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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 335/04 
 
Urteil vom 23. Dezember 2004 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber Schmutz 
 
Parteien 
G.________, 1942, Beschwerdeführer, vertreten durch seine Ehefrau R.________, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
(Entscheid vom 27. April 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1942 geborene G.________, von Beruf Elektroingenieur, betrieb seit den Siebzigerjahren verschiedenenorts, zum Teil auf den Namen seiner Gattin lautend, ein Geschäft. Seine Ehefrau R.________ arbeitet seit 38 Jahren als Primarlehrerin in X.________. 1996 erlitt G.________ eine Netzhautablösung am rechten Auge. Er gab sein Geschäft auf. Ende 1999 begann er mit dem Aufbau eines neuen Ladens. Ab April 2000 setzte eine psychische Störung ein, die vom 29. Juli bis 4. September 2000 im Zentrum M.________ und in der Klinik W.________ stationär behandelt wurde. Am 12. und 26. September 2000 musste sich G.________ an beiden Augen einer ambulanten Staroperation unterziehen, für die ihm (auf Anmeldung zum Rentenbezug vom 11./14. September 2000 hin) die IV-Stelle Bern mit Verfügung vom 5. Januar 2001 medizinische Massnahmen und Hilfsmittel zusprach. 
 
Bezüglich der psychischen Erkrankung holte die IV-Stelle Bern von Dr. med. H.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, ein Gutachten vom 10. September 2001 ein. Der Psychiater erhob einen Status nach Manie mit psychotischen Symptomen und diagnostizierte eine mittelgradige depressive Episode mit Antriebslosigkeit, reduzierter Belastbarkeit und Rückzugsverhalten. Die Arbeitsfähigkeit in einer geeigneten Tätigkeit schätzte er auf 40 %. Nach einer Erhebung am 16. Dezember 2002 (Abklärungsbericht für Selbstständigerwerbende vom 13. Januar 2003) lehnte die IV-Stelle Bern mit Verfügung vom 22. Januar 2003, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 23. September 2003, den Anspruch auf eine Invalidenrente ab. Sie kam gestützt auf die erwähnten Abklärungen sowie beigezogenen Geschäfts- und Steuerakten und den Auszug aus dem individuellen Konto zum Schluss, das vom Versicherten aus seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit vor der Erkrankung erzielte Einkommen unterschreite den trotz eingeschränkter Arbeitsfähigkeit in einer Anstellung noch erzielbaren Lohn, womit keine Erwerbseinbusse vorliege. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 27. April 2004 ab. 
C. 
G.________ führt, vertreten durch seine Ehefrau R.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, es sei ihm eine Rente zuzusprechen, da er erheblich zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen habe und nun wegen schwerer Depression, Diskushernie und Augenleiden nicht mehr arbeitsfähig sei. Er legt unter anderem ein Zeugnis des Dr. med. K.________, Facharzt FMH für allgemeine Medizin, (vom 24. Juni 2004) und diverse Geschäftsunterlagen über erfolgte Zahlungen ins Recht. 
 
