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[AZA 7] 
U 440/00 Gr 
 
II. Kammer 
 
Bundesrichter Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; Gerichtsschreiberin Amstutz 
 
Urteil vom 24. Januar 2002 
 
in Sachen 
 
B.________, 1964, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Marco Unternährer, Sempacherstrasse 6, (Schillerhof), 6003 Luzern, 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern 
 
A.- Der 1964 geborene, gelernte Maler B.________ arbeitete seit März 1990 als Filialleiter bei der Firma X.________ AG und war damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfälle versichert. Mit Verfügung vom 13. November 1998 sprach die SUVA dem Versicherten für die Restfolgen eines am 9. Juni 1992 erlittenen Verkehrsunfalls rückwirkend ab 1. März 1995 ein Invalidenrente auf der Grundlage einer Erwerbsunfähigkeit von 10 % zu, was sie mit Einspracheentscheid vom 18. August 1998 bestätigte. 
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher B.________ beantragen liess, in Aufhebung des Einspracheentscheids vom 18. August 1998 sei die SUVA zur Ausrichtung der ihm nach Gesetz zustehenden Invalidenrente zu verpflichten, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 22. September 2000 ab. 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt B.________ sein vorinstanzlich gestelltes Rechtsbegehren erneuern. 
Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen lässt, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Streitig und zu prüfen ist der Umfang der den Anspruch auf eine Invalidenrente begründenden Invalidität (Art. 18 Abs. 1 UVG), wobei einzig die Höhe beider für die Ermittlung des Invaliditätsgrades massgebenden Vergleichseinkommen (Art. 18 Abs. 2 UVG) in Frage steht. 
 
2.- Die materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen, welche für die Durchführung des gesetzlichen Einkommensvergleichs massgeblich sind, hat die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt, sodass darauf verwiesen werden kann. 
3.- a) Die Vorinstanz hat das ohne Invalidität mutmasslich erzielbare Einkommen (Valideneinkommen) auf Fr. 5'258.- festgesetzt, wobei sie sich auf das vom Versicherten im Jahre 1991 bei der damaligen Arbeitgeberin, der Firma X.________ AG erreichte und auf das Jahr 1995 aufgerechnete Lohnniveau stützte. Der Beschwerdeführer dagegen stellt sich - zusammengefasst - auf den Standpunkt, ohne den im Jahre 1992 erlittenen Unfall hätte er eine Filiale der Firma X.________ AG käuflich erworben und anschliessend aller Voraussicht nach einen deutlich höheren Verdienst von mindestens Fr. 8000.- monatlich erzielt. Diese hypothetische berufliche und finanzielle Weiterentwicklung sei entgegen der Auffassung des kantonalen Gerichts mit dem erforderlichen Beweisgrad nachgewiesen. 
SUVA und Vorinstanz haben die Frage, ob der Beschwerdeführer kurz vor dem Unfall tatsächlich zum Kauf einer Filiale der X.________ AG bereit und in der Lage war, sowie die Frage nach den voraussichtlichen Auswirkungen eines solchen Schrittes auf die Einkommensverhältnisse im Rahmen des Möglichen umfassend und sorgfältig abgeklärt. Dabei hat die SUVA unter anderem auch den damaligen Direktor der Firma sowie deren Verkaufsleiter/Vizedirektor als Zeugen einvernommen. Die Vorinstanz ihrerseits führte eine öffentliche Verhandlung durch, anlässlich derer der Beschwerdeführer nochmals Gelegenheit zur Darlegung seiner Einwände erhielt. Entgegen seiner Auffassung kann weder von einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes noch des Anspruchs auf rechtliches Gehör die Rede sein. Auch sämtliche übrigen Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ändern nichts daran, dass das kantonale Gericht bei der Bestimmung des Valideneinkommens zu Recht nicht auf die Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers abgestellt hat: Aufgrund der Akten ist zu schliessen, dass die Übernahme einer Filiale der Firma X.________ AG mit anschliessend selbständiger Geschäftsführung zum fraglichen Zeitpunkt lediglich eine von mehreren diskutierten Möglichkeiten darstellte, ohne dass der Erwerb der Filiale schon konkret in die Wege geleitet worden wäre. Der Beschwerdeführer zog, nachdem sich die Firma X.________ AG nach und nach zur Kündigung des Anstellungsverhältnisses mit allen Filialleitern veranlasst gesehen hatte und er selbst am 26. Mai 1992 hievon betroffen wurde, noch vor dem Unfallereignis auch andere berufliche Optionen in Erwägung. So sprach er bei Vertretern von Firmen vor, welche die bisherige Arbeitgeberin, die X.________ AG, mit Produkten beliefert hatten; dabei erkundigte er sich nach einer allfälligen freien Arbeitsstelle, insbesondere bei der Firma Y.________ (Angaben des Versicherten gegenüber der SUVA anlässlich der persönlichen Befragung vom 8. April 1994). Hinzu kommt, dass der Nachfolger des Beschwerdeführers in der für einen Kauf in Frage gekommenen Filiale, Herr V.________, ebenfalls Interesse an einer Übernahme angemeldet hatte, ohne dass es in der Folge zu einem Kauf durch ihn gekommen wäre. Insgesamt befand sich die Firma X.________ AG im Frühjahr 1992 in einer durchaus kritischen Phase, sodass ein Verkauf der einzelnen Filialen, deren wirtschaftliche Ertragsfähigkeit sehr unterschiedlich war, mit vielen Unwägbarkeiten behaftet war. Aber selbst wenn man annehmen wollte, der an einem Erwerb der Filiale ernsthaft interessierte Beschwerdeführer hätte sein Vorhaben tatsächlich umgesetzt, lässt sich nach der gesamten Aktenlage das im Rahmen einer solchen Unternehmenstätigkeit voraussichtlich erzielbare Einkommen nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ermitteln. In diesem Sinn ist auch der Eventualbegründung des kantonalen Gerichts beizupflichten. 
Folglich ist für die Festlegung des Valideneinkommens von den Einkünften auszugehen, welche der Beschwerdeführer in der Firma X.________ AG als angestellter Filialleiter erzielt hatte und im Gesundheitsfall, d.h. ohne den versicherten Unfall, weiterhin erreicht hätte. Diesbezüglich ist die Vorinstanz von den für den Beschwerdeführer günstigsten Annahmen, soweit sie sich aktenmässig hinreichend abstützen lassen, ausgegangen. Die Festlegung des Valideneinkommens auf Fr. 5'528.- pro Monat (Lohnniveau 1995, Rentenbeginn 1. März 1995) lässt sich daher nicht beanstanden. 
 
b) Nicht beigepflichtet werden kann der Vorinstanz hingegen, wenn sie mit Bezug auf das trotz Gesundheitsschaden zumutbarerweise noch erzielbare Einkommen (Invalideneinkommen) erwägt, der Beschwerdeführer wäre - wie er dies zwischenzeitlich bewiesen habe - ohne seinen unfallfremden und somit nicht versicherten Rückenschaden in der Lage, in seinem angestammten Beruf als Maler tätig zu sein und dabei ein Invalideneinkommen von Fr. 4'719.- zu verdienen. Wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu Recht gerügt wird, geht es nicht an, dem Beschwerdeführer für die Festlegung des hypothetischen Invalideneinkommens einen Betrag anzurechnen, welchen er schon vor Eintritt der versicherten Gesundheitsschädigung nicht mehr zu erzielen in der Lage war. SUVA und Vorinstanz verkennen, dass die Arbeitsfähigkeit des mit einem vorbestehenden Rückenschaden behafteten Beschwerdeführers bereits zum Zeitpunkt des Unfalls am 9. Juni 1992 in einem Ausmass eingeschränkt war, das ihm die Ausübung der angestammten Malertätigkeit schon damals nicht mehr erlaubte. Die SUVA (wie überhaupt die obligatorische Unfallversicherung) hat Versicherungsschutz für eine weite Bandbreite von Versicherten zu gewährleisten (BGE 115 V 135 Erw. 4b). Dazu gehören zweifellos auch Versicherte, welche einen vorbestehenden Rückenschaden aufweisen, der ihnen die Ausübung einer rückenbelastenden Tätigkeit verunmöglicht (vgl. auch Art. 28 Abs. 3 UVV [in der hier anwendbaren Fassung vom 20. Dezember 1982; vgl. ferner die revidierte, präziser formulierte Fassung vom 15. Dezember 1997, in Kraft seit 1. Januar 1998; AS 1998 151]). 
Es ist daher grundsätzlich auf die Einkünfte abzustellen, welche der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Tätigkeit als Verkäufer im Geschäft von Z.________ AG verdient. Hier ist der Beschwerdeführer mit Blick auf die doch beträchtlichen bleibenden Unfallfolgen zweckmässig eingegliedert. Es besteht sogar ein gewisses Entwicklungspotenzial, geht doch aus den Vorbringen des Beschwerdeführers anlässlich der vorinstanzlich durchgeführten Beweisverhandlung hervor, dass er bei einem Anfangslohn von Fr. 2'900.- pro Monat nach kurzer Zeit mit einer Lohnaufbesserung von Fr. 400.- rechnen konnte. Da anzunehmen ist, dass der Beschwerdeführer mit seiner Verkäufertätigkeit in der erwähnten Firma seine Restarbeitsfähigkeit optimal ausschöpft, sind die dabei erzielten Löhne als Invalideneinkommen zu betrachten. Die SUVA, an welche die Sache zurückzuweisen ist, wird den Invaliditätsgrad unter Berücksichtigung der Entwicklung der Lohnverhältnisse festzulegen haben. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dahingehend 
gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Luzern vom 22. September 2000 und 
der Einspracheentscheid vom 18. August 1998 aufgehoben 
werden und die Sache an die SUVA zurückgewiesen wird, 
damit sie, nach Abklärungen im Sinne der Erwägungen, 
über den Anspruch auf eine Invalidenrente neu verfüge. 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III. Die SUVA hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren 
vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung 
von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) 
zu bezahlen. 
IV. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wird über 
eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren 
entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses 
zu befinden haben. 
V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht 
des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche 
Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung 
zugestellt. 
 
Luzern, 24. Januar 2002 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Vorsitzende der II. Kammer: 
 
i.V. 
 
Die Gerichtsschreiberin: