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[AZA 0] 
4C.22/2000/rnd 
 
I. ZIVILABTEILUNG 
****************************** 
 
27. Juni 2000 
 
Es wirken mit: Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter, 
Präsident, Corboz, Klett, Rottenberg Liatowitsch, Ersatzrichter 
Geiser und Gerichtsschreiber Luczak. 
 
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In Sachen 
A.________, Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Fürsprecher Lorenz Fellmann, Nidaugasse 24, Postfach 3445, 2500 Biel 3, 
 
gegen 
B.________, Beklagten und Berufungsbeklagten, vertreten durch Fürsprecher Daniel Hoffet, Karl Neuhausstrasse 40, Postfach 162, 2501 Biel, 
 
betreffend 
Arbeitsvertrag; Lohnfortzahlungspflicht, hat sich ergeben: 
 
A.-A.________ (Kläger) war im Frühjahr 1997 arbeitslos. 
Er wandte sich an B.________ (Beklagter) und bat um Arbeit. Die Parteien vereinbarten, der Kläger könne arbeiten, solange Arbeit da sei, und vom Juni 1997 an arbeitete der Kläger zu 80% im Betrieb des Beklagten. Er erhielt einen Nettolohn von Fr. 3'636. 45. In Bezug auf die Arbeitslosenversicherung wurde das Arbeitsverhältnis zunächst als Zwischenverdienst behandelt. Am 16. Februar 1998 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall, worauf er bis zum 14. März 1998 zu 100% arbeitsunfähig war und SUVA-Taggelder bezog. Am 16. März 1998 bot er dem Beklagten seine Arbeitskraft an. 
Dieser schickte ihn nach Hause, da es im Moment keine Arbeit für ihn gebe, und forderte ihn auf, bis Ende Monat die ihm zustehende Überzeit sowie Ferien zu beziehen. Der Kläger erhielt seinen Lohn bis Ende März 1998. In der Folge erkannten die Ärzte, dass der Kläger unter Herzproblemen litt, welche mit dem Arbeitsunfall nichts zu tun hatten. Die gesundheitlichen Probleme machten im Juli/August 1998 zwei Herzoperationen notwendig. Nach den Vorbringen des Klägers war er wegen dieser Probleme schon seit März 1998 zu 100% arbeitsunfähig. 
 
Es sei nicht damit zu rechnen, dass sich dieser Zustand in Zukunft ändern werde. 
 
B.- Am 14. Dezember 1998 reichte der Kläger beim Gerichtspräsidenten 2 des Gerichtskreises III Aarberg Klage ein und verlangte, es sei festzustellen, dass der Beklagte zur Weiterzahlung von 80% des Bruttolohnes verpflichtet sei seit dem 1. April 1998 für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit des Klägers, maximal während 720 Tagen innerhalb 900 aufeinanderfolgenden Tagen. Dementsprechend sei dem Kläger ein Fr. 8'000.-- übersteigender Betrag zuzusprechen. Am 19. Mai 1999 wies der Gerichtspräsident des Gerichtskreises III Aarberg die Klage ab. Dieses Urteil bestätigte der Appellationshof des Kantons Bern am 13. Oktober 1999. 
 
C.-Gegen diesen Entscheid hat der Kläger Berufung eingelegt. 
Er beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben, und hält im Übrigen an seinem Begehren fest, die Pflicht des Beklagten zur Lohnfortzahlung festzustellen. Der Beklagte beantragt, auf die Berufung nicht einzutreten und sie eventuell abzuweisen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.-Die Berufungsschrift des Klägers enthält keinen ziffernmässig bestimmten materiellen Antrag wie er gemäss Art. 55 Abs. 1 lit b OG und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung an sich notwendig wäre. Da die Vorinstanz keine klaren Feststellungen bezüglich Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit des Klägers getroffen hat, könnte das Bundesgericht, sollte es die Rechtsauffassung des Klägers für begründet erachten, kein Sachurteil fällen, sondern müsste die Streitsache zur weiteren Abklärung des Sachverhaltes an die Vorinstanz zurückweisen. Damit genügt der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheides den gesetzlichen Anforderungen (BGE 125 III 412 E. 1b S. 414 f. mit Hinweisen). 
 
2.-a) Der Appellationshof geht davon aus, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis im Sinne von Art. 334 Abs. 1 OR vorgelegen habe, da die Parteien vereinbart hatten, dass der Kläger nur solange arbeiten könne, wie Arbeit vorhanden sei. 
Der Endtermin des Arbeitsverhältnisses sei bei Stellenantritt indes noch nicht bekannt gewesen. 
b) Eine Befristung kann grundsätzlich auch auf einen unbestimmten Termin erfolgen, sofern sicher ist, dass dieser Termin irgendwann einmal eintritt. Ist dagegen ungewiss, ob das Ereignis, mit welchem das befristete Vertragsverhältnis enden soll, überhaupt eintritt, liegt keine Befristung, sondern eine Bedingung vor (vgl. von Tuhr/Escher, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, 
3. Aufl. , Zürich 1974, Bd. 2, S. 46 f.). Der Kläger wurde nicht für ein bestimmtes Projekt angestellt. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses war vielmehr allgemein vom Arbeitsvorrat abhängig. Ob dieser jemals ausgeht, ist ungewiss, weshalb keine Befristung vorliegt. Zudem wäre eine Frist, deren Dauer die Vertragsparteien bei Vertragsschluss und während den Vertragsbeziehungen nicht wenigstens der Grössenordnung nach abschätzen können, arbeitsvertraglich nicht hinreichend bestimmt, da das Ende der Frist für die Parteien vorhersehbar sein muss (vgl. Streiff/von Kaenel, Leitfaden zum Arbeitsvertragsrecht, 5. Aufl. , Zürich 1992, N 2 zu Art. 334; Staehelin, Zürcher Kommentar, Zürich 1996, N. 12 zu Art. 334 mit Hinweisen). Eine Vereinbarung, wonach das Arbeitsverhältnis endet, sobald keine Arbeit mehr vorhanden ist, erweist sich somit als unzulässig. 
 
 
c) Nach Ansicht des Appellationshofes haben die Parteien das monatliche Arbeitsverhältnis jeweils verlängert. 
Damit scheint der Appellationshof davon auszugehen, dass mit Blick auf die unsichere Auftragslage jeweils auf einen Monat befristete Arbeitsverträge abgeschlossen wurden. 
Diesfalls läge aber ein unzulässiges Kettenarbeitsverhältnis vor. Die Unsicherheit, ob genügend Arbeit vorhanden ist oder nicht, vermag ein Aneinanderreihen von befristeten Arbeitsverhältnissen über mehrere Monate nicht zu rechtfertigen. 
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es sich möglicherweise um einen Zwischenverdienst im Sinne des Arbeitslosenversicherungsgesetzes gehandelt hat, da die entsprechenden Gesetzesbestimmungen nicht das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer regeln. 
 
3.- a) Damit ist davon auszugehen, dass die Parteien einen unbefristeten Arbeitsvertrag geschlossen haben. Eine Kündigung ist im ersten Dienstjahr mit einer Kündigungsfrist von einem Monat auf das Ende eines Kalendermonats zulässig (Art. 335c OR), sofern nicht durch Gesamtarbeitsvertrag abweichende Kündigungsfristen vereinbart worden sind, was die Parteien nicht behaupten. Der Appellationshof geht indes davon aus, die Parteien hätten den Arbeitsvertrag im gegenseitigen Einverständnis auf Ende März 1998 aufgelöst. 
 
b) Die Parteien können ein Arbeitsverhältnis jederzeit durch gemeinsame Willenserklärung formlos sogar durch konkludentes Verhalten auflösen, sofern dies nicht zu einer Umgehung des zwingenden gesetzlichen Kündigungsschutzes führt (Art. 115 OR; BGE 119 II 449 E. 2a S. 450 mit Hinweis). 
Nach Art. 341 Abs. 1 OR kann indes der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses und einen Monat danach nicht auf Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verzichten, die sich aus unabdingbaren Gesetzesbestimmungen ergeben. 
Deshalb ist ein Aufhebungsvertrag ohne Einhaltung der Kündigungsfrist nur zulässig, sofern damit nicht nur der Arbeitnehmer auf die Lohnfortzahlung verzichtet, sondern auch der Arbeitgeber auf die während der Kündigungsfrist geschuldete Arbeitsleistung. Diesfalls liegt kein einseitiger Verzicht, sondern ein zulässiger Vergleich vor (BGE 118 II 58 E. 2b S. 61 mit Hinweisen). 
 
c) Aus den tatsächlichen Feststellungen des Appellationshofes ergibt sich, dass die Arbeitsleistung des Klägers vom Beklagten mangels Arbeitsvorrat nicht mehr gewünscht wurde, vorausgesetzt er konnte sie gesundheitlich überhaupt erbringen. Der Kläger musste daher keine Arbeitsleistung erbringen, unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis während der Kündigungsfrist fortdauerte oder vorzeitig beendet wurde. Eine einverständliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätte damit einzig zur Folge, dass die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers entfiele. Ein Aufhebungsvertrag wäre damit nach Art. 341 Abs. 1 OR unzulässig, wobei eine durch konkludentes Verhalten zum Ausdruck gebrachte Zustimmung zur Kündigung des Arbeitgebers nach Treu und Glauben nicht als einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses ausgelegt werden kann, da der Arbeitnehmer lediglich die Konsequenzen aus der Haltung des Arbeitgebers zieht und nicht seiner Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ausdruck verleiht (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 23. April 1999 i.S. S., mitgeteilt von Münch, ZBJV 1999, S. 482 f. mit Hinweisen). Soweit der Appellationshof das Verhalten des Klägers nach dem Vertrauensprinzip als einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses auslegt, verletzt er Bundesrecht. 
 
4.- a) Der Beklagte musste somit eine Kündigungsfrist von einem Monat einhalten. Der Appellationshof hat offengelassen, ob der Beklagte dem Kläger Anfang Januar 1998 ausdrücklich mitgeteilt hat, er benötige ihn nur noch für bestimmte Fassadenarbeiten und das Arbeitsverhältnis sei per Ende März 1998 definitiv beendet. Ist eine solche Erklärung erfolgt, liegt eine rechtzeitige Kündigung auf Ende März vor. Auf welchen Termin das Arbeitsverhältnis tatsächlich endet, lässt sich selbst unter der Annahme, dass die Kündigung rechtzeitig erfolgte, anhand der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz zum Gesundheitszustand des Klägers nicht entscheiden. Damit bleibt abzuklären, auf welchen Termin der Arbeitgeber gekündigt hat und ob der Kläger nach dem 
16. März 1998 bis zum Ablauf der Kündigungsfrist erneut arbeitsunfähig wurde beziehungsweise arbeitsunfähig blieb. 
b) Ob der Kläger mit seiner Klage durchdringt, hängt von den durch den Appellationshof durchzuführenden zusätzlichen Abklärungen ab. Da der Verfahrensausgang ungewiss ist, rechtfertigt es sich, den Parteien die Gerichtskosten je zur Hälfte zu überbinden und die Parteikosten wettzuschlagen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die Berufung wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern, I. Zivilkammer, vom 13. Oktober 1999 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Parteien je zur Hälfte auferlegt. 
 
3.- Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationshof des Kantons Bern, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 27. Juni 2000 
 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: