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Ecriture agrandie
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1B_354/2010 
 
Urteil vom 8. Februar 2011 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Merkli, 
Gerichtsschreiber Stohner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Verein X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Frank Th. Petermann, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft See/Oberland, Weiherallee 15, Postfach, 8610 Uster. 
 
Gegenstand 
Editionsverfügung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 29. September 2010 der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die Staatsanwaltschaft See/Oberland des Kantons Zürich führt zwei Verfahren betreffend die aussergewöhnlichen Todesfälle von A.Y.________ sowie deren Tochter B.Y.________, beide deutsche Staatsangehörige und zuletzt wohnhaft gewesen in Deutschland. A.Y.________ und B.Y.________ verstarben am 24. Juni 2010 in den Räumlichkeiten des Vereins X.________. Die Staatsanwaltschaft See/Oberland geht von einem durch Mitarbeiter des Vereins X.________ begleiteten gemeinsamen Freitod aus. Vor ihrem Freitod überwiesen A.Y.________ und B.Y.________ gemäss hinterlassenen schriftlichen Aufzeichnungen einen "Sondermitgliedsbeitrag" an den Verein X.________. 
 
Mit in Briefform verfasster Verfügung vom 26. Juli 2010 forderte die Staatsanwaltschaft See/Oberland den Verein X.________ auf, über Wesen, Zweck und Rechtsgrundlagen des offenbar geforderten Sondermitgliedsbeitrags zu informieren und alle Belege einzureichen, welche aufzeigten, welche Gelder in diesen beiden Fällen (Freitod von A.Y.________ und B.Y.________) an den Verein X.________ überwiesen worden seien. 
 
B. 
Gegen diese Verfügung erhoben der Verein X.________ sowie - in eigenem Namen - dessen Generalsekretär Z.________ mit Eingabe vom 9. August 2010 Rekurs an die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und verlangten die Aufhebung der Verfügung. Mit Entscheid vom 29. September 2010 trat diese auf den Rekurs von Z.________ nicht ein und wies den Rekurs des Vereins X.________ ab, soweit sie darauf eintrat. Sie erwog, es bestehe ein Anfangsverdacht, dass die Beihilfe zum Doppelsuizid von A.Y.________ und B.Y.________ aus selbstsüchtigen Beweggründen erfolgt sei, was gemäss Art. 115 StGB strafbar wäre. 
 
C. 
Der Verein X.________ führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag auf Aufhebung des Rekursentscheids der Oberstaatsanwaltschaft. Er bringt insbesondere vor, es gäbe keinerlei Hinweise auf ein selbstsüchtiges Handeln einer natürlichen, den Verein X.________ vertretenden Person. 
Die Staatsanwaltschaft See/Oberland verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die Oberstaatsanwaltschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde. Der Verein X.________ hält in seiner abschliessenden Stellungnahme an seinem Antrag fest. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Der angefochtene Entscheid erging im Rahmen einer Strafuntersuchung und betrifft damit eine Strafsache im Sinne von Art. 78 Abs. 1 BGG. Ein kantonales Rechtsmittel steht nicht zur Verfügung. Nach Art. 80 BGG in Verbindung mit Art. 130 Abs.1 BGG kann die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht - soweit die übrigen Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind - auch gegen Entscheide einer nichtrichterlichen kantonalen Instanz zulässig sein. 
 
1.2 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der das genannte Strafverfahren nicht abschliesst. Gegen Vor- und Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen (vgl. Art. 92 BGG), ist die Beschwerde ans Bundesgericht gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder - was indes hier von vornherein ausser Betracht fällt - wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Von einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil wird gesprochen, wenn dieser auch durch ein nachfolgend günstiges Urteil nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann (BGE 131 I 57 E. 1 S. 59). Im Verfahren der Beschwerde in Strafsachen muss der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht bloss tatsächlicher, sondern rechtlicher Natur sein (BGE 133 IV 139 E. 4 S. 141). Dabei obliegt es dem Beschwerdeführer, detailliert darzutun, dass die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich ist (vgl. dazu BGE 134 III 426 E. 1.2 S. 428; 133 III 629 E. 2.3.1 und 2.4.2 S. 632). 
Per 1. Januar 2011 ist die Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO; SR 312.0) in Kraft getreten. Ist ein Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden, so werden Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt (Art. 453 Abs. 1 StPO). Im bundesgerichtlichen Verfahren findet daher bisheriges Recht Anwendung, mithin die per 31. Dezember 2010 aufgehobene Strafprozessordnung des Kantons Zürich vom 4. Mai 1919 (aStPO/ZH; LS 321). 
Das Editionsbegehren der Staatsanwaltschaft stellt eine Aufforderung zur freiwilligen Herausgabe dar. Erst wenn der Betroffene ohne Grund die Herausgabe verweigert, greifen die strafprozessualen Zwangsmassnahmen Platz, das heisst, es kann eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahme der beweisrelevanten Papiere erfolgen (vgl. § 103 aStPO/ZH). Widersetzt sich diesfalls der Inhaber der Papiere der Durchsuchung, so bewahrt die Untersuchungsbehörde sie versiegelt auf und holt den Entscheid des Bezirksgerichts darüber ein, ob die Untersuchung stattfinden darf. Der Inhaber der Papiere ist berechtigt, sein Siegel ebenfalls beizudrücken; macht er von diesem Recht Gebrauch, so ist ihm Gelegenheit zu geben, der Entsiegelung beizuwohnen (§ 101 aStPO/ZH). 
 
Vorliegend stand es dem Beschwerdeführer frei, die Editionsaufforderung nicht zu befolgen, und die Nichtbeachtung der Verfügung zog keine unmittelbare Sanktion nach sich. Eine Durchsuchung und Beschlagnahme hat bislang nicht stattgefunden. Nach der Rechtsprechung liegt in der Editionsaufforderung wie im Übrigen auch in der blossen Beschlagnahme und Versiegelung von Akten noch kein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur begründet, sofern eine richterliche Behörde über die Zulässigkeit der Entsiegelung entscheidet (vgl. Urteile 1P.80/1998 vom 1. April 1998 E. 1c und 1P.28/1998 vom 25. Februar 1998 E. 1b; siehe ferner Urteil 1B_351/2010 vom 14. Januar 2011 E. 1.3.3). 
 
Dass der angefochtene Rekursentscheid der Oberstaatsanwaltschaft einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken könnte, ist damit nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht dargelegt. 
 
1.3 Da der Beschwerdeführer innert der von der Staatsanwaltschaft gesetzten Frist (9. August 2010) und bis zum jetzigen Zeitpunkt der Editionsaufforderung nicht nachgekommen ist, können bei Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts eine Hausdurchsuchung angeordnet und beweisrelevante Aufzeichnungen beschlagnahmt werden. Diese Zwangsmassnahmen würden sich nach neuem Recht richten, werden doch gemäss Art. 448 Abs. 1 StPO in Verbindung mit Art. 449 Abs. 1 StPO Verfahren, die bei Inkrafttreten der StPO hängig sind, nach neuem Recht von den danach zuständigen Behörden geführt. 
Ordnet die zuständige Strafbehörde eine Durchsuchung und Beschlagnahme an, hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, die Siegelung der Aufzeichnungen zu verlangen (Art. 248 Abs. 1 StPO). Diesfalls kann die Strafbehörde innert 20 Tagen beim kantonalen Zwangsmassnahmengericht (Art. 18 StPO) ein Entsiegelungsgesuch stellen (Art. 248 Abs. 2 StPO), und das Zwangsmassnahmengericht hat innert Monatsfrist über die Entsiegelung zu entscheiden (Art. 248 Abs. 3 lit. a). Dem Zwangsmassnahmengericht kommt umfassende Kognition zu, so dass namentlich auch das Fehlen eines hinreichenden Tatverdachts erst im Entsiegelungsverfahren geltend zu machen ist (Olivier Thormann/Beat Brechbühl, Basler Kommentar StPO, 2010, Art. 248 N. 61). 
 
2. 
Zusammenfassend ist deshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft See/Oberland und der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 8. Februar 2011 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Fonjallaz Stohner