eine dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde mit Entscheid vom 10. September 2003 gut, soweit es darauf eintrat. 
 
Am 17. Oktober 2003 hiess das Obergericht die Beschwerde teilweise gut und schickte die Akten zur Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens wegen übler Nachrede und Anstiftung zur Amtsgeheimnisverletzung an den Untersuchungsrichter zurück. Eine neuerliche staatsrechtliche Beschwerde X.________s wies das Bundesgericht mit Urteil 1P.699/2003 vom 2. März 2004 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
Der erste Untersuchungsrichter des Kantons Solothurn eröffnete hierauf ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten im Sinne des obergerichtlichen Urteils. Mit Verfügung vom 5. April 2004 stellte er das Verfahren mit der Begründung ein, es bestehe kein Anlass für die Durchführung einer Voruntersuchung. 
C. 
Gegen die Einstellungsverfügung des Untersuchungsrichters gelangte das Ehepaar X.________ erneut ans Obergericht des Kantons Solothurn. Dieses wies die Beschwerde am 16. Juli 2004 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
Gegen dieses Urteil erheben X1.________ und X2.________ staatsrechtliche Beschwerde. Sie machen eine Verletzung von Art. 8, 9, 13, 29 und 30 BV sowie von Art. 6 EMRK geltend. 
 
Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Nach der Praxis des Bundesgerichts ist der durch eine angeblich strafbare Handlung Geschädigte grundsätzlich nicht legitimiert, gegen die Nichteröffnung oder Einstellung eines Strafverfahrens oder gegen ein freisprechendes Urteil staatsrechtliche Beschwerde zu erheben. Der Geschädigte hat an der Verfolgung und Bestrafung des Täters nur ein tatsächliches oder mittelbares Interesse im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 88 OG. Der Strafanspruch, um den es im Strafverfahren geht, steht ausschliesslich dem Staat zu, und zwar unabhängig davon, ob der Geschädigte als Privatstrafkläger auftritt oder die eingeklagte Handlung auf seinen Antrag hin verfolgt wird (BGE 120 Ia 101 E. 1a S. 102). Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst ist der Geschädigte aber befugt, mit staatsrechtlicher Beschwerde die Verletzung von Verfahrensrechten geltend zu machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das nach Art. 88 OG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Ist der Beschwerdeführer in diesem Sinne nach kantonalem Recht Partei, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht oder unmittelbar aufgrund der Bundesverfassung zustehen. Er kann beispielsweise geltend machen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, er sei nicht angehört worden, habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder habe nicht Akteneinsicht nehmen können (vgl. BGE 128 I 218 E. 1.1 S. 219 f.). Hingegen kann er weder die Würdigung der beantragten Beweise noch die Tatsache rügen, dass seine Anträge wegen Unerheblichkeit oder aufgrund antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt wurden. Die Beurteilung dieser Fragen kann von der Prüfung der materiellen Sache nicht getrennt werden. Auf eine solche hat der in der Sache selbst nicht Legitimierte jedoch keinen Anspruch (BGE 120 Ia 157 E. 2a/bb S. 160 mit Hinweisen). 
1.2 Etwas anderes gilt für das Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG. Hierzu kann vollumfänglich auf E. 1.4-1.6 des Urteils 1P.699/2003 vom 2. März 2004 verwiesen werden, welches denselben Sachverhalt betraf wie die heute anhängige Beschwerde und den Parteien bekannt ist. In Anlehnung an die dortigen Ausführungen ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführer durch den umstrittenen Vorfall nicht derart in ihrer Integrität beeinträchtigt sind, dass ihnen eine Opferstellung im Sinne der zitierten Rechtsprechung zukäme. Soweit sie die Befangenheit der Oberrichter rügen und sich gegen die verweigerte unentgeltliche Rechtspflege wenden, ist auf ihre Beschwerde - unter Vorbehalt von E. 1.3 hiernach - einzutreten. Werfen die Beschwerdeführer dem Obergericht jedoch vor, es sei willkürlich vom (angeblich) falschen Sachverhalt ausgegangen und habe auf widersprüchliche und unglaubwürdige Aussagen des Beschwerdegegners abgestellt, ohne die Beschwerdeführer nochmals anzuhören, ist auf die Rügen nicht einzutreten, da sie nicht getrennt von der materiellen Prüfung in der Sache selbst beurteilt werden können. Gleiches gilt, soweit die Beschwerdeführer implizit geltend machen, das Urteil sei ungenügend begründet. 
1.3 Rechtsgenüglich begründete selbständige Rügen wegen formeller Rechtsverweigerung liegen im Übrigen keine vor: Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind (BGE 127 I 38 E. 3c S. 43 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführer legen in erster Linie ihre Sicht des Sachverhaltes dar und nehmen zum Teil Bezug auf andere kantonale Verfahren, die nicht Gegenstand des obergerichtlichen Entscheides waren. Ihre Ausführungen beinhalten weitgehend appellatorische Kritik. Darauf ist nicht einzutreten (BGE 125 I 492 E. 1b S. 495; 122 I 351 E. 1f S. 355; 120 Ia 256 E. 1b S. 257; 119 Ia 28 E. 1 S. 30; 118 Ia 64 E. 1 S. 69, je mit Hinweisen). 
1.4 Mangels Legitimation der Beschwerdeführer in der Sache selbst ist demnach einzig zu prüfen, ob die beteiligten Richterpersonen des Obergerichtes befangen waren und ob die unentgeltliche Rechtspflege den Beschwerdeführern zu Recht verweigert wurde. 
2. 
Die Beschwerdeführer unterstellen dem Untersuchungsrichter geheime Absprachen mit dem Beschwerdegegner und behaupten, sowohl der Untersuchungsrichter als auch das Obergericht bemühten sich mit aller Kraft, den Beschwerdegegner zu entlasten. Zudem seien alle drei beteiligten Richterpersonen mit der Sache schon vorbefasst. 
2.1 Unter Verweis auf Ziff. 3.1 des Urteils 1P.699/2003 vom 2. März 2004 ist nochmals festzuhalten, dass Befangenheit nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur anzunehmen ist, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters zu erwecken. Solche Umstände können entweder in einem bestimmten persönlichen Verhalten des betreffenden Richters oder in gewissen funktionellen und organisatorischen Gegebenheiten begründet sein. In beiden Fällen wird aber nicht verlangt, dass der Richter deswegen tatsächlich befangen ist. Es genügt, dass Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtungsweise geeignet sind, den Anschein der Befangenheit zu begründen (BGE 124 I 121 E. 3a S. 123). 
2.2 Weil dem Urteil des Obergerichts eine andere Rechtsauffassung zugrunde liegt als ihre eigene, erscheinen die beteiligten Richterpersonen den Beschwerdeführern einmal mehr als befangen. Diese Betrachtungsweise vermag jedoch mitnichten eine Verletzung von Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu belegen. Das Obergericht ist denn auch zu Recht nicht auf die Ausstandsbegehren der Beschwerdeführer eingetreten, da dadurch ein ordentliches Gerichtsverfahren verunmöglicht worden wäre. Die Vorwürfe hinsichtlich irgendwelcher Absprachen sind in keiner Weise belegt und bedürfen keiner weiteren Erörterung. 
3. 
Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, die unentgeltliche Rechtspflege sei ihnen in Verletzung des Willkürverbotes nicht gewährt worden sei, ist ihre Rüge unbegründet. Der Beleg der damaligen Wohngemeinde wurde auf Wunsch der Beschwerdeführer im Jahre 2003 ausgestellt und sagt nichts über deren aktuelle finanziellen Verhältnisse aus, zumal die Beschwerdeführer offensichtlich inzwischen den Wohnort gewechselt haben. Selbst wenn ihre Bedürftigkeit bejaht würde, durfte das Obergericht ihr Gesuch willkürfrei zufolge offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Beschwerde abweisen. 
4. 
Demzufolge ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist abzuweisen, da sich die Beschwerde von vornherein als aussichtslos erwies (Art. 152 Abs. 1 OG). Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend, haben die Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Untersuchungsrichteramt und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Anklagekammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. September 2004 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: