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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_756/2011 
 
Urteil vom 23. September 2011 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
1. Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
2. Y.________, 
3. Z.________, 
Beschwerdeführer, alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Werner Bodenmann, 
 
gegen 
 
Migrationsamt des Kantons St. Gallen, 
St. Leonhard-Strasse 40, 9001 St. Gallen, 
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons 
St. Gallen, Moosbruggstrasse 11, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung bzw. Widerruf der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. August 2011. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 X.________ (geb. 1969) stammt aus dem Kosovo. Er lebte ab Februar 1994 bewilligungslos bzw. ab dem 24. Juni 2002 mit einer befristeten Aufenthaltsbewilligung in Deutschland. Das Landgericht Freiburg verurteilte ihn am 5. November 2003 wegen "unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren; bereits zuvor war er wegen untergeordneter Delikte gebüsst bzw. zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Am 9. Dezember 2003 wurde X.________ auf unbestimmte Zeit aus Deutschland ausgewiesen und am 15. November 2005 in den Kosovo abgeschoben. 
 
1.2 Im April 2007 heiratete X.________ in seiner Heimat eine Schweizer Bürgerin (geb. 1970), worauf ihm am 27. Juni 2007 im Rahmen des Familiennachzugs eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Gattin erteilt wurde. Im April 2009 wurde ihm gestattet, drei seiner vier Kinder (geb. 1991, 1993 und 1997) aus erster Ehe nachzuziehen. Am 29. April 2010 teilte das Bundesamt für Polizei dem Migrationsamt des Kantons St. Gallen mit, dass gegen X.________ im Schengener-Informationssystem eine Einreisesperre nach Deutschland wegen mehrerer strafrechtlicher Verurteilungen vermerkt sei. 
 
1.3 Gestützt hierauf entschied das Migrationsamt des Kantons St. Gallen am 21. September 2010, die Aufenthaltsbewilligung von X.________ nicht mehr zu verlängern; er habe in Deutschland zu schweren Klagen Anlass gegeben und seine Vorstrafen im Bewilligungsverfahren verschwiegen. Gleichzeitig widerrief es die Aufenthaltsbewilligungen der zwei jüngsten nachgezogenen Kinder. Das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen bestätigte diesen Entscheid kantonal letztinstanzlich am 11. August 2011. 
 
1.4 X.________ beantragt für sich und seine beiden Kinder Y.________ und Z.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen aufzuheben und festzustellen, dass "die Voraussetzungen für eine Nichtverlängerung bzw. einen Widerruf der Aufenthaltsbewilligung" nicht gegeben seien; der Kanton St. Gallen sei anzuweisen, ihre Aufenthaltsbewilligungen zu verlängern. 
 
2. 
Seine Eingabe erweist sich, soweit darauf einzutreten ist und sie nicht unzulässigerweise einen Feststellungsantrag enthält (vgl. BGE 137 II 199 E. 6.5), als offensichtlich unbegründet und kann ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden: 
2.1 
2.1.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Der Betroffene muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt klar und eindeutig mangelhaft erscheint (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4). Auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 136 II 101 E. 3 S.104 f.). Der Beschwerdeführer muss - in Auseinandersetzung mit der Begründung im angefochtenen Entscheid - im Einzelnen dartun, inwiefern die Sachverhaltsfeststellung oder die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich erscheint. 
2.1.2 Die Eingabe des Beschwerdeführers genügt diesen Anforderungen über weite Strecken nicht: Er behauptet zwar, die Vorinstanz habe den rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig und unvollständig festgestellt, er führt indessen nicht aus, inwiefern dies offensichtlich der Fall sein soll. Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, seine Sicht der Dinge, wie er sie bereits der Vorinstanz dargelegt hat, zu wiederholen. Mit den Ausführungen im angefochtenen Entscheid zu seinen Einwänden setzt er sich nicht vertieft auseinander. Willkür liegt - was er verkennt - nicht schon dann vor, wenn eine andere Beweiswürdigung denkbar wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid auf einer schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Wertung beruht, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (vgl. BGE 135 II 356 E. 4.2.1 S. 362; Urteil 2C_231/2011 vom 21. Juli 2011 E. 4.3). Dass und inwiefern dies hier der Fall wäre, legt der Beschwerdeführer nicht dar. 
2.2 
2.2.1 Aufgrund des für das Bundesgericht damit verbindlich festgestellten Sachverhalts ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden: Die Aufenthaltsbewilligung kann widerrufen bzw. nicht verlängert werden, wenn eine ausländische Person oder ihr Vertreter im Bewilligungsverfahren falsche Angaben macht oder wesentliche Tatsachen verschweigt (Art. 62 lit. a AuG [SR 142.20]) bzw. die ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist (Art. 62 lit. b AuG; beide im vorliegenden Fall jeweils in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 lit. b und Art. 63 Abs. 1 lit. a AuG). Von einer solchen wird praxisgemäss bei einem Freiheitsentzug von mehr als einem Jahr ausgegangen (BGE 135 II 377 E. 4.2). Dabei sind auch im Ausland verhängte Strafen von Bedeutung (Urteile 2C_427/2008 vom 23. Januar 2009 E. 3.1 und 2C_381/2008 vom 14. Januar 2009 E. 2.2). Der Beschwerdeführer ist wegen schweren Drogenhandels zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Er hatte einem verdeckten Ermittler fünf Kilogramm Heroin zu einem Preis von Euro 12'000 pro Kilogramm verkauft und diesem einen weiteren Handel von 20 Kilogramm Heroin angeboten. Das Landgericht Freiburg stellte in seinem Urteil fest, dass der Beschwerdeführer am Tatgeschehen eine entscheidende Rolle gehabt habe, indem er die Verkaufsverhandlungen selbständig führte und betreffend Organisation und Durchführung des Verkaufsgeschäfts eine zentrale Position eingenommen habe. Der Beschwerdeführer hat damit einen Widerrufsgrund gesetzt, den er den Behörden verschwiegen hat. 
2.2.2 Die Nichtverlängerung seiner Bewilligung erweist sich auch als verhältnismässig (vgl. dazu BGE 135 II 377 E. 4.3 u. 4.5): Zwar will der Beschwerdeführer aus den Verurteilungen seine Lehren gezogen haben; dies genügt indessen - mangels hinreichender zeitlicher Distanz - nicht, um die Gefahr eines weiteren Rückfalls auszuschliessen und sein privates Interesse dem öffentlichen Interesse des Schutzes der Bevölkerung vor potenziell rückfallgefährdeten ausländischen Straftätern aus Drittstaaten vorgehen zu lassen. Das Bundesgericht verfolgt im Zusammenhang mit dem Drogenhandel - in Übereinstimmung mit der in Europa vorherrschenden Rechtsauffassung (vgl. BGE 129 II 215 E. 6 u. 7 S. 220 ff.) - ausländerrechtlich eine strenge Praxis (BGE 125 II 521 E. 4a/aa S. 527). Der Beschwerdeführer hat gegenüber den Behörden sein Vorleben verschwiegen und diese über eine wesentliche Tatsache getäuscht. Aufgrund der ausländerrechtlichen Reaktion auf sein strafbares Verhalten in Deutschland musste ihm - entgegen seinen Einwänden - bewusst gewesen sein, dass eine Verurteilung zu fünf Jahren Freiheitsstrafe wegen qualifizierten Drogenhandels auch für die schweizerischen Behörden relevant sein würde; dennoch oder gerade deshalb hat er die entsprechenden Vorkommnisse verschwiegen. Zwar liegt die Verurteilung - wie er einwendet - rund acht Jahre zurück, doch wurde er erst nach dem Strafvollzug Ende 2005 in seine Heimat abgeschoben; in der Schweiz hält er sich erst seit Juni 2007 und damit seit rund vier Jahren auf. X.________ ist mit 38 Jahren in die Schweiz gekommen und hat seine Beziehungen zum Kosovo aufrecht erhalten, obwohl er - weitgehend bewilligungslos - in Deutschland gelebt hat, woraus er nichts zu seinen Gunsten ableiten kann. 
2.2.3 Richtig ist, dass seiner Schweizer Partnerin eine Übersiedlung in den Kosovo schwerfallen dürfte, doch übertrifft die gegen ihn verhängte Strafe den vom Bundesgericht als Richtwert definierten Rahmen von zwei Jahren, ab dem keine Bewilligung mehr erteilt wird, selbst wenn dem Ehepartner die Ausreise unzumutbar oder nur schwer zumutbar erscheint, deutlich ("Reneja"-Praxis). Ob seine Gattin tatsächlich nichts von seinem Vorleben gewusst hat, wie geltend gemacht wird, was ein etwas fragwürdiges Licht auf die Grundlagen der ehelichen Beziehung werfen würde, kann unter diesen Umständen dahin gestellt bleiben. Auch die Interessen der nachgezogenen Kinder ändern an der Bundesrechtsmässigkeit der vorinstanzlichen Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK nichts: Diese sind im April 2009 in die Schweiz eingereist und halten sich damit erst seit Kurzem im Land auf. Ihr Aufenthalt beruht auf der vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Täuschung der Behörden. Ihr Anwesenheitsrecht als Stiefkinder einer Schweizer Bürgerin leitet sich vom Aufenthalt des Beschwerdeführers bei dieser ab; fällt der entsprechende Aufenthalt dahin, haben ihm seine Kinder in die Heimat zu folgen, wo sie bis zu ihrer Einreise gelebt haben; die Kinder teilen den Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut sie stehen (Art. 25 Abs. 2 ZGB), das heisst hier denjenigen des Beschwerdeführers. Hierin liegt kein Eingriff in das Recht auf Schutz des Familien- bzw. Privatlebens. Den Kindern ist eine Rückkehr in den Kosovo zumutbar, auch wenn der Beschwerdeführer lieber mit ihnen hier bliebe und sich auch gewisse familiäre Beziehungen zwischen der Stiefmutter und ihnen herausgebildet haben mögen. 
2.2.4 Der angefochtene Entscheid gibt die bundesgerichtliche Praxis zutreffend wieder und das Verwaltungsgericht hat die auf dem Spiele stehenden Interessen im Rahmen von Art. 62 lit. a und b AuG bzw. Art. 8 Ziff. 2 EMRK sorgfältig gegeneinander abgewogen (vgl. das EGMR-Urteil vom 2. August 2001 i.S. Boultif gegen die Schweiz, publ. in: VPB 2001 Nr. 138 S. 1392). Es kann für alles Weitere vollumfänglich auf seine zutreffenden Überlegungen verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
3. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend haben die unterliegenden Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 23. September 2011 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar