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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_632/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 24. Februar 2015  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Werner Ritter, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marcel Köppel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Eheschutzmassnahmen, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, 
vom 11. Juli 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.A.________ (Beschwerdeführer), Jahrgang 1975, und B.A.________ (Beschwerdegegnerin), Jahrgang 1980, heirateten im Juni 2002. Sie sind die Eltern der Kinder C.A.________ (geb. 2005), D.A.________ (geb. 2006) und E.A.________ (geb. 2009). 
 
B.   
Am 2. Dezember 2013 wandte sich die Beschwerdegegnerin mit einem Eheschutzbegehren ans Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland. Mit Entscheid vom 20. März 2014 stellte das Kreisgericht die Kinder unter ihre alleinige Obhut. Der Beschwerdeführer wurde mit Wirkung ab dem 1. Mai 2013 verpflichtet, monatlich an den Unterhalt der drei Kinder je Fr. 700.-- zuzüglich Kinderzulagen und an denjenigen der Beschwerdegegnerin Fr. 1'300.-- zu bezahlen. 
 
C.   
Gegen den Entscheid des Kreisgerichts legte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 22. April 2014 Berufung ein. Er beantragte unter anderem, davon abzusehen der Beschwerdegegnerin einen Unterhaltsbeitrag zuzusprechen und denjenigen an die drei Kinder auf je Fr. 500.-- herabzusetzen. Mit Entscheid vom 11. Juli 2014 korrigierte das Kantonsgericht St. Gallen den an die Beschwerdegegnerin zu bezahlenden Unterhaltsbeitrag leicht nach unten auf Fr. 1'200.--. Die Unterhaltsbeiträge an die Kinder beliess es auf je Fr. 700.--. 
 
D.  
 
D.a. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 18. August 2014 gelangt der Beschwerdeführer an das Bundesgericht. Er beantragt, von der Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen gegenüber der Beschwerdegegnerin abzusehen; eventualiter die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen.  
 
D.b. Das Kantonsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Hingegen beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist.  
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 BGG) über die Anordnung von Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft (Art. 172 ff. ZGB). Dabei handelt es sich um einen Endentscheid in Zivilsachen (Art. 90 und Art. 72 Abs. 1 BGG; BGE 133 III 393 E. 2 ff. S. 395 f.). Einzig umstritten ist die Regelung des Ehegattenunterhalts und damit eine vermögensrechtliche Angelegenheit, wobei die gesetzliche Streitwertgrenze erreicht ist (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die im Übrigen fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig.  
 
1.2. Eheschutzentscheide sind Entscheide über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5.2 S. 397). Demnach kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (s. dazu BGE 133 III 585 E. 4.1 S. 588). Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen prüft. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 396 E. 3.1 S. 399 f.). Wird die Verletzung des Willkürverbots gerügt, reicht es daher nicht aus, wenn der Beschwerdeführer die Rechtslage aus seiner Sicht darlegt und den davon abweichenden angefochtenen Entscheid als willkürlich bezeichnet. Vielmehr muss er im Einzelnen darlegen, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der angefochtene Entscheid deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Diese Grundsätze gelten insbesondere auch für die Rüge der Willkür in der Sachverhaltsfeststellung (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252; 133 III 393 E. 7.1 S. 398).  
 
1.3. Der Beschwerdeführer beantragt Partei- und Zeugenbefragungen. Art. 55 BGG, der das Beweisverfahren vor Bundesgericht regelt, kommt grundsätzlich nicht bzw. höchstens im Rahmen zulässiger neuer Tatsachen bzw. Beweismittel zur Anwendung. Aus diesen Gründen sind sämtliche Verfahrensanträge, die darauf abzielen, Noven zu beweisen, von vornherein unzulässig, denn der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern erst der angefochtene Entscheid Anlass zu deren Vortrag gegeben hat (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
2.   
Anlass zur Beschwerde gibt die Einkommensberechnung beim Beschwerdeführer. Die Vorinstanz hat eine monatliche Leistungsfähigkeit von Fr. 5'370.-- exkl. bzw. Fr. 5'970.-- inkl. Kinderzulagen angenommen. Streitig ist, ob die gesetzlichen Abzüge berücksichtigt worden sind. 
 
2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, bei diesem landwirtschaftlichen Einkommen gemäss Buchhaltung handle es sich um das Brutto- und nicht um das Nettoeinkommen, was bedeute, dass von den entsprechenden Beträgen die AHV-, IV- und EO-Beiträge noch abzuziehen seien. Sein Nettoeinkommen betrage in Tat und Wahrheit Fr. 4'849.10. Indem die Vorinstanz bei der Einkommensberechnung diese gesetzlichen Abzüge nicht berücksichtigt habe, habe sie sein Einkommen in krass willkürlicher und aktenwidriger Weise festgestellt und gegen den Schutz von Treu und Glauben verstossen. Ebenso habe sie dadurch den Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung im Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV verletzt, werde doch für die Bemessung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf ein massiv höheres Einkommen abgestellt, als es seiner Leistungsfähigkeit entspreche. Darüber hinaus stelle es einen unzulässigen und krass willkürlichen Methodendualismus dar, wenn bei ihm auf das Bruttoeinkommen, bei seiner Ehefrau aber auf das Nettoeinkommen abgestellt werde. Alle diese Punkte seien aus den im Recht liegenden Jahresabschlüssen ohne weiteres ersichtlich gewesen. Er habe dies im vorinstanzlichen Verfahren nicht geltend gemacht, weil er beantragt habe, die Unterhaltsbeiträge auf Grundlage seines Privatverbrauchs zu berechnen. Er habe sich mithin auf eine andere rechtliche Argumentation als die Vorinstanz gestützt.  
 
2.2. Die Beschwerdegegnerin betont, dass der Beschwerdeführer die Behauptung, die Vorinstanzen hätten bei ihm fälschlicherweise das Brutto- statt das Nettoeinkommen berücksichtigt, erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren aufstelle. Obgleich bereits das Kreisgericht von der gleichen Einkommensbemessung wie die Vorinstanz ausgegangen sei, habe der Beschwerdeführer den entsprechenden Einwand im vorinstanzlichen Verfahren zugegebenermassen nicht vorgebracht. Es stehe damit fest, dass nach Massgabe von Art. 99 Abs. 1 BGG die Voraussetzungen für die Zulässigkeit dieses Novums im vorliegenden Verfahren nicht gegeben seien.  
 
2.3. Die Auffassung der Beschwerdegegnerin ist - jedenfalls im Ergebnis - zutreffend. Wo das Bundesgericht das Recht - wie bezüglich der Verletzung verfassungsmässiger Rechte - nicht von Amtes wegen, sondern nur auf erhobene Rüge hin anwendetet (Art. 106 Abs. 2 BGG), verbietet es der Grundsatz von Treu und Glauben, der Vorinstanz bekannte rechtserhebliche Einwände vorzuenthalten und diese erst nach dem Ergehen eines ungünstigen Entscheids im anschliessenden Rechtsmittelverfahren zu erheben. Dieser Grundsatz ergibt sich auch aus dem Erfordernis der Letztinstanzlichkeit des angefochtenen Entscheides (Prinzip der relativen Subsidiarität) und fusst auf dem Gedanken, dass der Instanzenzug nicht nur prozessual durchlaufen, sondern auch materiell erschöpft sein muss (BGE 133 III 638 E. 2 S. 640).  
 
 Der Beschwerdeführer hatte vor Kreisgericht geltend gemacht, dass die Festsetzung des massgeblichen Einkommens auf der Basis der Abschlüsse 2009 bis 2012 und damit unter Ausserachtlassung des besten (2008) und des schlechtesten Jahres (2013) ein gangbarer Weg wäre und insbesondere die betrieblichen Erfolgsrechnungen eingereicht. Das Kreisgericht ist in diesem Sinne vorgegangen und hat für die Jahre 2009 bis 2012 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von rund Fr. 6'104.-- (inkl. Kinderzulagen von Fr. 600.--) ermittelt. Vor Kantonsgericht hat der Beschwerdeführer nicht gerügt, dass es sich bei der Position "Gesamteinkommen" in den betrieblichen Erfolgsrechnungen, entgegen der Interpretation des Kreisgerichts, nicht um eine Nettoposition sondern um eine Bruttoposition handle. Das Kantonsgericht ist alsdann von der gleichen Basis wie das Kreisgericht ausgegangen - es hat lediglich noch eine Reduktion aufgrund eines im Gesamteinkommen 2009 enthaltenen Nebeneinkommens der Beschwerdegegnerin vorgenommen. Mithin hat der Beschwerdeführer in diesem Punkt den Instanzenzug nicht ausgeschöpft. Die Unterlassung der Rüge lässt sich auch nicht durch die im Berufungsverfahren vertretene neue Argumentation entschuldigen, wäre es dem Beschwerdeführer doch ohne weiteres möglich gewesen, die Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge in einem Eventualstandpunkt geltend zu machen. Auf die erstmals vor Bundesgericht gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung gerichtete Rüge ist daher nicht einzutreten. 
 
3.   
Auf der Bedarfsseite kritisiert der Beschwerdeführer, dass ihm die Vorinstanz keine Wohnkosten angerechnet habe. 
 
3.1. Zur Begründung macht er geltend, die Vorinstanz habe die Buchhaltungsunterlagen willkürlich interpretiert, indem sie angenommen habe, die Wohnkosten würden über die Betriebsbuchhaltung abgewickelt. Aus den im Recht liegenden Jahresabschlüssen ergebe sich, dass aus dem Gesamteinkommen der Privatverbrauch finanziert werden müsse zu dem auch die Wohnkosten von Fr. 8'400.-- pro Jahr bzw. Fr. 700.-- pro Monat gehören würden.  
 
3.2. Soweit diese Ausführungen den Anforderungen an Sachverhaltsrügen (E. 1.2) überhaupt genügen, erweisen sie sich als nicht stichhaltig. Die Positionen "Pachtzinse, Mietzinse" sind in der Betriebsbuchhaltung explizit mit jährlichen Gesamtbeträgen von jeweils mehr als Fr. 34'000.-- enthalten; insofern bezeichnet der Beschwerdeführer die Würdigung der Vorinstanz zu Unrecht als aktenwidrig. Der Feststellung der Vorinstanz, dass er nicht näher belegt hat, welchen zusätzlichen Wohnaufwand er aus dem Betriebsgewinn finanzieren muss, hat der Beschwerdeführer sodann nichts Konkretes entgegenzusetzen. Es ist nicht willkürlich, dass die Vorinstanz nicht auf die unter "Privatverbrauch" aufgeführte Position "Mietwert der Wohnung" abgestellt hat, hat der Beschwerdeführer doch nicht nachgewiesen, dass der dort genannte Betrag - zusätzlich zum über die Betriebsrechnung erfassten Pacht- und Mietzins -effektiv bezahlt werden muss.  
 
4.   
Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer für die Gerichtskosten aufzukommen und die Beschwerdegegnerin zu entschädigen (Art. 66 Abs. 1 und 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. Februar 2015 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Buss