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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 7} 
U 81/07 
U 83/07 
 
Urteil vom 30. August 2007 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichter Schön, Frésard, 
Gerichtsschreiber Flückiger. 
 
Parteien 
U 81/07 
1. M.________, 
2. B.________, 
3. H.________, 
Beschwerdeführer, 
alle vertreten durch Rechtsanwalt David Husmann, c/o Sidler & Partner, Untermüli 6, 6300 Zug, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
U 83/07 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
1. M.________, 
2. B.________, 
3. H.________, 
Beschwerdegegner, 
alle vertreten durch Rechtsanwalt David Husmann, c/o Sidler & Partner, Untermüli 6, 6300 Zug. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 20. Oktober 2006. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1942 geborene F.________ wurde am 12. Mai 2000 durch die Arbeitgeberin Firma X.________ AG bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zum Leistungsbezug angemeldet. Die anschliessenden Abklärungen ergaben, dass der Versicherte während einer früheren beruflichen Tätigkeit mit Asbest in Kontakt gekommen war und nunmehr an einem Pleuramesotheliom links litt. Am 7. November 2000 verstarb F.________. 
 
Die SUVA anerkannte ihre grundsätzliche Leistungspflicht für das Pleuramesotheliom als Berufskrankheit und richtete für die Zeit ab 7. Februar 2000 Taggelder bei einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % aus. Zudem sprach sie der Witwe M.________ mit Verfügung vom 21. Februar 2001 eine Witwenrente zu. Auf ein am 16. Dezember 2002 gestelltes Gesuch um Ausrichtung einer Integritätsentschädigung trat die Anstalt zunächst unter Hinweis auf ein anderes Verfahren, dessen Ausgang abgewartet werden müsse, nicht ein (Schreiben vom 17. Januar 2003). 
 
Am 29. August 2005 ersuchten die Erben des F.________ erneut um Zusprechung einer Integritätsentschädigung. Mit Verfügung vom 7. September 2005 lehnte die SUVA das Begehren ab. Daran hielt die Anstalt mit Einspracheentscheid vom 13. Februar 2006 fest. 
 
B. 
In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde hob das Kantonsgericht Basel-Landschaft den Einspracheentscheid auf und sprach den Beschwerdeführern eine Integritätsentschädigung von Fr. 42'720.- nebst Zins zu 5 % seit 1. Januar 2003 zu (Entscheid vom 20. Oktober 2006). 
 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lassen die Erben des F.________ das Rechtsbegehren stellen, es sei eine Integritätsentschädigung von 100 % nebst Zins zu 5 % seit 1. Januar 2003 auszurichten. 
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
D. 
Die SUVA führt ihrerseits Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Entscheid sei aufzuheben. 
 
Die Erben des F.________ beantragen die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach dem Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). 
 
2. 
Weil den beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden derselbe Sachverhalt zugrunde liegt und die Rechtsmittel den nämlichen kantonalen Entscheid betreffen, rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (BGE 128 V 124 E. 1 S. 126 mit Hinweisen). 
 
3. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den strittigen Anspruch auf eine Integritätsentschädigung der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 24 UVG; Art. 36 UVV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Richtig sind auch die vorinstanzlichen Erwägungen zur Integritätsentschädigung bei schwerer, unheilbarer Berufskrankheit mit infauster Prognose (RKUV 2006 Nr. U 575 S. 102 E. 3.1 S. 107 [U 257/04], 2004 Nr. U 508 S. 262 E. 5.3 S. 267 ff. [U 105/03]). Diesbezüglich bleibt zu ergänzen, dass das Bundesgericht inzwischen eine Präzisierung der Rechtsprechung vorgenommen hat. Danach bewirkt eine Berufskrankheit mit erheblicher Beeinträchtigung der Lebenserwartung des Versicherten dann keinen dauernden Integritätsschaden, wenn zwischen dem Zeitpunkt, in dem die Behandlung keine Verbesserung des Zustandes mehr verspricht, und demjenigen des Todes weniger als zwölf Monate liegen (BGE 133 V 224 E. 5.4 S. 231 f.). 
 
4. 
4.1 Anlässlich der Besprechung mit dem SUVA-Inspektor vom 14. Juni 2000 erklärte der Versicherte - übereinstimmend mit dem Bericht des Kantonsspitals Y.________ vom 8. März 2000 -, er habe Anfang 2000 bei Anstrengungen, insbesondere der Bewältigung von Steigungen mit dem Fahrrad auf dem Arbeitsweg, zunehmend Atemnot festgestellt. Nach einer Verschlimmerung dieser Symptomatik habe er am 7. Februar 2000 Dr. med. U.________, Allgemeinmedizin FMH, aufgesucht. Dieser erstellte gleichentags Röntgenbilder und überwies den Patienten an den Spezialarzt Dr. med. T.________, Innere Medizin FMH, speziell Lungenkrankheiten. Nach weiteren Untersuchungen hielt sich der Versicherte vom 22. Februar bis 4. März 2000 stationär im Kantonsspital Y.________ auf. Am 2. März 2000 wurde die Diagnose eines malignen Mesothelioms definitiv bestätigt. Nach der Entlassung aus dem Spital stand der Patient bei der Klinik Z.________ in ambulanter Behandlung (Iscador-Infusionen). Dr. med. T.________ berichtete am 14. Juni 2000, der Patient befinde sich in erstaunlich gutem Allgemeinzustand und fühle sich subjektiv nahezu beschwerdefrei. In der Folge kam es jedoch zu einer Progression (Berichte Klinik Z.________ vom 4. August 2000 und Institut Dr. G.________ vom 11. August 2000). Im Rahmen eines stationären Aufenthalts im Kantonsspital Y.________ vom 12. bis 21. Oktober 2000 wurde ein Chemotherapiezyklus durchgeführt. Am 7. November 2000 verstarb der Versicherte. 
 
4.2 Nach dem Gesagten suchte der Versicherte am 7. Februar 2000 einen Arzt auf, weil er seit etwa einem Monat Atemnot bei Anstrengungen feststellte und sich diese verschlimmert hatte. Unter diesen Umständen kann entgegen den Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 29. März 2007 nicht davon ausgegangen werden, die Krankheit sei bereits Anfang November 1999 ausgebrochen. Die der Vorinstanz eingereichte Bestätigung der Beschwerdeführerin M.________ lässt sich in diesem Punkt nicht mit den Aussagen vereinbaren, welche der Versicherte selbst sowohl gegenüber der SUVA als auch gegenüber den behandelnden Ärzten gemacht hat. Weil nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dargetan ist, dass die Krankheit mehr als ein Jahr vor dem 7. November 2000 ausbrach, kann die nach der neueren Rechtsprechung (E. 3 am Ende) erforderliche einjährige Lebensdauer ab demjenigen Zeitpunkt, in welchem die medizinische Behandlung keine Besserung mehr verspricht, von vornherein nicht als erfüllt gelten. Deshalb ist kein Anspruch auf Integritätsentschädigung entstanden. Damit erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung mit den Ausführungen beider Parteien zum Begriff der palliativen Behandlung und dessen Bedeutung bei Pleuramesotheliomen. 
 
5. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 Satz 1 OG in der vom 1. Juli bis 31. Dezember 2006 gültig gewesenen Fassung). Anspruch auf eine Parteientschädigung haben weder die Erben des Versicherten als unterliegende Partei noch die SUVA als mit öffentlichrechtlichen Aufgaben betraute Organisation (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verfahren U 81/07 und U 83/07 werden vereinigt. 
 
2. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Erben des F.________ wird abgewiesen. 
 
3. 
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde der SUVA wird der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 20. Oktober 2006 aufgehoben. 
 
4. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 30. August 2007 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: