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Ecriture agrandie
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.157/2002 /bie 
 
Urteil vom 22. Oktober 2002 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident, 
Bundesrichter Féraud, Catenazzi, 
Gerichtsschreiber Steinmann. 
 
H.________, Beschwerdeführer, vertreten durch 
Advokat Guido Ehrler, Postfach 321, 4005 Basel, 
 
gegen 
 
Polizei- und Militärdepartement des Kantons Basel-Stadt, Spiegelhof, Spiegelgasse 6, Postfach, 4001 Basel, 
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt 
als Verwaltungsgericht, Bäumleingasse 1, 4051 Basel. 
 
Art. 16 und 22 BV sowie Art. 11 EMRK 
(Nichtbewilligung einer Demonstration), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt 
als Verwaltungsgericht vom 6. Dezember 2001. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 20. Dezember 2000 fand in Basel eine Spontan-Demonstration aus Solidarität mit den politischen Gefangenen in der Türkei und zum Protest gegen die Verhältnisse in türkischen Gefängnissen statt. Im Verlauf der Kundgebung kam es zu tätlichen Auseinandersetzungen und Sachbeschädigungen und es wurden Polizisten und eine Passantin verletzt. 
 
Am 21. Dezember 2000 sprach H.________ beim stellvertretenden Leiter der Sicherheitsabteilung der Kantonspolizei und dem Delegierten für Migration und Integration vor, um mit ihnen die Frage einer erneuten Kundgebung am 23. Dezember 2000 zu erörtern. Streitig blieb in der Folge, ob ein entsprechendes Gesuch mündlich gestellt und mündlich abgewiesen worden ist. 
 
Das Polizei- und Militärdepartement (PMD) erliess am 22. Dezember 2000 eine Medienmitteilung, wonach die Polizei im Anschluss an die gewaltsame Demonstration vom 20. Dezember 2000 ein Kundgebungsverbot erlassen habe und demnach unter der Androhung strafrechtlicher Verfolgung am 23. Dezember 2000 und an den folgenden Weihnachtstagen keinerlei politische Demonstrationen oder Standkundgebungen dulde. 
B. 
Im Anschluss an diese Ereignisse gelangte H.________ an das Polizei- und Militärdepartement, machte geltend, er habe ein Gesuch für eine Kundgebung am 23. Dezember 2000 gestellt, beanstandete, dass dieses Gesuch zu Unrecht abgewiesen worden sei, und erklärte, gegen die Gesuchsabweisung Rekurs zu erheben. Mit Entscheid vom 5. Februar 2001 trat der Vorsteher des Militär- und Polizeidepartements auf den Rekurs nicht ein. Er hielt fest, dass H.________ am 21. Dezember 2000 kein Gesuch um Bewilligung einer Demonstration gestellt habe, sodass auch keine (mündliche) Verfügung ergangen sei, weshalb es an einem Anfechtungsobjekt fehle. Im Übrigen habe der Vertreter der Sicherheitsabteilung der Kantonspolizei dem Rekurrenten wiederholt erklärt, nicht über die Befugnis zu verfügen, eine Demonstrationsbewilligung zu erteilen. Schliesslich sei unklar, in wessen Namen H.________ das Gesuch überhaupt gestellt haben wolle. 
 
Dagegen gelangte H.________ mit Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, welcher das Rechtsmittel zuständigkeitshalber an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (als Verwaltungsgericht) überwiesen hat. Mit Entscheid vom 6. Dezember 2001 wies das Appellationsgericht den Rekurs ab. Es führte aus, an der Besprechung vom 21. Dezember 2000 sei zwar von einer Kundgebung für den 23. Dezember 2000 die Rede gewesen, eine Bewilligung indessen weder erteilt noch zugesichert worden. Der Rekurrent habe, wie aus einem Schreiben vom 22. Januar 2001 hervorgeht, gewusst, dass Kundgebungsgesuche schriftlich einzureichen sind, und habe in Anbetracht der Aussichtslosigkeit auf ein schriftliches Gesuch verzichtet. Dabei sei er zu behaften. Es dürfe daher davon ausgegangen werden, dass gar kein rechtserhebliches Gesuch gestellt worden sei. Bei dieser Sachlage sei der Vorsteher des Militär- und Polizeidepartementes mangels eines Anfechtungsobjektes zu Recht auf den Rekurs nicht eingetreten. Im Übrigen habe das Demonstrationsverbot der Polizei vom 22. Dezember 2000 keine Allgemeinverfügung dargestellt, weshalb der Entscheid des Vorstehers des Militär- und Polizeidepartements auch in dieser Hinsicht rechtens sei. 
C. 
H.________ hat beim Bundesgericht am 22. März 2002 staatsrechtliche Beschwerde eingereicht und die Anträge gestellt, die Entscheide des Appellationsgerichts vom 6. Dezember 2001 und des Polizei- und Militärdepartements vom 5. Februar 2001 seien aufzuheben; eventualiter sei festzustellen, dass die Anordnung der Polizei vom 22. Dezember 2000 gegen das Recht, sich friedlich zu versammeln, verstosse (Art. 16 und 22 BV, Art. 11 EMRK, Art. 21 UNO-Pakt II). Er macht geltend, es sei überspitzt formalistisch, von ihm ein schriftliches Kundgebungsgesuch zu verlangen; in der Praxis würden auch mündliche Gesuche zugelassen; überdies verstosse der angefochtene Entscheid gegen die Rechtsgleichheit, weil in andern Fällen mündliche Bewilligungserteilungen als Anfechtungsobjekte anerkannt worden seien; des Weitern habe er anlässlich seiner Besprechungen in guten Treuen von der Zuständigkeit des stellvertretenden Leiters der Sicherheitsabteilung der Kantonspolizei ausgehen können. Schliesslich stelle das Kundgebungsverbot vom 22. Dezember 2000 eine Allgemeinverfügung dar, welche er auf dem Rechtsmittelweg anfechten könne. Materiell verletze das Verbot die Meinungs-Versammlungsfreiheit, wie sie sich aus Art. 16 und 22 BV, Art. 11 EMRK und Art. 21 UNO-Pakt II ergebe. 
 
