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Regeste a

Art. 78 ff. BGG; Art. 222 und 429-431 StPO; Zulässigkeit der Beschwerde in Strafsachen.
Gegen kantonal letztinstanzliche Entscheide über die Anordnung von Sicherheitshaft im selbstständigen gerichtlichen Nachverfahren betreffend die nachträgliche Anordnung einer stationären Massnahme steht die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht offen. Über Haftentschädigungs- und Genugtuungsbegehren ist indes nicht im Haftprüfungsverfahren zu entscheiden, sondern im gesetzlich dafür vorgesehenen Haftentschädigungsverfahren (E. 1).

Regeste b

Art. 65 Abs. 1 StGB; Art. 364a und 364b StPO; Anordnung und Fortsetzung von Sicherheitshaft während des massnahmenrechtlichen selbstständigen gerichtlichen Nachverfahrens.
Gemäss Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist ein Zurückkommen auf einen rechtskräftigen Entscheid zu Ungunsten einer Person konventionsrechtlich nur zulässig, wenn neue Tatsachen und Beweismittel die abgeurteilten Taten oder die Schuldfrage beeinflussen. Neue Tatsachen und Beweismittel, welche lediglich die nachträgliche Anordnung einer stationären Massnahme nach Art. 65 Abs. 1 StGB begründen, reichen damit nicht aus. Die Anwendung von Art. 65 Abs. 1 StGB erscheint unter diesen Umständen als konventionswidrig. Setzt sich die Staatsanwaltschaft über die beim Beschuldigten im Zeitpunkt der Verurteilung bestehenden Anzeichen massnahmebegründender Tatsachen hinweg, muss ihr zudem ein unsorgfältiges Vorgehen vorgeworfen werden, was die Zulässigkeit der nachträglichen Anordnung einer stationären Massnahme nach Art. 65 Abs. 1 StGB mehrere Jahre nach der Tat sowie nach vollständigem Vollzug der ursprünglich verhängten Strafe weiter ernstlich in Frage stellt. Ferner ist unklar, ob eine Anwendung von Art. 65 Abs. 1 StGB bei einer bedingt ausgefällten und später widerrufenen Freiheitsstrafe überhaupt in Frage kommt. In Anbetracht dieser Umstände musste der Beschwerdeführer im zu beurteilenden Fall nicht ernsthaft befürchten, dass ihm die nachträgliche Anordnung einer Massnahme nach Art. 65 Abs. 1 StGB droht. Insofern fehlte es an der für die Anordnung von Sicherheitshaft während des massnahmenrechtlichen selbstständigen gerichtlichen Nachverfahrens erforderlichen Bedingung, wonach der Vollzug einer freiheitsentziehenden Sanktion ernsthaft zu erwarten ist (E. 2-4).

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Referenzen

Artikel: Art. 65 Abs. 1 StGB, Art. 78 ff. BGG, Art. 222 und 429-431 StPO, Art. 364a und 364b StPO