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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_308/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 26. Mai 2014  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Errass. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Fürsprech Jürg Walker, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Migration,  
Quellenweg 6, 3003 Bern, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III, vom 25. Februar 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 A.________ (1966, Kosovare) beantragte im März 1997 in der Schweiz erfolglos Asyl und wurde ein Jahr später zwangsweise zurückgeschafft. Im Oktober 2002 heiratete er in Kosovo eine Schweizer Bürgerin (1954), weshalb er im Rahmen des Familiennachzugs eine Aufenthaltsbewilligung erhielt. Als Einreisedatum wurde der 11. Mai 2003 vermerkt. 
 
 Am 1. September 2006 wurde der gemeinsame Haushalt aufgelöst, wie aus der gemeinsamen, gerichtlich festgehaltenen Trennungsvereinbarung vom 9. August 2007 hervorgeht. A.________ mietete danach während kurzer Zeit eine Wohnung in U.________, meldete sich aber bereits wieder am 19. Februar 2009 unter der Adresse seiner Ehefrau an. Angesichts einer erneuten Trennung, von Schulden und von Unregelmässigkeiten und Widersprüchen bei Bekanntgabe von relevanten Informationen zog der Migrationsdienst des Kantons Bern (MIDI) in Erwägung, die Aufenthaltsbewilligung von A.________ nicht zu verlängern; es gewährte ihm mit der Anzeige gleichzeitig das rechtliche Gehör. In der Folge ging der MIDI allerdings davon aus, dass die Aufenthaltsbewilligung verlängert werden könnte, wenn A.________ - wie von ihm angekündigt - in Zukunft einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen, keine neuen Schulden generieren und sich zwecks Abbaus der aufgelaufenen Schulden mit einer Schuldenberatungsstelle in Verbindung setzen würde. Allerdings bedürfe es einer Zustimmung des Bundesamtes für Migration (BFM). 
 
B.  
 
 Nachdem das BFM A.________ das rechtliche Gehör gewährt hatte, verweigerte es mit Verfügung vom 24. Mai 2012 die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und wies A.________ aus der Schweiz weg. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Verfügung geschützt. 
 
C.  
 
 Vor Bundesgericht beantragt A.________, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 2014 aufzuheben, die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, ihn nicht aus der Schweiz wegzuweisen, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen und ihm unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. 
Mit Verfügung vom 7. April 2014 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt. Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen; ein Schriftenwechsel ist nicht durchgeführt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Für das Eintreten genügt, wenn der Betroffene in vertretbarer Weise dartut, dass potenziell ein Anspruch auf die Bewilligung besteht; ob die jeweiligen Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f., 497 E. 3.3 S. 500 f.). Der Beschwerdeführer macht in vertretbarer Weise einen Anspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. a und b i.V.m. Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) geltend, so dass das ergriffene Rechtsmittel zulässig ist. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass; auf die Beschwerde ist einzutreten.  
 
1.2. Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt bzw. vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.   
 
2.1. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer nicht mehr mit seiner schweizerischen Ehefrau zusammenwohnt; insofern besteht kein Anspruch gestützt auf Art. 42 AuG.  
 
2.2. Nach Art. 50 Abs. 1 AuG besteht nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft der Anspruch des Ehegatten auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Art. 42 weiter, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht (lit. a) oder wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (lit. b). Nach Art. 50 Abs. 2 AuG können wichtige persönliche Gründe nach Abs. 1 lit. b namentlich dann vorliegen, wenn die Ehegattin oder der Ehegatte Opfer ehelicher Gewalt wurde oder die Ehe nicht aus freiem Willen geschlossen hat oder die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint. Der Anspruch nach Art. 50 AuG steht unter dem Vorbehalt von Art. 51 AuG.  
 
2.3. Unstrittig ist, dass die Ehe des Beschwerdeführers mehr als drei Jahre gedauert hat. Zu prüfen ist demnach im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG nur, ob der Beschwerdeführer in der Schweiz integriert ist.  
 
2.3.1. Eine erfolgreiche Integration liegt nach Art. 77 Abs. 4 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) vom 24. Oktober 2007 dann vor, wenn der Ausländer namentlich die rechtsstaatliche Ordnung und die Werte der Bundesverfassung respektiert und den Willen zur Teilnahme am Wirtschaftsleben und zum Erwerb der am Wohnort gesprochenen Landessprache bekundet. Nach Art. 4 lit. a - d der Verordnung über die Integration von Ausländerinnen und Ausländern (VIntA; SR 142.205) vom 24. Oktober 2007 zeigt sich der Beitrag der ausländischen Personen zu ihrer Integration namentlich in der Respektierung der rechtsstaatlichen Ordnung und der Werte der Bundesverfassung, im Erlernen der am Wohnort gesprochenen Landessprache, in der Auseinandersetzung mit den Lebensbedingungen in der Schweiz und im Willen zur Teilnahme am Wirtschaftsleben und zum Erwerb von Bildung.  
 
2.3.2. Die Vorinstanz hat eine mangelnde Integration gestützt auf eine ungenügende Teilnahme am Wirtschaftsleben festgestellt. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt in Bezug auf den Willen zur Teilnahme am Wirtschaftsleben keine erfolgreiche Integration vor, wenn eine Person kein Erwerbseinkommen erwirtschaften kann, welches ihren Konsum zu decken vermag (Urteile 2C_719/2013 vom 10. Dezember 2013 E. 2.2; 2C_857/2010 vom 22. August 2011 E. 2.3.1; 2C_546/2010 vom 30. November 2010 E. 5.2.3 f.; siehe auch THOMAS HUGI YAR, Von Trennungen, Härtefälle und Delikten - Ausländerrechtliches rund um die Ehe- und Familiengemeinschaft, in: Achermann/Amerelle/Caroni/Epiney/Kälin/Uebersax, Jahrbuch für Migrationsrecht 2012/2013, 2013, S. 31 ff., 75 f.; LAURA CAMPISI, Die rechtliche Erfassung der Integration im schweizerischen Migrationsrecht. Zwischen rechtlichen Vorgaben und innenpolitischen Realitäten, 2014, S. 185 ff., siehe auch S. 169 f.).  
 
2.3.3. Der Beschwerdeführer arbeitet zu 100% - wie das BFM in seiner Verfügung festhält und sich auch aufgrund der Akten ergibt; trotz dieses vollen Pensums arbeitet er offensichtlich nur im Stundenlohn, weshalb sein Lohn monatlich variiert. Daneben wird sein Lohn bis zum betreibungsrechtlichen Existenzminimum von Fr. 1'500.-- gepfändet. Darüberliegendes Einkommen wird deshalb direkt dem Betreibungsamt abgeliefert. Der Beschwerdeführer hat sodann Schulden im Umfang von Fr. 100'000.--. Er führt dazu aus, dass diese auf die Zeit nach seinem Unfall zurückgehen; allerdings weist er auch eine Steuerschuld von über Fr. 3'000.-- im Jahre 2011 auf (Zahlungsbefehl vom 24.8.2011). Unstreitig ist auch, dass er in der Vergangenheit während einer gewissen Zeit Sozialhilfe empfangen hatte.  
 
2.3.4. Wie die Vorinstanz zu Recht ausgeführt hat, reicht dieses Einkommen nicht aus, um seinen Konsum zu decken: Zwar vermag er damit seine monatlichen Ausgaben zu begleichen und seine Schulden durch Lohnpfändung etwas abzubauen. Bereits die jährlichen Steuerforderungen kann er indes mit seinem gegenwärtigen Einkommen nicht bezahlen - wie der Zahlungsbefehl vom 24. August 2011 zeigt. Insofern halten sich neue und abgebaute Schulden ungefähr die Waage; Schulden vermag er damit nicht effektiv abzubauen. Es verhält sich deshalb keineswegs so, dass der Beschwerdeführer mit seinem Einkommen, seinen Konsum zu decken vermag. Insofern ist der Beschwerdeführer nicht integriert und ein Anspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG besteht nicht.  
 
2.4. Der Beschwerdeführer beruft sich sodann auf den nachehelichen Härtefall nach Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AuG. Danach besteht der Bewilligungsanspruch fort, wenn "wichtige persönliche Gründe" einen weiteren Aufenthalt der betroffenen Person in der Schweiz "erforderlich" machen. Bei der Beurteilung der wichtigen persönlichen Gründe sind sämtliche Aspekte des Einzelfalles mitzuberücksichtigen (BGE 137 II 345 E. 3.2.1 S. 348; vgl. zudem Art. 31 VZAE). Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der konkreten Umstände eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben der ausländischen Person voraus, die mit ihrer Lebenssituation nach dem Dahinfallen der gestützt auf Art. 42 Abs. 1 bzw. Art. 43 Abs. 1 AuG abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sind (BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350).  
Die Vorinstanz hat sich vertieft mit dem nachehelichen Härtefall auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer ist - wie festgehalten - nicht integriert. Es spielt deshalb grundsätzlich keine Rolle, ob die anderen Integrationselemente (wie Sprache, korrektes Verhalten etc.) erfüllt sind. Massgebend ist einzig, ob wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt der betroffenen Person in der Schweiz "erforderlich" machen. Die Vorinstanz hat geprüft, ob allenfalls Folgen des Unfalls im Jahre 2006, die Aufenthaltsdauer in der Schweiz oder eine Gefährdung der sozialen Wiedereingliederung im Herkunftsland einen Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen. Die Prüfungen sind korrekt: Die Folgen des Unfalls sind ausgeheilt und der Beschwerdeführer war lediglich während rund zehn Jahren in der Schweiz. Er pflegt sodann zu seinem Heimatland weiterhin einen sehr regen Kontakt, war er doch beispielsweise während der Jahre 2012 und 2013 viermal im Kosovo; ferner ist er Vater eines im Kosovo geborenen und dort aufwachsenden Kindes. Inwiefern er sich im Herkunftsland nicht wieder sozial eingliedern könnte, bringt er nicht vor. Nicht relevant ist, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre (Urteil 2C_216/2009 vom 20. August 2009 E. 3). Weitere wichtige, persönliche Gründe nennt der Beschwerdeführer nicht. 
 
3.  
 
 Die Beschwerde ist somit abzuweisen. Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Damit sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine geschuldet. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
 
 Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
 
 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
 
 Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
 
 Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. Mai 2014 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Errass