Das Appellationsgericht beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. Das Militär- und Polizeidepartement hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der Beschwerdeführer ficht sowohl den Entscheid des Appellationsgerichts als auch jenen des Vorstehers des Militär- und Polizeidepartementes an. Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren ist indessen die Mitanfechtung eines unterinstanzlichen kantonalen Entscheides nach der Rechtsprechung nur zulässig, wenn dies zur Wahrung des vollen Rechtsschutzes erforderlich ist, namentlich wenn der letzten kantonalen Instanz nicht sämtliche vor Bundesgericht erhobenen Rügen unterbreitet werden konnten oder solche von der letzten kantonalen Instanz lediglich mit einer engeren Kognition als derjenigen des Bundesgerichts geprüft werden (BGE 125 I 492 E. 1a S. 493, 111 Ia 353, mit Hinweisen). An dieser Voraussetzung fehlt es im vorliegenden Verfahren, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten ist, soweit mit ihr die Aufhebung des Entscheides des Vorstehers des Militär- und Polizeidepartementes verlangt wird. 
 
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift ist das Appellationsgericht sehr wohl auf den Rekurs des Beschwerdeführers eingetreten, hat ihn materiell geprüft und schliesslich abgewiesen. Damit hat das Appellationsgericht das Nichteintreten durch den Vorsteher des Militär- und Polizeidepartementes bestätigt. Bei dieser Sachlage ist aufgrund des angefochtenen Entscheides zu prüfen, ob dieses Nichteintreten vor dem Verbot der formellen Rechtsverweigerung im Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV standhält. Der Beschwerdeführer ist zu dieser Rüge im Sinne von Art. 88 OG legitimiert. 
 
Bei der nachfolgenden Prüfung der vorliegenden Beschwerde sind zwei unterschiedliche Sachverhalte und Fragen auseinander zu halten: Einerseits ist zu prüfen, wie es sich mit dem Gesuch des Beschwerdeführers vom 21. Dezember 2000 und dessen Behandlung verhält. Andererseits steht das generelle Kundgebungsverbot vom 22. Dezember 2000 zur Diskussion. 
2. 
Das Appellationsgericht führte im angefochtenen Entscheid aus, zur Durchführung einer Demonstration auf öffentlichen Strassen und Plätzen bedürfe es nach § 15 Abs. 1 der Verordnung über den Strassenverkehr einer Bewilligung des Polizei- und Militärdepartements; Bewilligungen würden nach Abs. 2 auf entsprechendes Gesuch hin erteilt. 
 
Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer am 21. Dezember 2000 mit dem stellvertretenden Leiter der Sicherheitsabteilung der Kantonspolizei und dem Delegierten für Migration und Integration die Frage einer Demonstration am 23. Dezember 2000 erörterte. Aufgrund dieser Sachlage kann grundsätzlich angenommen werden, dass der Beschwerdeführer mit seiner Vorsprache um eine entsprechende Bewilligung ersuchen wollte. Weiter kann in Anbetracht der Vorfälle vom 20. Dezember 2000 davon ausgegangen werden, dass die Behördenvertreter dem Beschwerdeführer zu erkennen gaben, dass ein solches Gesuch keine Erfolgschancen habe und die Demonstration wohl nicht bewilligt werden könne. Aus dem Schreiben des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vom 22. Januar 2001 geht schliesslich hervor, dass Letzterer auf das Einreichen eines schriftlichen Gesuches für eine Bewilligung für den 23. Dezember 2000 wegen der erwähnten Einschätzung der Behördenvertreter verzichtete. 
 
Bei dieser Sachlage hält es vor dem Willkürverbot stand, dass das Appellationsgericht den Beschwerdeführer bei dessen Verzicht behaftete. Von einem Gesuchsteller kann mit haltbaren Gründen verlangt werden, dass er sein Begehren schriftlich und mit entsprechendem Nachdruck stellt, wenn ihm Behördenvertreter die Aussichtslosigkeit zum Ausdruck bringen. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass in einem nachfolgenden Rechtsmittelverfahren die Grundlagen für eine entsprechende Überprüfung vorhanden sind. Daraus darf ohne Willkür geschlossen werden, dass die Behördenvertreter im vorliegenden Fall am 21. Dezember 2000 keinen förmlichen Entscheid getroffen haben und es demnach im anschliessenden Rekursverfahren vor dem Vorsteher des Militär- und Polizeidepartements an einem Anfechtungsobjekt gefehlt hat. 
 
An dieser Beurteilung vermögen die Einwände des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Zum einen ist der vorliegende Fall nicht zu vergleichen mit der Sachlage, welche dem Beschluss des Regierungsrates vom 23. November 1999 zugrunde lag und wo eine mündliche Demonstrationsbewilligung zur Diskussion stand. Im Übrigen hat das Appellationsgericht keineswegs zum Ausdruck gebracht, dass mündliche Gesuche von vornherein unzulässig wären, sondern mit guten Gründen ausgeführt, dass Schriftlichkeit verlangt werden kann, wenn Behördenvertreter zu bedeuten geben, dass ein mündliches Ersuchen wenig Erfolgschancen habe. Zum andern kann sich der Beschwerdeführer nicht auf Treu und Glauben berufen und geltend machen, er habe mit der Zuständigkeit der Behördenvertreter zur Abweisung seines Gesuches rechnen können, wenn er auf ein solches, wie dargetan, verzichtet hat. Schliesslich kann angefügt werden, dass der Beschwerdeführer in keiner Weise dartut, inwiefern er im Nachhinein an einer Überprüfung der Umstände noch ein rechtlich geschütztes Interesse habe. 
 
Demnach durfte das Appellationsgericht mit haltbaren Gründen annehmen, es habe im Verfahren vor dem Vorsteher des Militär- und Polizeidepartements an einem tauglichen Anfechtungsobjekt gefehlt, und daher den unterinstanzlichen Nichteintretensentscheid ohne formelle Rechtsverweigerung bestätigen. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkte als unbegründet. 
3. 
Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, das generelle Kundgebungsverbot vom 22. Dezember 2000 stelle eine Allgemeinverfügung dar, welche er mit Rekurs beim Vorsteher des Militär- und Polizeidepartementes hätte anfechten können. Dessen Nichteintretensentscheid stelle daher auch in dieser Beziehung eine formelle Rechtsverweigerung dar. 
 
Mit dem Beschwerdeführer kann davon ausgegangen werden, dass die polizeiliche Mitteilung, am 23. Dezember 2000 keine Demonstration zu dulden, keinen generell-abstrakten Erlass darstellt. Damit fällt eine abstrakte Normkontrolle im Verfahren vor dem Bundesgericht von vornherein ausser Betracht und es ist auf das Eventualbegehren nicht näher einzugehen. Wie die polizeiliche Mitteilung im Übrigen zu qualifizieren ist, kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben. 
 
Im angefochtenen Entscheid des Appellationsgerichts wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in der Replik erstmals vorgebracht, die genannte polizeiliche Mitteilung stelle eine anfechtbare Allgemeinverfügung dar. Der Beschwerdeführer stellt diese Darstellung in seiner staatsrechtlichen Beschwerde nicht in Frage und macht nicht geltend, bereits mit seinem Rekurs an den Vorsteher des Militär- und Polizeidepartements die Mitteilung im Sinne einer Allgemeinverfügung angefochten zu haben. Daraus ist zu schliessen, dass er die entsprechende Rüge nicht auch schon im Verfahren vor dem Vorsteher des Militär- und Polizeidepartementes vorgebracht hatte. In dessen Entscheid finden sich denn auch keine entsprechenden Hinweise. Bei dieser Sachlage aber hatte der Departementsvorsteher von vornherein keinen Anlass, diesen Punkt in seinem Entscheid aufzugreifen. Damit hält sein Nichteintretensentscheid auch in dieser Hinsicht vor dem Verbot der formellen Rechtsverweigerung stand. 
4. 
Demnach erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtliche Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art.156 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie dem Polizei- und Militärdepartement und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (als Verwaltungsgericht) schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 22. Oktober 2002 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: