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[AZA 7] 
I 279/01 Vr 
 
IV. Kammer 
 
Präsident Borella, Bundesrichter Rüedi und Bundesrichterin 
Leuzinger; Gerichtsschreiber Hochuli 
 
Urteil vom 30. November 2001 
 
in Sachen 
K.________, 1948, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, Beschwerdegegnerin, 
und 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern 
 
A.- Die IV-Stelle Luzern hatte mit in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 8. Februar 1996 bereits ein erstes Gesuch um Übernahme der Kontaktlinsen wegen der "Myopia permagna beidseits" (Bericht des Augenarztes Dr. 
med. T.________ vom 10. Mai 1995) abgelehnt, bevor sich der 1948 geborene K.________ am 3. Juni 2000 wegen den seit Geburt bestehenden Sehstörungen erneut zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung anmeldete. Dr. med. 
T.________ führte am 30. Mai und 20. Juni 2000 je eine Kataraktoperation am rechten und linken Auge des Versicherten in der Augentagesklinik X.________ durch. Nach medizinischen Abklärungen lehnte die IV-Stelle das Leistungsbegehren in Bezug auf die durchgeführten Augenoperationen ab (Verfügung vom 24. November 2000). 
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde des Versicherten wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern nach Einholung eines Berichts des Dr. med. T.________ vom 21. Februar 2001 ab (Entscheid vom 27. März 2001). 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert K.________ seinen bereits vorinstanzlich gestellten Antrag, die Augenoperationen seien von der IV-Stelle als Eingliederungsmassnahmen zu übernehmen. 
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Stellungnahme. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Nach Art. 12 Abs. 1 IVG hat der Versicherte Anspruch auf medizinische Massnahmen, die nicht auf die Behandlung des Leidens an sich, sondern unmittelbar auf die berufliche Eingliederung gerichtet und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit dauernd und wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher Beeinträchtigung zu bewahren. 
Diese Bestimmung bezweckt namentlich, die Aufgabenbereiche der Invalidenversicherung einerseits und der sozialen Kranken- und Unfallversicherung anderseits gegeneinander abzugrenzen. Diese Abgrenzung beruht auf dem Grundsatz, dass die Behandlung einer Krankheit oder einer Verletzung ohne Rücksicht auf die Dauer des Leidens primär in den Aufgabenbereich der Kranken- und Unfallversicherung gehört (BGE 104 V 81 Erw. 1, 102 V 41 f.). 
Um Behandlung des Leidens an sich geht es in der Regel bei der Heilung oder Linderung labilen pathologischen Geschehens. 
Die Invalidenversicherung übernimmt in der Regel nur solche medizinische Vorkehren, die unmittelbar auf die Beseitigung oder Korrektur stabiler oder wenigstens relativ stabilisierter Defektzustände oder Funktionsausfälle hinzielen und welche die Wesentlichkeit und Beständigkeit des angestrebten Erfolges gemäss Art. 12 Abs. 1 IVG voraussehen lassen (BGE 120 V 279 Erw. 3a mit Hinweisen; AHI 2000 S. 298 Erw. 1a). 
 
b) Wesentlich im Sinne von Art. 12 Abs. 1 IVG ist der durch eine Behandlung erzielte Nutzeffekt nur dann, wenn er in einer bestimmten Zeiteinheit einen erheblichen absoluten Grad erreicht (BGE 98 V 211 Erw. 4b). Durch die medizinischen Massnahmen soll in der Regel innerhalb einer gewissen Mindestdauer eine gewisse Mindesthöhe an erwerblichem Erfolg erwartet werden können. Inwieweit der voraussichtliche Eingliederungserfolg noch als wesentlich bezeichnet werden kann, lässt sich nicht generell sagen, sondern ist auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalles zu entscheiden. 
Dabei werden Massnahmen, die nur eine geringfügige Verbesserung der Erwerbsfähigkeit bewirken, von der Invalidenversicherung nicht übernommen. Es muss vorausgesetzt werden, dass eine noch bedeutende Erwerbsfähigkeit vor wesentlicher Beeinträchtigung bewahrt wird, denn das Gesetz sieht im Rahmen von Art. 12 IVG keine Massnahmen vor, um einen kleinen und unsicheren Rest von Erwerbsfähigkeit zu erhalten. 
Die Frage nach der Wesentlichkeit des Eingliederungserfolges hängt ferner ab von der Schwere des Gebrechens einerseits sowie von der Art der ausgeübten bzw. im Sinne bestmöglicher Eingliederung in Frage kommenden Erwerbstätigkeit anderseits; persönliche Verhältnisse der versicherten Person, die mit ihrer Erwerbstätigkeit nicht zusammenhängen, sind dabei nicht zu berücksichtigen (BGE 122 V 80 Erw. 3b/cc, 115 V 199 Erw. 5a und 200 Erw. 5c mit Hinweisen; AHI 2000 S. 298 Erw. 1b; ZAK 1990 S. 201 f. Erw. 5a). 
 
c) Dauernd im Sinne von Art. 12 Abs. 1 IVG ist der von einer medizinischen Eingliederungsmassnahme zu erwartende Eingliederungserfolg, wenn die konkrete Aktivitätserwartung gegenüber dem statistischen Durchschnitt nicht wesentlich herabgesetzt ist. Wegen der tatsächlichen medizinisch-prognostischen Möglichkeiten ist der Eingliederungserfolg bei jüngeren Versicherten als dauernd zu betrachten, wenn er wahrscheinlich während eines bedeutenden Teils der Aktivitätserwartung erhalten bleiben wird. Diesbezüglich kann auf die Angaben in der 5. Auflage der Barwerttafeln Schaetzle/ Weber (Zürich 2001) abgestellt werden, welche auf den tatsächlichen Erfahrungen der Invalidenversicherung beruhen (BGE 104 V 83 Erw. 3b; AHI 2000 S. 298 f. Erw. 1c mit Hinweisen). 
 
2.- a) Die operative Behandlung des grauen Stars (Kataraktoperation) ist nach ständiger Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nicht auf die Heilung labilen pathologischen Geschehens gerichtet, sondern zielt darauf ab, das sonst sicher spontan zur Ruhe gelangende und alsdann stabile oder relativ stabilisierte Leiden durch Entfernung der trüb und daher funktionsuntüchtig gewordenen Linse zu beseitigen (BGE 105 V 150 Erw. 3a; AHI 2000 S. 299 Erw. 2a mit Hinweisen). Eine Qualifizierung der Staroperation als medizinische Eingliederungsmassnahme im Sinne von Art. 12 Abs. 1 IVG kann daher grundsätzlich in Frage kommen. 
 
b) Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Staroperationen beim Beschwerdeführer erfolgreich verlaufen sind. Das allein genügt jedoch nicht, um diese Operationen als medizinische Eingliederungsmassnahme im Sinne von Art. 12 Abs. 1 IVG zu qualifizieren, die von der Invalidenversicherung zu übernehmen ist. Insbesondere die Dauerhaftigkeit des Eingliederungserfolges ist dann in Frage gestellt, wenn erhebliche krankhafte Nebenbefunde vorliegen, die ihrerseits geeignet sind, die Aktivitätserwartung des Versicherten trotz der Operationen gegenüber dem statistischen Durchschnitt wesentlich herabzusetzen. Diesfalls vermögen die medizinischen Vorkehren bezüglich Dauerhaftigkeit und Wesentlichkeit für sich allein den Eingliederungserfolg nicht zu gewährleisten. Ob der Eingliederungserfolg dauerhaft und wesentlich sein wird, muss medizinisch-prognostisch beurteilt werden. Dafür ist der medizinische Sachverhalt vor den fraglichen Operationen in seiner Gesamtheit massgebend (BGE 101 V 47 f. Erw. 1b, 97 f. Erw. 2b, 103 Erw. 3; AHI 2000 S. 299 Erw. 2b mit Hinweisen). 
 
3.- Gemäss der Rechtsprechung stellen die beim Beschwerdeführer diagnostizierte beidseitige Myopia permagna (Bericht des Dr. med. T.________, vom 10. Mai 1995), die "in letzter Zeit zunehmend Beschwerden" bereitete bei gleichzeitig tendenziell abnehmender Sehkraft (Bericht des Dr. med. T.________ vom 30. Juni 2000), sowie der Status nach operativ sanierter Netzhautablösung (ca. 1986 gemäss Angaben des Beschwerdeführers bei der ersten Anmeldung zum Bezug von IV-Leistungen vom 7. April 1995) gravierende Nebenbefunde dar (AHI 2000 S. 299 Erw. 3 mit Hinweis auf nicht veröffentlichtes Urteil M. vom 9. September 1991, I 328/90), welche die Dauerhaftigkeit des Eingliederungserfolgs beeinträchtigen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als unbegründet. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Luzern und dem 
 
 
Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 30. November 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: