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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1B_208/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 30. Juni 2014  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Karlen, 
Gerichtsschreiber Stohner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Christian Kummerer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4001 Basel.  
 
Gegenstand 
Haftentlassung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung vom 21. Mai 2014 des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Appellationsgerichtspräsidentin. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ wurde mit Urteil vom 28. Mai 2013 des Strafgerichts des Kantons Basel-Stadt des Angriffs und der versuchten schweren Körperverletzung schuldig erklärt und zu 2¾ Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Dieses Urteil focht der Verurteilte mit Berufung beim Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt an. Mit Urteil vom 29. April 2014 sprach dieses A.________ von der Anklage der versuchten schweren Körperverletzung frei, befand ihn hingegen des Angriffs für schuldig und verurteilte ihn zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von 2 Jahren, unter Einrechnung der Haft und des vorläufigen Vollzugs seit dem 31. Oktober 2012. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, sowohl A.________ als auch die Staatsanwaltschaft können dagegen (nach Zustellung der vollständigen Ausfertigung der Urteilsbegründung) mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht gelangen. 
 
B.   
Am 7. Mai 2014 stellte A.________ ein Gesuch um Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug. Mit Verfügung vom 21. Mai 2014 wies die Präsidentin des Appellationsgerichts das Gesuch ab. 
 
 Mit Eingabe vom 10. Juni 2014 führt A.________ Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht mit dem Antrag, er sei in Aufhebung des angefochtenen Entscheids der Präsidentin des Appellationsgerichts vom 21. Mai 2014 unverzüglich aus dem vorzeitigen Strafvollzug zu entlassen. 
 
 Die Präsidentin des Appellationsgerichts und die Staatsanwaltschaft beantragen die Beschwerdeabweisung. A.________ hält in einer weiteren Eingabe an seinem Standpunkt fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid ist gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG die Beschwerde in Strafsachen gegeben. Ein kantonales Rechtsmittel steht nicht zur Verfügung. Die Beschwerde ist nach Art. 233 StPO i.V.m. Art. 380 StPO und Art. 80 BGG zulässig. Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG zur Beschwerde befugt. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.  
 
1.2. Die Vorinstanz hat sich im angefochtenen Entscheid mit den entscheiderheblichen Rügen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und dessen Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV nicht verletzt (vgl. auch nachfolgend E. 2.3). Ebenso wenig ist entgegen dem nicht hinreichend substanziierten Vorbringen des Beschwerdeführers eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung oder Beweiswürdigung ersichtlich.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer stellt den dringenden Tatverdacht und den besonderen Haftgrund der Fortsetzungsgefahr nicht substanziiert in Abrede. Er macht hingegen unter Berufung auf Art. 86 Abs. 1 StGB geltend, die Dauer der Haft sei nicht mehr verhältnismässig.  
 
2.2. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der Haftdauer ist namentlich der Schwere der untersuchten Straftaten Rechnung zu tragen. Das Gericht darf die Haft nur so lange erstrecken, als sie nicht in grosse zeitliche Nähe der im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung konkret zu erwartenden Dauer der freiheitsentziehenden Sanktion rückt (vgl. Art. 212 Abs. 3 StPO). Die Möglichkeit der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug gemäss Art. 86 StGB ist bei der Berechnung der mutmasslichen Dauer der Freiheitsstrafe grundsätzlich ausser Acht zu lassen, es sei denn, die konkreten Umstände des Falls würden eine Berücksichtigung ausnahmsweise gebieten. Ein Ausnahmefall kann insbesondere dann vorliegen, wenn die Voraussetzungen von Art. 86 Abs. 1 StGB aufgrund der konkreten Umstände aller Wahrscheinlichkeit nach erfüllt sein werden (Urteil 1B_23/2014 vom 31. Januar 2014 E. 2.2 mit Hinweisen).  
 
2.3. Die Vorinstanz hat zusammenfassend erwogen, der Beschwerdeführer weise mehrere, teilweise einschlägige Vorstrafen auf. So sei er am 30. Dezember 2005 unter anderem wegen einfacher Körperverletzung und mehrfacher Nötigung, am 22. März 2011 unter anderem wegen Angriffs und Raufhandels und am 29. April 2011 wegen einfacher Körperverletzung und Raufhandels verurteilt worden; hinzu komme eine Verurteilung vom 29. Oktober 2012 wegen Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz, unter anderem wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand (qualifizierte Blutalkoholkonzentration). lm Rahmen dieser Strafverfahren habe der Beschwerdeführer sich auch während 2 bzw. 7 Tagen in Untersuchungshaft befunden, was ihn nicht davon abgehalten habe, sich im Oktober 2012 erneut an einer gewalttätigen Auseinandersetzung zu beteiligen. Er offenbare damit eine erhebliche und fortschreitende Delinquenz und eine augenfällige Gewaltbereitschaft. Bei einem allfäIligen Rückfall seien hochwertige Rechtsgüter wie Leib und Leben gefährdet. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer weder Reue noch Einsicht zeige.  
 
 Das Verhalten des Beschwerdeführers im Strafvollzug verstärke die Bedenken weiter. Der Führungsbericht der Strafanstalt Bostadel vom 21. März 2014 und insbesondere der Kurzbericht vom 12. Februar 2014 seien in Bezug auf das Arbeitsverhalten (häufige Absenzen, Arbeitsverweigerung) und betreffend das Verhalten gegenüber Personal und Mitgefangenen (fordernd, ungebührlich, arrogant anmutend, provozierend) ausgesprochen und ungewöhnlich negativ ausgefallen. Der Beschwerdeführer habe mittlerweile wegen seines unbedarften Verhaltens zu seinem eigenen Schutz, d.h. aus psychiatrischen Gründen, aus der Strafanstalt Bostadel in die Strafanstalt Zug verlegt werden müssen. 
 
 Dass der Beschwerdeführer nach seiner Entlassung bei seiner Freundin oder bei seinen Eltern wohnen und im Coiffeursalon der Freundin arbeiten könne, vermöge an diesen Bedenken nichts zu ändern. Der Beschwerdeführer habe bereits vor seiner Inhaftierung bei seinen Eltern respektive bei der Freundin gelebt und in deren Geschäft gearbeitet, ohne dass ihn dies davon abgehalten hätte, straffällig zu werden. 
 
2.4. Die Würdigung der Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht. Insbesondere angesichts der mehreren, zum Teil einschlägigen Vorstrafen des Beschwerdeführers und seinem Verhalten im Strafvollzug kann nicht gesagt werden, eine bedingte Entlassung erscheine als in hohem Masse wahrscheinlich. Die Möglichkeit einer bedingten Entlassung hat daher bei der Beurteilung des Gesuchs um Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug ausser Acht zu bleiben. Da der Beschwerdeführer die von der Vorinstanz ausgefällte Freiheitsstrafe von 2 Jahren, sollte diese rechtskräftig werden, erst Ende Oktober 2014 verbüsst haben wird, droht zum jetzigen Zeitpunkt keine Überhaft. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde kann mithin auch nicht gesagt werden, "dass der in der Berufung erzielte Teilerfolg des Beschwerdeführers bei einer weiteren Inhaftierung de facto obsolet wird".  
 
3.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
 Die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers kann angenommen werden. Da der vorzeitige Strafvollzug einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit darstellt, konnte er sich zur Beschwerde veranlasst sehen. Die unentgeltliche Rechtspflege gemäss Art. 64 BGG kann deshalb bewilligt werden. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben, und es ist dem Vertreter des Beschwerdeführers eine Entschädigung auszurichten. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
2.2. Advokat Christian Kummerer wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'500.-- entschädigt.  
 
3.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Appellationsgerichtspräsidentin, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. Juni 2014 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner