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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_487/2011 
 
Urteil vom 29. August 2011 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Pfiffner Rauber, 
Gerichtsschreiber Ettlin. 
 
Verfahrensbeteiligte 
S.________ GmbH, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Ausgleichskasse Promea, 
Ifangstrasse 8, 8952 Schlieren, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Beitragspflicht), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 25. Mai 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die S.________ GmbH ist der Ausgleichskasse Promea (nachfolgend: Ausgleichskasse) als beitragspflichtige Arbeitgeberin angeschlossen. Sie verfügt über ein Stammkapital von Fr. 20'000.-. An diesem beteiligt sind B.________ als Geschäftsführerin und K.________ als Vorsitzender der Geschäftsführung mit einem Stammanteil von je Fr. 10'000.-. Mit Nachzahlungsverfügung vom 11. Oktober 2010 betreffend die Abrechnungsperiode vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2008 forderte die Ausgleichskasse Nachzahlungen von insgesamt Fr. 8'065.- für paritätische AHV/IV/EO-, FAK- und ALV-Beiträge samt Verwaltungskosten und Verzugszinsen. Sie hielt daran mit Einspracheentscheid vom 20. Januar 2011 fest mit der Begründung, ein Teil der von den Geschäftsführern bezogenen Dividende sei als massgebender Lohn zu betrachten. 
 
B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wies eine dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 25. Mai 2011 ab. 
 
C. 
Die S.________ GmbH erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und des Einspracheentscheids vom 20. Januar 2011. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Im angefochtenen Entscheid werden unter Hinweis auf die Rechtsprechung (BGE 134 V 297 E. 2.1 S. 299 f.) die Grundsätze zur Abgrenzung zwischen beitragsfreiem Vermögensertrag und der Beitragspflicht unterliegenden Zuwendungen aus dem Reingewinn einer juristischen Person an Arbeitnehmer, die zugleich Gesellschafter sind, richtig dargelegt. Korrekt ist auch, dass sich die Ausgleichskassen in der Regel an die bundessteuerliche Betrachtungsweise halten. Indessen ist ahv-rechtlich von der durch die Gesellschaft vorgenommenen Aufteilung abzuweichen, wenn ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Entgelt bzw. zwischen eingesetztem Vermögen und Dividende (Ertrag) besteht (BGE 134 V 297 E. 2.3 S. 301 f.). Auf diese Erwägungen wird verwiesen. 
 
2. 
Das Verwaltungsgericht erwog, es sei von einem Missverhältnis von ausbezahltem Lohn und Dividende auszugehen. Der Lohn von K.________ habe Fr. 65'000.- betragen und in gleicher Höhe sei eine Dividende ausgerichtet worden. B.________ habe einen Lohn von Fr. 40'000.- und eine Dividende von ebenfalls Fr. 65'000.- erhalten. In den Jahren zuvor sei K.________ mit Fr. 130'000.- bis 160'000.- entlöhnt worden und B.________ mit Fr. 50'000.-. Die Einkommen der beiden Geschäftsführer lägen im Weiteren unterhalb derjenigen ihrer Angestellten. Auch insofern sei die Entschädigung nicht angemessen. Bei einem Steuerwert des Unternehmens im Jahr 2008 von Fr. 205'100.- je Stammanteil (insgesamt Fr. 410'200.-) und einer als angemessen zu erachtenden Dividende von 10 % des Steuerwerts belaufe sich die maximal zulässige Gewinnausschüttung auf je Fr. 20'510.-. In Berücksichtigung dieser Umstände sei die Festsetzung des ahv-pflichtigen Lohnes des K.________ auf Fr. 109'490.- (Fr. 65'000.- [Lohn] + Fr. 65'000.- [Dividende] - Fr. 20'510.-) und jenen der B.________ auf Fr. 50'000.- (Fr. 40'000.- [Lohn] + Fr. 65'000.- [Dividende] - Fr. 20'510.-) durch die Verwaltung nicht zu beanstanden, bei Letzterer unter Berücksichtigung des Umstandes, dass ihr in den Jahren zuvor jeweils ein Lohn in dieser Grössenordnung ausbezahlt worden sei und in gleicher Höhe eine Lohnvereinbarung mit der Suva bestehe. 
 
3. 
3.1 Den Darlegungen der Vorinstanz ist beizupflichten. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorträgt, ist, soweit erheblich, nicht stichhaltig. Zu präzisieren ist jedoch, dass es nicht auf ein Missverhältnis zwischen Lohn und Dividende ankommt, sondern von der steuerrechtlichen Betrachtungsweise nur abzuweichen ist, wenn ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Entgelt bzw. zwischen eingesetztem Vermögen und Dividende besteht (BGE 134 V 297 E. 2.3 S. 301), was hier der Fall ist. 
 
3.2 Nicht zu beanstanden ist die vorinstanzliche Prüfung der Angemessenheit der Dividende anhand des unstrittig gebliebenen Steuerwerts der Unternehmung. Dabei folgte das kantonale Gericht der Rechtsprechung (BGE 134 V 297 E. 3.1 S. 304). Die Rüge, der Steuerwert beinhalte stille Reserven, weswegen dieser nicht den wahren Wert der Unternehmung wiedergebe, ändert nichts. Gemäss Art. 798 Abs. 1 OR (in Kraft seit 1. Januar 2008) dürfen Dividenden nur aus dem Bilanzgewinn und aus hierfür gebildeten Reserven ausgerichtet werden. Zudem darf die Dividende erst festgesetzt werden, nachdem die dem Gesetz und den Statuten entsprechenden Zuweisungen an die gesetzlichen und statutarischen Reserven abgezogen worden sind (Art. 798 Abs. 2 OR). Die Auszahlung einer Dividende setzt folglich die vorherige Reservebildung voraus. Sodann kann ein Unternehmen nach verschiedenen Methoden bewertet werden (vgl. Urteil 2C_504/2009 vom 15. April 2010 E. 3.2; Kreisschreiben Nr. 28 vom 21. August 2006 "Wegleitung zur Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer" der Schweizerischen Steuerkonferenz). Die Beschwerdeführerin legte jedoch weder vor Verwaltung noch vor kantonalem Gericht die Gründe dar, die ein Abweichen vom Steuerwert rechtfertigten. Der Hinweis auf einen "wirtschaftlichen Wert" von angeblich Fr. 700'000.- bis Fr. 1'000'000.- ist schon deshalb unbehelflich, weil die letztinstanzlich ins Recht gelegten Bewertungsunterlagen als unzulässige Noven unbeachtlich sind (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
Die Dividende entspricht 31,69 % des Steuerwertes, was den laut Wegleitung über den massgebenden Lohn (WML) in der AHV, IV und EO vom 1. Januar 2008 (Stand 1. Januar 2011; Rz. 2011.7) angemessenen Vermögensertrag von 10 % wesentlich überschreitet. Zwar weist die Beschwerdeführerin mit Recht darauf hin, dass die Wegleitung rechtsprechungsgemäss nicht schematisch, sondern nur unter Würdigung des konkreten Einzelfalls anzuwenden ist (BGE 134 V 297 E. 2.7 S. 303). Dessen ungeachtet trägt sie keine Umstände vor, die ein Abweichen rechtfertigten. Der Vorwurf einer schematischen Anwendung der Weisung verfängt folglich nicht. 
 
3.3 Den Lohn des K.________ von Fr. 65'000.- im Jahr 2008 hat die Vorinstanz mit Recht als offensichtlich unangemessen tief erachtet. Den Angestellten A.________ und P.________, welche unstrittig keine geschäftsleitende Funktionen ausüben, richtete die Beschwerdeführerin einen Lohn von Fr. 65'000.- und Fr. 69'800.- aus. Die Geschäftsführertätigkeit wird notorisch höher entlöhnt als jene des Angestellten ohne Führungsfunktion. Sodann berücksichtigte das kantonale Gericht korrekt die IK-Auszüge. Die Rüge, der Vergleich mit früheren Löhnen sei mit Blick auf die Unternehmenssteuerreform II unstatthaft, dringt nicht durch (vgl. BGE 134 V 297 E. 2.2 S. 300). In den Jahren 1996 bis 2006 sind K.________ laut IK-Auszug regelmässig Löhne von über Fr. 100'000.- verbucht worden und die Beschwerdeführerin wies in der für die Ausgleichskasse erstellten Lohnbescheinigung für das Jahr 2008 vom 26. Januar 2009 einen Lohn für K.________ von Fr. 160'000.- aus. Schliesslich lässt sich im Hinblick auf die hohe Dividende der später ausgewiesene tiefere Lohn auch nicht mit einem schlechten Geschäftsgang begründen. Der vorinstanzliche Schluss auf einen ahv-pflichtigen Lohn für K.________ von Fr. 109'490 verletzt daher nicht Bundesrecht. Mit der Anhebung des Lohnes von B.________ auf Fr. 50'000.- setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist (Art. 42 Abs. 2 BGG). Dahingestellt bleiben kann die Ortsüblichkeit dieser Löhne. Massgeblich ist der Lohn, der einem Arbeitnehmer in der gleichen Funktion erbracht worden wäre, der nicht zugleich am Unternehmen beteiligt ist (BGE 134 V 297 E. 2.3 S. 301). 
 
4. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 29. August 2011 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Meyer 
 
Der Gerichtsschreiber: Ettlin