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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4A.6/2002 /rnd 
 
Urteil vom 25. Juni 2003 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichter Walter, Bundesrichterin Klett, 
Bundesrichter Nyffeler, Favre, 
Gerichtsschreiber Gelzer. 
 
Parteien 
A.________ Europe B.V., 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Christophe de Kalbermatten, rue Massot 9, 1206 Genf, 
 
gegen 
 
Eidgenössisches Handelsregisteramt, Taubenstrasse 16, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Verweigerung einer Eintragung im Handelsregister, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Eidgenössischen Handelsregisteramts vom 
15. Oktober 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die A.________ Europe B.V. (besloten vennotschap; Gesellschaft mit beschränkter Haftung) Utrecht (NL), Zweigniederlassung im Kanton Thurgau, hat mit Schreiben vom 4. Oktober 2002 beim Handelsregisteramt des Kantons Thurgau das Gesuch gestellt, neu insbe sondere "A.________ Schweiz, A.________ Suisse, A.________ Switzerland" als Geschäftsbezeichnung und Enseigne im Handelsregister des Kantons Thurgau einzutragen. 
B. 
Das Handelsregisteramt des Kantons Thurgau hat dieses Gesuch gutgeheissen und den Eintrag am 4. Oktober 2002 unter der Nr. 3612 ins Journal aufgenommen und zur Genehmigung dem Eidgenössischen Handelsregisteramt (nachstehend: EHRA) weitergeleitet. Am 15. Oktober 2002 hat dieses dem Handelsregisteramt des Kantons Thurgau bezüglich der Eintragung Nr. 3612 im Journal per e-Post und Fax folgende HR-Meldung übermittelt: 
"Rückweisung 
Code 26: Verschiedenes 
"A.________ Schweiz" ist rechtlich keine Geschäftsbezeichnung und keine Enseigne, da damit kein örtlich lokalisierter spezifischer Geschäftsbetrieb bzw. kein spezifisches Geschäftslokal bezeichnet wird. Als allgemeines Kennzeichen liegt ein Verstoss gegen die Firmengebrauchspflicht vor (Art. 47 HRegV, Art. 326ter StGB). CC" 
Mit Schreiben vom 15. Oktober 2002 teilte das Handelsregisteramt des Kantons Thurgau der Gesuchstellerin unter dem Betreff "Rückstellung durch das Eidgen. Handelsregisteramt (EHRA) in Bern" mit: 
"Erwartungsgemäss wurde unser Eintrag vom EHRA zurückgewiesen mit dem Hinweis, dass die gewünschte Geschäftsbezeichnung und Enseigne nicht zulässig ist, anbei finden Sie die schriftliche Begründung. 
Vereinbarungsgemäss habe ich nunmehr diesen Punkt aus dem Eintrag entfernt und wiederholt zur Genehmigung und Publikation an's EHRA weitergeleitet (betreffend Eintrag Firma neu und B.________)." 
C. 
Am 7. November 2002 erhob die Gesuchstellerin beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Begehren, den Entscheid des EHRA vom 15. Oktober 2002 aufzuheben und die Eintragung der Geschäftsbezeichnung und Enseigne "A.________ Schweiz, A.________ Suisse, A.________ Switzerland" im Handelsregister des Kantons Thurgau anzuordnen. 
 
Das EHRA beantragte auf die Beschwerde nicht einzutreten, da keine anfechtbare definitive Verfügung vorliege. 
Auf Begehren der Beschwerdeführerin ordnete der Instruktionsrichter mit Verfügung vom 26. Februar 2003 einen zweiten Schriftenwechsel an. In ihrer Replik hielt die Beschwerdeführerin an ihren Begehren fest und wendete ein, sie müsste noch immer auf eine anfechtbare Verfügung warten, wenn der Auffassung des EHRA gefolgt würde. Das EHRA hielt in seiner Duplik vom 28. März 2003 am Nichteintretensantrag fest und erliess am gleichen Tag eine begründete schriftliche Verfügung, mit der es die Genehmigung des von der Beschwerdeführerin verlangten Handelsregistereintrags verweigerte. Die Verfügung wurde unter der Bedingung erlassen, dass das Bundesgericht auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 7. November 2002 nicht eintrete. 
Mit Verfügung vom 16. April 2003 hat der Instruktionsrichter das bundesgerichtliche Verfahren bis zur Einreichung einer allfälligen Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung des EHRA vom 28. März 2003 bzw. bis zum Ablauf der Beschwerdefrist sistiert. Auf Begehren der Beschwerdeführerin wurde diese Sistierung mit Verfügung vom 1. Mai 2003 wieder aufgehoben. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das EHRA macht geltend, die HR-Meldung vom 15. Oktober 2002 sei keine endgültige Verfügung. Die Rückweisung sei auf Grund einer summarischen Prüfung der Rechtslage erfolgt und stelle bloss eine provisorische Eintragungsverweigerung dar, welche als Zwischenentscheid zu qualifizieren sei. Dieser habe zum Zweck, abzuklären, ob ein Fehler oder ein Versehen des kantonalen Handelsregisteramtes vorliege. Sei dies nicht der Fall, so müsse dem Gesuchsteller zur Wahrung seines rechtlichen Gehörs vor dem Erlass einer definitiven Verfügung die Gelegenheit eingeräumt werden, sich zu den Gründen der Rückweisung zu äussern. Erst nachdem der Gesuchsteller seinen Standpunkt dargelegt habe, prüfe das EHRA den Eintrag eingehend und erlasse eine formgerechte unterzeichnete Verfügung. Da eine solche nicht vorliege, habe die Beschwerdeführerin nicht von einem definitiven Entscheid ausgehen dürfen. Der Charakter einer Zwischenentscheidung ergebe sich auch aus der Kürze der Meldung, welche nur vier Zeilen aufweise und nicht unterzeichnet sei, sondern nur die Initialen eines Mitarbeiters aufweise. Der provisorische Charakter der Entscheidung werde auch durch den vom kantonalen Handelsregisteramt verwendeten Begriff der "Rückstellung" zum Ausdruck gebracht. Es liege demnach keine End- sondern nur eine Zwischenverfügung vor. Eine solche könne nur direkt angefochten werden, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirke. Diese Voraussetzung sei jedoch nicht gegeben, da die Rückweisung als Nachteil für die Beschwerdeführerin alleine die Verfahrensverlängerung zur Folge habe, welche gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil darstelle. Zudem habe die Beschwerdeführerin die zehntägige Frist zur Anfechtung von Zwischenverfügungen gemäss Art. 106 Abs. 1 OG nicht eingehalten. Auf die Beschwerde sei demnach nicht einzutreten. 
1.2 Die Beschwerdeführerin wendet ein, sie habe am 11. Oktober 2002 mit einem Mitarbeiter des EHRA telefoniert, der ihr angekündigt habe, falls die verlangte Eintragung vom kantonalen Handelsregisteramt vorgenommen werde, werde das EHRA diesem die Verweigerung der Genehmigung mitteilen. Dagegen könne beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden. Alsdann führt die Beschwerdeführerin an, sie habe auf diese Auskunft vertrauen dürfen, da sie der publizierten Rechtsprechung des Bundesgerichts entspreche, wonach die Anweisung an das kantonale Handelsregisteramt, einen Eintrag zu verweigern, eine anfechtbare Verfügung darstelle. Dass das EHRA den Eintrag bloss provisorisch abgewiesen habe und es sich weiterhin mit der Sache befasse, habe es in seiner Meldung an das kantonale Handelsregisteramt nicht zum Ausdruck gebracht. Die Beschwerdeführerin habe daher nach dem Vertrauensprinzip von einer Endverfügung ausgehen müssen. Selbst wenn eine Zwischenverfügung vorliegen würde, sei aus Gründen der Prozessökonomie auf die vorliegende Beschwerde einzutreten. 
1.3 Ist im kantonalen Handelsregister eine Eintragung vorgenommen worden, so hat hat der Registerführer diese dem EHRA zu übermitteln (Art. 114 Abs.1 der Handelsregisterverordnung vom 7. Juni 1937, SR 221.411; nachstehend: HRegV). Das EHRA prüft die Eintragungen und ordnet, nachdem es festgestellt hat, dass sie den Vorschriften entsprechen, ihre Bekanntmachung an, sofern alle Voraussetzungen für die Publikation erfüllt sind (Art. 115 Abs. 1 HRegV). Andernfalls hat es die Genehmigung des Eintrags zu verweigern. Die Anweisung des EHRA an ein kantonales Handelsregisteramt, einen Eintrag im Handelsregister zu verweigern, stellt auch gegenüber dem Gesuchsteller eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG dar (BGE 102 Ib 110 E. 1). Solche Verfügungen können grundsätzlich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden (Art. 97 Abs. 1 OG; Art. 5 HRegV). Als Verfügungen gelten nach Art. 5 Abs. 2 VwVG auch Zwischenverfügungen. Diese schliessen das Verfahren - im Gegensatz zu Endverfügungen - nicht ganz oder teilweise ab, sondern stellen nur einen Schritt auf dem Weg zu einem materiellen Endentscheid dar (Urteil des BGer. 2A.224/1997 vom 27. August 1998, E. 2b, abgedruckt in SZS 1999 S. 318). Zwischenverfügungen sind jedoch nur dann direkt anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 97 Abs. 1 OG i.V.m. Art. 45 Abs. 1 VwVG). Ein solcher kann bei der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch wirtschaftlicher Natur sein, wobei die blosse Verlängerung und Verteuerung des Verfahrens nicht genügt (BGE 116 Ib 344 E. 1c S. 347 f.; 120 Ib 97 E. 1c S. 99 f.). Rückweisungsentscheide sind grundsätzlich als Zwischenentscheide zu qualifizieren. Nach der bundesgerichtlichen Praxis ist ein Rückweisungsentscheid jedoch wie ein Endentscheid mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar, wenn er für die Vorinstanzen verbindlich eine Grundsatzfrage entscheidet und damit bereits einen Teilentscheid in der Hauptsache enthält (Urt. des BGer. 1A.186/2002 vom 23. Mai 2003 E. 2.1.; BGE 120 Ib 97 E. 1b S. 99; 118 Ib 196 E. 1b S. 198 f.; 117 Ib 325 E. 1b S. 327; 107 Ib 219 E. 1 S. 221). Ob dies zutrifft, ist durch Auslegung der Verfügung zu ermitteln, wobei neben dem Dispositiv auch die Begründung zu berücksichtigen ist (Urt. des BGer. 1A.186/2002 vom 23. Mai 2003 E. 2.1.1; vgl. auch BGE 123 III 16 E. 2a; 121 III 474 E. 4a). Zu beachten ist auch, dass Endverfügungen den Parteien schriftlich zu eröffnen sind (Art. 34 Abs. 1 VwVG) und schriftliche Verfügungen, auch wenn die Behörde sie in Briefform eröffnet, als solche zu bezeichnen, zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen sind (Art. 35 Abs. 1 VwVG). 
1.4 Mit der HR-Meldung vom 15. Oktober 2002 hat das EHRA das Eintragungsgesuch der Beschwerdeführerin an das Handelsregisteramt des Kantons Thurgau zurückgewiesen. Der Titel "Rückweisung" lässt auf einen Zwischenentscheid schliessen. Hätte das EHRA die verlangte Eintragung definitiv verweigern wollen, so hätte es den Begriff der Ablehnung, Abweisung oder Verweigerung verwendet. Da das EHRA dies nicht tat, muss angenommen werden, es habe die Genehmigung nicht definitiv ablehnen wollen. Dieses Auslegungsergebnis wird durch die äusserst summarische Begründung der Rückweisung bestätigt, welche nicht auf eine endgültige Entscheidung schliessen lässt. Dass das EHRA nicht bereits einen Tag nach Erhalt des Genehmigungsgesuchs eine endgültige direkt anfechtbare Endverfügung erlassen wollte, wird zusätzlich dadurch bestätigt, dass es die Rückweisung nicht als Verfügung bezeichnete und ihr auch keine Rechtsmittelbelehrung anfügte und damit die gesetzlichen Anforderungen an die Eröffnung einer Verfügung nicht erfüllt wurden. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände war die Rückweisung vom 15. Oktober 2002 nicht als definitive Verweigerung der Eintragung bzw. nicht als verbindlicher Grundsatzentscheid über deren Zulässigkeit zu verstehen. Vielmehr musste angenommen werden, das EHRA habe das Gesuch an das kantonale Handelsregisteramt zurückgewiesen, damit dieses den Eintrag unter Berücksichtigung der angegebenen summarischen Begründung erneut prüfe und mit der Beschwerdeführerin bespreche. Diese konnte demnach nicht annehmen, die Rückweisung stelle bereits die ihr vom EHRA telefonisch angekündigte definitive Verweigerung der Genehmigung dar. Demnach ist die umstrittene HR-Meldung nicht als Endverfügung anfechtbar. Ob die Rückweisung trotz der Eröffnungsmängel als Zwischenverfügung rechtsverbindlich wurde, kann offen bleiben, da deren direkte Anfechtung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil voraussetzt und ein solcher weder dargetan noch ersichtlich ist. Damit kann die Rückweisung als Zwischenverfügung nicht direkt angefochten werden, weshalb auf die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten ist. Dabei kann offen bleiben, ob der Beschwerdeführerin die Nichteinhaltung der zehntägigen Frist zur Anfechtung von Zwischenverfügungen gemäss Art. 106 Abs. 1 OG trotz der fehlenden Rechtsmittelbelehrung angelastet werden kann (vgl. BGE 119 V 330 E. 1c S. 334). 
 
Schliesslich sei angemerkt, dass die Beschwerdeführerin nicht Gelegenheit hatte, sich zur Begründung der definitiven Verfügung des EHRA vernehmen zu lassen. So hat sie insbesondere nicht zum Argument Stellung genommen, der Zusatz "Schweiz" könne den falschen Eindruck einer schweizerischen Tochtergesellschaft erwecken. Demnach kann nicht aus prozessökonomischen Gründen direkt über die Endverfügung entschieden werden, weil andernfalls das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin verletzt würde. 
2. 
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Das EHRA hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Eidgenössischen Handelsregisteramt schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 25. Juni 2003 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: