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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_101/2012 
 
Urteil vom 29. März 2012 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichter L. Meyer, von Werdt, 
Gerichtsschreiber V. Monn. 
 
1. Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
2. B.________, 
3. C.________, 
Beschwerdeführerinnen, 
 
gegen 
 
Vormundschaftsbehörde D.________. 
 
Gegenstand 
Genehmigung des Schluss-Rechenschaftsbericht, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 15. Dezember 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
E.________ war bis zu ihrem Tod am 20. März 2004 verbeiständet. Ihr Beistand, F.________, erstattete einen Schlussbericht und eine Schlussabrechnung per 31. Oktober 2004, welche von der Vormundschaftsbehörde D.________ genehmigt wurden. Mit Beschluss vom 21. Juli 2011 wies der Bezirksrat Affoltern eine von G.________ im Namen von A.________, B.________ und C.________ erhobene Beschwerde ab, genehmigte die beiden Rechenschaftsberichte und setzte die Entschädigung des Beistandes fest. 
 
B. 
Am 29. August 2011 (Postaufgabe) hat G.________ im Namen von A.________, B.________ und C.________ beim Obergericht des Kantons Zürich eine Berufung ergriffen. Nach Durchführung eines Beweisverfahrens trat dieses zufolge Verspätung auf das Rechtsmittel nicht ein (Beschluss vom 15. Dezember 2011). 
 
C. 
Gegen diesen Nichteintretensentscheid haben A.________, B.________ und C.________ (nachfolgend Beschwerdeführerinnen) am 31. Januar 2012 (Postaufgabe) Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Obergericht anzuweisen, auf das Rechtsmittel einzutreten. Ferner verlangen sie, das Obergericht anzuweisen, seine Aufsichtspflicht über den Bezirksrat Affoltern inkl. Vormundschaftsbehörde D.________ und die Beistandschaft von F.________ wahrzunehmen, d.h. aufsichtsrechtlich einzugreifen mit Hilfe der für die Überprüfung von Sachverhalten (Feststellung von Offizialdelikten) zuständigen Behörden. 
Es wurden die Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Zivilrecht steht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 5, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Den Beschwerdeführerinnen geht es in der Hauptsache um Nachforschungen bezüglich Schwarzgeld der ehemals verbeiständeten und zwischenzeitlich verstorbenen E.________. Mithin verfolgen sie einen wirtschaftlichen Zweck, so dass die Angelegenheit als vermögensrechtlich zu betrachten ist (s. auch Urteil 5D_62/2011 vom 8. Juli 2011 E. 1.1). Das angefochtene Urteil gibt keinen Aufschluss über den Streitwert, und auch die Beschwerdeführerinnen machen hiezu keinerlei Angaben. Mangels zweckdienlicher Hinweise kann das Bundesgericht auch keinen Streitwert nach Ermessen festlegen (Art. 51 Abs. 2 BGG). Nachdem die Beschwerdeführerinnen auch keine Rechtsfrage von grundsätzliche Bedeutung behaupten (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG), wird die Eingabe als subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 BGG) entgegengenommen. 
 
1.2 Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Dabei gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Rüge muss in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet werden (BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400 f.; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen). Die rechtssuchende Partei muss dabei anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids genau angeben, welches verfassungsmässige Recht durch den angefochtenen kantonalen Entscheid verletzt wurde, und im Einzelnen darlegen, worin die Verletzung besteht. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 133 II 396 E. 3 S. 399 f.; 133 III 393 E. 6 S. 397; 134 II 244 E. 2.2 S. 246). 
Lediglich der guten Ordnung halber sei erwähnt, dass die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichtes mit Bezug auf die aufgeworfene Rechtsfrage nicht umfassender wäre, wenn das gesetzliche Streitwerterfordernis erfüllt und damit die (ordentliche) Beschwerde in Zivilsachen zulässig wäre. Vorliegend geht es ausschliesslich um die Anwendung kantonalen Rechts. Dieses ist - abgesehen von hier nicht gegebenen Ausnahmen (Art. 95 lit. c-e BGG) - von einer freien Überprüfung durch das Bundesgericht ausgenommen. Der Beschwerdeführer kann einzig vorbringen, die Vorinstanz habe bei der Anwendung kantonalen Rechts verfassungsmässige Rechte, insbesondere das Willkürverbot (Art. 9 BV) verletzt (vgl. BGE 133 III 462 E. 2.3 und E. 4.4.1). Hierfür gilt, wie für jede Anrufung einer Verfassungsverletzung, das strenge Rügeprinzip (Art. 117 i.V.m. 106 Abs. 2 BGG). 
 
1.3 Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist, was der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde aufzuzeigen hat (BGE 131 I 217 E. 2.1 S. 219). Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5). 
 
1.4 Nicht einzutreten ist auf das Begehren hinsichtlich der Aufsichtspflicht, denn dem Bundesgericht kommt keine Aufsichtsfunktion über die oberen kantonalen Gerichte zu. 
 
2. 
Streitig ist der Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses des Bezirksrates Affoltern vom 21. Juli 2011 und davon abhängig die Frage, ob die am 29. August 2011 der Schweizerischen Post übergebene Berufungsschrift fristgerecht eingereicht wurde. 
 
2.1 Das Obergericht erwog, das für das Verfahren vor dem Bezirksrat anwendbare Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 24. Mai 1959 (VRG; LS 175.2) stelle für die Form der Zustellung von schriftlichen Beschlüssen keine besonderen Vorschriften auf. Der Entscheid könne persönlich ausgehändigt oder auf dem postalischen Weg zugestellt werden. Werde der postalische Weg gewählt, lasse das VRG alle Formen der postalischen Zustellung genügen, also auch die Zustellung mit einfacher bzw. gewöhnlicher Post. Der Bezirksrat Affoltern habe seinen Beschluss vom 21. Juli 2011 mit A-Post versandt und dieser sei spätestens am 11. August 2011 bei G.________ eingelangt. Zufolge laufender Gerichtsferien habe die Rechtsmittelfrist am 16. August 2011 zu laufen begonnen und am 25. August 2011 geendet. Damit erweise sich die erst am 29. August 2011 der Post übergebene Berufung als verspätet. 
 
2.2 Die Beschwerdeführerinnen wenden dagegen ein, gestützt auf § 187 des zürcherischen Gesetzes über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess vom 10. Mai 2010 (GOG; LS 211.1) seien überall dort, wo das Gesetz keine abweichenden Vorschriften aufstelle, die eidgenössische ZPO als ergänzendes kantonales Recht zu beachten. Nach Art. 138 ZPO erfolge die Zustellung von Entscheiden durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung; die Zustellung eines Entscheids mit Eröffnung einer Rechtsmittelfrist für die Berufung an das Obergericht durch gewöhnliche Post sei gesetzwidrig, nicht gehörig erfolgt und habe somit keine Rechtswirkung. G.________ habe den Empfang des Beschlusses des Bezirksrates erst am 18. August 2011 auf der Kanzlei desselben bestätigt, weshalb die zehntägige Berufungsfrist erst am 19. August 2011 zu laufen begonnen habe und diese mit der Postaufgabe der Berufungsschrift am 29. August 2011 - der 28. August 2011 war ein Sonntag - gewahrt worden sei. 
 
2.3 Streitig ist im Ergebnis, welche Vorschriften auf die Zustellung des bezirksrätlichen Beschlusses Anwendung finden: das Normenwerk des VRG, das keine besonderen Vorschriften für die Form der Zustellung von schriftlichen Beschlüssen aufstellt, oder - über § 187 GOG - Art. 138 ZPO als ergänzendes kantonales Recht, der eine eingeschriebene Postsendung oder zumindest eine Empfangsbestätigung verlangt. Die Beschwerdeführerinnen begründen wohl ihren Standpunkt, führen aber nicht aus und legen nicht dar, weshalb die Auffassung des Obergerichts, welches das VRG für massgeblich hält, geradezu unhaltbar und damit willkürlich sein soll (s. E. 1.3). Sie setzen sich nicht mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinander und kommen daher den gesetzlichen Begründungsanforderungen (s. E. 1.2) nicht nach. Auf die Beschwerde kann nicht eingetreten werden. 
 
3. 
Nach dem Gesagten unterliegen die Beschwerdeführerinnen; sie werden kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG) und sind solidarisch haftbar (Art. 66 Abs. 5 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden den Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, der Vormundschaftsbehörde D.________ und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 29. März 2012 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Hohl 
 
Der Gerichtsschreiber: V. Monn