102 III 140
Chapeau
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26. Entscheid vom 18. November 1976 i.S. Bank für Handel und Effekten.
Regeste
Procédure de revendication (art. 106 ss LP).
1. Délai de plainte (consid. 1).
2. Déchéance du droit de revendication ensuite du retard malicieux mis par un tiers à faire connaître sa prétention à l'office des poursuites (consid. 3).
A.- Gestützt auf den Arrest Nr. 88/74, den die Vereinigten Staaten von Amerika gegen Francis N. Rosenbaum erwirkt hatten, pfändete das Betreibungsamt Zürich 1 am 23. September 1974 bei der Bank für Handel und Effekten in Zürich ein Guthaben des Schuldners aus Kontokorrent im Betrage von US$ 249'706.-- sowie 113000 Aktien der "Alsco Inc., Delaware". Das Konto wie das Depot lauten auf den Namen
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"Agencia Industrial C. por A., Santo Domingo". Mit Schreiben vom 4. Oktober 1974 an das Betreibungsamt beanspruchte die Bank ein Retentionsrecht an den gepfändeten Werten und erklärte zudem die Verrechnung mit Forderungen gegen Rosenbaum. Ferner wies sie darauf hin, dass bis jetzt weder tatsächlich noch rechtlich abgeklärt sei, ob die auf dem gepfändeten Konto "Agencia Industrial" liegenden Werte tatsächlich dem Schuldner Rosenbaum gehörten; einiges deute darauf hin, dass dem nicht so sei. Am 11. Juli 1975 schrieb die Bank dem Betreibungsamt, auf den Namen Francis N. Rosenbaum oder auf den Namen eines Dritten, von dem sie wisse, dass er Vermögenswerte für Rosenbaum innehabe, befänden sich bei ihr keine Vermögenswerte irgendwelcher Art. Richtig sei dagegen, dass die erwähnten Werte auf den Namen "Agencia Industrial C. por A., Santo Domingo" bei ihr lagerten. Sie betone jedoch mit allem Nachdruck, dass es sich bei diesen Vermögenswerten nach ihrem Dafürhalten um Vermögen der Agencia Industrial und nicht um solches des Rosenbaum handle. Für den Fall, dass es sich dennoch um Vermögen des Rosenbaum handeln sollte, mache sie weiterhin Verrechnung geltend; eventuell beanspruche sie ein Retentionsrecht. Am 31. Oktober 1975 setzte das Betreibungsamt der Gläubigerin Frist an zur Anhebung der Widerspruchsklage gegen die Bank für Handel- und Effekten hinsichtlich des von dieser geltend gemachten Pfand- bzw. Retentionsrechts.
B.- Mit Eingabe vom 4. Mai 1976 beschwerte sich die Bank für Handel und Effekten gegen diese Fristansetzung beim Bezirksgericht Zürich als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Sie machte geltend, die Durchführung des Widerspruchsverfahrens sei in bezug auf das gepfändete Konto fehlerhaft, da sie in erster Linie die Verrechnung erklärt habe. In einer ergänzenden Beschwerdeschrift führte die Bank überdies aus, alle bei ihr gepfändeten Vermögensstücke gehörten der Agencia Industrial S. por A., Santo Domingo, deren Eigentumsansprache im Widerspruchsverfahren zuerst behandelt werden müsse. Die Fristansetzung zur Widerspruchsklage sei daher vollumfänglich aufzuheben.
Mit Entscheid vom 2. Juni 1976 trat das Bezirksgericht nicht auf die Beschwerde ein, da es sie für verspätet hielt. Ein Rekurs gegen diesen Entscheid wurde vom Obergericht des
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Kantons Zürich als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde mit Beschluss vom 27. September 1976 abgewiesen.
C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts beantragt die Bank für Handel und Effekten, die Fristansetzung des Betreibungsamtes vom 31. Oktober 1975 sei aufzuheben. Mit Verfügung vom 21. Oktober 1976 wurde dem Rekurs aufschiebende Wirkung erteilt.
Die Vereinigten Staaten von Amerika beantragen in ihrer Vernehmlassung die Abweisung des Rekurses.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 17 Abs. 2 SchKG ist die Beschwerde innert 10 Tagen anzubringen, seitdem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat. Die angefochtene Klagefristansetzung vom 31. Oktober 1975 wurde der Rekurrentin nicht mitgeteilt und musste ihr entgegen ihrer Ansicht auch nicht mitgeteilt werden. Indessen wurde der Vertreter der Rekurrentin vom Betreibungsamt schon mit Schreiben vom 12. November 1975 darüber informiert, dass der Gläubigerin am 31. Oktober 1975 eine zehntägige Frist zur Klageeinreichung über das von der Rekurrentin geltend gemachte Pfandrecht angesetzt worden war. Dass das Widerspruchsverfahren nur das Pfand- bzw. Retentionsrecht betraf, konnte die Rekurrentin zudem der Klageschrift der Gläubigerin im Widerspruchsprozess entnehmen. Das Doppel dieser Schrift wurde ihr zugestellt. Schliesslich hat die Rekurrentin in ihrer Beschwerdeschrift vom 4. Mai 1976 selbst ausgeführt, sie habe Ende Februar 1976 in die Akten des Widerspruchsverfahrens Einsicht genommen und bei dieser Gelegenheit bemerkt, dass das Betreibungsamt Frist zur Widerspruchsklage auch in bezug auf die Pfändungsposition 1 (Dollarguthaben) angesetzt habe; auf Grund der Einsichtnahme habe sie darauf am 23. Februar 1976 im Widerspruchsprozess ein Sistierungsgesuch gestellt mit der Begründung, vor Behandlung der Pfandansprache müsse ihre Verrechnungseinrede geprüft werden. Daraus ergibt sich, dass die Rekurrentin von der Verfügung vom 31. Oktober 1975 spätestens im Februar 1976 hinreichend Kenntnis hatte, um dagegen Beschwerde führen zu
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können. Es ist mutwillig, wenn sie heute behauptet, sie habe bei der damaligen Durchsicht der (bloss 7 Urkunden umfassenden) Klagebeilagen die Original-Pfändungsurkunde und die darin enthaltene Fristansetzung übersehen. Bezüglich des Verrechnungsanspruchs und des Retentionsrechts war die erst am 4. Mai 1976 eingereichte Beschwerde daher offensichtlich verspätet.
2. Nun hat die Rekurrentin aber schon im kantonalen Verfahren geltend gemacht, das Betreibungsamt wäre verpflichtet gewesen, der Gläubigerin Frist zur Widerspruchsklage gegen die Agencia Industrial S. por A., Santo Domingo, anzusetzen, der die gepfändeten Vermögenswerte gehörten. Träfe dies zu, so hätte das Betreibungsamt eine ihm obliegende Amtspflicht nicht erfüllt, wogegen jederzeit wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung Beschwerde geführt werden könnte, solange die Säumnis andauert (Art. 17 Abs. 3 SchKG).
Indessen haben weder der Schuldner noch die Agencia Industrial beim Betreibungsamt je eine Eigentumsansprache erhoben. Die Rekurrentin selbst gab ihre Erklärungen nicht im Namen der angeblichen Ansprecherin und als deren Stellvertreterin ab. In ihrem Schreiben an das Betreibungsamt vom 4. Oktober 1974 wies sie lediglich darauf hin, es sei bis jetzt nicht abgeklärt worden, ob die gepfändeten Werte dem Schuldner oder der Agencia Industrial gehörten, und das Schreiben vom 11. Juli 1975 gibt nur ihre subjektive Meinung wieder, behauptet sie doch darin einzig, die Werte gehörten "nach ihrem Dafürhalten" der Agencia Industrial. Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Erklärungen und der Umstand, dass die gepfändeten Vermögensstücke auf den Namen der Agencia Industrial bei der Rekurrentin lagerten, das Betreibungsamt nicht hätten veranlassen sollen, die formelle Kontoinhaberin von sich aus auf die Notwendigkeit aufmerksam zu machen, ihren allfälligen Anspruch auf das Guthaben und die Aktien rechtzeitig anzumelden (BGE 97 III 67).
3. Wie es sich damit verhält, kann jedoch offen bleiben, da eine Eigentumsansprache der Agencia Industrial im heutigen Zeitpunkt auf jeden Fall verspätet wäre. Zwar sieht das Gesetz grundsätzlich keine Frist für die Anmeldung des Widerspruchs vor, doch zieht nach der Rechtsprechung eine arglistige Verzögerung der Anmeldung die Verwirkung des
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Rechts zur Geltendmachung der Ansprache nach sich. Der Vorwurf der arglistigen Verzögerung kann sich schon dann rechtfertigen, wenn der Dritte mit der Anmeldung seiner Ansprache ohne beachtlichen Grund längere Zeit zuwartet, obwohl ihm bewusst sein muss, dass er damit den Gang des Betreibungsverfahrens hemmt (BGE 99 III 12, BGE 97 III 67, BGE 95 III 15, BGE 88 III 117 ff.). Die Verwirkung des Widerspruchsrechts durch arglistige Verzögerung kann jedoch selbstverständlich nur eintreten, wenn der Dritte von der Pfändung oder Arrestierung des Vermögensstückes, das er für sich beansprucht, hinlänglich Kenntnis erhalten hat (BGE 97 III 64, BGE 88 III 117).Aus den eigenen Ausführungen der Rekurrentin in der von ihr ins Recht gelegten Klageantwort im Widerspruchsprozess geht hervor, dass Rosenbaum ermächtigt war, über das Konto der Agencia Industrial zu verfügen, und dass er am 11. Februar 1963 im Namen dieser Firma die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Rekurrentin unterzeichnete. Rosenbaum trat somit gegenüber der Rekurrentin als Vertreter der Agencia Industrial auf. Ferner ergibt sich aus der von der Rekurrentin im kantonalen Verfahren eingelegten Gründungsurkunde jener Gesellschaft, dass Rosenbaum zu deren Gründungsmitgliedern gehörte und Mitglied des Verwaltungsrates war. Der Sistierungsverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 5. April 1973 in der Strafuntersuchung gegen die verantwortlichen Organe der Agencia Industrial lässt sich sogar entnehmen, diese Firma weise ausser Rosenbaum keine weiteren Verantwortlichen auf. Unter diesen Umständen muss sich die Agencia Industrial das Wissen Rosenbaums anrechnen lassen. Als Schuldner erhielt dieser - und damit nach dem Gesagten auch die Agencia Industrial - nun aber schon im Sommer 1974 vom Arrest und im Herbst 1974 von der Pfändung hinreichend Kenntnis, mussten ihm doch die entsprechenden Urkunden zugestellt werden. Die Agencia Industrial hätte allen Anlass gehabt, schon damals ihre Rechte an dem auf ihren Namen lautenden Konto bzw. Depot anzumelden. Als ausländischer Firma war ihr freilich eine längere Anmeldefrist zuzubilligen als einem inländischen Ansprecher (BGE 97 III 66 /67). Indessen wusste sie aus einem auch Rosenbaum zugestellten Beschwerdeentscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 13. Dezember 1974, dass sie ausdrücklich Widerspruch erheben musste, wenn sie die gepfändeten Vermögensstücke
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der Verwertung in der Zwangsvollstreckung gegen Rosenbaum entziehen wollte. Damit fehlte es an jedem beachtlichen Grund für ein weiteres Zuwarten mit der Eigentumsansprache.Würde die Agencia Industrial ihre Ansprüche erst heute anmelden, also mehr als zwei Jahre nach der Arrestierung und Pfändung, die ihr durch Rosenbaum bekannt geworden waren, so bliebe ihr der Vorwurf der arglistigen Verzögerung zweifellos nicht erspart. Bei dieser Sachlage hätte es keinen Sinn mehr, heute vom Betreibungsamt verlangen zu wollen, es müsse die Agencia Industrial auf die Notwendigkeit einer Eigentumsansprache aufmerksam machen. Von einer Rechtsverweigerung bzw. -verzögerung, die jederzeit gerügt werden könnte, kann daher nicht die Rede sein. Im übrigen würde die Einleitung eines Widerspruchsverfahrens gegen die Agencia Industrial die angefochtene Klagefristansetzung vom 31. Oktober 1975 entgegen der Ansicht der Rekurrentin keineswegs hinfällig machen. Wird nämlich ein gepfändeter Gegenstand von mehreren Personen beansprucht, so ist das Widerspruchsverfahren in bezug auf alle Drittansprachen durchzuführen, und zwar gleichzeitig (BGE 81 III 105 ff.). Das gilt auch dann, wenn ein Drittanspruch nur eventuell, für den Fall der Abweisung einer anderen Drittansprache, erhoben wird. Es ist Sache des Richters, in einem solchen Falle den Widerspruchsprozess über die Eventualansprache allenfalls bis zum Entscheid über den Hauptanspruch zu sistieren.
Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.