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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_92/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 27. Mai 2015  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Advokat Martin Lutz, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Grobe Verletzung von Verkehrsregeln, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 2. Dezember 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 X.________ folgte am 22. Oktober 2013 mit seinem Personenwagen auf der Autobahn in Richtung Bern dem vor ihm fahrenden Fahrzeug über eine Distanz von rund 1'000 Metern mit einem Abstand von 12 Metern und einer Geschwindigkeit von 90 km/h. 
 
B.  
 
 Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 2. Dezember 2014 den erstinstanzlichen Schuldspruch wegen grober Verletzung von Verkehrsregeln durch ungenügenden Abstand beim Hintereinanderfahren (Art. 90 Abs. 2 i.V.m. Art. 34 Abs. 4 SVG) und verurteilte X.________ zu einer bedingten Geldstrafe von 8 Tagessätzen zu Fr. 290.-- sowie einer Busse von Fr. 580.--. 
 
C.  
 
 X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil vom 2. Dezember 2014 sei aufzuheben und er sei wegen einfacher Verkehrsregelverletzung zu einer Busse zu verurteilen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass sein Abstand von 12 Metern bei einer Geschwindigkeit von 90 km/h nicht ausreichend war. Er rügt jedoch, es habe dadurch keine abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer bestanden. Er habe den verkürzten Abstand ausreichend kompensiert, indem er auf der Fahrbahn links gefahren sei. Dadurch habe er freien Blick auf das Geschehen vor dem vor ihm fahrenden Fahrzeug gehabt und mögliche Hindernisse zeitgleich mit dem Lenker dieses Fahrzeugs gesehen. Auch könne sein Verhalten nicht als rücksichtslos bezeichnet werden. Die Vorinstanz verweise für die Begründung des subjektiven Tatbestands einzig auf die Erfüllung des objektiven Tatbestands. Hätte er beim herrschenden Kolonnenverkehr die "Zwei-Sekunden"-Regel eingehalten, wären ihm ständig von der Normalspur Autos vor die Nase gefahren. Nur um dies zu verhindern, habe er seinen Abstand zum vorderen Fahrzeug etwas reduziert. Er habe die Mindestabstandsregel nur knapp unterschritten. In den vom Bundesgericht als grobe Verkehrsregelverletzungen beurteilten Fällen seien die Abstände jeweils geringer gewesen und zusätzliche Umstände wie eine Nötigung des vorderen Lenkers oder ungünstige Strassen- und Sichtverhältnisse hinzugekommen. Alle anderen Verkehrsteilnehmer in der Kolonne hätten sich gleich verhalten. Er wehre sich gegen eine Kriminalisierung sämtlicher Verkehrsteilnehmer als Folge des zunehmenden Verkehrs, welcher zu einem Dichtestress auf den Strassen und unweigerlich zu einer Verkürzung der Abstände im Kolonnenverkehr führe.  
 
1.2. Nach Art. 90 Abs. 2 SVG macht sich strafbar, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Der objektive Tatbestand der groben Verkehrsregelverletzung von Art. 90 Abs. 2 SVG ist erfüllt, wenn der Täter eine wichtige Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet und die Verkehrssicherheit ernstlich gefährdet. Eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer ist bereits bei einer erhöhten abstrakten Gefährdung gegeben. Diese bedingt die naheliegende Möglichkeit einer konkreten Gefährdung oder Verletzung. Subjektiv erfordert der Tatbestand ein rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend verkehrsregelwidriges Verhalten, d.h. ein schweres Verschulden, bei fahrlässigem Handeln mindestens grobe Fahrlässigkeit (BGE 131 IV 133 E. 3.2 mit Hinweisen).  
 
1.3.  
 
1.3.1. Gemäss Art. 34 Abs. 4 SVG ist gegenüber allen Strassenbenützern ausreichender Abstand zu wahren, namentlich beim Kreuzen und Überholen sowie beim Neben- und Hintereinanderfahren. Der Fahrzeugführer hat beim Hintereinanderfahren einen ausreichenden Abstand zu wahren, so dass er auch bei überraschendem Bremsen des voranfahrenden Fahrzeugs rechtzeitig halten kann (Art. 12 Abs. 1 der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 [VRV; SR 741.11]). Was unter einem "ausreichenden Abstand" im Sinne von Art. 34 Abs. 4 SVG zu verstehen ist, hängt von den gesamten Umständen ab. Dazu gehören unter anderem die Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnisse sowie die Beschaffenheit der beteiligten Fahrzeuge. Die Rechtsprechung hat keine allgemeinen Grundsätze zur Frage entwickelt, bei welchem Abstand in jedem Fall, d.h. auch bei günstigen Verhältnissen, eine einfache Verkehrsregelverletzung anzunehmen ist. Im Sinne von Faustregeln wird für Personenwagen auf die Regel "halber Tacho" (entsprechend 1,8 Sekunden) und die "Zwei-Sekunden"-Regel abgestellt (zum Ganzen BGE 131 IV 133 E. 3.1 mit Hinweisen). Diese Distanz entspricht ungefähr der Anhaltestrecke bei plötzlichem ordnungsgemässem Bremsen und Anhalten des vorausfahrenden Personenwagens (BGE 104 IV 192 E. 2b). Für die Beurteilung, ob eine grobe Verkehrsregelverletzung anzunehmen ist, wird auf Autobahnen als Richtschnur die Regel "1/6-Tacho" bzw. Abstand von 0,6 Sekunden herangezogen (BGE 131 IV 133 E. 3.2.2; Urteile 6B_593/2013 vom 22. Oktober 2013 E. 2.3.2; 6B_127/2012 vom 3. September 2012 E. 3.1; 6B_1014/2010 vom 12. Mai 2011 E. 3.5; je mit Hinweis).  
 
1.3.2. Gestützt darauf bejaht die Vorinstanz in objektiver Hinsicht zu Recht eine grobe Verkehrsregelverletzung. Bei einem Abstand von weniger als 0,6 Sekunden, wie er vorliegend zu beurteilen ist, liegt bei hohen Geschwindigkeiten regelmässig eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vor. Das vom Beschwerdeführer geschilderte Linksfahren vermag diese Gefahr nicht zu kompensieren. Fraglich ist einerseits, ob dieser damit das Geschehen vor dem vor ihm fahrenden Fahrzeug wirklich frei überblicken konnte. Andererseits kommt es auch nicht ausschliesslich darauf an. Der Fahrzeugführer muss vor allem auch auf das Bremsverhalten des vorausfahrenden Fahrzeugs (Aufleuchten der Bremslichter) reagieren können.  
 
1.4. Grundsätzlich ist von einer objektiv groben Verletzung der Verkehrsregeln auf ein zumindest grobfahrlässiges Verhalten zu schliessen. Die Rücksichtslosigkeit ist ausnahmsweise zu verneinen, wenn besondere Umstände vorliegen, die das Verhalten subjektiv in einem milderen Licht erscheinen lassen (Urteil 6B_33/2015 vom 5. Mai 2015 E. 1.1 mit Hinweis betreffend Geschwindigkeitsüberschreitungen). Dies gilt auch bei groben Verkehrsregelverletzungen durch ungenügenden Abstand (Urteil 6B_593/2013 vom 22. Oktober 2013 E. 2.4). Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich, die das Verhalten des Beschwerdeführers subjektiv weniger schwer erscheinen lassen könnten. Dieser anerkennt vielmehr, den Mindestabstand absichtlich unterschritten zu haben, um zu verhindern, dass andere Verkehrsteilnehmer vor ihm auf die Überholspur einbiegen. Damit verhielt er sich rücksichtslos.  
 
1.5. Der Beschwerdeführer kann sich nicht darauf berufen, auch andere Verkehrsteilnehmer hätten sich verkehrsregelwidrig verhalten, da dies an der Strafbarkeit seines Verhaltens nichts ändert. Kaum wahrscheinlich ist im Übrigen, dass sämtliche Verkehrsteilnehmer auf dem betreffenden Autobahnabschnitt zum gegebenen Tatzeitpunkt einen Abstand von weniger als 0,6 Sekunden einhielten. Ebenfalls nicht zu hören ist er mit seinen allgemeinen Überlegungen zur Verkürzung der Abstände als Folge des grösseren Verkehrsaufkommens. Der Beschwerdeführer missachtete die Mindestabstandsregel entgegen seinem Einwand massiv, womit eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer einherging. Nicht zu prüfen ist, wie zu entscheiden gewesen wäre, wenn die "Zwei-Sekunden"-Regel nur knapp unterschritten worden wäre.  
 
1.6. Der Schuldspruch wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 2 i.V.m. Art. 34 Abs. 4 SVG ist bundesrechtskonform.  
 
2.  
 
 Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. Mai 2015 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld