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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 283/03 
 
Urteil vom 30. August 2004 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber Nussbaumer 
 
Parteien 
Regionales Arbeitsvermittlungszentrum St. Gallen, Unterstrasse 4, 9000 St. Gallen, Beschwerdeführer, vertreten durch das Amt für Arbeit, Unterstrasse 22, 9001 St. Gallen, 
 
gegen 
 
L.________, 1954, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Arthur Andermatt, Teufener Strasse 8, 9000 St. Gallen 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen 
 
(Entscheid vom 5. November 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
L.________ bezog ab 31. Januar 2000 Taggelder der Arbeitslosenversicherung. Mit Verfügung vom 24. Oktober 2000 wurden ihr besondere Taggelder zur Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit als Übersetzerin zugesprochen. Ab 23. Dezember 2000 war sie als selbstständigerwerbende Übersetzerin tätig. Am 3. September 2002 meldete sie sich erneut zum Leistungsbezug ab 21. August 2002 bei der Arbeitslosenversicherung an. Für August und September 2002 bescheinigte sie die Erzielung eines Zwischenverdienstes aus selbstständiger Tätigkeit von Fr. 10.- und Fr. 165.-. Mit Verfügung vom 11. November 2002 verneinte das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum St. Gallen (RAV) einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, da die Versicherte weiterhin selbstständig tätig und daher nicht vermittlungsfähig sei. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 5. November 2003 gut und wies die Sache in Aufhebung der Verwaltungsverfügung zur Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen an das RAV zurück. 
C. 
Das Amt für Arbeit des Kantons St. Gallen führt für das RAV Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Vermittlungsfähigkeit der Versicherten ab Antragstellung bis Ende Oktober 2002 (rektifiziert durch Schreiben vom 11. März 2004) zu verneinen. 
 
L.________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, soweit darauf eingetreten werden könne. Das kantonale Gericht und das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Auf Grund des Antrages in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, rektifiziert mit Schreiben vom 11. März 2004, ist streitig, ob die Beschwerdegegnerin vom Zeitpunkt der erneuten Anmeldung am 21. August 2002 bis Ende Oktober 2002 Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hat. Dabei ist zu prüfen, ob sie in diesem Zeitraum ihre mit besonderen Taggeldern der Arbeitslosenversicherung geförderte Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit als Übersetzerin definitiv aufgegeben hat. 
2. 
Mit den in den Art. 71a - 71d AVIG geregelten Leistungen wird der Statuswechsel vom Unselbstständigerwerbenden zum Selbstständigerwerbenden gefördert. Dem Zweck des Instruments entsprechend kann nur die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gefördert werden, welche die Arbeitslosigkeit des Gesuchstellers voraussichtlich ganz beendet (vgl. ARV 2001 Nr. 9 S. 90 Erw. 1b, 2000 Nr. 37 S. 200 Erw. 3c). Nimmt der Versicherte nach Bezug des letzten besonderen Taggeldes eine selbstständige Erwerbstätigkeit auf oder hat er sie zu diesem Zeitpunkt bereits aufgenommen, ist seine Arbeitslosigkeit beendet und er erhält keine weiteren Leistungen der Arbeitslosenversicherung (ARV 2001 Nr. 9 S. 90 Erw. 1d, 2000 Nr. 37 S. 201 Erw. 3c; SVR 1999 ALV Nr. 23 S. 56 Erw. 2a). Dem Umstand eines möglichen späteren Scheiterns des Unterfangens trägt der Gesetzgeber dadurch Rechnung, dass mit Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit die Rahmenfrist zum Leistungsbezug von zwei auf vier Jahre verlängert wird (Art. 71d Abs. 2 AVIG und Art. 95e Abs. 2 AVIV, jeweils in der bis 30. Juni 2003 gültig gewesenen und hier anwendbaren Fassung; ARV 2000 Nr. 37 S. 201 Erw. 3c; vgl. auch ARV 2001 Nr. 9 S. 90 Erw. 1d). Ob ein Anspruch auf allfällige weitere Leistungen besteht, hängt zunächst jedoch davon ab, ob diese selbstständige Erwerbstätigkeit aufgegeben oder gar nicht aufgenommen wird (ARV 2000 Nr. 37 S. 201 Erw. 3c). 
3. 
3.1 Im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung vom 3. September 2002 erhob die Beschwerdegegnerin Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 21. August 2002 und begründete ihr Begehren damit, auf Grund der schlechten Konjunktur/Auftragsstand könne sie die Selbstständigkeit nicht weiterführen. Gemäss einer Bestätigung der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Ausgleichskasse, im Schreiben vom 4. Oktober 2002, war die Beschwerdegegnerin vom 1. Januar 2001 bis 31. August 2002 als Selbstständigerwerbende im Nebenerwerb erfasst. Für den Monat August und September 2002 gab sie Einkommen als Übersetzerin mit Fr. 10.- und Fr. 165.- an. 
3.2 Das kantonale Gericht ging gestützt auf die Angaben der Beschwerdegegnerin im Antragsformular und auf Grund der entsprechenden Arbeitsbemühungen als Arbeitnehmerin im Juni und Juli 2002 davon aus, dass die Bereitschaft der Beschwerdegegnerin, die selbstständige Tätigkeit als Übersetzerin zugunsten einer Arbeitnehmertätigkeit aufzugeben, nicht in Abrede gestellt werden könne. Der Wille zur Fortführung der selbstständigen Tätigkeit habe nicht mehr vorgelegen. Daran vermöge auch die Tatsache, dass sie in den Monaten August und September 2002 Einkommen als Übersetzerin erzielt habe, nichts zu ändern, zumal sie damit auch zur Schadenminderung beitrug und die Verdienste mit Fr. 10.- und Fr. 165.- offensichtlich weit unter der Zumutbarkeitsgrenze von Art. 16 Abs. 2 lit. i AVIG lagen. Ebenfalls sei die Bereitschaft der Beschwerdegegnerin erstellt, sich bei der Sozialversicherungsanstalt als Selbstständigerwerbende abzumelden. Der Umstand, dass sie nach Antragstellung trotzdem angemeldet blieb resp. sich - offenbar auf Anraten der Arbeitslosenkasse - nach einer Abmeldung wieder an- und in der Folge wieder abmeldete, sei als formelle Gegebenheit für sich allein nicht geeignet, die Vermittlungsfähigkeit ab 21. August 2002 in Frage zu stellen. Vielmehr sei unter Würdigung der gesamten Umstände davon auszugehen, dass die von der Arbeitslosenversicherung mit besonderen Taggeldern in der Planungsphase (Oktober bis Dezember 2000) geförderte selbstständige Tätigkeit im Zeitpunkt der Antragstellung am 21. August 2002 definitiv aufgegeben worden sei. Der geringfügige Verdienst aus den Übersetzungsstunden im August 2002 (Fr. 10.-) und September 2002 (Fr. 165.-) könne jedenfalls nicht als Indiz für eine Fortführung dieser selbstständigen Erwerbstätigkeit gewertet werden. 
3.3 Der Betrachtungsweise des kantonalen Gerichts ist beizupflichten. Auf Grund der Akten ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Beschwerdegegnerin im Zeitpunkt der Anmeldung ihre selbstständige Erwerbstätigkeit zugunsten einer Beschäftigung als Arbeitnehmerin aufgegeben hatte und nur auf Grund der Auskünfte der Organe der Arbeitslosenversicherung es wiederum zu einer kurzfristigen Anmeldung bei der Sozialversicherungsanstalt kam. Daran ändert nichts, dass sie in der Bescheinigung vom 29. September 2002 unter Ziff. 15 "letzter geleisteter Arbeitstag" angab, je nach Auftragserhalt werde immer noch gearbeitet. Auf Grund der vorliegenden Umstände kann der Beschwerdegegnerin nicht zum Nachteil gereichen, dass sie gewisse Übersetzungsarbeiten in Nachachtung der Schadenminderungspflicht nach der Anmeldung zum Leistungsbezug weiterhin ausgeführt und als Zwischenverdienst angegeben hat. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum St. Gallen hat der Beschwerdegegnerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, der Kantonalen Arbeitslosenkasse St. Gallen und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 30. August 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: 
 
i.V.