Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.65/2003 /bnm 
 
Urteil vom 30. Juni 2003 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
Parteien 
Z.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Weber Kimmich, Rämistrasse 44, 8001 Zürich, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Peter Jüstel, c/o Wyler Lustenberger Glaus, Rechtsanwälte, Sempacherstrasse 15, 8032 Zürich, 
Kassationsgericht des Kantons Zürich, Postfach 4875, 8022 Zürich. 
 
Gegenstand 
Art. 29 Abs. 1 und 2 BV (Einsprache gegen Arrestbefehl), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 18. Dezember 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 10. August 2001 bewilligte der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirks Bülach gegen Z.________ das Arrestbegehren von Y.________ über Fr. 63'546.05 nebst Zins und Kosten. Bei den verarrestierten Gegenständen handelt es sich um Kunstwerke von Z.________. 
 
Gegen den an das Betreibungsamt A.________ ausgestellten Arrestbefehl erhob Z.________ mit Eingabe vom 5. September 2001 Einsprache, auf die der Einzelrichter mit Verfügung vom 19. November 2001 nicht eintrat. 
B. 
Gegen diesen Entscheid erhob Z.________ mit Eingabe vom 17. Dezember 2001 Rekurs an das Obergericht des Kantons Zürich und beantragte, auf seine Arresteinsprache sei einzutreten und der Arrestbefehl vom 10. August 2001 unter "Kosten- und Entschädigungspflicht" aufzuheben. Mit Beschluss vom 11. März 2002 schrieb das Obergericht des Kantons Zürich das Rekursverfahren gegen Y.________ zufolge Gegenstandslosigkeit ab. Es setzte die zweitinstanzliche Spruchgebühr auf Fr. 300.-- fest und auferlegte sie Y.________. Zudem verpflichtete es diesen, Z.________ eine Prozessentschädigung von Fr. 600.-- zuzüglich Mehrwertsteuer zu bezahlen. Die Kostenregelung des Einspracheverfahrens blieb bestehen. 
 
Gegen den obergerichtlichen Abschreibungsbeschluss erhob Z.________ kantonale Nichtigkeitsbeschwerde; darin kritisierte er den Umstand, dass das Obergericht die Gerichts- und Parteikosten des Arresteinspracheverfahrens nicht ebenfalls Y.________ auferlegt habe. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde ab (Beschluss vom 18. Dezember 2002). 
C. 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen formeller Rechtsverweigerung, überspitzten Formalismus bzw. Verletzung des rechtlichen Gehörs beantragt Z.________ dem Bundesgericht zur Hauptsache, den kassationsgerichtlichen Beschluss aufzuheben. Y.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Kassationsgericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der angefochtene Beschluss des Kassationsgerichts ist kantonal letztinstanzlich und unterliegt auf Bundesebene einzig der staatsrechtlichen Beschwerde (Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. Aufl. Zürich 1997, N. 2 zu § 291 ZPO/ZH). Durch die ihm auferlegte Kosten- und Entschädigungspflicht im Arresteinspracheverfahren ist der Beschwerdeführer persönlich und unmittelbar in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen (Art. 88 OG; BGE 100 Ia 298 E. 4; 117 Ia 251 E. 1b S. 255). Die staatsrechtliche Beschwerde ist kassatorischer Natur; mit ihr kann grundsätzlich nur die Aufhebung des angefochtenen Entscheids verlangt werden. Soweit der Beschwerdeführer Anweisungen mit Auflagen an das Kassationsgericht verlangt, kann daher auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. 
2. 
Das Kassationsgericht hat angenommen, der Beschwerdeführer habe vor Obergericht die Neuverteilung der erstinstanzlichen Kosten nicht hinlänglich gerügt und begründet und keinen hinreichenden Antrag gestellt. Eine Überprüfung der erstinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsfolgen finde nur im Rahmen der Rekursanträge statt. So verlege das Obergericht etwa bei Gutheissung eines Rekurses u.U. die erstinstanzlichen Kosten neu entsprechend dem geänderten Verfahrensausgang, sofern es einen Entscheid in der Sache fälle. Vorliegend sei das Rechtsschutzinteresse im Hinblick auf die Rekursanträge des Beschwerdeführers - mit welchen Eintreten auf die Arresteinsprache sowie Aufhebung des Arrestbefehls bzw. eventualiter Sicherstellung durch den Beschwerdegegner verlangt worden sei - während des Rekursverfahrens entfallen; dies insbesondere als Folge des rechtskräftigen Nichteintretensentscheids des Bezirksgerichts Zürich auf die Prosequierungsklage des Beschwerdegegners und dem dadurch bedingten Wegfall des Arrests. Das Obergericht habe den Prozess deshalb als gegenstandslos geworden abgeschrieben, ohne materielle Prüfung des angefochtenen Entscheids. Damit finde angesichts des ungenügenden Antrags auch keine Überprüfung der erstinstanzlichen Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen durch das Obergericht statt. Einen Antrag (u.U. als Eventualantrag), wonach die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen unabhängig vom Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst selbstständig zu überprüfen seien, finde sich in der Rekursschrift nicht und werde vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht. Das Obergericht sei demzufolge auch angesichts der Gegenstandslosigkeit des Rekurses in der Hauptsache nicht gehalten gewesen, eine dahingehende Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils vorzunehmen. 
 
Der Beschwerdeführer beanstandet, dass das Obergericht in seinem Abschreibungsbeschluss nur die Rekurskosten und die Parteientschädigung für das Rekursverfahren dem Beschwerdegegner auferlegt, nicht aber gleichzeitig auch die Kosten- und Entschädigungsfolgen des Einspracheverfahrens neu geregelt hat. Er habe stets eine Neuverteilung der Kosten für beide Instanzen verlangt. Das Vorgehen des Obergerichts und in der Folge jenes des Kassationsgerichts sei daher überspitzt formalistisch. 
2.1 Überspitzter Formalismus ist eine besondere Form der Rechtsverweigerung. Er liegt u.a. dann vor, wenn der Richter Prozessvorschriften mit übertriebener Schärfe handhabt oder an Rechtsschriften überspannte Anforderungen stellt. Da jedoch prozessuale Formen für eine ordnungsgemässe und rechtsgleiche Abwicklung des Verfahrens sowie für die Durchsetzung des materiellen Rechts unerlässlich sind, verletzt nicht jede prozessuale Formstrenge Art. 29 BV. Überspitzter Formalismus setzt vielmehr voraus, dass die strikte Anwendung der Formvorschriften durch keine schutzwürdigen Interessen gerechtfertigt ist, zum blossen Selbstzweck wird und die Verwirklichung des materiellen Rechts in unhaltbarer Weise erschwert oder verhindert (BGE 120 II 425 E. 2a mit Hinweisen). Auf staatsrechtliche Beschwerde prüft das Bundesgericht frei, ob das verfassungsmässige Verbot des überspitzten Formalismus verletzt ist (BGE 113 Ia 84 E. 1; 119 Ia 4 E. 2a, je mit Hinweisen). 
2.2 Die Kosten- und Entschädigungsregelung kann selbstständig oder unselbstständig mit der Hauptsache angefochten werden. Der Rechtsweg folgt grundsätzlich der Hauptsache (für die ZPO/ZH: ZR 79/1980 Nr. 140 S. 304 ff.). Der Entscheid des Einzelrichters im summarischen Verfahren betreffend Arresteinsprache unterliegt dem Rekurs an das Obergericht (Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar ZPO/ZH, N. 14, und Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, Ergänzungsband, Zürich 2000, N. 2, je zu § 272 ZPO/ZH), weshalb mit dem in der Hauptsache zulässigen Rekurs auch der Entscheid über die Kosten- und Entschädigungspflicht angefochten werden kann (Frank/Sträuli/ Messmer, Kommentar ZPO/ZH, N. 7 zu § 272 ZPO/ZH; Meyer, Der Rekurs im Zürcher Zivilprozess, Diss. Zürich 1984, S. 71 und Anm. 173 S. 72). 
 
In der Rekursschrift sind die Rekursanträge zu stellen und zu begründen (§ 276 Abs. 2 ZPO/ZH). Die formellen Anforderungen sind naturgemäss gering, wenn die Kosten- und Entschädigungsregelung mit der Hauptsache und damit unselbstständig angefochten wird. Es genügt, Anträge in der Sache zu stellen "unter Kosten- und Entschädigungsfolgen". Denn es gelten die Grundsätze des Gleichlaufs von Hauptsache- und Kostenentscheidung und der einheitlichen Kostenentscheidung im ganzen Verfahren, d.h. die in der Hauptsache unterliegende Partei wird in der Regel auch kosten- und entschädigungspflichtig (§ 64 und § 68 ZPO/ZH); die erstinstanzliche Kosten- und Entschädigungsregelung wird dem Entscheid in der Sache angepasst, wenn die Rekursinstanz die Sachanträge gutheisst und ein neues Sachurteil fällt (Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar ZPO/ZH, N. 23 zu § 64 ZPO/ZH). Die formellen Anforderungen sind hingegen höher, wenn die Kosten- und Entschädigungsregelung selbstständig angefochten wird und einen eigenen Verfahrensgegenstand bildet. Nach der allgemeinen Regel muss ein bestimmter Antrag gestellt werden, welche Änderungen im Dispositiv des angefochtenen Entscheids erfolgen sollen, und der Antrag muss zumindest kurz begründet werden (Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar ZPO/ZH, N. 2 zu § 276 ZPO/ZH; Meyer, a.a.O., S. 128 ff.). 
2.3 Der Beschwerdeführer hat in seinem Rekurs an das Obergericht vom 17. Dezember 2001 unter Ziffer 4 den Antrag gestellt : "Alles unter Kosten- und Entschädigungspflicht zulasten des Rekursgegners". In seiner Begründung hat er dazu unter anderem ausgeführt, es sei möglich, dass das Verfahren gegenstandslos werde. Er könne aber - da die Gegenstandslosigkeit noch nicht eingetreten sei - zum jetzigen Zeitpunkt dazu noch keinen formellen Antrag stellen; es sei aber noch darauf hinzuweisen, dass in einem solchen Fall die Kosten- und Entschädigungsfolgen "voll zulasten des Rekursgegners gehen müssten, da dieser den Arrest zu Unrecht beantragt hat". Diese Aussage ist in den Kontext der Arrestprosequierungsklage des Beschwerdegegners zu stellen, auf welche das Bezirksgericht - wie im angefochtenen Beschluss erwähnt - schliesslich nicht eingetreten ist. Nach der erkennbaren Meinung des Beschwerdeführers waren demnach bei Gegenstandslosigkeit des Rekursverfahrens auch die Kosten des Einspracheverfahrens dem Beschwerdegegner aufzuerlegen, weil dieser - so die Ansicht des Beschwerdeführers - ein unnötiges Arrestverfahren verursacht hat. Damit aber kann nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer habe bezüglich der Verteilung der Kosten des (erstinstanzlichen) Einspracheverfahrens im Falle der Gegenstandslosigkeit des Rekursverfahrens überhaupt keinen begründeten Antrag gestellt. Die gegenteilige Auffassung des Kassationsgerichts erweist sich mithin als überspitzt formalistisch, weshalb die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Beschluss aufzuheben ist. 
3. 
Angesichts des Verfahrensausgangs wird der Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten werden kann, und der Beschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 18. Dezember 2002 wird aufgehoben. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdegegner auferlegt. 
3. 
Der Beschwerdegegner hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu entrichten. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 30. Juni 2003 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: