Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1B_26/2013  
   
   
 
 
 
 
Urteil vom 28. Mai 2013  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Härri. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X._________,  
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Bachmann, 
 
gegen  
 
Obergericht des Kantons Luzern, 2. Abteilung, Hirschengraben 16, Postfach, 6002 Luzern.  
 
Gegenstand 
Strafverfahren; unentgeltliche Verbeiständung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung vom 5. November 2012 des Präsidenten der 2. Abteilung des Obergerichts des Kantons Luzern. 
 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 20. März 2012 kam es im Rahmen eines Nachbarschaftsstreits zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen Y.________ und X._________. 
 
 X._________ erstattete Strafanzeige gegen Y.________ wegen übler Nachrede, Drohung und Nötigung. Die Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern (im Folgenden: Staatsanwaltschaft) eröffnete eine Strafuntersuchung. X._________ konstituierte sich als Privatkläger und machte eine Genugtuungsforderung von Fr. 7'000.-- geltend. 
 
 Mit Verfügung vom 6. August 2012 stellte die Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchung ein. 
 
 Dagegen erhob X._________ am 20. August 2012 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Luzern. 
 
 Am 27. September 2012 beantragte er, es sei ihm im Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und Rechtsanwalt Markus Bachmann als sein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu ernennen. 
 
 Mit Verfügung vom 5. November 2012 gewährte der Präsident der 2. Abteilung des Obergerichts X._________ im Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege in dem Sinne, dass dieser von Vorschuss- und Sicherheitsleistungen sowie von den Verfahrenskosten befreit wurde (Ziffer 1). Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wies der Abteilungspräsident ab (Ziffer 2). Er befand, eine anwaltliche Vertretung sei zur Wahrung der Rechte von X._________ nicht notwendig. 
 
B.  
X._________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, Ziffer 2 der Verfügung des Abteilungspräsidenten sei aufzuheben; dem Beschwerdeführer sei für das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren vollumfänglich die unentgeltliche Rechtspflege zu erteilen und daher Markus Bachmann als unentgeltlicher Rechtsbeistand zu ernennen. Eventualiter sei Ziffer 2 der Verfügung des Abteilungspräsidenten aufzuheben und die Sache mit der Aufforderung an die Vorinstanz zurückzuweisen, im Sinne der Begründung der Beschwerde neu zu entscheiden. 
 
C.  
Der Abteilungspräsident beantragt unter Verzicht auf Gegenbemerkungen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
 
 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen den angefochtenen Entscheid ist gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG die Beschwerde in Strafsachen gegeben. 
 
 Ein kantonales Rechtsmittel steht nicht zur Verfügung. Die Beschwerde ist daher nach Art. 80 BGG zulässig. 
 
 Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde grundsätzlich berechtigt (Urteile 1B_702/2011 vom 31. Mai 2012 E. 1.2; 1B_436/2011 vom 21. September 2011 E. 1, publ. in: Pra 2012 Nr. 16 S. 100; je mit Hinweisen). 
 
 Der angefochtene Entscheid stellt einen Zwischenentscheid dar, der dem Beschwerdeführer einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken kann (BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131; Urteile 1B_355/2012 vom 12. Oktober 2012 E. 1.1; publ. in: Pra 2013 Nr. 1 S. 1; 1B_702/2011 vom 31. Mai 2012 E. 1.3; je mit Hinweisen). Die Beschwerde ist auch insoweit zulässig. 
 
 Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist - unter Vorbehalt der folgenden Erwägungen - einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.  
 
 Die Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege für die Privatklägerschaft im Strafverfahren konkretisiert Art. 136 StPO (Urteil 1B_355/2012 vom 12. Oktober 2012 E. 3, publ. in: Pra 2013 Nr. 1 S. 1). Danach gewährt die Verfahrensleitung der Privatklägerschaft für die Durchsetzung ihrer Zivilansprüche ganz oder teilweise die unentgeltliche Rechtspflege, wenn: a. die Privatklägerschaft nicht über die erforderlichen Mittel verfügt; und b. die Zivilklage nicht aussichtslos erscheint (Abs. 1). Die unentgeltliche Rechtspflege umfasst: a. die Befreiung von Vorschuss- und Sicherheitsleistungen; b. die Befreiung von den Verfahrenskosten; c. die Bestellung eines Rechtsbeistandes, wenn dies zur Wahrung der Rechte der Privatklägerschaft notwendig ist (Abs. 2). 
 
2.2. Die Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege in dem Sinne gewährt, dass er von Vorschuss- und Sicherheitsleistungen sowie von den Verfahrenskosten befreit worden ist. Insoweit ist er nicht beschwert. Soweit er sich mit den Erwägungen der Vorinstanz dazu auseinandersetzt, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. Es stellt sich einzig die Frage, ob die Vorinstanz die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands zu Recht als nicht notwendig erachtet hat (angefochtener Entscheid E. 5 S. 6 f.).  
 
2.3. Wie das Bundesgericht zu Art. 29 Abs. 3 BV (bzw. Art. 4 aBV) befunden hat, stellt - was die Notwendigkeit der Verbeiständung betrifft - die Strafuntersuchung in der Regel eher bescheidene juristische Anforderungen an die Wahrung der Mitwirkungsrechte von Geschädigten. Es geht im Wesentlichen darum, allfällige Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche anzumelden sowie an Verhören von Beschuldigten und allfälligen Zeugen teilzunehmen und gegebenenfalls Ergänzungsfragen zu stellen. Ein durchschnittlicher Bürger sollte daher in der Lage sein, seine Interessen als Geschädigter in einer Strafuntersuchung selbst wahrzunehmen. Das gilt auch für das Beschwerdeverfahren gegen die Einstellung einer Strafuntersuchung (BGE 123 I 145 E. 2b/bb S. 147 mit Hinweis). Daran hat sich mit dem Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung am 1. Januar 2011 grundsätzlich nichts geändert.  
 
 Bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Verbeiständung berücksichtigt das Bundesgericht insbesondere das Alter, die soziale Lage, die Sprachkenntnisse sowie die gesundheitliche und psychische Verfassung des Geschädigten; ebenso die Schwere und Komplexität des Falles. Der Umstand, dass im Strafverfahren der Untersuchungsgrundsatz (Art. 6 StPO) gilt, schliesst die Notwendigkeit einer Rechtsverbeiständung nicht zum Vornherein aus (BGE 123 I 145 E. 2b/cc S. 147 f.; Urteil 1B_45/2012 vom 8. Juni 2012 E. 4.5; je mit Hinweisen). 
 
2.4. Der Beschwerdeführer ist 60 Jahre alt. Er ist somit weder wegen jugendlichen noch fortgeschrittenen Alters ausserstande, seine Sache selber zu führen. Er ist Schweizer deutscher Muttersprache, weshalb er sich im Verfahren problemlos verständigen kann. Dass er in seiner körperlichen oder psychischen Gesundheit beeinträchtigt wäre, macht er nicht hinreichend substanziiert geltend und ist nicht ersichtlich. Es geht sodann um eine verbale Auseinandersetzung im Rahmen eines Nachbarschaftskonflikts und damit weder um ein komplexes noch aufwendiges Strafverfahren. Der Beschwerdeführer macht eine Genugtuungsforderung geltend. Es ist ihm zumutbar, die insoweit geltend gemachte seelische Unbill ohne die Hilfe eines Rechtsvertreters zum Ausdruck zu bringen (ebenso Urteil 1B_153/2007 vom 25. September 2007 E. 3.3 mit Hinweisen).  
 
 Würdigt man dies gesamthaft, verletzt es im Lichte der dargelegten restriktiven Rechtsprechung kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz die Notwendigkeit der Verbeiständung verneint hat. 
 
3.  
Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
 Da sie aussichtslos war, kann die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nach Art. 64 BGG nicht bewilligt werden. Mit Blick auf die finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers rechtfertigt es sich jedoch, auf die Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). 
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Präsidenten der 2. Abteilung des Obergerichts des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 28. Mai 2013 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Härri