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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.168/2003 /bmt 
 
Urteil vom 25. August 2003 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident, 
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Reeb, 
Gerichtsschreiber Pfisterer. 
 
Parteien 
G.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Martin Baumann, Kantonsgerichtspräsident, 
Klosterhof 1, 9001 St. Gallen, 
Beschwerdegegner, 
Kantonsgericht St. Gallen, Vizepräsident, Regierungsgebäude, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Ausstand, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Vizepräsident, vom 3. Februar 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
G.________ liess Ende der 90-er Jahre in Walenstadt ein Wohnhaus mit Praxis erstellen. Nach der Erstellung des Hauses machte er Mängel an der Baute geltend. Dies führte zu verschiedenen Gerichtsverfahren gegen das beauftragte Architekturbüro vor Bezirksgericht Sargans und vor dem Fürstlich-Liechtensteinischen Landgericht in Vaduz. 
 
Im Rahmen dieser Verfahren erhob G.________ am 16. April 2002 eine Rechtsverweigerungsbeschwerde. Er verlangte, dass das "Bezirksgericht/Bezirksgerichtspräsidium Sargans" in den Ausstand trete. Der Präsident des Kantonsgerichts St. Gallen, Martin Baumann, wies das Begehren am 12. August 2002 ab. G.________ führte gegen diesen Entscheid am 16. September 2002 staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht. Er beantragte unter anderem die Aufhebung des Entscheides vom 12. August 2002. Weiter lehnte er pauschal das Bezirksgericht Sargans und namentlich dessen Präsidenten ab. Eventualiter sollte die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen werden, wobei die bereits am Verfahren beteiligten Richter Baumann, Schawalder (Präsident der III. Zivilkammer) und Siegwart (Vizepräsident der III. Zivilkammer) nicht mehr mitwirken dürften. Weiter verlangte er, dass die Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter, Klett und Rottenberg Liatowitsch in den Ausstand treten. Schliesslich ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Mit Urteil vom 20. Dezember 2002 trat das Bundesgericht auf die Ausstandsbegehren einzig ein, soweit der Präsident des Bezirksgerichts betroffen war. Soweit es im Übrigen auf die Beschwerde eintrat, wies es sie ab (Urteil 4P.204/2002). 
B. 
Im Rahmen des vor Bezirksgericht Sargans nach wie vor laufenden Verfahrens erhob G.________ am 3. Dezember 2002 erneut eine Rechtsverweigerungsbeschwerde. Er verlangte u.a., dass der Bezirksgerichtspräsident in den Ausstand trete. Zudem lehnte er die Kantonsrichter Schawalder und Siegwart sowie den Präsidenten des Kantonsgerichts, Martin Baumann, ab. 
Der Vizepräsident des Kantonsgerichts St. Gallen trat auf die Beschwerde gegen die Kantonsrichter Schawalder und Siegwart am 3. Februar 2003 nicht ein. Die Beschwerde gegen den Präsidenten des Kantonsgerichts wies er ab. 
C. 
G.________ führt gegen diesen Entscheid mit Eingabe vom 10. März 2003 staatsrechtliche Beschwerde und beantragt dessen Aufhebung. Weiter sollten der Präsident und der Vizepräsident des Kantonsgerichts St. Gallen in den Ausstand treten. Eventualiter sei die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen, wobei der Kantonsgerichtsvizepräsident und die Kantonsrichter Schawalder und Siegwart in den Ausstand zu treten hätten. Für die Beurteilung der staatsrechtlichen Beschwerde müssten die Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter, Klett und Rottenberg Liatowitsch in den Ausstand treten. Sinngemäss verlangt er zudem die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
Das Kantonsgericht St. Gallen verzichtete auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Der angefochtene Entscheid des Vizepräsidenten des Kantonsgerichts St. Gallen, der kantonal letztinstanzlich festhält, dass gegen den Kantonsgerichtspräsidenten kein Ausstandsgrund bestehe, schliesst die hängigen Zivilverfahren nicht ab. Es handelt sich somit um einen Zwischenentscheid. Gemäss Art. 87 Abs. 1 OG ist gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über Ausstandsbegehren die staatsrechtliche Beschwerde zulässig. Diese Entscheide können später nicht mehr angefochten werden. Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist - unter Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen - einzutreten. 
1.2 Der Beschwerdeführer verlangt den Ausstand des am Urteil des Bundesgerichts vom 20. Dezember 2002 beteiligten Richtergremiums (4P.204/2002). 
Dieser Antrag ist gegenstandslos, da die vorliegende Beschwerde nicht von der I. Zivilabteilung des Bundesgerichts beurteilt wird und die betreffenden Richter daher am Entscheid nicht mitwirken. 
1.3 Die staatsrechtliche Beschwerde ist - von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - kassatorischer Natur, das heisst es kann mit ihr nur die Aufhebung des angefochtenen Entscheides verlangt werden (BGE 129 I 129 E. 1.2.1 mit Hinweisen). Soweit der Beschwerdeführer mehr verlangt als die Aufhebung des Entscheids vom 3. Februar 2003, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
1.4 Nach Art. 90 Ziff. 1 lit. b OG hat die Beschwerde die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber zu enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze verletzt sind und inwiefern der angefochtene Entscheid nicht nur unrichtig, sondern qualifiziert falsch ist. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 128 I 81 E. 2, mit Hinweisen). Unbeachtlich sind auch Verweise auf frühere Eingaben sowie auf Entscheide von Vorinstanzen; die Begründung muss in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein (BGE 129 I 113 E. 2.1; 115 Ia 27 E. 4a mit Hinweis). 
 
Diesen Anforderungen vermag die Beschwerde in weiten Teilen nicht zu genügen. Die Vorbringen des Beschwerdeführers erschöpfen sich mehrheitlich in appellatorischer Kritik am bisherigen Verfahrensablauf vor den kantonalen Instanzen. Er beschränkt sich in der staatsrechtlichen Beschwerde weitgehend darauf, die als verletzt gerügten Bestimmungen aufzuzählen, anstelle sich mit dem angefochtenen Entscheid auseinander zu setzen, detaillierte Rügen zu erheben und aufzuzeigen, welche Bestimmungen der Kantonsgerichtsvizepräsident inwiefern verletzt haben soll. Der Beschwerdeführer verweist sodann mehrmals auf frühere Eingaben. Nach dem Gesagten sind diese Verweise unbeachtlich. 
1.5 Nicht einzutreten ist sodann auf die Ausführungen des Beschwerdeführers, soweit sie andere Personen als den Kantonsgerichtspräsidenten betreffen. Dies gilt namentlich auch in Bezug auf die geltend gemachte Befangenheit des Kantonsgerichtsvizepräsidenten. Insoweit liegt kein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid (Art. 86 Abs. 1 OG) vor. 
2. 
Der Beschwerdeführer beantragt die Sistierung des staatsrechtlichen Beschwerdeverfahrens. Zur Begründung führt er aus, im Fürstentum Liechtenstein sei gegen die Architektin eine Strafanzeige eingereicht worden. 
 
Im aktuellen Fall geht es darum, den Entscheid vom 3. Februar 2003 über den Ausstand des Präsidenten des Kantonsgerichts zu überprüfen. Inwiefern der Ausgang der aktuellen staatsrechtlichen Beschwerde Auswirkungen auf das Straf- oder das Zivilverfahren haben soll, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Dies ist im Übrigen auch nicht ersichtlich. Für eine Sistierung besteht daher kein Anlass. 
3. 
Der Beschwerdeführer macht Befangenheit des Kantonsgerichtspräsidenten geltend. Soweit er sich mit den Erwägungen des Kantonsgerichts überhaupt genügend auseinandersetzt (vgl. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG), treffen seine Einwendungen nicht zu. 
3.1 Nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat der Einzelne Anspruch darauf, dass seine Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter beurteilt wird. Es soll garantiert werden, dass keine Umstände, welche ausserhalb des Prozesses liegen, in sachwidriger Weise zu Gunsten oder zu Lasten einer Partei auf das Urteil einwirken (BGE 128 V 82 E. 2 mit Hinweisen). 
 
Voreingenommenheit wird nach der Rechtsprechung angenommen, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters zu erwecken. Solche Umstände können entweder in einem bestimmten Verhalten des betreffenden Richters oder in gewissen äusseren Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein. Bei der Beurteilung solcher Umstände ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen. Das Misstrauen in die Voreingenommenheit des Richters muss vielmehr in objektiver Weise begründet erscheinen. Für den Ausstand wird nicht verlangt, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Es genügt, wenn Umstände vorliegen, welche bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit erwecken. Der Ausstand im Einzelfall steht indessen in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Anspruch auf den gesetzlichen Richter und muss daher die Ausnahme bleiben, damit die regelhafte Zuständigkeitsordnung für die Gerichte nicht illusorisch und die Garantie des verfassungsmässigen Richters nicht von dieser Seite her ausgehöhlt werden. Das kantonale Recht umschreibt im Einzelnen die Art und Weise der Geltendmachung von Ausstandsgründen. Doch sind Ablehnungsgründe so früh wie möglich geltend zu machen; ein verspätetes Vorbringen kann gegen Treu und Glauben verstossen und daher die Verwirkung der Geltendmachung mit sich bringen (BGE 128 V 82 E. 2 mit Hinweisen). 
3.2 Der Vizepräsident des Kantonsgerichts führte im angefochtenen Entscheid vom 3. Februar 2003 aus, es sei nicht einzusehen, weshalb der Beschwerdeführer, soweit er aufgrund des Entscheides des Kantonsgerichtspräsidenten vom 12. August 2002 auf dessen Befangenheit schliesse, dies nicht sofort gerügt habe. In der staatsrechtlichen Beschwerde vom 16. September 2002 habe er dessen Ausstand nur für den Eventualfall einer Rückweisung verlangt. Soweit er aufgrund des Entscheides des Kantonsgerichtspräsidenten vom 12. August 2002 Ablehnungsgründe geltend mache, habe er das Recht auf Ablehnung mit der erst am 3. Dezember 2002 erfolgten Eingabe verwirkt. Im Übrigen sei der Vorwurf der Befangenheit weder aufgrund der Handlungen des Kantonsgerichtspräsidenten noch insgesamt gerechtfertigt. Die aufgestellten Behauptungen und eingereichten Belege seien untauglich, eine Befangenheit zu belegen. 
3.3 Es kann offen bleiben, ob der Beschwerdeführer sein Ablehnungsrecht zu spät geltend machte und daher verwirkte, da sein Ablehnungsbegehren im angefochtenen Entscheid materiell geprüft wurde. Die Ausführungen des Beschwerdeführers dazu sind - soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG) - nicht geeignet, den Anschein der Befangenheit des Kantonsgerichtspräsidenten zu erwecken. Weder in funktioneller noch in organisatorischer Hinsicht sind objektiv Gründe ersichtlich, welche an dessen Unparteilichkeit hätten Zweifel wecken können. Auch sein persönliches Verhalten gibt nicht Anlass dazu. 
4. 
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
Sie ist als von vornherein aussichtslos im Sinne von Art. 152 OG zu erachten, so dass das vom Beschwerdeführer gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abzuweisen ist. 
Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons St. Gallen, Vizepräsident, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 25. August 2003 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: