102 IV 253
Chapeau
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58. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. Oktober 1976 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden
Regeste
Art. 27 al. 1 LCR.
Sont considérés comme "ordre de la police" au sens de cette disposition, tous ceux pour lesquels la police peut se réclamer de son devoir général d'assurer l'ordre et la sécurité de la circulation publique.
A.- Am 17. September 1974 lenkte X. einen Gesellschaftswagen von Tiefencastel durch das Oberhalbstein in Richtung Engadin. In Tiefencastel fuhr ein von Landjäger Z. gelenktes Polizeifahrzeug (VW-Bus) auf den Gesellschaftswagen auf und folgte diesem bis zu der unterhalb der Julierpasshöhe gelegenen Alp Sur Conda. Der Zivilkleider tragende Polizist Z. will den Gesellschaftswagen erst an der letztgenannten Stelle überholt haben können, weil ihm X. zuvor ein Überholen verunmöglicht habe; dieser habe einerseits bei den vorhandenen Ausstellplätzen nicht angehalten und anderseits auf den geraden und flachen Strassenabschnitten die Fahrt beschleunigt. Zudem sei er am Ende des Stausees Marmorera an einer auf rot gestellten Lichtsignalanlage vorbeigefahren. Auf der Julierpasshöhe hielt Landjäger Z. den X. an und verlangte von ihm, nachdem er sich als Polizeibeamter ausgewiesen hatte, den Gesellschaftswagen auf einem Ausweichplatz abzustellen
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und die Ausweispapiere vorzuzeigen. X. kam dieser Aufforderung nicht nach und setzte die Fahrt Richtung Engadin fort.
B.- Mit Strafmandat vom 25. November 1974 sprach der Präsident des Kreises Oberhalbstein X. der Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 35 Abs. 7 SVG und Art. 10 Abs. 3 VRV in Verbindung mit Art. 90 Ziff. 1 SVG und der Auskunftsverweigerung gemäss Art. 26 Abs. 1 StPO schuldig und büsste ihn mit 150 Franken, bedingt löschbar nach Ablauf einer Probezeit von einem Jahr.
Am 16. Dezember 1975 bestätigte der Kreisgerichtsausschuss Oberhalbstein Schuldspruch und Busse.
Am 12. Juli 1976 hob der Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden diesen Entscheid auf und sprach X. von der Anklage der Verletzung von Art. 27 Abs. 1 und 35 Abs. 7 SVG sowie Art. 10 Abs. 3 VRV frei. Dagegen sprach er ihn schuldig der Verletzung von Verkehrsregeln gemäss Art. 27 Abs. 1 SVG (Nichtbefolgen einer polizeilichen Weisung) in Verbindung mit Art. 90 Ziff. 1 SVG und büsste ihn mit Fr. 100.--, bedingt löschbar nach einer einjährigen Probezeit.
Aus den Erwägungen:
3. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, die Aufforderung, den Gesellschaftswagen auf den Ausstellplatz zu fahren, um eine Kontrolle zu ermöglichen, stelle inhaltlich keine Weisung gemäss Art. 27 Abs. 1 SVG dar. Weisungen im Sinne dieser Bestimmung seien technische Mittel zur Führung des Verkehrs und erforderten für ihre Verbindlichkeit die Übereinstimmung mit der V über die Strassensignalisation. Wo es sich nicht um eine Anordnung oder Hilfeleistung mit dem Zweck handle, eine für die Strassenbenützer verbindliche Verkehrsregelung vorzunehmen, liege keine solche Weisung vor.
b) Gemäss Art. 27 Abs. 1 SVG sind Signale und Markierungen sowie die Weisungen der Polizei zu befolgen.
Als Weisung im Sinne dieser Bestimmung gilt die von einem Polizeiorgan im konkreten Einzelfall an eine bestimmte Person gerichtete Anordnung (STREBEL, N. 3 zu Art. 18 MFG). Ob eine solche Anordnung, um gemäss Art. 27 Abs. 1 SVG beachtlich zu sein, einen beliebigen Inhalt aufweisen könne
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oder ob nach dieser Richtung eine Einschränkung erfolgen müsse, ist der Bestimmung nicht zu entnehmen. Aus der Gleichstellung der polizeilichen Weisungen mit den Signalen und Markierungen hinsichtlich der Pflicht zu ihrer Beachtung durch alle Strassenbenützer ist hiefür nichts zu folgern. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, es seien nur jene polizeilichen Weisungen zu beachten, die wie Signale und Markierungen die Verkehrslenkung zum Gegenstand haben. Was der Beschwerdeführer in diesem Punkt als Zitat aus STREBEL (Strassenverkehrsgesetz, S. 53) vorträgt, bezieht sich, wie das dort klar hervorgehoben wird, ausschliesslich auf Signale und Markierungen, nicht auf Weisungen. Grundsätzlich könnte der Bundesrat für einen in einem Bundesgesetz verwendeten Begriff eine Legaldefinition geben (FLEINER/GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht, S. 804). Allein das tat er in bezug auf die in Frage stehenden Weisungen nicht. Der Beschwerdeführer verkennt, dass im Interesse der Verkehrssicherheit ein erhebliches Bedürfnis besteht, auch andere als unmittelbar der Verkehrsregelung dienende polizeiliche Anordnungen verbindlich zu erklären, so beispielsweise jene, eine Ladung zu verringern oder besser zu sichern, eine verschmutzte Windschutzscheibe zu reinigen usw. So werden denn als gemäss Art. 27 Abs. 1 SVG zu beachtende polizeiliche Weisungen allgemein betrachtet "mündliche Weisungen unmittelbar im Verkehr" (Botschaft des Bundesrates zum Entwurf eines BG über den Strassenverkehr, BBl 1955, II, S. 30), alle zur Gewährleistung der Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs sowie der Beachtung der Verkehrsregeln durch die Strassenbenützer dienenden Anordnungen (BUSSY/RUSCONI, N. 2.2. zu Art. 27 SVG), oder schliesslich alle Anordnungen, für welche sich die Polizei auf ihren Generalauftrag, für Ordnung und Sicherheit - und was auf Grund der gegebenen Beispiele einschränkend beizufügen ist - im Strassenverkehr zu sorgen, berufen kann (STREBEL, a.a.O., S. 54).c) Der Beschwerdeführer wurde von Landjäger Z. aufgefordert, den von ihm geführten Gesellschaftswagen von der Fahrbahn, wo er angehalten worden war, auf den Ausstellplatz zu fahren, damit die Ausweise kontrolliert werden könnten. Diese Anordnung erfolgte unmittelbar im Verkehr, mit direktem Bezug auf diesen und insbesondere im Blick auf die Vorschrift des Art. 18 Abs. 1 VRV, wonach Fahrzeuge nach
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Möglichkeit ausserhalb der Strasse anzuhalten sind. Die Vorinstanz verletzte unter diesen Umständen nicht Bundesrecht, wenn sie annahm, es habe sich bei der von Landjäger Z. getroffenen Anordnung um eine Weisung im Sinne von Art. 27 Abs. 1 SVG gehandelt.