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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4P.213/2002 /rnd 
 
Urteil vom 24. Januar 2003 
I. Zivilabteilung 
 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiberin Boutellier. 
 
A.________ AG, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Elena Neuroni, via Nassa 21, 6901 Lugano, 
 
gegen 
 
B.________ AG, 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Advokat Dr. Thomas Christen, Büchelistrasse / Lindenstrasse 2, Haus Thurgauerhof, 4410 Liestal, 
Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, 
 
Art. 30 Abs. 2 BV (Zivilprozess; Gerichtsstand), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Justizkommission, vom 30. August 2002. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die A.________ AG (Beschwerdeführerin) reichte beim Kantonsgericht Zug gegen die B.________ AG (Beschwerdegegnerin) Klage auf Bezahlung einer Forderung aus Garantievertrag ein. Die Beschwerdegegnerin erhob Widerklage auf Bezahlung von Ansprüchen aus einem Zusammenarbeitsvertrag ihrer Tochtergesellschaft mit der Beschwerdeführerin; diese Ansprüche waren von der Tochtergesellschaft an die Beschwerdegegnerin zediert worden. Für die Widerklage erhob die Beschwerdeführerin die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit. Das Kantonsgericht Zug, 2. Abteilung, trat mit Beschluss vom 28. November 2001 auf die Widerklage ein. Das Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, bestätigte mit Urteil vom 30. August 2002 die Anhandnahme der Widerklage. Gegen diesen Entscheid hat die Beschwerdeführerin sowohl eidgenössische Berufung wie staatsrechtliche Beschwerde erhoben. In der staatsrechtlichen Beschwerde beantragt sie, das angefochtene Urteil des Obergerichts des Kantons Zug sei aufzuheben. Sie rügt eine Verletzung von Art. 30 Abs. 2 BV und bringt vor, die kantonalen Instanzen hätten die Konnexität der Widerklage entgegen der Praxis zu Art. 59 aBV bejaht. Die Beschwerdegegnerin schliesst in der Vernehmlassung auf Abweisung der Beschwerde. 
2. 
Gemäss Art. 84 Abs. 2 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer andern Bundesbehörde gerügt werden kann. In berufungsfähigen Streitsachen geht die Berufung vor. Im vorliegenden Fall ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 49 OG in einer vermögensrechtlichen Zivilrechtsstreitigkeit mit einem Streitwert über Fr. 8'000.-- angefochten, wogegen die Berufung grundsätzlich offen steht. Gerügt wird die Verletzung der Garantie des Wohnsitzgerichtsstandes; Art. 30 Abs. 2 BV behält andere, gesetzlich vorgesehene Gerichtsstände ausdrücklich vor. 
 
Da die Widerklage vor dem Inkrafttreten des GestG eingereicht wurde, kann gemäss Art. 38 GestG die Zuständigkeit nur verneint werden, wenn die Widerklage weder nach altem noch nach neuem Recht gegeben ist. Das Obergericht des Kantons Zug hat im angefochtenen Urteil die örtliche Zuständigkeit der Gerichte des Kantons Zug gestützt auf Art. 6 Abs. 1 GestG bejaht. Gemäss Art. 38 GestG müsste bei Verneinung der Zuständigkeit aufgrund des Gerichtsstandsgesetzes geprüft werden, ob die Zuständigkeit nach bisherigem kantonalem Recht gegeben wäre. Das Obergericht des Kantons Zug hat diese Prüfung - aufgrund der vertretenen Rechtsauffassung zu Recht - unterlassen. Es fehlt insofern ein Anfechtungsobjekt für die von der Beschwerdeführerin gerügte Verletzung verfassungsmässiger Rechte. Inwiefern das Grundrecht von Art. 30 Abs. 2 BV darüber hinaus verletzt sein könnte, ist nicht ersichtlich und wird in der Beschwerde nicht dargetan. Die Beschwerdeführerin beruft sich auch auf keine anderen verfassungsmässigen Rechte, welche der angefochtene Entscheid verletzen könnte (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Die Rügen, welche die Beschwerdeführerin im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde erhebt, decken sich mit der Rüge, das Obergericht des Kantons Zug habe das Erfordernis des Sachzusammenhangs als Voraussetzung der örtlichen Zuständigkeit für die Widerklage sowohl nach Art. 30 Abs. 2 BV bzw. Art. 59 aBV als auch nach Art. 6 GestG falsch angewendet. Diese Rüge kann in der Berufung vorgebracht werden und wird von der Beschwerdeführerin mit jenem Rechtsmittel auch erhoben. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist daher gemäss Art. 84 Abs. 2 OG nicht einzutreten. 
3. 
Die Beschwerdeführerin hat das Rechtsmittel der staatsrechtlichen Beschwerde unter ausdrücklicher Erwähnung von Art. 84 Abs. 2 OG eingereicht für den Fall, dass intertemporalrechtlich Art. 6 GestG auf den vorliegenden Fall noch keine Anwendung finden sollte, und die Frage daher nach § 62 ZPO ZG und Art. 59 aBV bzw. Art. 30 Abs. 2 BV zu beurteilen wäre. Die kantonalen Gericht haben Art. 6 GestG auf den vorliegenden Fall intertemporalrechtlich zutreffend für anwendbar gehalten, wie in der Berufung näher darzulegen sein wird. Dass die Beschwerde ausdrücklich nur eventualiter eingereicht wurde, ändert nichts daran, dass sie dem Gericht und der Gegenpartei Aufwand verursachte. Daher sind Gerichtskosten zu erheben, und die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin deren Parteikosten zu ersetzen (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). Angesichts des relativ bescheidenen Aufwandes ist praxisgemäss die nach Streitwert bemessene Gerichtsgebühr und die Parteientschädigung an der untersten Grenze zu bemessen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 8'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 9'000.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 24. Januar 2003 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: