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Ecriture agrandie
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4A_130/2011 
 
Urteil vom 8. Juni 2011 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss, 
Gerichtsschreiber Luczak. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Mahendra Williams, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
A.________, 
vertreten durch Fürsprecher Marcel Aebi, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Anfechtung einer Kündigung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, 
vom 2. Dezember 2010. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.________ (Beschwerdegegner) vermietete der X.________ AG (Beschwerdeführerin) sein Grundstück GB Lenzburg Nr. XXX.________ zum Preis von Fr. 1'500.-- pro Monat. Die Beschwerdeführerin betrieb darauf eine Autowaschanlage. Der Beschwerdegegner kündigte das Mietverhältnis formgerecht zufolge Zahlungsverzugs (Art. 257d OR). Zwischen den Parteien umstritten ist die Frage, ob der Zahlungsrückstand als Voraussetzung der Zulässigkeit der Kündigung tatsächlich bestanden hat. 
 
B. 
Sowohl die Schlichtungsbehörde für das Mietwesen des Bezirks Lenzburg, das Bezirksgericht Lenzburg als auch das Obergericht des Kantons Aargau erachteten die Kündigung für gültig. Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht im Wesentlichen, die Kündigung für nichtig zu erklären. Ihrem Gesuch um Sistierung des Verfahrens und Gewährung der aufschiebenden Wirkung gab das Bundesgericht nicht statt. Der Beschwerdegegner beantragt, die Begehren der Beschwerdeführerin kostenfällig abzuweisen, während das Obergericht auf Vernehmlassung verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Gemäss Art. 74 Abs. 1 BGG ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten die Beschwerde nur zulässig, wenn der Streitwert in arbeits- und mietrechtlichen Fällen mindestens Fr. 15'000.-- (lit. a) und in allen übrigen Fällen mindestens Fr. 30'000.-- beträgt (lit. b). Wird um die Gültigkeit der Kündigung eines Mietverhältnisses gestritten, bestimmt sich der Streitwert aufgrund der Miete, die für diejenige Dauer geschuldet ist, während welcher der Mietvertrag unter der Annahme, dass die Kündigung zu Recht angefochten wurde, zwingend weiter bestehen würde, bevor eine neue Kündigung ausgesprochen werden könnte (BGE 119 II 147 E. 1 S. 149 und 111 II 384 E. 1 S. 386 betreffend OG; Urteil des Bundesgerichts 4A_516/2007 vom 6. März 2008 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 134 III 300 betreffend BGG). Soweit bei einer Gutheissung der Anfechtung der dreijährige Kündigungsschutz nach Art. 271a Abs. 1 lit. e OR zur Anwendung kommt, ist dem bei der Berechnung des Streitwerts Rechnung zu tragen. 
 
1.1 Die Vorinstanz geht davon aus, der Streitwert übertreffe Fr. 15'000.--. Diese Annahme trifft zu, falls das Mietobjekt als Wohn- oder Geschäftsraum zu qualifizieren ist, da diesfalls der Kündigungsschutz nach Art. 271a Abs. 1 lit. e OR zur Anwendung käme, oder falls bei einer ordentlichen Kündigung das Mietverhältnis erst nach Ablauf von zehn Monaten oder mehr hätte gekündigt werden können. 
 
1.2 Wie es sich damit verhält, geht aus dem angefochtenen Entscheid in tatsächlicher Hinsicht nicht mit der wünschbaren Deutlichkeit hervor. Die Autowaschanlage steht gemäss den Feststellungen im angefochtenen Entscheid als Fahrnisbaute im Eigentum der Beschwerdeführerin. Ob damit die Schutzbestimmungen für Geschäftsräume zum Tragen kommen (vgl. BGE 98 II 199 E. 4a und b sowie Urteil des Bundesgerichts 4C.61/2007 vom 17. April 2007 E. 4, publ. in: SJ 2007 I S. 581 ff.) oder mit welcher Frist ordentlich gekündigt werden könnte, braucht indessen nicht näher abgeklärt zu werden. Selbst wenn man mit der Vorinstanz davon ausgeht, der Streitwert für eine Beschwerde in Zivilsachen sei erreicht, würde dies der Beschwerdeführerin im Ergebnis nichts nützen. 
 
2. 
Fest steht, dass die Parteien ab 1. September 2007 einen mündlichen Mietvertrag abgeschlossen hatten und dass die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang vom 16. Juli 2007 bis 11. September 2007 sieben Posteinzahlungen à Fr. 1'500.-- getätigt und vom 10. September 2007 bis zum 7. Mai 2008 per Dauerauftrag acht Zahlungen derselben Höhe überwiesen hat. Streitig ist die Frage, ob die sieben Posteinzahlungen als im Voraus geleistete Mietzinszahlungen für das ab 1. September 2007 bestehende Mietverhältnis anzusehen sind, womit kein Zahlungsrückstand bestanden hätte, oder ob sie in Erfüllung einer Vorbedingung zum Abschluss des Mietvertrages zur Tilgung von Mietzinsschulden der Vormieterin geleistet wurden, welche in Konkurs gefallen war. Der einzige Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin war bereits einziger Verwaltungsrat der konkursiten Vormieterin. 
 
2.1 Die Vorinstanz schenkte in ausführlich begründeter Würdigung der gesamten Umstände den Behauptungen des Beschwerdegegners, wonach die Zahlungen der Mietzinsausstände der konkursiten Gesellschaft Bedingung für den Abschluss des Mietvertrages gewesen sei, trotz gewisser Inkonsistenzen Glauben und erachtete die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach es sich bei den Posteinzahlungen um Vorauszahlungen gehandelt haben soll, für unglaubwürdig. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe für diese Annahme allein auf die unglaubwürdigen Aussagen des Beschwerdegegners abgestellt, die zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechenden Indizien missachtet und damit sowohl das Beweismass (Art. 8 ZGB) verkannt als auch gegen das Gebot der freien Beweiswürdigung (aArt. 274d Abs. 3 OR) verstossen. Im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde weist sie pauschal darauf hin, aus denselben Gründen sei der angefochtene Entscheid willkürlich und verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör. 
 
2.2 Mit ihren Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin grundlegende Regeln des Beschwerdeverfahrens vor Bundesgericht. Die Rüge der willkürlichen Beweiswürdigung und der Verletzung des rechtlichen Gehörs kann sowohl mit der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 95 lit. a und Art. 97 Abs. 1 BGG) als auch mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 116 BGG) erhoben werden. Voraussetzung ist, dass die Beschwerdeschrift die einschlägigen Begründungsanforderungen erfüllt (Art. 106 Abs. 2 und Art. 117 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 ff.; 133 III 439 E. 3.2 S. 444 f.). Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde kommt nur zum Zug, sofern die Beschwerde in Zivilsachen nicht gegeben ist (Art. 113 BGG). 
 
2.3 Das bundesgesetzesrechtlich geregelte Beweismass wird verletzt, wenn das Gericht einen Beweis für erbracht ansieht, obwohl es nach objektiven Gesichtspunkten nicht von der Richtigkeit einer Sachbehauptung überzeugt ist, oder wenn es zum Beweis die blosse Wahrscheinlichkeit genügen lässt, wenn das Gesetz den vollen Beweis verlangt (vgl. BGE 130 III 321 E. 3.2 S. 324; 128 III 271 E. 2b/aa S. 275). Ist das Gericht dagegen, wie im zu beurteilenden Fall, von der Sachverhaltsdarstellung einer Partei überzeugt, liegt Beweiswürdigung vor. Die Frage, ob die gewürdigten Beweismittel objektiv tatsächlich mit der notwendigen Sicherheit auf das Vorhandensein einer Tatsache schliessen lassen, betrifft die Beweiswürdigung und kann dem Bundesgericht nicht unter dem Titel der Verletzung des Beweismasses oder der freien Beweiswürdigung unterbreitet werden. Ein Verstoss gegen eine Regel über das Beweismass ist nicht ersichtlich. 
 
2.4 Die Beweiswürdigung der Vorinstanz bindet grundsätzlich das Bundesgericht. Es kann die Sachverhaltsfeststellungen nur berichtigen, wenn diese offensichtlich unrichtig und damit willkürlich sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 BGG). Der Beschwerdeführer, der die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, kann sich nicht damit begnügen, den bestrittenen Feststellungen eigene tatsächliche Behauptungen gegenüberzustellen oder darzulegen, wie die Beweise seiner Ansicht nach zu würdigen gewesen wären. Vielmehr hat er klar und substantiiert aufzuzeigen, inwiefern die gerügten Feststellungen bzw. die Unterlassung von Feststellungen offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, ist nicht einzutreten (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; 133 III 462 E. 2.4 S. 466 f.). 
 
2.5 Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Rechtsprechung nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen Willkür vielmehr nur auf, wenn er nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 136 I 316 E. 2.2.2 S. 318 f; 129 I 8 E. 2.1 S. 9). 
 
2.6 Die Beschwerdeführerin schliesst aus Widersprüchen in den Aussagen des Beschwerdegegners auf dessen Unglaubwürdigkeit und sucht die von der Vorinstanz aufgezeigten Unstimmigkeiten in ihrer Sachverhaltsdarstellung wegzuerklären. Unter Anrufung von Art. 8 ZGB, der freien Beweiswürdigung nach aArt. 274d Abs. 3 OR, von Willkür in der Beweiswürdigung und der Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör versucht die Beschwerdeführerin zu erreichen, dass das Bundesgericht die gesamte Beweiswürdigung der Vorinstanz kontrolliert und die Beweise in ihrem Sinne würdigt. Das Bundesgericht ist aber keine letzte Appellationsinstanz, die von den Parteien mit vollkommenen Rechtsmitteln angerufen werden könnte (vgl. Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4342 Ziff. 4.1.4.5 zu Art. 97 E-BGG). Die Vorbringen der Beschwerdeführerin sind allenfalls geeignet aufzuzeigen, dass auch eine andere Lösung hätte in Betracht gezogen werden können. Um die Beweiswürdigung der Vorinstanz als im Ergebnis offensichtlich unhaltbar auszuweisen, genügen sie nicht. 
 
2.7 Wenn die Vorinstanz die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe mit Blick auf einen geplanten Auslandaufenthalt ihres Verwaltungsrates die Mietzinszahlungen durch Vorauszahlungen sicherstellen wollen, für unglaubwürdig erachtet, verfällt sie damit nicht in Willkür. Diesen Zweck hätte die Beschwerdeführerin auf eine für sie vorteilhaftere Weise erreichen können, indem sie die Einzahlungen auf das Konto tätigte, von welchem nachher der Zahlungsauftrag ausgeführt wurde. Über den Zahlungsauftrag hätten die Mietzinszahlungen gesichert werden können. So wären der Beschwerdeführerin allfällige Zinsen verblieben. Wären die Einzahlungen auf das Konto erfolgt, hätte es keine Rolle gespielt, ob darauf sonst mit regelmässigen Eingängen zu rechnen war. Angesichts der neben den Überweisungen per Dauerauftrag geleisteten Posteinzahlungen ist es keineswegs unhaltbar, wenn die Vorinstanz in diesen keine Mietzinsvorauszahlung sieht, sondern der Behauptung des Beschwerdegegners Glauben schenkt, er sei nur unter der Bedingung zu einer Weitervermietung an eine Gesellschaft, die von demselben Verwaltungsrat wie die Konkurs gegangene vertreten wird, bereit gewesen, dass die neue Mieterin die Mietzinsausstände der konkursiten Gesellschaft übernimmt. Auch wenn berücksichtigt wird, dass der Beschwerdegegner zunächst behauptete, er habe im Gegenzug darauf verzichtet, im Konkurs ein Retentionsrecht an der Waschanlage geltend zu machen, damit die Beschwerdeführerin diese erwerben könnte, sich im Prozess aber herausstellte, dass die Waschanlage bereits im Eigentum der Beschwerdeführerin stand, verstösst die Beweiswürdigung der Vorinstanz nicht gegen das Willkürverbot. In ihren weitschweifigen Ausführungen unterbreitet die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht schlicht ihre von derjenigen der Vorinstanz abweichende Würdigung der Beweismittel. Dies genügt nicht, um Willkür in der Beweiswürdigung darzutun. 
 
3. 
Die Beschwerdeschrift ist aufgebaut wie eine Appellationsbegründung an eine Instanz, welche den Sachverhalt frei überprüfen kann. Damit verfehlt sie die strengen Begründungsanforderungen, welche für eine Kritik an der Beweiswürdigung des angefochtenen Entscheides, sowohl im Rahmen einer Beschwerde in Zivilsachen als auch in einer subsidiären Verfassungsbeschwerde, gelten. Soweit angesichts der appellatorischen Kritik überhaupt auf die Beschwerde einzutreten ist, gelingt es der Beschwerdeführerin nicht, die Beweiswürdigung im angefochtenen Entscheid im Ergebnis als offensichtlich unhaltbar auszuweisen. Ob die Eingabe als subsidiäre Verfassungsbeschwerde oder als Beschwerde in Zivilsachen entgegengenommen wird, spielt insoweit keine Rolle. Soweit darauf einzutreten ist, sind die Beschwerden abzuweisen. Entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde in Zivilsachen und die subsidiäre Verfassungsbeschwerde werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 8. Juni 2011 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Klett 
 
Der Gerichtsschreiber: Luczak