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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_1108/2013, 6B_1109/2013, 6B_1110/2013, 6B_1111/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 25. März 2014  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichter Denys, Rüedi, 
Gerichtsschreiber Näf. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans M. Weltert, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. A.________, (6B_1108/2013), 
2. B.________, (6B_1109/2013), 
3. C.________, (6B_1110/2013), 
4. D.________, (6B_1111/2013), 
alle vertreten durch Advokat Olivier Huber, 
5.  Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,  
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Üble Nachrede, Einwilligung, Wahrheitsbeweis; Willkür, 
 
Beschwerden gegen die Urteile des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, vom 17. September 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. X.________ reichte mit Eingabe vom 5. Januar 2010 beim Gerichtspräsidium Kulm eine Privatstrafklage gemäss §§ 181 ff. StPO/AG ein mit den Anträgen, A.________, B.________, C.________ und D.________ seien der üblen Nachrede, eventuell der Verleumdung schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen.  
 
A.b. Die Präsidentin des Bezirksgerichts Kulm sprach A.________, B.________, C.________ und D.________ mit Urteil vom 14. Juni 2012 der üblen Nachrede schuldig und verurteilte sie zu bedingt vollziehbaren Geldstrafen.  
 
Die Verurteilten erhoben Berufung. 
 
A.c. Das Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, sprach A.________, B.________, C.________ und D.________ mit Urteilen vom 17. September 2013 von Schuld und Strafe frei.  
 
B.   
X.________ erhebt in vier Eingaben Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, die Urteile des Obergerichts des Kantons Aargau vom 17. September 2013 seien aufzuheben und es sei das Urteil des Bezirksgerichts Kulm vom 14. Juni 2012 zu bestätigen. Eventualiter sei das Verfahren an das Obergericht, subeventualiter an das Bezirksgericht zur Durchführung weiterer Untersuchungshandlungen zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht stellt X.________ den Antrag, die Verfahren in Sachen der vier Beschuldigten seien zu vereinigen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Gegenstand der vier angefochtenen Urteile bildet die Äusserung, der Beschwerdeführer habe einen Betrug im Sinne des Einsichtenbuches der Gemeinschaft der "Z.________" begangen. Die vier angefochtenen Urteile und die dagegen erhobenen vier Beschwerden sind wörtlich identisch. Es rechtfertigt sich daher, die Verfahren 6B_1108-1111/2013 zu vereinigen. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer begründet seine Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen mit seiner Stellung als altrechtlicher Privatstrafkläger im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 aBGG. Diese Bestimmung müsse im konkreten Fall weiterhin Geltung haben. Vom Grundsatz der Anwendung des neuen Rechts sei abzuweichen, wenn andernfalls der Betroffene einen Rechtsverlust erleide (Beschwerde Ziff. 4.1).  
 
2.1.1. Der Beschwerdeführer reichte am 5. Januar 2010 bei der ersten Instanz eine Privatstrafklage gemäss §§ 181 ff. StPO/AG ein mit dem Antrag, die vier Beschuldigten seien der üblen Nachrede, eventuell der Verleumdung schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen. Die erste Instanz fällte ihr Urteil am 14. Juni 2012. Sie führte das Privatstrafklageverfahren, das beim Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) am 1. Januar 2011 bereits bei ihr hängig war, in zutreffender Anwendung von Art. 456 StPO nach dem bisherigen kantonalen Recht, d.h. nach der Strafprozessordnung des Kantons Aargau (StPO/AG), fort. Auf das Berufungsverfahren, welches durch die Berufungen der erstinstanzlich verurteilten Beschuldigten anhängig gemacht wurde, war gemäss Art. 454 Abs. 1 StPO die Schweizerische Strafprozessordnung anwendbar, da der erstinstanzliche Entscheid nach deren Inkrafttreten gefällt worden war. Diese sieht ein Privatstrafklageverfahren nicht vor.  
 
2.1.2. Die Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht ist in Art. 81 BGG geregelt. Diese Bestimmung wurde, soweit sie die Beschwerdeberechtigung der durch eine angebliche Straftat betroffenen Person betrifft, einerseits durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007, in Kraft seit 1. Januar 2011, und andererseits durch Anhang Ziff. II 5 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Januar 2011, geändert. Durch das erstgenannte Gesetz wurde Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 BGG aufgehoben, wonach zur Beschwerde die Privatstrafklägerschaft berechtigt war, soweit sie nach dem kantonalen Recht die Anklage ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft vertreten hat. Durch das zweitgenannte Gesetz wurde Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG geändert. Gemäss der neuen Fassung ist nicht mehr nur das Opfer, sondern die Privatklägerschaft zur Beschwerde berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann.  
 
Der Beschwerdeführer war im erstinstanzlichen Verfahren Privatstrafkläger im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 aBGG, da er die Anklage wegen Ehrverletzung vor der ersten Instanz nach dem kantonalen Privatstrafklageverfahren (§§ 181 ff. aStPO/AG) ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft vertrat. Im Berufungsverfahren war er Privatkläger im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG, weil er Strafantrag wegen Verleumdung (Art. 174 StGB) beziehungsweise übler Nachrede (Art. 173 StGB) gestellt hatte (Art. 118 Abs. 1 und 2 StPO). 
 
2.1.3. Gemäss Art. 132 Abs. 1 BGG ist dieses Gesetz auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist. Diese Übergangsbestimmung gilt nicht nur im Verhältnis zwischen dem Bundesgerichtsgesetz und den früheren Prozessgesetzen des Bundes, sondern auch im Falle der Änderung von Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes beispielsweise betreffend die Beschwerdeberechtigung (BGE 137 IV 219 E. 2.1; Urteile 6B_28/2012 vom 11. Dezember 2012 E. 1.2; 1B_119/2011 vom 20. April 2011 E. 1.2).  
 
In Anwendung von Art. 132 Abs. 1 BGG bestimmt sich die Legitimation des Beschwerdeführers zur Beschwerde in Strafsachen nicht nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 aBGG, sondern gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG, da der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten der Änderung von Art. 81 BGG am 1. Januar 2011 ergangen ist. Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG als Privatkläger zur Beschwerde berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken kann. Die Beschwerdelegitimation setzt nach der Rechtsprechung zudem voraus, dass der Privatkläger, soweit zumutbar, im kantonalen Strafverfahren adhäsionsweise Zivilansprüche geltend gemacht hat (BGE 137 IV 246 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Zwar behielt sich der Beschwerdeführer Zivilansprüche, die in einem separaten Verfahren geltend zu machen seien, vor (Strafklage vom 5. Januar 2010, kant. Akten p. 2; Schreiben vom 24. Oktober 2011, kant. Akten p. 310), doch machte er solche nicht geltend (erstinstanzliches Urteil S. 17 E. 8.1, kant. Akten p. 395). Dass ihm die Geltendmachung von Zivilansprüchen im Strafverfahren unzumutbar gewesen sei, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Im Berufungsverfahren, das sich gemäss Art. 454 Abs. 1 StPO nach der Schweizerischen Strafprozessordnung bestimmte und an welchem auch die Staatsanwaltschaft als Partei beteiligt war, beantragte er die Abweisung der Berufung der erstinstanzlich verurteilten Beschuldigten. 
 
Bei der gemäss Art. 132 Abs. 1 BGG grundsätzlich gebotenen Anwendung von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist der Beschwerdeführer zur Beschwerde gegen die vorinstanzlichen Freisprüche nicht legitimiert, da er im kantonalen Strafverfahren, obschon ihm dies zumutbar gewesen wäre, keine Zivilansprüche geltend gemacht hat. 
 
2.1.4. Bei Anwendung von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 aBGG wäre der Beschwerdeführer hingegen zur Beschwerde in Strafsachen gegen die erstinstanzlichen Freisprüche berechtigt. Die Beschwerdelegitimation nach dieser Bestimmung setzt nicht voraus, dass sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung von Zivilansprüchen auswirken kann und der Privatstrafkläger Zivilansprüche, soweit zumutbar, adhäsionsweise geltend gemacht hat. Voraussetzung für die Beschwerdelegitimation ist vielmehr, dass der Privatstrafkläger nach dem kantonalen Recht die Anklage allein, ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft, vertreten hat. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall zwar für das erstinstanzliche Verfahren, nicht aber für das Berufungsverfahren erfüllt. In Letzterem war auch die Staatsanwaltschaft Partei.  
 
2.1.5. Das Bundesgericht hat sich schon mehrfach mit der Frage befasst, ob und unter welchen Voraussetzungen der altrechtliche Privatstrafkläger gestützt auf Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 aBGG zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert ist, wenn der damit angefochtene letztinstanzliche kantonale Entscheid nach dem 1. Januar 2011 gefällt worden ist und daher grundsätzlich gemäss Art. 132 Abs. 1 BGG nicht Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 aBGG, sondern Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG zur Anwendung gelangt.  
 
Es trat im Urteil 6B_358/2011 vom 22. August 2011 auf die Beschwerde eines Privatstrafklägers gestützt auf Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 aBGG ein. In jenem Fall war der erstinstanzliche Entscheid betreffend ein ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft geführtes Privatstrafklageverfahren vor, der angefochtene Berufungsentscheid hingegen nach Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung und der damit verbundenen Änderung von Art. 81 BGG am 1. Januar 2011 ergangen. Das Bundesgericht erwog, die unterschiedlichen Übergangsregelungen in der StPO und im BGG hätten zur Folge, dass in einer solchen Konstellation weder die Staatsanwaltschaft noch die Privatstrafklägerschaft, falls diese im kantonalen Verfahren keine Zivilansprüche geltend machte, zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert wären. Dies entspricht gemäss den Erwägungen im zitierten Urteil nicht Sinn und Zweck der neuen Bestimmung von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG, mit welcher zufolge Abschaffung des Privatstrafklageverfahrens durch die Schweizerische Strafprozessordnung die überflüssig gewordene Ziff. 4 aufgehoben wurde, nicht jedoch den Privatstrafklägern in den noch unter altem Recht geführten Privatstrafklageverfahren das Rechtsmittel an das Bundesgericht abgeschnitten werden sollte. Das Bundesgericht liess offen, ob dies auch gelten muss, wenn das erstinstanzliche Verfahren nach bisherigem kantonalem Recht als Privatstrafklageverfahren geführt wurde, der erstinstanzliche Entscheid jedoch nach dem 1. Januar 2011 ergangen ist und sich Rechtsmittel dagegen daher gemäss Art. 454 Abs. 1 StPO nach der Schweizerischen Strafprozessordnung richten, welche das Privatstrafklageverfahren nicht vorsieht. 
 
Mit dieser Frage hatte sich das Bundesgericht im Urteil 6B_115/2013 vom 23. August 2013 zu befassen. Es entschied, dass in der Konstellation, in welcher die Staatsanwaltschaft nach der Schweizerischen Strafprozessordnung im kantonalen Rechtsmittelverfahren zwingend als Partei beteiligt und daher nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt ist, die Beschwerdelegitimation des Privat (straf) klägers nicht auf Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 aBGG gestützt werden kann, sondern nur unter den Voraussetzungen von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gegeben ist, also der Privat (straf) kläger im kantonalen Verfahren, soweit zumutbar, Zivilansprüche geltend gemacht hat. Das Bundesgericht bestätigte diese Auffassung im Urteil 6B_94/2013 vom 3. Oktober 2013. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. 
 
Der Beschwerdeführer ist daher nicht gestützt auf Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 aBGG zur Beschwerde gegen die vorinstanzlichen Freisprüche befugt. 
 
2.2. Der Beschwerdeführer begründet seine Legitimation im Weiteren damit, dass er zur Zahlung von Gerichtskosten und Parteientschädigungen verpflichtet wurde und daher im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids habe.  
 
Diese Auffassung ist unzutreffend. Die Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beschwerdeführers ergeben sich daraus, dass die Beschuldigten in Gutheissung ihrer Berufung von der Vorinstanz freigesprochen wurden. Zur Anfechtung dieser Freisprüche ist der Beschwerdeführer aus den genannten Gründen nicht befugt. Dass der angefochtene Entscheid im Kosten- und Entschädigungspunkt auf der Grundlage der vorinstanzlichen Freisprüche Recht verletze, legt der Beschwerdeführer nicht dar. 
 
2.3. Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der Privatkläger die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (BGE 138 IV 248 E. 2 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer erhebt keine Rügen formeller Natur. Seine Vorbringen, die Vorinstanz habe die Beweise willkürlich gewürdigt und den Sachverhalt unzureichend abgeklärt, zielen auf eine materiellrechtliche Überprüfung des angefochtenen Entscheids. Darauf hat der Beschwerdeführer keinen Anspruch.  
 
3.   
Auf die Beschwerden ist nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen. Den Beschwerdegegnern hat er keine Entschädigungen zu zahlen, da diesen im bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Verfahren 6B_1108/2013, 6B_1109/2013, 6B_1110/2013 und 6B_1111/2013 werden vereinigt. 
 
2.   
Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. März 2014 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Der Gerichtsschreiber: Näf