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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 7} 
I 993/06 
 
Urteil vom 25. Juni 2007 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Widmer, Leuzinger, 
Gerichtsschreiberin Heine. 
 
Parteien 
C.________, 1964, Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat Dr. Alex Hediger, Freie Strasse 82, 4051 Basel, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau, Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 26. September 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 14. Dezember 2005 sprach die IV-Stelle des Kantons Aargau der 1964 geborenen C.________ ab 1. Februar 2004 bei einem Invaliditätsgrad von 55 % eine halbe Invalidenrente zu. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 8. März 2006 fest. 
B. 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau ab (Entscheid vom 26. September 2006). 
C. 
C.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, es sei ihr, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids, ab 1. Februar 2004 eine ganze Invalidenrente, basierend auf einem mindestens 70%igen Invaliditätsgrad auszurichten; ferner sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
1.2 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Gemäss dem wie dargelegt anwendbaren Art. 132 Abs. 2 OG (i.V.m. Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG) prüft das Bundesgericht daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde. 
2. 
Das kantonale Gericht hat zutreffend dargelegt: die Bestimmungen und Grundsätze über die Begriffe der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), der Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG) und der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG; BGE 130 V 343), den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und Abs. 1bis IVG; seit 1. Januar 2004 Art. 28 Abs. 1 IVG in der Fassung vom 21. März 2003), die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG, BGE 130 V 343), die Ermittlung des hypothetischen Invaliden-einkommens anhand von Tabellenlöhnen bei Versicherten, die nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine Erwerbstätigkeit aufgenommen haben (BGE 126 V 75 E. 3b/bb S. 76), die zulässigen Abzüge von den herangezogenen Tabellenlöhnen (BGE 126 V 75 E. 5b S. 79) und die Entstehung des Rentenanspruchs (Art. 29 Abs. 1 IVG). 
3. 
Aufgrund der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist streitig, ob die Einschätzung des IV-Grades durch Verwaltung und Vorinstanz zu Recht erfolgte oder ob, wie es die Versicherte beantragt, eine ganze Invalidenrente zuzusprechen ist. 
3.1 Dem vorinstanzlichen Entscheid ist zu entnehmen, dass eine 50%ige Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit besteht. Diese Feststellung einer beschränkten Leistungsfähigkeit in angepassten Verweisungstätigkeiten ist tatsächlicher Natur (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397) und daher für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (E. 1.2 hievor). 
3.2 Soweit in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Austrittsbericht der Rehaklinik S.________ vom 11. Juni 2003 kritisiert wird, weil er die festgestellte Arbeitsunfähigkeit nicht begründe und sich nicht zur Arbeitsfähigkeit ab 6. Juli 2003 äussere, zumal ein Arbeitsversuch abgebrochen worden sei und der Bericht bereits 3 ½ Jahre zurück liege, dringt diese Rüge nicht durch. Die Vorinstanz hat dargelegt, dass die Beurteilung durch die Rehaklinik im Einklang mit derjenigen des seit 1994 behandelnden Hausarzts steht. Dr. med. H.________, Innere Medizin FMH, hielt in seinem Bericht vom 22. Dezember 2003 zwar eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit fest, deren psychische Komponente jedoch ebenso gross wie die somatische sei. Auch Dr. med. G.________, RAD, attestierte der Beschwerdeführerin zwei Jahre später in seinem Bericht vom 9. September 2005 eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit aus rheumatologischer Sicht. Insgesamt zeichnet das kantonale Gericht gestützt auf die medizinischen Akten ein einheitliches Krankheitsbild. So stehen die Berichte aus dem Jahr 2003 nicht im Widerspruch zu der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde behaupteten gesundheitlichen Verschlechterung, gingen doch die Ärzte von einer rheumatologisch begründeten 50%igen Arbeitsunfähigkeit aus, erkannten jedoch bereits eine psychische Störung. Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geschilderte Zunahme der Schmerzen stützt sich hauptsächlich auf den Bericht des Dr. med. W.________, Rheumatologie FMH, vom 28. Dezember 2005. Diesem Bericht ist zu entnehmen, dass aus rheumatologischer Sicht eine degenerative Wirbelsäulenveränderung besteht, wie dies im Austrittsbericht der Rehaklinik S.________ festgestellt wurde. Dabei handle es sich aber vielmehr um ein generalisiertes Schmerzsyndrom. Die weiteren ärztlichen Berichte zeichnen ein ähnliches Bild, wonach die rheumatologischen Beschwerden gegenüber den psychosomatischen Leiden in den Hintergrund treten. Trotz der gegenüber Dr. med. A.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Regionaler Ärztlicher Dienst, geäusserten Kritik stimmen die anderen Ärzte mit der Diagnose des RAD-Arztes vom 8. September 2005 überein. Die Vorinstanz stellt sodann zu Recht auf die Psychiater Dres. med. A.________ und D.________, Oberarzt, Interner Psychiatrischer Dienst, Klinik K.________, ab, die beide der Beschwerdeführerin aus psychiatrischer Sicht eine in angepasster Tätigkeit 100%ige Arbeitsfähigkeit attestieren (BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353). In Anbetracht des Schreibens des Dr. med. P.________ und des Dr. med. B.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 30. Januar 2006 ist zu ergänzen, dass dieses nicht geeignet ist, eine Verschlechterung des somatischen Gesundheitszustandes zu belegen, denn auch hier wird die psychische Störung hervorgehoben. Eine psychische Beeinträchtigung wie eine diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung vermag sodann als solche noch keine Invalidität zu begründen (BGE 130 V 396 E. 5.3 S. 398). Insgesamt ging die Vorinstanz richtigerweise von einer behinderungsangepassten Arbeitsfähigkeit von 50 % aus. Diese Sachverhaltsdarstellung ist nicht offensichtlich unrichtig oder unvollständig und bindet daher das Bundesgericht (E. 1.2). Damit durfte die Vorinstanz für die weiteren Schritte der Invaliditätsbemessung von einer Arbeitsfähigkeit von 50% in einer dem gesundheitlichen Anforderungsprofil entsprechenden Verweisungstätigkeit ausgehen. Schliesslich ist die Frage nach der Höhe des (im konkreten Fall grundsätzlich angezeigten) Leidensabzugs eine typische Ermessensfrage, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat. Vorliegend liegt keine Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung vor (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Gegen die vorinstanzliche Festlegung des Invaliditätsgrads auf 55% ist damit nichts einzuwenden. 
4. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 Satz 2 OG in der vom 1. Juni bis 31. Dezember 2006 gültig gewesenen Fassung). Die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung kann gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 201 E. 4a S. 202 und 371 E. 5b S. 372). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege werden sie einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. 
3. 
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Advokat Dr. Hediger für das Verfahren vor dem Bundesgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.- (einschliesslich Mehrwertssteuer) ausgerichtet. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Ausgleichskasse der Schweizerischen Tabakbranche, Bern, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt. 
Luzern, 25. Juni 2007 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
i.V.