Die IV-Stelle Bern beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG; Art. 4 Abs. 1 aIVG), den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG in der bis Ende 2003 gültig gewesenen Fassung), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten (Einkommensvergleichsmethode [Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2; Art. 28 Abs. 2 aIVG; BGE 104 V 136 Erw. 2a und b]) sowie die Rechtsprechung zur Aufgabe des Arztes im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 261 Erw. 4, 115 V 134 Erw. 2, 105 V 158 Erw. 1) richtig dargelegt. 
2. 
Der Gesundheitszustand ist seitens der IV-Stelle hinreichend abgeklärt und von der Vorinstanz zutreffend gewürdigt worden. Denn gestützt auf das Gutachten des Dr. med. H.________ vom 10. September 2001 und unter Berücksichtigung der ophtalmologischen Einschränkungen kann der Beschwerdeführer die Tätigkeit als selbstständiger Händler zwar nicht mehr ausüben; eine dem Leiden angepasste (unselbstständige) Erwerbstätigkeit in Form einer körperlich nicht zu stark belastenden Arbeit und im Umfange eines Pensums von 40 % ist ihm aber noch zumutbar. Als Hausmann ist der Beschwerdeführer nicht in erheblichem Ausmass arbeitsunfähig, weil ihm trotz seines Augenleidens und seines psychischen Zustandes die übliche Mithilfe im Rahmen eines Haushaltes von zwei erwachsenen Personen ebenfalls zumutbar ist. Im letztinstanzlich eingereichten Bericht vom 24. Juni 2004 schildert Hausarzt Dr. med. K.________ im Wesentlichen ein depressives Zustandsbild, das mit den Ergebnissen der Administrativexpertise übereinstimmt und an der Einschätzung der erwähnten Restarbeitsfähigkeit nichts ändert. 
3. 
Dem Valideneinkommen haben Verwaltung und Vorinstanz Einkünfte aus dem Geschäft in der Höhe von Fr. 10'000.- zu Grunde gelegt. Es fragt sich, ob auf eine solche - für einen Vollerwerbstätigen - unüblich tiefe Einkommenserzielung im Gesundheitsfall im Rahmen des gesetzlichen Einkommensvergleichs abzustellen ist. Nach der Rechtsprechung zählen zum hypothetischen Valideneinkommen, welches in die Vergleichsrechnung nach Art. 28 Abs. 2 IVG einzustellen ist, sämtliche Einkünfte, welche der Versicherte im Gesundheitsfall, also ohne Gesundheitsschaden, aber bei sonst gleicher Situation mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erzielen vermöchte. Ist auf Grund einer solchen gesamthaften Beurteilung der Umstände des Einzelfalles anzunehmen, dass sich ein Versicherter als Gesunder voraussichtlich dauernd mit einer bescheidenen Erwerbstätigkeit begnügen würde, so ist darauf abzustellen, auch wenn der Versicherte besser entlöhnte Erwerbsmöglichkeiten hätte (Plädoyer 2002 Nr. 3 S. 73 mit Hinweis auf ZAK 1992 S. 90 ff. Erw. 4a; bestätigt zum Beispiel im nicht publizierten Urteil S. vom 14. Juni 1996 [I 261/95; Valideneinkommen rund Fr. 5'000.-] sowie im Urteil W. vom 9. Mai 2001 [I 575/00; Valideneinkommen Fr. 49'000.- bis Fr. 54'000.-]). 
 
Weder buchführungsmässig noch steuerlich noch AHV-seitig wies der Beschwerdeführer jemals Einkünfte aus dem Geschäft in der von ihm behaupteten Grössenordnung aus. Es wurde nie ein höheres Einkommen als Fr. 10'000.- dokumentiert, insbesondere auch nicht, als der Ertrag wie für die Jahre 1991, 1992 und 1993/94 nach kaufmännischen Grundsätzen ausgewiesen wurde. Da die Ehefrau stets als Lehrerin normal arbeitete, stand der Familie seit je ein regelmässiges und bedarfsdeckendes Erwerbseinkommen zur Verfügung. Das mag mit ein Grund für den Beschwerdeführer gewesen sein, seinen Handel so zu betreiben, wie es auf Grund der verfügbaren Unterlagen heute noch feststellbar ist. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der ausgewiesene Ertrag aus dem Geschäft gesteigert worden wäre, wenn die gesundheitlichen Probleme nicht aufgetreten wären. Dagegen spricht insbesondere die lange Dauer der tiefen Einkommenserzielung, weshalb nicht anzunehmen ist, der Beschwerdeführer hätte nach Jahrzehnten seine Lebensgestaltung und Betriebsführung noch geändert, wenn er nicht von einem Gesundheitsschaden betroffen worden wäre. Ist aber auf die aktenmässig ausgewiesenen Einkommensverhältnisse abzustellen, erleidet der Beschwerdeführer im Vergleich zu seiner jetzigen Situation keine gesundheitlich bedingte Erwerbseinbusse, weil er trotz seines Gesundheitsschadens noch rund Fr. 10'000.- verdienen könnte. Die eingereichten Belege ändern an diesem Ergebnis nichts. 
4. 
Während die Verwaltung den Beschwerdeführer als Vollerwerbstätigen einstufte, hat ihm die Vorinstanz den Status eines Teilerwerbstätigen mit einem Anteil von je 50 % Erwerbs- und Hausmannsarbeit zuerkannt. Wie es sich damit verhält, kann letztlich offen bleiben, weil nach dem in Erwägung 2 und 3 Gesagten weder im Haushalts- noch im Erwerbsbereich ein rentenbegründender Invaliditätsgrad von mindestens 40 % resultiert. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 23. Dezember 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: