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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_227/2007 
 
Urteil vom 23. November 2007 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold. 
 
Parteien 
Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV, Amtshaus Helvetiaplatz, 8004 Zürich, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
W.________, Beschwerdegegnerin, handelnd durch ihre Vormundin Irma Kindt, Amtsvormundin, Sozialzentrum Selnaustrasse 17, 8002 Zürich, 
 
Bezirksrat Zürich, Neue Börse, Selnaustrasse 32, 8001 Zürich. 
 
Gegenstand 
Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 15. März 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
W.________, geboren 1946, bezieht seit 1. Oktober 1966 eine Invalidenrente. Vor ihrem Eintritt in eine Wohngruppe des Vereins Z.________ am 1. September 2003 wurde sie von ihrer Schwester, B.________, betreut, welche auch ihre Vormundin war. Am 8. September 2003 setzte das Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV der Stadt Zürich (nachfolgend: das Amt) den Anspruch von W.________ auf Ergänzungsleistungen neu fest. W.________ liess hiegegen Einsprache erheben. Mit Schreiben vom 27. November 2003 vergütete das Amt Krankheits- und Behinderungskosten von Fr. 4'800.- für das Jahr 2003. Gestützt darauf hiess es die Einsprache gegen die Verfügung vom 8. September 2003 mit Einspracheentscheid vom 16. Januar 2004 teilweise gut, indem es den Anspruch auf Krankheits- und Behinderungskosten von Fr. 4'800.- bejahte. Der Bezirksrat Zürich bestätigte dies mit Entscheid vom 5. August 2004. 
B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 15. März 2007 teilweise gut und sprach ihr Fr. 8'198.40 für Betreuungs- und Transportkosten zu. 
C. 
Das Amt führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, es seien W.________ nur zusätzliche Krankheits- und Behinderungskosten von Fr. 1'150.- zuzusprechen. W.________, der Bezirksrat Zürich und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Stellungnahme. 
 
Erwägungen: 
1. 
Weil die angefochtene Entscheidung nach dem Datum des Inkrafttretens des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110), dem 1. Januar 2007 (AS 2006 1243), ergangen ist, untersteht die Beschwerde dem neuen Recht (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
2. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über die Vergütung für Krankheits- und Behinderungskosten (Art. 3 Abs. 1 lit. b und Art. 3d Abs. 1 und 2 ELG; Art. 13 Abs 5 [in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassung] und Abs. 6 sowie Art. 15 Abs. 2 ELKV), zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
3. 
3.1 Es ist unbestritten, dass die bis 31. Dezember 2003 geltende Fassung der ELKV massgebend ist und die Beschwerdegegnerin für das Jahr 2003 bereits den maximalen Betrag von Fr. 4'800.- für Hilfe und Betreuung im Haushalt (Art. 13 Abs. 6 ELKV) zugesprochen erhielt. 
3.2 Das Amt ist der Ansicht, in der Zeit von August bis Ende Dezember 2002 sei die Beschwerdegegnerin angesichts ihrer Hospitalisationen und Heimaufenthalte lediglich während ca. 80 Tagen von ihrer Schwester betreut worden. Da sie in dieser Zeit unbestrittenermassen auf Hilfe angewiesen gewesen sei, habe sie Anspruch auf den von der Schwester hiefür geltend gemachten Betrag von Fr. 1'150.-. Abgesehen davon, dass die Schwester als Familienangehörige im Sinne von Art. 13 Abs. 5 ELKV nur Anspruch auf Entschädigung ihrer Pflegeleistungen, nicht aber der Transportkosten habe, bestehe auch kein Anspruch auf Entschädigung der Pflegeleistungen, da die Schwester keine länger dauernde, erwerbliche Einbusse erlitten habe, weil nicht nachgewiesen sei, dass die seit Jahren bestehenden Schwankungen der Erwerbseinkünfte auf die Pflege der Beschwerdegegnerin zurückzuführen seien. Schliesslich könnten auch keine Transportkosten im Sinne von Art. 15 Abs. 2 ELKV entschädigt werden, da entgegen der vorinstanzlichen Annahme nur die Kosten der EL-beziehenden Person, nicht aber der Begleitperson, und nur im Umfang der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel berücksichtigt werden könnten. Soweit die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar sei, wäre die Beschwerdegegnerin im Rahmen ihrer Schadenminderungspflicht gehalten gewesen, die kostengünstigste Lösung (Benützung der Taxis zu verminderten Preisen) zu wählen, weshalb die geltend gemachten Kosten nicht ersetzt werden könnten. 
4. 
4.1 Voraussetzung für die Ausrichtung von Entschädigungen für durch Familienangehörige erbrachte Pflegeleistungen ist, dass die pflegende Person eine Erwerbseinbusse erlitten hat (Art. 13 Abs. 5 ELKV in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassung; vgl. auch den seit 1. Januar 2004 geltenden Art. 13b ELKV sowie AHI 2003 S. 405 f. und Urteil P 18/06 vom 25. April 2007, E. 2 und 4). 
4.2 Die Frage, ob die Anspruchsvoraussetzung der Erwerbseinbusse der pflegenden Person erfüllt ist, ist eine Tatfrage. Insofern ist das Bundesgericht an den von der Vorinstanz erstellten Sachverhalt gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Soweit der von der Vorinstanz erstellte Sachverhalt jedoch offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, kann das Bundesgericht ihn von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen (Art. 105 Abs. 2 BGG). Wird eine an und für sich tatbeständliche Frage gestützt auf die allgemeine Lebenserfahrung beantwortet, handelt es sich um eine Rechtsfrage, deren Prüfung dem Bundesgericht zugänglich ist (vgl. dazu BGE 131 V 393 E. 3.2 in fine und E. 3.3 S. 398 f.). 
4.3 Die Vorinstanz bejaht die Erwerbseinbusse gestützt auf statistische Werte. Wie das Amt zu Recht rügt, ist damit jedoch eine tatsächlich eingetretene Erwerbseinbusse nicht nachgewiesen. Dies gilt umso mehr, als im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens weder das tatsächliche Einkommen der Schwester der Beschwerdegegnerin noch deren berufliche Tätigkeit auch nur ansatzweise bekannt geschweige denn nachgewiesen waren. Soweit die Vorinstanz ohne weitere Abklärungen eine tatsächliche Erwerbseinbusse bejaht hat, ist sie ihrer Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung gemäss Art. 61 lit. c ATSG nicht nachgekommen. Dies stellt eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG dar, weshalb das Bundesgericht diesbezüglich nicht an den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt gebunden ist. 
4.4 Das Amt wie auch der Bezirksrat haben eine Erwerbseinbusse mangels Nachweis verneint. Die Vorinstanz hat dies hingegen ohne weitere Abklärungen bejaht. Da das Amt angesichts der Aktenlage nicht damit rechnen musste, dass die Vorinstanz eine Erwerbseinbusse lediglich gestützt auf die vorhandenen Unterlagen bejahen würde, bestand für das Amt erst durch den kantonalen Entscheid Anlass, den Gegenbeweis anzutreten, zumal es im Rahmen der Mitwirkungspflicht (BGE 125 V 193 E. 2 S. 195, 122 V 157 E. 1a S. 158, je mit Hinweisen) Sache der Beschwerdegegnerin bzw. ihrer Schwester gewesen wäre, den Nachweis für die erlittene Erwerbseinbusse zu erbringen. Somit handelt es sich bei den eingereichten Unterlagen zur Einkommenslage der Schwester der Beschwerdegegnerin um zulässige Noven (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
4.5 Auf Grund der vom Amt eingereichten Auskünfte der zuständigen Steuerämter über die Schwester der Beschwerdegegnerin und der darin ausgewiesenen seit Jahren bestehenden grossen Schwankungen ist keine tatsächliche Erwerbseinbusse ausgewiesen, welche auf die Pflege der Beschwerdegegnerin in der Zeit von August bis Dezember 2002 zurückzuführen wäre. In diesem Zusammenhang fallen insbesondere die Vermerke des Gemeindesteueramtes X.________ auf, wonach die Schwester (Jahrgang 1942) im Jahr 2001 gemäss Lohnausweis ein Einkommen von Fr. 94'143.- auswies, jedoch nur ein Einkommen von Fr. 27'300.- versteuerte, und im Jahr 2002 ein steuerbares Einkommen von Fr. 20'300.- aus Rente/Pension hatte. Der Beschwerdegegnerin stehen demnach für die Zeit von August bis Dezember 2002 keine Leistungen für die Pflege durch Familienangehörige im Sinne von Art. 13 Abs. 5 ELKV in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassung zu. 
5. 
5.1 Im Rahmen von Art. 15 Abs. 2 ELKV können ausgewiesene Kosten für Transporte an den nächstgelegenen medizinischen Behandlungsort vergütet werden. Soweit die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht möglich ist, können die Kosten eines anderen zumutbaren Verkehrsmittels übernommen werden. 
5.2 Die Vorinstanz hat die von der Schwester der Beschwerdegegnerin geltend gemachten 4536 km zu einem Ansatz von Fr. -.65/km entschädigt. Sie hat allerdings weder geprüft, ob diese doch beachtliche Anzahl von Fahrkilometern wirklich ausgewiesen ist, noch ob diese Fahrten zum nächstgelegenen Behandlungsort erfolgten. Im Rahmen der im Sozialversicherungsrecht geltenden allgemeinen Schadenminderungspflicht ist es nicht zu beanstanden, wenn einerseits nur die ausgewiesenen Kosten entschädigt werden und andererseits diese Kosten so gering wie möglich gehalten werden, indem die nächstgelegene Behandlungsstätte gewählt wird (vgl. BGE 123 V 81). Nach dem Gesagten erweist sich der Sachverhalt in dieser Hinsicht durch die Vorinstanz als offensichtlich unvollständig erstellt, was eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG darstellt (vgl. E. 4.2). Die Sache ist somit bezüglich der strittigen Transportkosten an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie in Nachachtung ihrer Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung (Art. 61 lit. c ATSG) über den Anspruch auf Entschädigung der geltend gemachten Transportkosten neu entscheide. Dabei wird sie auch zum Einwand des Amtes Stellung zu nehmen haben, wonach nur die Kosten der EL-beanspruchenden Person, nicht jedoch jene der begleitenden Drittperson berücksichtigt werden können. 
6. 
Was die von der Vorinstanz im Rahmen von Art. 13 Abs. 6 ELKV zugesprochene Entschädigung von Fr. 200.- für die Hilfe im Haushalt für den Monat August 2002 betrifft, ist diese vom Amt nicht explizit angefochten worden. Damit hat es sein Bewenden. 
7. 
Die unterliegende Beschwerdegegnerin hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 15. März 2007 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Bezirksrat Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt. 
Luzern, 23. November 2007 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Riedi Hunold