Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2P.219/2006 /ble 
 
Urteil vom 23. November 2006 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Betschart, Müller, 
Gerichtsschreiber Matter. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Bezirk Küssnacht, handelnd durch den Bezirksrat, 
6403 Küssnacht am Rigi, vertreten durch Rechtsanwältin Eva Isenschmid-Tschümperlin, 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, 
Kammer III, Postfach 2266, 6431 Schwyz. 
 
Gegenstand 
Art. 8, 9 und 29 BV (Versetzung in den Ruhestand), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, 
Kammer III, vom 13. Juli 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________, geb. 1942, wurde vom Bezirksrat Küssnacht auf den 31. Dezember 2005 vorzeitig in den Ruhestand versetzt, wobei ihm eine Abgangsentschädigung von sechs Monatsgehältern ausgerichtet wurde. Eine dagegen gerichtete Klage, mit der X.________ u.a. eine Überbrückungsrente bis zur Erreichung des ordentlichen AHV-Alters verlangte, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Urteil vom 13. Juli 2006 ab. 
B. 
Am 9. September 2006 hat X.________ staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Der Bezirk Küssnacht und das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz schliessen auf Abweisung der Beschwerde (soweit darauf einzutreten sei). 
C. 
Mit Präsidialverfügung vom 2. Oktober 2006 ist ein Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen worden. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid, gegen den nur die staatsrechtliche Beschwerde offen steht (vgl. Art. 86 Abs. 1 und Art. 87 in Verbindung mit Art. 84 Abs. 2 OG). Der Beschwerdeführer ist zu diesem Rechtsmittel legitimiert (vgl. Art. 88 OG). Auf die fristgerecht (vgl. Art. 89 OG) eingereichte Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten. 
1.2 Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, rein kassatorischer Natur. Soweit der Beschwerdeführer mehr verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (vgl. BGE 131 I 291 E. 1.4 S. 297 mit Hinweis). 
1.3 Die staatsrechtliche Beschwerde muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Das Bundesgericht untersucht nicht von Amtes wegen, ob ein kantonaler Hoheitsakt verfassungsmässig ist, sondern prüft nur rechtsgenügend vorgebrachte, klar erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (vgl. BGE 110 Ia 1 E. 2 S. 3 f.; 119 Ia 197 E. 1d S. 201, mit Hinweisen). Wird eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) geltend gemacht, genügt es nicht, wenn der Beschwerdeführer bloss den angefochtenen Entscheid kritisiert, wie er dies in einem appellatorischen Verfahren tun könnte, bei dem die Rechtsmittelinstanz die Rechtsanwendung frei überprüfen kann. Er muss deutlich dartun, welche Vorschriften oder allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze die kantonalen Behörden in einer gegen Art. 9 BV verstossenden Weise verletzt haben sollen (vgl. BGE 117 Ia 10 E. 4b S. 12, mit Hinweis). In weiten Teilen genügt die Beschwerdeschrift diesen Anforderungen nicht und erschöpft sich in appellatorischer Kritik. Insoweit ist auf sie nicht einzutreten. 
1.4 Die weitere Eingabe des Beschwerdeführers vom 23. Oktober 2006 ist unaufgefordert und nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangen. Ein zweiter Schriftenwechsel (Art. 93 Abs. 2 und 3 OG) ist nicht verlangt und nicht angeordnet worden. Auf die Eingabe ist daher nicht einzutreten. 
2. 
2.1 Gemäss Art. 21 Abs. 1 des Reglements über das Arbeitsverhältnis des Personals des Bezirks Küssnacht vom 12. Dezember 1999 (Personalreglement, nachfolgend: PR) kann ein Mitarbeiter ausnahmsweise vor dem Erreichen der Altersgrenze unter Einhaltung der Kündigungsfrist und des Kündigungstermins in den Ruhestand versetzt werden, sofern sachliche Gründe es erfordern. Es besteht Anspruch auf das rechtliche Gehör und auf Begründung der Verfügung. Laut Abs. 3 ist die Versetzung in den Ruhestand missbräuchlich, wenn Verfahrensvorschriften verletzt werden oder wenn sie sich nicht auf sachliche Gründe stützen lässt. Sie begründet den gleichen Entschädigungsanspruch wie die missbräuchliche Kündigung. 
Gestützt auf diese Vorschrift hat der Bezirk Küssnacht den Beschwerdeführer vorzeitig in den Ruhestand versetzt, was das Verwaltungsgericht geschützt hat. Darin sieht der Betroffene einen Verstoss u.a. gegen das Rechtsgleichheitsgebot von Art. 8 BV (dazu E. 2.2), das Willkürverbot von Art. 9 BV (E. 2.3) und den Anspruch auf rechtliches Gehör von Art. 29 BV (E. 2.4). Vor Bundesgericht macht er seinen vor dem Verwaltungsgericht vorgebrachten Anspruch auf eine Überbrückungsrente nicht mehr geltend. Dagegen vertritt er weiterhin die Auffassung, Art. 21 PR und dessen Anwendung im vorliegenden Fall seien verfassungswidrig. Insbesondere beruhe seine vorzeitige Pensionierung nicht auf sachlichen Gründen, sondern sei missbräuchlich erfolgt. 
2.2 Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung sieht der Beschwerdeführer vorab darin, dass ihm, anders als es angeblich in einem zivilrechtlichen Verfahren der Fall wäre, nur eine gerichtliche Instanz zur Verfügung stand. Deshalb verstosse Art. 21 PR als solcher gegen die Verfassung. Dabei übersieht er aber, dass öffentlichrechtliche Dienstverhältnisse in zulässiger Weise anders geregelt werden dürfen als privatrechtliche (vgl. den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 342 Abs. 1 lit. a OR). Auch nennt er keine Bestimmung, welche in öffentlichrechtlichen Streitigkeiten einen doppelten gerichtlichen Instanzenzug vorschreiben würde. Art. 21 PR enthält zudem keine Hinweise auf das Rechtsmittelverfahren und kann deswegen weder als solcher noch in seiner Anwendung gegen die behauptete Instanzenzugsgarantie verstossen. Ebenso wenig kann in einem Verwaltungsverfahren wie dem vorliegenden der strafprozessuale Grundsatz "in dubio pro reo" angerufen werden. 
Inwiefern der Beschwerdeführer gegenüber den Lehrern rechtsungleich behandelt wurde, wird nicht dargelegt und ist auch nicht erkennbar, zumal es sich dabei um verschieden begründete Anstellungsverhältnisse handelt. Mit der Frage des Teuerungsausgleichs hat die hier streitige vorzeitige Pensionierung nichts zu tun. 
2.3 Daneben rügt der Beschwerdeführer eine gegen Art. 9 BV verstossende Rechtsanwendung. Willkürlich ist eine Auslegung oder Anwendung des Gesetzes nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst dann, wenn sie offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Wegen Willkür ist ein Entscheid überdies nur aufzuheben, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (vgl. BGE 132 I 13 E. 5.1 S. 17; 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 127 I 54 E. 2b S. 56, je mit Hinweisen). 
Von vornherein unbegründet ist es, wenn der Beschwerdeführer mit den schon unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 BV vorgebrachten Ausführungen gleichzeitig einen Verstoss gegen Art. 9 BV zu begründen versucht: Verletzt der angefochtene Entscheid in den besagten Punkten das Rechtsgleichheitsgebot nicht, so erweist er sich umso weniger als geradezu unhaltbar. Soweit andere Vorbringen (so u.a. betreffend die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 26. Oktober 2005 oder den Zeitpunkt des Gesuchs um Verlängerung der Kündigungsfrist) überhaupt den Erfordernissen von Art. 90 OG genügen, ist nicht erkennbar, inwiefern sie sich auf das Ergebnis und nicht nur die Begründung des angefochtenen Entscheids beziehen. 
Ohne in Willkür zu verfallen, hat das Verwaltungsgericht im Weiteren erwägen können, dass die vom Bezirk durchgeführte Verwaltungsreorganisation einen sachlichen Grund für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand gemäss Art. 21 Abs. 1 PR darstellt. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Rachekündigung hat das Gericht in den Akten nicht gefunden. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, soweit es überhaupt den Anforderungen von Art. 90 OG genügt, vermag diese Einschätzung nicht als offensichtlich unhaltbar erscheinen lassen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Bezirk zuvor - wie übrigens der Beschwerdeführer selber - einen vorzeitigen Altersrücktritt im Sinne von Art. 20 PR in Betracht gezogen hatte. Soweit die unaufgefordert eingereichte Eingabe vom 23. Oktober 2006 (vgl. E. 1.4 hiervor) zu diesem Punkt überhaupt neue Argumente enthält, würden sie ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis führen, wenn darauf eingetreten werden könnte. 
Kein Widerspruch - und somit auch kein Verstoss gegen Art. 9 BV - liegt darin, dass das Verwaltungsgericht geurteilt hat, dass der Bezirk in seinem Verwaltungshandeln allgemein dem Verhältnismässigkeitsprinzip unterliegt, gleichzeitig aber erwogen hat, dass im speziellen Zusammenhang von Art. 21 PR kein Verstoss gegen die Verfassung vorliegt, wenn sachliche Gründe für die vorzeitige Pensionierung bestehen, ohne dass noch weiter zu prüfen wäre, ob gegebenenfalls weniger weit gehende Massnahmen möglich wären. Zudem hat das Gericht hier nicht die Zweckmässigkeit der Verwaltungsreform als solcher beurteilt, sondern nur geprüft, ob sie einen sachlichen Grund für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand darstellt. 
Willkürfrei hat das Verwaltungsgericht im Übrigen auch die Modalitäten der vorzeitigen Pensionierung schützen können. Vor der Verfassung hält es insbesondere stand, wenn das Gericht sich auf Art. 57 Abs. 5 PR gestützt und befunden hat, dass eine Arbeitsunfähigkeit nur bei Bestehen eines Arztzeugnisses geltend gemacht werden kann; beim Fehlen eines solchen ist Arbeitsfähigkeit anzunehmen und können somit auch noch nicht bezogene Ferientage angerechnet werden. 
2.4 Schliesslich erweist sich der Vorwurf einer Verletzung von Art. 29 BV ebenfalls als unbegründet. Das rechtliche Gehör ist gewährt und die Verfügung des Bezirksrats (wie auch das Urteil des Verwaltungsgerichts) rechtsgenüglich begründet worden. Wie schon dargelegt (vgl. E. 2.2 oben), besteht die vom Beschwerdeführer behauptete "doppelte Rechtsmittelgarantie" nicht. Ebenso wenig liegt ein Verstoss gegen verfassungsmässige Verfahrensgarantien darin, dass der Bezirk dem Ausstandsbegehren des Beschwerdeführers gegen den Personalchef nicht stattgegeben hat. Abgesehen davon, dass die Verfügung vom Bezirksrat und nicht vom Personalchef ausgegangen ist, hat das Verwaltungsgericht verfassungskonform hervorgehoben, dass ein Ausstand in einem Zusammenhang wie dem vorliegenden nicht in Frage kommt (vgl. E. 8.4 des angefochtenen Entscheids). 
3. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Als öffentlichrechtliche Körperschaft hat der obsiegende Bezirk Küssnacht grundsätzlich keinen Anspruch auf Parteientschädigung (vgl. Art. 159 Abs. 2 OG). Zwar wird kleineren Gemeinwesen ohne eigenen Rechtsdienst in Abweichung von dieser Regel eine Entschädigung zugesprochen, wenn sie in komplexeren Angelegenheiten einen Rechtsanwalt mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragt haben (vgl. BGE 125 I 182 E. 7 S. 202; ZBl 99/1998 S. 379 ff., E. 6). Unter Umständen wie den vorliegenden (ausführlich begründeter Entscheid des Verwaltungsgerichts, klare Rechtslage, aussichtslose Laienbeschwerde) sollte jedoch ein Bezirk, der gestützt auf sein eigenes Recht autonom verfügt, in der Lage sein, seine Verfügung in einem nachfolgenden Rechtsmittelverfahren selber zu verteidigen. Somit ist hier eine Ausnahme von Art. 159 Abs. 2 OG nicht gerechtfertigt. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirk Küssnacht und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. November 2006 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: