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[AZA 0/2] 
1P.749/2000/zga 
 
I. ÖFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG 
********************************* 
 
27. Februar 2001 
 
Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident 
der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter 
Aeschlimann, Bundesrichter Catenazzi und Gerichtsschreiberin Widmer. 
 
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In Sachen 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Hans Ulrich Würgler, Obergasse 26, Winterthur, 
 
gegen 
Untersuchungsamt Gossau, vertreten durch Untersuchungsrichterin Dr. Daniela Jabornigg, Anklagekammer des Kantons St. Gallen, 
betreffend 
 
Art. 9 und 26 BV 
(Beschlagnahme), hat sich ergeben: 
 
A.- X.________ wird verdächtigt, in qualifizierter Weise gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen und mehrfach gesundheitsgefährdende Stoffe an Kinder verabreicht zu haben. Im Rahmen der gegen ihn geführten Strafuntersuchung nahm die Kantonspolizei St. Gallen am 25. Juli 2000 eine Hausdurchsuchung vor, wobei sie neben einigen Hanfpflanzen und etwas Haschisch insbesondere Bargeld im Wert von Fr. 16'600.-- sicherstellte und beschlagnahmte. Dieses war in der Lautsprecherbox (Fr. 7'600.--) und in der Rückenlehne der Polstergruppe im Wohnzimmer (Fr. 9'000.--) versteckt. 
Am 28. Juli 2000 verfügte das Untersuchungsamt Gossau überdies eine Kontensperre bei der Thurgauer Kantonalbank, welche u.a. das Konto der Y.________ betraf, deren Geschäftsführer X.________ ist. 
 
Gegen die Sicherstellung des Bargelds sowie die Sperrung der Konten erhob X.________ am 3. August 2000 Beschwerde bei der Anklagekammer des Kantons St. Gallen und verlangte die sofortige Aufhebung dieser Massnahmen. 
Am 4. August 2000 beschwerte er sich zudem über die Amtsführung der zuständigen Untersuchungsrichterin. Dabei beanstandete er insbesondere die Beschlagnahme des Bargelds von Fr. 7'600.--, welches für die Löhne der Arbeiter der Y.________ bestimmt gewesen sei, sowie die Sperrung des Kontos dieser Gesellschaft. Die Anklagekammer wies die Beschwerde am 24. Oktober 2000 ab, wobei sie ausführte, bei der Beschlagnahme zu Einziehungszwecken würden die Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht berücksichtigt. 
 
B.- Gegen den Entscheid der Anklagekammer führt X.________ staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) und des Verbots willkürlichen staatlichen Handelns (Art. 9 BV). Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Anordnung der sofortigen Herausgabe des beschlagnahmten Bargelds von Fr. 16'600.--. Eventualiter ersucht er um Rückweisung der Sache an die Anklagekammer zu neuer Beurteilung. Hinsichtlich der Prozessführung vor Bundesgericht beantragt X.________ die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
Das Untersuchungsamt und die Anklagekammer haben sich zur Beschwerde nicht vernehmen lassen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der ihm eingereichten Beschwerden von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 126 I 81 E. 1 mit Hinweisen). 
 
b) Die Anklagekammer bestätigt im angefochtenen Entscheid kantonal letztinstanzlich die vom Untersuchungsamt angeordnete Beschlagnahme von Bargeld des Beschwerdeführers sowie die Sperre gewisser Bankkonten. Sie befindet darin nicht abschliessend über das Schicksal der beschlagnahmten Vermögenswerte. Ihr Entscheid stellt daher einen Zwischenentscheid im Sinn von Art. 87 Abs. 2 OG dar, der mit staatsrechtlicher Beschwerde nur anfechtbar ist, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur bewirken kann. Dieses Erfordernis ist nach ständiger Praxis bei Beschlagnahmeentscheiden erfüllt, da während der Dauer der beanstandeten Massnahmen über das beschlagnahmte Gut nicht verfügt werden kann (BGE 126 I 97 E. 1b S. 101 mit Hinweisen). 
 
Der Beschwerdeführer ist durch die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme in seiner Stellung als Eigentümer berührt (Art. 26 BV) und insofern zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG). Nicht zugelassen ist er mit der Rüge der Verletzung von Art. 9 BV, da er nicht darlegt, inwiefern das angeblich willkürlich angewendete kantonale Recht - hier Art. 144 Abs. 1 des Strafprozessgesetzes des Kantons St. Gallen (StP/SG), wonach die Beschlagnahme schriftlich zu verfügen ist - seine im Bereich der Eigentumsgarantie liegenden Interessen eigenständig und weitergehend schützen soll; nach ständiger Rechtsprechung begründet das allgemeine Willkürverbot für sich allein keine geschützte Rechtsstellung, die zur Erhebung der staatsrechtlichen Beschwerde berechtigt (BGE 126 I 81 E. 3-6 mit Hinweisen). 
 
c) Die Anforderungen an die staatsrechtliche Beschwerde sind in Art. 90 Abs. 1 lit. b OG festgelegt. Demnach muss die Eingabe die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. 
Das Bundesgericht prüft im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nur klar und detailliert erhobene Rügen (BGE 125 I 492 E. 1b mit Hinweisen). Diesen Anforderungen vermag die Beschwerde nicht zu genügen: 
 
Die Anklagekammer hat im angefochtenen Entscheid ausgeführt, weshalb sie die Voraussetzungen für die vom Untersuchungsamt angeordneten Zwangsmassnahmen als erfüllt erachte. Weiter hat sie erklärt, die Beschlagnahme sei zu Einziehungszwecken erfolgt; in solchen Fällen könne nach dem kantonalen Recht keine Rücksicht auf die konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse genommen werden. Der Beschwerdeführer hat sich mit diesen Ausführungen nicht auseinander gesetzt. Er macht einzig geltend, die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) sei verletzt, weil das Untersuchungsamt über die Beschlagnahme resp. Kontensperre keine anfechtbare Verfügung erlassen habe. Inwiefern die Aufrechterhaltung dieser Massnahmen an sich verfassungswidrig wäre, legt der Beschwerdeführer indessen nicht dar. Sein Einwand, er habe sich mangels einer erstinstanzlichen Verfügung vor der Anklagekammer nicht angemessen gegen die Beschlagnahme wehren können, betrifft nicht den Schutzbereich der Eigentumsgarantie, sondern vielmehr denjenigen des verfassungsmässigen Gehörsanspruchs (Art. 29 Abs. 2 BV). Dass das rechtliche Gehör in erster Instanz verletzt - und im Verfahren vor der Anklagekammer nicht geheilt - worden wäre, wird vom Beschwerdeführer jedoch nicht behauptet. 
 
2.- Demnach ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten. Dem Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinn von Art. 152 Abs. 1 und 2 OG kann entsprochen werden. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
 
1.- Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.- Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt: 
 
a) Es werden keine Kosten erhoben; 
 
b) Rechtsanwalt Hans Ulrich Würgler, Winterthur, wird als amtlicher Anwalt des Beschwerdeführers eingesetzt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 800.-- entschädigt. 
 
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Untersuchungsamt Gossau und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 27. Februar 2001 
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Die Gerichtsschreiberin: