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Ecriture agrandie
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_31/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 15. August 2014  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi, 
Gerichtsschreiberin Andres. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Györffy, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,  
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Falsche Anschuldigung; Strafzumessung; Willkür, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 10. Oktober 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ am 10. Oktober 2013 zweitinstanzlich der falschen Anschuldigung schuldig (Ziffer 1). Unter Berücksichtigung der rechtskräftigen Schuldsprüche wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung, Urkundenfälschung, Fälschung von Ausweisen, mehrfacher Widerhandlungen gegen das ANAG (BS 1 121; aufgehoben am 1. Januar 2008) und das AuG (SR 142.20) sowie gewerbsmässiger Widerhandlung gegen das Bundesgesetz vom 8. Juni 1923 betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten (SR 935.51) verurteilte es ihn zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 ½ Jahren sowie einer unbedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 50.-- (Ziffern 2 und 3). Es auferlegte ihm zwei Drittel der zweitinstanzlichen Verfahrenskosten (Ziffern 8 und 9). 
 
 Dem Schuldspruch wegen falscher Anschuldigung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 
 
 X.________ wies sich nach einem von ihm verursachten Verkehrsunfall, bei dem eine Person schwer verletzt wurde, gegenüber der Polizei mit auf F.________ lautenden Ausweispapieren aus. Dabei nahm er in Kauf, eine Strafverfolgung gegen diesen herbeizuführen. 
 
B.  
 
 X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, die Ziffern 1-3, 8 und 9 des angefochtenen Urteils seien aufzuheben, und die Sache sei zur neuen Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen und ihm die unentgeltliche Rechtspflege sowie Verbeiständung zu gewähren. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz verletze Bundesrecht, indem sie ihn wegen falscher Anschuldigung verurteile. Er habe sich zwar mit den Dokumenten von F.________ ausgewiesen, jedoch seine eigene Adresse in der Schweiz angegeben. In der Folge habe er sich dem Strafverfahren unterzogen und sei zu jeder Einvernahme erschienen, womit er Subjekt des Verfahrens gewesen sei. Damit unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt von jenem, den das Bundesgericht in BGE 132 IV 20 zu beurteilen gehabt habe. Er sei nicht arglistig vorgegangen und habe nicht beabsichtigt, dass ein Strafverfahren gegen den "echten" F.________ geführt werde. Ferner genüge Eventualabsicht nicht.  
 
1.2. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe zunächst jedes eigene Fehlverhalten bestritten, weshalb keine "ausdrückliche Selbstbezichtigung" vorliege. Aufgrund seiner Angaben sei gegen F.________ eine Strafuntersuchung eröffnet worden. Es sei gegen die falsche Person ein Verfahren geführt worden, da Identität und Person stets miteinander verknüpft blieben. Eine Verurteilung hätte ebenfalls auf F.________ gelautet. Indem der Beschwerdeführer seine eigene Adresse und diejenige eines Anwalts angegeben habe, habe er lediglich verhindern wollen, dass seine Tarnung auffliege. Dies entspreche einer arglistigen Vorgehensweise. Obwohl der Beschwerdeführer seine wahre Identität wohl in erster Linie aus aufenthaltsrechtlichen Gründen verschwiegen habe, habe er in Kauf genommen, wider besseres Wissen eine Strafuntersuchung gegen einen Unschuldigen herbeizuführen (Urteil S. 16 f.).  
 
1.3. Gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB erfüllt den Tatbestand der falschen Anschuldigung, wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen. Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung macht sich strafbar, wer in gleicher Absicht in anderer Weise arglistige Veranstaltungen trifft.  
Die beiden Tatvarianten gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB unterscheiden sich lediglich durch das Mittel, das zur beabsichtigten Herbeiführung der Strafverfolgung eingesetzt wird. Das Beschuldigen gemäss Abs. 1 besteht in der an eine Behörde gerichteten sprachlichen Mitteilung. Von Abs. 2 werden diejenigen Machenschaften erfasst, welche, ohne eine ausdrücklich geäusserte Anschuldigung zu sein, in schlüssiger Weise den Verdacht auf eine bestimmte Person lenken. Arglistige Veranstaltungen im Sinne des Tatbestands liegen vor, wenn der Täter durch Machenschaften, die ernste Verdachtsmomente gegen eine bestimmte Person hervorrufen und voraussichtlich zur Kenntnis von Polizei oder Untersuchungsbehörden gelangen, darauf ausgeht, eine Strafverfolgung gegen einen Nichtschuldigen herbeizuführen (BGE 132 IV 20 E. 4.2 f. S. 25 f.; 95 IV 17 S. 18 f.; je mit Hinweisen). 
 
 Der subjektive Tatbestand erfordert Vorsatz und in Bezug auf die Unwahrheit der Beschuldigung Handeln wider besseres Wissen. Der Täter muss sicher darum wissen, dass die Anschuldigung unwahr ist. Eventualvorsatz genügt nicht (BGE 136 IV 170 E. 2.1 S. 176 f. mit Hinweisen; 76 IV 243 S. 244 f.). Schliesslich bedarf es der Absicht, eine Strafverfolgung gegen den Nichtschuldigen herbeizuführen, wobei nach herrschender Lehre und Rechtsprechung Eventualabsicht genügt. Diese liegt bei der falschen Anschuldigung vor, wenn die Aussicht auf den bloss möglichen, nicht sicheren Eintritt des Erfolgs den Täter nicht von der bewussten und gewollten Begehung der Tat abhält (BGE 85 IV 80 E. 4 S. 83; 80 IV 117 S. 120 f.; Stratenwerth/Bommer, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II: Straftaten gegen Gemeininteressen, 7. Aufl. 2013, § 55 N. 21; Donatsch/Wohlers, Strafrecht IV, Delikte gegen die Allgemeinheit, 4. Aufl. 2011, § 109 S. 450; Hans Schultz, Falsche Anschuldigung, Irreführung der Rechtspflege und falsches Zeugnis, ZStrR 73/1958 S. 236 f.; allgemein zur Absicht Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I: Die Straftat, 4. Aufl. 2011, § 9 N. 120 ff.). Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft innere Tatsachen, welche das Bundesgericht nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür prüft (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 4 f.; zum Begriff der Willkür BGE 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; je mit Hinweisen). 
 
1.4. Der Schuldspruch wegen falscher Anschuldigung ist bundesrechtskonform. Die Vorinstanz erachtet den subjektiven Tatbestand zu Recht als erstellt. Es genügt, dass der Beschwerdeführer bloss mit der Möglichkeit rechnete, infolge seines Verhaltens werde ein Verfahren gegen F.________ eröffnet, und er dies in Kauf nahm. Die Vorinstanz stellt fest, dem Beschwerdeführer sei im Moment, als er nach dem Verkehrsunfall der Polizei die auf F.________ lautenden Ausweispapiere zeigte, klar gewesen, dass gegen diesen ein Strafverfahren eröffnet werde, und er habe dies zumindest in Kauf genommen. Soweit seine Vorbringen den qualifizierten Begründungsanforderungen genügen, vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, inwiefern diese Feststellung willkürlich ist.  
 
 Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe im Gegensatz zu dem in BGE 132 IV 20 beurteilten Täter seine Tatbeteiligung nicht bestritten, sondern vorerst lediglich geltend gemacht, er habe den Unfall nicht verschuldet. Dies ändert nichts daran, dass sein Verhalten eine arglistige Veranstaltung im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB darstellt. Indem er sich als F.________ auswies, hat er den Verdacht auf diesen gelenkt. Das Strafverfahren wurde denn auch gegen F.________ eröffnet. Da sich der Beschwerdeführer mit echten, auf F.________ lautenden Dokumenten gegenüber der Polizei auswies, handelte er arglistig. Die Anforderungen an die Arglist entsprechen denjenigen beim Tatbestand des Betrugs gemäss Art. 146 StGB (BGE 132 IV 20 E. 5.4 S. 28). Arglistig handelt unter anderem, wer rechtswidrig erlangte oder gefälschte Urkunden und Belege vorlegt (BGE 122 IV 197 E. 3d S. 205; zum Begriff der Arglist BGE 135 IV 76 E. 5.2 S. 79 ff.). 
 
 Für die rechtliche Würdigung ist irrelevant, dass der Beschwerdeführer seine eigene Adresse angab, sich dem Strafverfahren unterzog, zu jeder Einvernahme erschien, F.________ nicht als Beschuldigter einvernommen wurde und das Strafverfahren schliesslich unter der richtigen Identität des Beschwerdeführers weitergeführt wurde. Die falsche Anschuldigung ist vollendet, wenn die Absicht, eine Strafverfolgung gegen einen Nichtschuldigen herbeizuführen, in Verbindung mit der arglistigen Veranstaltung vorliegt. Der Eintritt des angestrebten Erfolgs, die effektive Einleitung der Strafverfolgung, ist nicht erforderlich (BGE 102 IV 103 E. 3 S. 107 mit Hinweisen; Stratenwerth/Bommer, a.a.O., § 55 N. 21; Delnon/Rüdy, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2013, N. 29 zu Art. 303 StGB; Hans Schultz, a.a.O., S. 237). Demnach war der Tatbestand von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB bereits vollendet, als der Beschwerdeführer sich gegenüber den Polizisten als F.________ auswies, und dabei mit der Möglichkeit rechnete, dass gegen diesen ein Strafverfahren eröffnet wird, sowie dies in Kauf nahm. 
 
2.  
 
 Der Beschwerdeführer wendet sich eventualiter gegen die Strafzumessung. 
 
 Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. S. 59 ff. mit Hinweisen). Entsprechendes gilt für die Bildung der Einsatzstrafe und der Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB in Anwendung des Asperationsprinzips (BGE 127 IV 101 E. 2b S. 104; Urteil 6B_460/2010 vom 4. Februar 2011 E. 3.3.4, nicht publ. in: BGE 137 IV 57; je mit Hinweis). Darauf kann verwiesen werden. 
 
 Der Beschwerdeführer argumentiert, bei einem ordentlichen Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 20 Jahren und einem nicht mehr leichten bis erheblichen Verschulden sei eine hypothetische Einsatzstrafe von 21 Monaten bundesrechtswidrig. Ihm kann nicht gefolgt werden. Das Bundesgericht betont, dass die Formulierung des Verschuldens und die Festsetzung des Strafmasses auch begrifflich im Einklang stehen (Urteile 6B_364/2014 vom 30. Juni 2014 E. 2.2 und 6B_1096/2010 vom 7. Juli 2011 E. 4.2 mit Hinweisen). Dies ist vorliegend der Fall. Der Beschwerdeführer bestreitet die Gewichtung des Verschuldens als nicht mehr leicht bis erheblich nicht. Selbst wenn man seine Ausführungen so interpretieren wollte, dass er das Mass des Verschuldens in Frage stellt, kann ihm nicht gefolgt werden, zumal er von der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung abweicht, ohne Willkür darzutun. Die Vorinstanz setzt sich mit den wesentlichen schuldrelevanten Komponenten auseinander und würdigt sämtliche Zumessungsgründe zutreffend. Eine ermessensverletzende Gewichtung der Faktoren respektive eine Verletzung von Bundesrecht (Art. 47 ff. StGB) zeigt der Beschwerdeführer nicht auf und ist nicht ersichtlich. Die Einsatzstrafe von 21 Monaten hält sich innerhalb des sachrichterlichen Ermessens. Da der Beschwerdeführer seine Rüge, die Gesamtstrafe von 30 Monaten sei bundesrechtswidrig, lediglich mit der zu hohen Einsatzstrafe begründet, erübrigen sich weitere Ausführungen dazu. 
 
3.  
 
 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
 Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seine angespannte finanzielle Situation ist bei der Bemessung der Gerichtskosten angemessen zu berücksichtigen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.   
Dem Beschwerdeführer werden die Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 1'600.-- auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. August 2014 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Andres