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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_803/2013  
{  
T 0/2  
}  
   
   
 
 
 
Urteil vom 30. Juli 2014  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin, 
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichter Maillard, 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokat Nicolai Fullin, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau,  
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Hilfsmittel), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau 
vom 24. September 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
A. 
Der 1965 geborene A.________, verheiratet und Vater von drei Kindern (geb. 1996, 1997 und 2002), erlitt am 31. Januar 2012 eine Hirnblutung. Aufgrund der daraus resultierenden Hemiparese links ist er seither 100% arbeitsunfähig und auf einen Rollstuhl angewiesen. A.________ meldete sich am 22. Mai 2012 bei der Invalidenversicherung zum Bezug von Hilfsmitteln (Rollstuhl, Wohnungsanpassungen, ev. Hilfsmittel im Haus) an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau liess eine fachtechnische Beurteilung durch die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft Hilfsmittelberatung für Behinderte und Betagte (SAHB) durchführen und sprach A.________ mit Mitteilungen vom 6. Juli 2012 Kostengutsprache für ein Elektrobett und einen Duschstuhl zu. Am 12. Juli 2012 stellte der Versicherte ein Gesuch für den behinderungsgerechten Umbau des Einfamilienhauses wobei die Schweizerische Paraplegiker-Vereinigung die Kosten für diverse behinderungsbedingte Anpassungen mit Fr. 119'027.15 veranschlagte. Nach Rücksprache mit der SAHB und durchgeführtem Vorbescheidverfahren sprach die IV-Stelle A.________ mit Verfügung vom 10. Dezember 2012 Kostengutsprache für invaliditätsbedingte bauliche Änderungen in der Höhe von Fr. 58'889.- zu. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 24. September 2013 ab. 
C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die IV-Stelle sei zu verpflichten, für die Kosten der baulichen Massnahmen aufzukommen, die es ihm ermöglichten, in den ersten Stock seines Hauses zu gelangen, abzüglich der von der IV-Stelle bereits erbrachten Leistungen. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
Am 6. Februar 2014 lässt der Versicherte mitteilen, er habe im Rahmen seiner Austauschbefugnis nicht die von der IV-Stelle vorgeschlagenen Umbauarbeiten vorgenommen, sondern statt des Umbaus im Erdgeschoss den Schlafbereich in den ersten Stock verlegt. Aus der Gegenüberstellung der Kostengutsprache in der Höhe von Fr. 58'889.- und der effektiv angefallenen Kosten von Fr. 84'785.15 ergebe sich ein Mehraufwand von Fr. 25'896.15, welcher nicht unverhältnismässig sei. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Strengere Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist. Die Beschwerde führende Person muss klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darlegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den kantonalen Entscheid verletzt worden sind (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).  
 
2.   
Im angefochtenen Entscheid werden die Rechtsgrundlagen für die Zusprechung von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung zutreffend dargelegt. Dies gilt insbesondere für die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf Hilfsmittel der Invalidenversicherung (Art. 21 IVG) und die Kompetenz zum Erlass einer Hilfsmittelliste durch den Bundesrat und das Eidgenössische Departement des Innern (Art. 21 IVG in Verbindung mit Art. 14 IVV und Art. 2 der Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung [HVI]; vgl. BGE 131 V 9 E. 3.4.2 f. S. 14). Ebenfalls richtig ist der Verweis auf den im Sozialversicherungsrecht geltenden Grundsatz der Schadenminderungspflicht (BGE 113 V 22 E. 4a S. 28 mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung) sowie der Hinweis, dass die Hilfsmittelversorgung den allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen gemäss Art. 8 IVG (Geeignetheit, Erforderlichkeit, Eingliederungswirksamkeit; vgl. BGE 133 V 257 E. 3.2 S. 258 mit Hinweis) unterliegt. Die Invalidenversicherung ist, auch im Bereich der Hilfsmittel, keine umfassende Versicherung, welche sämtliche durch die Invalidität verursachten Kosten abdecken will; das Gesetz will die Eingliederung lediglich soweit sicherstellen, als diese im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist und zudem der voraussichtliche Erfolg der Eingliederungsmassnahme in einem vernünftigen Verhältnis zu ihren Kosten steht (Art. 8 Abs. 1 IVG; BGE 134 I 105 mit Hinweisen auf BGE 131 V 9 E. 3.6 S. 19; 130 V 163 E. 4.3.3 S. 173, 121 V 258 E. 2c; ZAK 1986 S. 336 E. 2d [I 480/84]). Es besteht nur Anspruch auf Hilfsmittel in einfacher, zweckmässiger und wirtschaftlicher Ausführung. Durch eine andere Ausführung bedingte zusätzliche Kosten hat der Versicherte selber zu tragen (Art. 2 Abs. 4 HVI). Auch im Wohnbereich werden nicht alle behinderungsbedingten Mehrkosten entschädigt, sondern nur bestimmte, abschliessend aufgezählte Massnahmen (BGE 131 V 9 E. 3.4.2 S. 14, 121 V 258 E. 2b S. 260, 104 V 88 E. 3d), was grundsätzlich gesetz- und verfassungsmässig ist (BGE 134 I 105). 
 
3.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie bezüglich der beantragten baulichen Massnahmen feststellte, der Versicherte habe keinen über die verfügungsmässig zugesprochene Kostenübernahme in der Höhe von Fr. 58'889.- hinausgehenden Anspruch. Es geht dabei namentlich um die Kosten der baulichen Massnahmen, die notwendig wären, damit der Beschwerdeführer sein bisheriges Schlafzimmer im ersten Stock des Einfamilienhauses nutzen könnte, sowie um die Kosten des Umbaus des Eingangsbereichs. 
 
3.1. Im angefochtenen Entscheid kam das kantonale Gericht zum Schluss, die von der IV-Stelle verfügte Kostengutsprache decke in Anbetracht der Schadenminderungspflicht des Versicherten dessen Anspruch auf angemessene und notwendige Massnahmen. Der von der IV-Stelle übernommene Umbau des Gartensitzplatzes ermögliche einen Zugang zum Haus, was vom Versicherten nicht grundsätzlich bestritten werde, weshalb kein Anspruch auf die vom Beschwerdeführer gewünschte, viel teurere Variante der Umgestaltung des Haupteinganges bestehe. Was das Schlafzimmer des Versicherten anbelange, beinhalte die Kostengutsprache der IV-Stelle den Umbau (Vergrösserung) des Büros im Erdgeschoss in ein für den Beschwerdeführer nutzbares Schlafzimmer sowie die Anpassung des Nassraumes im Erdgeschoss. Eine weitere Benutzung des Schlafzimmers im ersten Obergeschoss würde wesentlich höhere Kosten verursachen, da es hiefür der Installation eines Plattform-Treppenliftes oder eines Treppensteiggerätes bedürfte. Die aus der Vergrösserung des Büros und der daraus resultierenden Verkleinerung des Wohn-/Essraumes resultierenden etwas beengteren Verhältnisse seien aufgrund der Schadenminderungspflicht hinzunehmen.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht, da den finanziellen Interessen der Beschwerdegegnerin höhere Priorität eingeräumt werde als den Grundrechten des Beschwerdeführers (Recht auf Ehe und Familie gemäss Art. 14 BV und Achtung des Familienlebens gemäss Art. 8 EMRK). Die Verweigerung der Kostengutsprache für Umbauarbeiten, die es dem Versicherten ermöglichen würden, auch den ersten Stock seines Hauses zu benützen, bedeute faktisch, dass die Ehegatten in getrennten Zimmern schlafen müssten. Zudem würde der Wohnraum im Erdgeschoss durch die Vergrösserung des Büros erheblich kleiner und biete nicht mehr genügend Platz für das Familienleben. Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt offensichtlich unrichtig bzw. unvollständig festgestellt, da sie im angefochtenen Entscheid festgehalten habe, die Kosten für die Benutzungsmöglichkeit des ersten Stockes beliefen sich auf Fr. 70'167.35, wohingegen dem kantonalen Gericht im Rahmen des Verfahrens offen gelegt worden sei, dass die entsprechenden Umbauarbeiten ausgeführt worden und erheblich tiefer zu stehen gekommen seien.  
 
4.  
 
4.1. Was zunächst die Rüge der offensichtlich unrichtigen bzw. unvollständigen Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz anbelangt, übersieht der Beschwerdeführer, dass das kantonale Gericht in E. 2.1 des angefochtenen Entscheids unter Verweis auf die Eingabe des Versicherten vom 26. Februar 2013 festgehalten hat, dass die Umbaukosten Fr. 86'395.35 betragen hätten und damit tiefer als ursprünglich vorgesehen ausgefallen seien. In der Erwähnung des gemäss Kostenvoranschlag der Schweizerischen Paraplegiker-Vereinigung höheren Betrages von Fr. 70'167.35 (E. 2.3) liegt keine unrichtige Sachverhaltsfeststellung; sie war für den Entscheid denn auch nicht relevant.  
 
4.2. Bezüglich Kostengutsprache für bauliche Massnahmen betreffend Zugang zum Haus hat das kantonale Gericht überzeugend dargelegt, dass die Variante via Gartensitzplatz dem Anspruch auf angemessene und notwendige Massnahmen genügt. Dem Einwand des Versicherten bezüglich Unbenutzbarkeit bei schlechtem Wetter hat die Vorinstanz entgegengehalten, es sei bei einem rollstuhlgängig angepassten Zugang davon auszugehen, dass ein rutschfester Belag verwendet werde, wobei bei Eisglätte die üblichen Vorsichtsmassnahmen zu treffen seien. Da sich der Beschwerdeführer mit den vorinstanzlichen Erwägungen nicht näher auseinandersetzt und insbesondere keine substanziellen Gründe gegen die Betrachtungsweise des kantonalen Gerichts vorzubringen vermag, hat es dabei sein Bewenden.  
 
4.3. Der Beschwerdeführer macht schliesslich eine Verletzung des Rechts auf Ehe und Familie gemäss Art. 14 BV und der Achtung des Familienlebens gemäss Art. 8 EMRK geltend.  
 
4.3.1. Die Grundrechte richten sich in erster Linie als Abwehrrechte gegen den Staat und geben nur ausnahmsweise und punktuell verfassungsunmittelbare Leistungsansprüche. Namentlich liegt keine Verletzung von Grundrechten darin, dass die Sozialversicherung nicht alle durch die Behinderung verursachten Kosten übernimmt. Auch aus dem Grundrecht auf Achtung des Familienlebens kann grundsätzlich kein direkter Anspruch auf positive staatliche Leistungen abgeleitet werden, welche die Ausübung des Familienlebens ermöglichen. Bei der Auslegung sozialversicherungsrechtlicher Leistungsnormen sowie bei der Ermessenshandhabung ist jedoch den Grundrechten und verfassungsmässigen Grundsätzen Rechnung zu tragen, soweit dies im Rahmen von Art. 190 BV, wonach Bundesgesetze und Völkerrecht für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend sind, möglich ist. Es ist alsdann abzuwägen zwischen den grundrechtlich geschützten Positionen des Versicherten und dem Anliegen der Einfachheit und Zweckmässigkeit; auch unter grundrechtlichem Aspekt besteht kein Anspruch auf eine bestmögliche Eingliederung (BGE 134 I 105 E. 6 S. 109 f. mit Hinweisen; SVR 2009 IV Nr. 49 S. 149 E. 3.4.2.1 S. 151 [8C_315/2008]).  
 
4.3.2. Das kantonale Gericht hat die Kostengutsprache der IV-Stelle für bauliche Massnahmen im Erdgeschoss, nicht aber zur Nutzung des ersten Obergeschosses, bestätigt. Es hat eingeräumt, dass die räumlichen Verhältnisse im Wohn-/Essbereich durch die Vergrösserung des Büros in einen Schlafraum etwas beengter würden, jedoch dargelegt, dass nach wie vor ein Zusammenleben des Versicherten mit seiner Ehefrau wie auch ein gemeinsames Familienleben möglich seien. Die grösstenteils bereits im vorinstanzlichen Verfahren erhobenen Einwendungen vermögen daran nichts zu ändern. Der Beschwerdeführer ist mit den baulichen Massnahmen im Erdgeschoss in der Lage, dieses Stockwerk gemeinsam mit seiner Ehefrau und den Kindern zu benutzen. Die versicherte Person und ihre Angehörigen sind gehalten, sich im Rahmen des Zumutbaren in einer Weise einzurichten, welche den grundrechtlich geschützten persönlichen Kontakt gewährleistet, ohne dass zusätzliche Versicherungsleistungen beansprucht werden müssen. Dieser Zweck kann mit einer geeigneten Nutzung des Erdgeschosses erreicht werden, zumal die Fläche des Wohn-/Essbereichs auch nach einer Vergrösserung des Büros auf mindestens 10m2 noch über 25m2 betragen würde. Inwiefern in diesem Wohnraum ein Familienleben faktisch unmöglich und im vergrösserten Schlafraum ein gemeinsames Übernachten mit der Ehefrau nicht möglich sein soll, wird in der Beschwerde nicht substanziert vorgebracht. Ein Anspruch auf weitergehende bauliche Massnahmen ist mithin zu Recht verneint worden.  
 
4.4. Zusammenfassend hält der angefochtene Entscheid vor Bundesrecht stand, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.  
 
5.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei aufzuerlegen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 30. Juli 2014 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Leuzinger 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch