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Ecriture agrandie
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_171/2023  
 
 
Urteil vom 19. Juni 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin Koch, 
Gerichtsschreiber Keskin. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Paul Hofer, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, 
Postfach 3439, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Verwenden eines Telefons ohne Freisprecheinrichtung; 
willkürliche Beweiswürdigung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 14. Dezember 2022 (2M 22 5). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern wirft A.________ vor, am 19. März 2021 um 15.05 Uhr während der Fahrt auf der A2 in Emmenbrücke ein Telefon ohne Freisprecheinrichtung verwendet zu haben. Sie sprach A.________ mit Strafbefehl vom 26. Juli 2021 des Verwendens eines Telefons ohne Freisprecheinrichtung während der Fahrt schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 100.--. 
 
B.  
 
B.a. Auf Einsprache von A.________ bestätigte das Bezirksgericht Hochdorf mit Urteil vom 6. April 2022 den Schuldspruch wegen Verwendens eines Telefons ohne Freisprecheinrichtung während der Fahrt sowie die Strafe.  
 
B.b. Auf Berufung von A.________ bestätigte das Kantonsgericht Luzern mit Urteil vom 14. Dezember 2022 den bezirksgerichtlichen Entscheid.  
 
C.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, die Dispositivziffern 1-3 des angefochtenen Urteils (Schuldpunkt, Strafe und Kostenverlegung) seien aufzuheben und er sei vom Vorwurf des Verwendens eines Telefons ohne Freisprecheinrichtung während der Fahrt freizusprechen. Eventualiter seien die Dispositivziffern 1-3 des angefochtenen Urteils aufzuheben und es sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Schliesslich seien die Kosten des erst- und oberinstanzlichen Verfahrens auf die Staatskasse zu nehmen und es sei ihm eine angemessene Entschädigung zu bezahlen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz verfalle in Willkür, indem sie davon ausgehe, dass die Aussagen des Zeugen B.________ zutreffend protokolliert worden seien und dass somit auf das betreffende Protokoll abzustellen sei. Er bringt vor, er habe das Protokoll zur fraglichen Zeugeneinvernahme nicht selbst lesen dürfen, obwohl er explizit darum ersucht habe. Er habe unmöglich wissen können, was genau tatsächlich protokolliert worden sei. Dies habe er bei der ersten sich bietenden Gelegenheit nachgeholt, nachdem er im Vorfeld zur Hauptverhandlung erstmals Einsicht in die Verfahrensakten gehabt und das Protokoll mit den von ihm selbst bei der Befragung gemachten Notizen verglichen habe. Die Protokollierung weiche vom mündlich Gesprochenen ab.  
Nach der Ansicht des Beschwerdeführers willkürlich sei auch, wenn die Vorinstanz darin, dass er über ein Fahrzeug mit einer funktionierenden Freisprechanlage verfüge, die er zudem zu bedienen wisse und welche sich schliesslich auch automatisch mit seinem Telefon verbinde, keinen Hinweis auf den erwähnten Protokollierungsfehler erkenne. Sein Auto verfüge unbestrittenermassen über eine Freisprecheinrichtung, welche sich automatisch nach der Inbetriebnahme des Fahrzeugs per Bluetooth mit dem Telefon verbinde. Er habe der Vorinstanz deren Funktionsweise erklärt. Es sei davon auszugehen, dass er nicht nur über ein Auto mit einer Freisprecheinrichtung verfüge, sondern Letztere auch zu bedienen wisse. Vor diesem Hintergrund wäre das Gespräch mit Sicherheit über die Freisprechanlage erfolgt, wenn er im fraglichen Zeitpunkt am Telefonieren gewesen wäre. Mit ihrer Annahme, wonach es notorisch sei, dass es bei solchen Systemen mitunter zu Verbindungsproblemen komme und dass solche Freisprechanlagen, auch wenn sie funktionieren würden, nicht immer verwendet würden, stelle die Vorinstanz auf Tatsachen ab, die eindeutig und augenfällig unzutreffend seien. Verbindungsprobleme bei den in Frage stehenden Systemen, die in modernen Fahrzeugen vor allem der Oberklasse eingesetzt werden, kämen eigentlich nie vor. Wenn keine Verbindung aufgebaut werde, dann liege dies praktisch immer am Anwender, der das System nicht ordnungsgemäss bediene. Letzteres könne vorliegend ausgeschlossen werden. Ferner erscheine die vorinstanzliche Annahme, wonach ein solches System zwar funktionstüchtig sei, jedoch nicht verwendet werde, als lebensfremd, würden sich Systeme dieser Art bekanntlich automatisch mit dem Mobiltelefon des Anwenders verbinden. Wollte ein Anwender eine funktionierende Freisprecheinrichtung dieser Art tatsächlich nicht verwenden, müsste er die Bluetooth-Funktion des Telefons vorgängig ausschalten. Hierfür bestehe indessen nicht der geringste Anlass für einen Anwender, der beabsichtige, zu telefonieren. 
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; 145 IV 154 E. 1.1; je mit Hinweisen). Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, das heisst, wenn das Gericht in seinem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; 145 IV 154 E. 1.1; 141 IV 305 E. 1.2; je mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1, 88 E. 1.3.1).  
War wie vorliegend ausschliesslich eine Übertretung Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens (Art. 398 Abs. 4 StPO), prüft das Bundesgericht frei, ob die Vorinstanz auf eine gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachte Rüge der willkürlichen Beweiswürdigung hin zu Unrecht Willkür verneint hat. Der Beschwerdeführer muss sich bei der Begründung der Rüge, die Vorinstanz habe Willkür zu Unrecht verneint, auch mit den Erwägungen der ersten Instanz auseinandersetzen. Das Bundesgericht nimmt indes keine eigene Beweiswürdigung vor (Urteile 6B_1282/2022 vom 9. Februar 2023 E. 4; 6B_1120/2022 vom 25. November 2022 E. 2; 6B_38/2022 vom 11. Mai 2022 E. 3.2; 6B_1047/2018 vom 19. Februar 2019 E. 1.1.2; 6B_152/2017 vom 20. April 2017 E. 1.3). 
 
1.3. Der Beschwerdeführer behauptet, einen Schokoladenriegel der Marke "Snickers" gegessen, und nicht wie ihm vorgeworfen, mit dem Mobiltelefon in der Hand telefoniert zu haben. Dass er als Fahrzeuglenker während der Fahrt einen Gegenstand auf Kopfhöhe in der Hand gehalten hat, bestreitet auch der Beschwerdeführer nicht. Dabei setzt er sich nicht mit den vorinstanzlichen Erwägungen und dem dortigen Verweis auf das erstinstanzliche Urteil auseinander (angefochtenes Urteil S. 5 f.), wonach nicht bloss einer, sondern zwei Polizeibeamte übereinstimmend ausgesagt hätten, der Beschwerdeführer habe telefoniert. Diesbezüglich kann nicht gesagt werden, die Vorinstanz hätte Willkür der ersten Instanz zu Unrecht verneint, beruht doch die Beweiswürdigung auf mehreren Zeugenaussagen. Enthält ein Entscheid mehrere selbstständigen Begründungen, die je für sich den Ausgang der Sache besiegeln, müssen für die Gutheissung einer Beschwerde alle Begründungen das Recht verletzen. Die beschwerdeführende Partei hat in solchen Fällen vor Bundesgericht daher bezüglich jeder Begründung in einer den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG genügenden Weise darzulegen, dass sie Recht verletzt, andernfalls auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann (vgl. BGE 142 III 364 E. 2.4; 138 I 97 E. 4.1.4; 133 IV 119 E. 6.3). Insoweit sind seine Vorbringen im Zusammenhang mit der im Fahrzeug vorhandenen Freisprechanlage irrelevant.  
 
1.4. Soweit der Beschwerdeführer sinngemäss eine Verletzung der Protokollierungsvorschriften geltend machen will, indem er ausführt, er habe das Protokoll zur fraglichen Zeugeneinvernahme nicht selbst lesen dürfen, weshalb es nicht mit dem tatsächlich Gesprochenen übereinstimme, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Vorinstanz hält fest, dass das Einvernahmeprotokoll des Zeugen B.________ vom 13. Oktober 2021, an welcher der Beschwerdeführer teilgenommen habe, vorgelesen worden sei. Nicht stichhaltig ist daher, wenn der Beschwerdeführer entgegen dem vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt und entgegen dem schriftlichen Protokoll eine bloss sinngemässe mündliche Wiedergabe behauptet, ohne hierfür Anhaltspunkte zu nennen. Das Vorlesen des Protokolls ist gemäss Art. 78 Abs. 5 StPO zulässig und genügt den gesetzlichen Anforderungen zur Kenntnisnahme des Protokollinhalts. Aus dem Gesetz geht hinsichtlich der Art der Kenntnisnahme des Protokollinhalts keine Hierarchie hervor. Im Übrigen ist dieses Protokoll, wie ausgeführt, auch nicht alleine entscheiderheblich.  
 
1.5. Die Rügen des Beschwerdeführers erweisen sich insgesamt als unbegründet, soweit darauf eingetreten werden kann.  
 
2.  
Der Antrag auf Abänderung des erst- und vorinstanzlichen Kostenentscheids sowie auf Entrichtung einer Entschädigung werden bloss im Zusammenhang mit einem vollständigen Freispruch begründet. Dies ist hier nicht der Fall. Insoweit erübrigen sich Ausführungen dazu. 
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dementsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Juni 2023 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Keskin