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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.262/2006 /bnm 
 
Urteil vom 25. Mai 2007 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichter Marazzi, 
Gerichtsschreiber Schett. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Fürsprecher Beat Müller-Roulet, 
 
gegen 
 
Obergericht des Kantons Bern, Appellationshof, 1. Zivilkammer, Postfach 7475, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Art. 9 u. 29 BV (unentgeltliche Rechtspflege in einem Prozess aus Rechtsschutzversicherungsvertrag), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Appellationshof, 1. Zivilkammer, vom 10. Mai 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Im Zusammenhang mit der am 29. Juni 2005 gegen die X.________ Rechtsschutzversicherungs-Gesellschaft AG, 8004 Zürich, und die X.________ Rechtsschutzversicherungs-Gesellschaft AG, Zweigstelle Bern, beim Kreisgericht VII Konolfingen eingeleiteten Klage stellte X.________ (Beschwerdeführer) das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung. Mit Entscheid vom 3. März 2006 wies der Gerichtspräsident 2 das Gesuch ab. Der vom Beschwerdeführer dagegen beim Appellationshof des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, eingereichte Rekurs hatte keinen Erfolg. Mit Entscheid vom 10. Mai 2006 wurde das Rechtsmittel abgewiesen. 
B. 
B.a Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 20. Juni 2006 beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht, den obergerichtlichen Entscheid vom 10. Mai 2006 aufzuheben und ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Sein Gesuch um aufschiebende Wirkung wurde mit Präsidialverfügung vom 21. Juni 2006 abgewiesen, dem Begehren um Sistierung des staatsrechtlichen Beschwerdeverfahrens bis zum Entscheid des Plenums der Zivilkammern des Appellationshofes wurde dagegen entsprochen. 
B.b Mit Entscheid vom 15. Januar 2007 ist das Plenum der Zivilkammern des Appellationshofes auf die Nichtigkeitsklage nicht eingetreten und hat das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen. Am 19. März 2007 ist die I. zivilrechtliche Abteilung des Bundesgerichts auf die dagegen eingereichte Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 ff. BGG) nicht eingetreten und wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Auf das vorliegende Verfahren gelangen die Vorschriften des Bundesrechtspflegegesetzes (OG) zur Anwendung, da das angefochtene Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) am 1. Januar 2007 ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
2. 
2.1 Die Vorbringen des Beschwerdeführers sind indes nur zu prüfen, soweit sie den Begründungsanforderungen des Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügen. Demnach ist klar darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und einlässlich erhobene Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und bloss appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein. Es genügt namentlich nicht, wenn pauschal behauptet wird, der angefochtene Entscheid sei willkürlich. Der Beschwerdeführer hat darzutun, inwiefern die kantonale Instanz eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt hat (BGE 130 I 258 E. 1.3). 
2.2 Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde sind neue Tatsachenbehauptungen, neue rechtliche Argumente und neue Beweisanträge grundsätzlich unstatthaft (BGE 128 I 354 E. 6c S. 357 mit weiteren Hinweisen). 
 
Die zahlreichen dem Bundesgericht zur Begründung der Beschwerde offerierten Beweise können nicht entgegengenommen werden, und die Hinweise auf andere hängige Verfahren, insbesondere solche, für welche die unentgeltliche Rechtspflege gewährt worden sein soll, sind unzulässig. 
3. 
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 29 BV, weil das Obergericht mit Bezug auf die Beurteilung der Prozesschancen bloss eine summarische Prüfung der Tatbestands- und Rechtslage ohne Einsicht in die Akten der hängigen Verfahren vorgenommen habe. 
 
Über die gerügte Verletzung von Art. 29 BV hat das Plenum der Zivilabteilungen des Appellationshofes entschieden, und der Weiterzug der Sache an das Bundesgericht hatte keinen Erfolg. Im vorliegenden Verfahren kann darauf nicht eingetreten werden. Das betrifft ebenfalls das Vorbringen, das rechtliche Gehör sei auch den Beschwerdegegnerinnen verweigert worden. 
4. 
4.1 Das Obergericht führt aus, zur Einleitung der Klage sei es gekommen, da die Beklagten den Kostenersatz für weitere Rechtsvorkehrungen des Beschwerdeführers wegen Aussichtslosigkeit der Verfahren abgelehnt hätten. 
-:- 
Die gestützt auf Art. 77 Abs. 1 ZPO/BE gesuchstellende Partei habe in formeller Hinsicht darzutun, dass sie den in Aussicht genommenen Prozess ohne Beschränkung des notwendingen Lebensunterhaltes nicht zu bestreiten vermöge, und in materieller Hinsicht dürfe dieser Prozess nicht aussichtslos sein. Als aussichtslos seien nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer seien als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden könnten. Dagegen gelte ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage hielten oder jene nur wenig geringer seien als diese. Massgebend sei, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfüge, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei solle einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts koste (BGE 122 I 267 E. 2b mit Hinweisen). 
4.2 Der Beschwerdeführer trägt dagegen vor, die "spekulative Prognostik für die Beurteilung der Aussichtslosigkeit" sei absurd und rechtlich unhaltbar. Auch nach den Kommentatoren gelte das "Konzept der Waffengleichheit". Auf diese rein appellatorische Kritik an der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann von vornherein nicht eingetreten werden (E. 2.1 hiervor). 
 
Nicht eingetreten werden kann auch auf den Vorwurf, Art. 61 VVG sei willkürlich angewendet worden. Das Obergericht hat dazu ausgeführt, der Zustimmungsvorbehalt im Bereich der Rechtsschutzversicherung diene der Schadenminderung und erfülle den gleichen Zweck wie das Bewilligungsverfahren in der unentgeltlichen Prozessführung, nämlich eine Schranke gegen aussichtslose Prozesse zu bilden. Der Beschwerdeführer setzt sich damit nicht hinreichend nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG auseinander, weshalb darauf nicht eingetreten werden kann. 
4.3 Das Obergericht hat im Folgenden gemäss der Klage des Beschwerdeführers vier Verfahren auf ihre Erfolgsaussichten hin beurteilt: 
4.3.1 Mit Bezug auf die IV-Rente hätten die Beschwerdegegnerinnen dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30. März 2004 eröffnet, weil eine Beschwerde gegen den negativen Einspracheentscheid vom 26. März 2004 aussichtslos sei, werde hierfür keine Kostengutsprache erteilt. Da das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 18. Juni 2004 den Weiterzug der Sache als aussichtslos beurteilt und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen hat, schloss das Obergericht, die Erfolgsaussichten der Zivilklage müssten in diesem Punkt als äusserst gering eingestuft werden. 
 
Dagegen bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen lediglich vor, die Behauptung sei unzutreffend, dass eine über die nötigen Mittel verfügende Partei bei vernünftiger Überlegung in Anbetracht der klaren Sach- und Rechtslage das Prozessrisiko nicht eingegangen wäre. Darauf ist nicht einzutreten (E. 2.1 hiervor). 
4.3.2 Mit den ausführlichen Erwägungen zu den Verfahren betreffend Umschulung und Kapitalhilfe (S. 6 - 9), welche nach Auffassung des Obergerichts der Rechtsschutzversicherung verspätet angemeldet wurden, sowie zum AHV-Verfahren (S. 9, fehlende Versicherungsdeckung als Selbständigerwerbender) setzt sich der Beschwerdeführer überhaupt nicht auseinander (S. 28 f.). Auch darauf ist mangels rechtsgenüglicher Begründung nicht einzutreten. 
4.3.3 Zum Verfahren gegen die Rechtsschutzversicherung hat das Obergericht schliesslich ausgeführt (S. 10), gemäss Ziffer A 4.12 der AVB 07.93 sei die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherten gegen die Rechtsschutzversicherung nicht versichert. Dagegen wird hauptsächlich bloss vorgebracht (S. 30), zu Unrecht werde der Beschwerdeführer damit gezwungen, das Verfahren auf eigene Kosten fortzusetzen, womit sich diese Rüge ebenfalls als unzulässig erweist. 
5. 
Nach dem Ausgeführten kann auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten werden. Der Beschwerdeführer wird damit kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Er hat für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung beantragt, welche ihm jedoch nicht gewährt werden kann, da das Rechtsmittel von vornherein keine Aussicht auf Erfolg haben konnte. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'200.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Obergericht des Kantons Bern, Appellationshof, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 25. Mai 2007 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: