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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 1/2} 
1P.802/2006 /fun 
 
Urteil vom 28. August 2007 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Hungerbühler, Aeschlimann, Reeb, Fonjallaz, Eusebio. 
Gerichtsschreiber Steinmann. 
 
Parteien 
Pirmin Schwander, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Regierungsrat des Kantons Schwyz, 
Bahnhofstrasse 9, Postfach 1260, 6431 Schwyz, 
Kantonsrat des Kantons Schwyz, 
Bahnhofstrasse 9, Postfach 1260, 6430 Schwyz. 
 
Gegenstand 
Verordnung über die Motorfahrzeugabgaben des Kantons Schwyz (Änderung vom 25. Oktober 2006), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verordnung des Kantonsrats des Kantons Schwyz vom 25. Oktober 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Beschluss vom 25. Oktober 2006 änderte der Kantonsrat des Kantons Schwyz seine bisherige Verordnung über die Motorfahrzeugabgaben vom 13. Mai 1992 und legte neu die Kriterien für die Erhebung der Motorfahrzeugabgaben fest. Die Verordnung über die Motorfahrzeugabgaben stützt sich auf § 105 des Gesetzes über die Ermächtigung zur Festsetzung der Motorfahrzeugabgaben des Kantons Schwyz vom 28. Oktober 1958. Sie enthält namentlich folgende Bestimmungen: 
§ 5 Abs. 1, 2 und 3 
1 Die Steuern für leichte und schwere Personenwagen, leichte Motorwagen und Kleinbusse werden nach dem Gesamtgewicht und dem Hubraum gemäss Fahrzeugausweis bemessen. 
2 Für Leicht-, Klein- und dreirädrige Motorfahrzeuge, Motorräder und Kleinmotorräder bildet der Hubraum die Bemessungsgrundlage. 
3 Für die übrigen Fahrzeugarten sowie für Fahrzeuge mit Elektro-, Gas-, Hybrid- oder anderem Alternativantrieb ist das Gesamtgewicht gemäss Fahrzeugausweis für die Besteuerung massgebend. 
§ 6, 6a und 7 legen die Besteuerungsfaktoren für die drei Kategorien (Besteuerung nach Gesamtgewicht und Hubraum, Besteuerung nach Hubraum und Besteuerung nach Gesamtgewicht) fest. 
B. 
Mit Eingabe vom 2. Dezember 2006 erhebt Pirmin Schwander beim Bundesgericht Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a OG und beantragt die Aufhebung der Änderung der Verordnung über die Motorfahrzeugabgaben vom 25. Oktober 2006. Er macht zum einen geltend, die Verordnung sprenge mit dem neu vorgesehenen, auf Hubraum und Gewicht abstellenden Mischtarif für die Bemessung der Motorfahrzeugabgabe (§ 5 und 6) den Rahmen von § 105 des Gesetzes über die Ermächtigung zur Festsetzung der Motorfahrzeugabgaben und entziehe die Regelung in Verletzung der politischen Rechte dem (obligatorischen) Gesetzesreferendum nach Art. 30 der Kantonsverfassung des Kantons Schwyz. Zum andern macht der Beschwerdeführer geltend, die Verordnung über die Motorfahrzeugabgaben stelle keine hinreichende formell-gesetzliche Grundlage für die Erhebung der Abgabe dar und führe mit dem neuen Mischtarif zu einer ungleichen Besteuerung und stärkeren Belastung der schweren und hubraumstarken Fahrzeuge. 
 
Regierungsrat und Kantonsrat beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. 
 
Der Beschwerdeführer hält in seiner Beschwerdeergänzung an seinen Anträgen fest. Zur Begründung fügt er an, dass Steuern nach Art. 127 Abs. 1 BV einer formell-gesetzlichen Grundlage bedürften und die angefochtene, dem obligatorischen Referendum entzogene Kantonsratsverordnung diesen Anforderungen nicht genüge. 
 
Regierungsrat und Kantonsrat halten in der Vernehmlassung zur Beschwerdeergänzung an Anträgen und Begründung fest. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der Beschwerdeführer erhebt ausdrücklich Stimmrechtsbeschwerde im Sinne von Art. 85 lit. a OG mit der Rüge, die keinem Referendum unterliegende Revision der Verordnung über die Motorfahrzeugabgaben (MfzV) sei durch § 105 des Gesetzes über die Ermächtigung zur Festsetzung der Motorfahrzeugabgaben (MfzG) nicht abgedeckt und entziehe die neue Regelung dem obligatorischen Gesetzesreferendum gemäss Art. 30 Abs. 1 der Verfassung des eidgenössischen Standes Schwyz (KV/SZ). Zum andern macht er inhaltlich geltend, § 5 und 6 MfzV stellten keine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Erhebung der Motorfahrzeugabgabe dar und stünden mit dem verfassungs- und gesetzmässigen Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung im Widerspruch. Insoweit erhebt der Beschwerdeführer der Sache nach staatsrechtliche Beschwerde gemäss Art. 84 Abs. 1 lit. a OG
1.1 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Rüge, eine von der Exekutive erlassene Verordnung widerspreche inhaltlich dem Gesetz bzw. sei vom Gesetz nicht abgedeckt, nicht mit Stimmrechtsbeschwerde, sondern mit Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung der Gewaltenteilung geltend zu machen (BGE 131 I 291 E. 1.1 S. 295, 131 I 386 E. 2.2 S. 389, 123 I 41 E. 6b S. 41). Dies trifft grundsätzlich auch auf dem Referendum nicht unterstellte Verordnungen von Parlamenten zu. Soweit indes geltend gemacht wird, ein Erlass ändere höherrangiges Recht ab und schränke das für das höherrangige Recht geltende Referendumsrecht ein, fällt die Stimmrechtsbeschwerde in Betracht (BGE 131 I 386, Urteil 1P.293/2002 vom 30. Dezember 2002, in ZBl 104/2003 S. 587 S. E. 1, Urteil 1P.39/2004 vom 16. Juni 2004, in ZBl 106/2005 S. 234). 
Der Beschwerdeführer ist als im Kanton Schwyz Stimmberechtigter zur Stimmrechtsbeschwerde befugt. Indes kann mit der Stimmrechtsbeschwerde lediglich verlangt werden, dass die angefochtene Regelung dem Referendum unterbreitet wird; inhaltliche Korrekturen können mit diesem Rechtsmittel nicht verlangt werden. In diesem Rahmen kann auf die Stimmrechtsbeschwerde eingetreten werden. 
1.2 Mit der Verfassungsbeschwerde kann geltend gemacht werden, der angefochtene Erlass verletze verfassungsmässige Rechte im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. a OG. Die vorliegende Beschwerde ist insofern zulässig, als der Beschwerdeführer Verletzungen des Grundsatzes der Gewaltenteilung sowie von Art. 127 BV geltend macht. Er ist durch die angefochtene Regelung zumindest virtuell betroffen. Die Beschwerde ist auch insoweit zulässig. 
2. 
Der Beschwerdeführer bezieht sich in seiner Beschwerde auf § 105 MfzG. Dieser hat folgenden Wortlaut: 
1 Der Kantonsrat ist im Sinne von § 32 der Kantonsverfassung ermächtigt, die Höhe der fiskalischen Abgaben für die Motorfahrzeuge festzusetzen. 
2 Er darf dabei das schweizerische Mittel in den einzelnen Fahrzeugkategorien nicht überschreiten und diese Anpassung nur alle fünf Jahre vornehmen. Er hat bei allfälligen Anpassungen an dieses Mittel alle Fahrzeugkategorien gleichmässig zu behandeln. 
2.1 Die angefochtene Regelung in der Verordnung des Kantonsrates steht mit dieser Gesetzesbestimmung nicht im Widerspruch, ändert deren Gehalt nicht und sprengt auch deren Rahmen nicht. Der neu eingeführte Mischtarif stellt lediglich ein Bemessungskriterium zur Festsetzung der Höhe der fiskalischen Abgabe im Sinne von § 105 Abs. 1 MfzG dar und beeinträchtigt für sich genommen die Gleichheit der Besteuerung nicht. Es stellt daher keine Verletzung der politischen Rechte und der Referendumsrechte dar, dass der neue Tarif gemäss § 32 KV/SZ in der Form einer Verordnung des Kantonsrates ergangen ist. Daran vermögen die Ausführungen des Beschwerdeführers zu früheren gescheiterten Gesetzesvorhaben nichts zu ändern. Diese wiesen eine weitere Tragweite auf und unterstanden als Gesetzesänderungen dem Referendum, wie Regierungsrat und Kantonsrat darlegen. Dabei ist es nicht von Bedeutung, dass in diesem Rahmen auch ein Mischtarif vorgesehen war. Die Stimmrechtsbeschwerde erweist sich daher als unbegründet. 
2.2 Unbegründet erweist sich auch die Verfassungsbeschwerde. 
Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage hat im Abgaberecht eine spezifische Form des Legalitätsprinzips erfahren, welches früher auf Art. 4 aBV gestützt wurde und heute nach Art. 127 Abs. 1 BV auch für die Kantone gilt (BGE 128 I 317 E. 2.2 S. 320). Öffentliche Abgaben bedürfen daher einer formell-gesetzlichen Grundlage. Dazu zählen nicht nur formelle, dem obligatorischen oder fakultativen Referendum unterstehende Gesetze, sondern auch dem Referendum nicht unterstellte Verordnungen der Parlamente. Da die Kantone von Bundesrechts wegen nicht gehalten sind, ihre Erlasse dem (obligatorischen oder fakultativen) Referendum zu unterstellen (BGE 128 I 327 E. 4.1 S. 338, 124 I 216 E. 3a S. 218), ist für die Zulässigkeit von Parlamentsverordnungen auf das kantonale Verfassungsrecht abzustellen. In dieser Hinsicht legt der Beschwerdeführer indes nicht dar, dass das kantonale Verfassungsrecht Parlamentsverordnungen ausschliessen würde, und er setzt sich auch mit der im Ingress des MfzG genannten Bestimmung von § 32 KV/SZ nicht näher auseinander. 
 
Der Beschwerdeführer rügt ferner als Verletzung von Art. 127 Abs. 2 BV und von § 105 Abs. 1 Satz 2 MfzG eine ungleiche Besteuerung, weil schwere und hubraumstarke Fahrzeuge stärker besteuert werden als leichte und verbrauchsarme Fahrzeuge. Er übersieht, dass die genannten Normen keine gleiche Besteuerung, sondern eine gleichmässige Besteuerung verlangen. Das bedeutet für die Motorfahrzeugsteuer, dass auf Kriterien abzustellen ist, die mit der Strassenbelastung in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Dies trifft auf den Mischtarif, der sowohl auf Hubraum und Gewicht der Fahrzeuge abstellt, klarerweise zu. 
3. 
Demnach sind die Stimmrechtsbeschwerde und die Verfassungsbeschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist dem Beschwerdeführer angesichts des Umstandes, dass für Stimmrechtsbeschwerden bisher keine Kosten erhoben worden sind, eine reduzierte Gerichtsgebühr aufzuerlegen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie dem Regierungsrat und dem Kantonsrat des Kantons Schwyz schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 28. August 2007 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: