111 Ib 257
Chapeau
111 Ib 257
49. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Juli 1985 i.S. Dr. A. und Dr. K. gegen Kanton Basel-Stadt und Appellationsgericht (als Verwaltungsgericht) des Kantons Basel-Stadt (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste
Art. 34 al. 1 LAT, recours de droit administratif. Art. 5 al. 2 LAT, expropriation matérielle; protection des monuments.
Recevabilité du recours de droit administratif contre une décision prise en dernière instance cantonale sur l'indemnisation résultant de l'instauration de mesures de protection à l'égard d'immeubles (consid. 1a).
Critères permettant de déterminer si l'atteinte a pour conséquence le retrait d'un attribut essentiel du droit de propriété et, partant, équivaut à une expropriation (consid. 4a). Question résolue par la négative en l'espèce (consid. 4b). La mise d'un immeuble à l'inventaire des monuments protégés, à seule fin principalement de protéger ses façades, ne constitue pas, en règle générale, une expropriation matérielle (consid. 4c).
Dr. A. ist Eigentümer der Liegenschaft Angensteinerstrasse 28 in Basel. Die angrenzende Liegenschaft Angensteinerstrasse 30 gehört Dr. K. Auf jedem der beiden Grundstücke steht ein im Jahre 1896 erbautes Einfamilienhaus mit ursprünglich 12 Zimmern, verteilt auf zwei Geschosse. Am 30. Juli 1970 reichten Dr. A. und die damaligen Eigentümer der Liegenschaft Angensteinerstrasse 30 ein Baugesuch für die gemeinsame Neuüberbauung der beiden Parzellen mit einem Mehrfamilienhaus ein. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt nahm daraufhin mit Beschluss vom 14. Juni 1971 zahlreiche Liegenschaften an der Angensteinerstrasse, darunter auch die Gebäude Nrn. 28 und 30, in das Verzeichnis der unter Denkmalschutz stehenden Bauwerke auf. Gestützt auf diesen Beschluss wurde am 21. September 1971 die Bewilligung für das Bauvorhaben verweigert. Das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt wies am 22. September 1972 einen Rekurs der Eigentümer der Liegenschaften Angensteinerstrasse 28 und 30 gegen die Unterschutzstellung ihrer Häuser ab.
Mit Eingabe vom 20. September 1973 machten die Eigentümer der erwähnten Liegenschaften beim Regierungsrat eine Minderwertsentschädigung von je Fr. 250'000.-- wegen materieller Enteignung sowie einen Betrag von insgesamt Fr. 35'885.70 für nutzlos gewordene Architekten- und Notarhonorare geltend. Der Regierungsrat wies diese Begehren am 23. April 1974 ab. Ein Rekurs an das Verwaltungsgericht hatte keinen Erfolg. Das Gericht ging davon aus, der Eigentümer eines unter Denkmalschutz gestellten Gebäudes könne nur das Heimschlagsrecht ausüben, nicht aber unter Beibehaltung des Eigentums eine Entschädigung für den Minderwert der Liegenschaft verlangen. Die Eigentümer wandten sich in der Folge mit einer staatsrechtlichen Beschwerde an das Bundesgericht. Dieses hiess die Beschwerde mit Urteil vom 15. Juni 1976 (BGE 102 Ia 243 ff.) gut, soweit es auf sie eintreten
BGE 111 Ib 257 S. 259
konnte, und wies die Sache an das Verwaltungsgericht zurück zur Prüfung der Frage, ob eine materielle Enteignung vorliege, sowie zur Festsetzung einer Entschädigung für nutzlos gewordene Aufwendungen. Die Expropriationskommission des Kantons Basel-Stadt gelangte in ihrem Entscheid vom 1. Juli 1980 zum Schluss, es sei keine materielle Enteignung gegeben; sie wies daher das Begehren um eine Minderwertsentschädigung ab und sprach den Grundeigentümern zulasten des Kantons lediglich den für nutzlos gewordene Aufwendungen verlangten Betrag zu. Ein dagegen erhobener Rekurs der Eigentümer wurde vom Verwaltungsgericht mit Urteil vom 13. Juni 1984 abgewiesen.Dr. A. und Dr. K. haben gegen dieses Urteil staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV eingereicht. Das Bundesgericht behandelt die Eingabe als Verwaltungsgerichtsbeschwerde und weist sie ab, soweit es darauf eintritt.
Aus den Erwägungen:
1. a) Die staatsrechtliche Beschwerde ist nur zulässig, wenn kein anderes Rechtsmittel beim Bundesgericht eingereicht werden kann (Art. 84 Abs. 2 OG). Es stellt sich die Frage, ob das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 13. Juni 1984 beim Bundesgericht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden kann. Ist dies der Fall, so bleibt für die staatsrechtliche Beschwerde kein Raum.
Nach Art. 34 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gegeben gegen "Entscheide letzter kantonaler Instanzen über Entschädigungen als Folge von Eigentumsbeschränkungen (Art. 5)". Es muss sich dabei um Eigentumsbeschränkungen handeln, die durch "Planungen nach diesem Gesetz" (Art. 5 Abs. 1 RPG) entstanden sind. Darunter sind nicht nur jene Planungsmassnahmen zu verstehen, die nach Inkrafttreten des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes erlassen wurden, sondern vielmehr alle, die in den Sachbereich dieses Gesetzes fallen. Beruht eine Eigentumsbeschränkung auf einer solchen Planungsmassnahme, so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein unter der Herrschaft des RPG ergangener letztinstanzlicher kantonaler Entscheid über die Entschädigungspflicht und die zu leistende Entschädigung auch dann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden, wenn die Massnahme vor Inkrafttreten des
BGE 111 Ib 257 S. 260
RPG, also vor dem 1. Januar 1980, aufgrund kantonalen Rechts angeordnet worden war (BGE 107 Ib 229 ff., 380 ff.).Mit dem Entscheid vom 13. Juni 1984 hat das baselstädtische Verwaltungsgericht als letzte kantonale Instanz über ein Entschädigungsbegehren befunden, das die Beschwerdeführer deswegen eingereicht hatten, weil ihre Liegenschaften Angensteinerstrasse 28 und 30 mit Regierungsratsbeschluss vom 14. Juni 1971 unter Denkmalschutz gestellt worden waren. Der Regierungsrat hatte damals zahlreiche Häuser an der Angensteinerstrasse in Basel zwecks Erhaltung des Gesamtbildes dieser Strasse in das Verzeichnis der schützenswerten Bauwerke aufgenommen. Dass diese Massnahme vor Inkrafttreten des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes aufgrund kantonalen Rechts getroffen wurde, ist - wie dargelegt - für die Frage der Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ohne Belang. Entscheidend ist einzig, ob es sich um eine Planungsmassnahme handelt, die in den Sachbereich des RPG fällt. Dies trifft zu. Art. 17 RPG verpflichtet die Kantone, bestimmte Objekte, u.a. "bedeutende Ortsbilder, geschichtliche Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler" (Abs. 1 lit. c), zu schützen. Unter den "bedeutenden Ortsbildern" sind Baugruppen zu verstehen, "deren Einzelbauten sich einerseits zu einem Bild augenfälliger Geschlossenheit vereinen und anderseits in die Umgebung einordnen" (EJPD/BRP, Erläuterungen zum RPG, N. 20 zu Art. 17 S. 230). Die Kantone können solche Objekte dadurch schützen, dass sie eine Schutzzone ausscheiden (Art. 17 Abs. 1 RPG; die Angensteinerstrasse in Basel befindet sich übrigens - was hier jedoch nicht zur Diskussion steht - seit dem 20. Oktober 1977 in einer derartigen Zone, nämlich in der "Stadt- und Dorfbild-Schutzzone" gemäss § 3 des Anhangs zum baselstädtischen Hochbautengesetz vom 11. Mai 1939, HBG). Statt Schutzzonen festzulegen kann das kantonale Recht aber auch "andere geeignete Massnahmen" vorsehen (Art. 17 Abs. 2 RPG). Damit sind vor allem Einzelverfügungen gemeint (HEINZ AEMISEGGER, Leitfaden zum Raumplanungsgesetz, S. 58; Botschaft des Bundesrates zum RPG, BBl 1978 I S. 1025), die dann angebracht sind, wenn es um den Schutz von Einzelgegenständen (z.B. Häuser, Natur- und Kulturdenkmäler) geht (EJPD/BRP, Erläuterungen zum RPG, N. 30 zu Art. 17 S. 232). Der hier in Frage stehende Regierungsratsbeschluss vom 14. Juni 1971, mit dem zahlreiche an einer bestimmten Strasse liegende Häuser im Hinblick auf ihre Gesamtwirkung für das Aussehen und den Charakter der Strasse unter
BGE 111 Ib 257 S. 261
Denkmalschutz gestellt wurden, entspricht einer solchen Massnahme im Sinne von Art. 17 Abs. 2 RPG zum Schutz eines bedeutenden Ortsbildes. Das Verwaltungsgericht hat daher am 13. Juni 1984 über eine Entschädigung als Folge einer Eigentumsbeschränkung befunden, die auf eine "Planung" nach Art. 5 RPG zurückzuführen ist. Sein Entscheid kann deshalb gemäss Art. 34 Abs. 1 RPG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden. Dass die Beschwerdeführer ihre Eingabe als staatsrechtliche Beschwerde bezeichnet haben, schadet ihnen nicht. Die Rechtsschrift ist als Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu behandeln, da sie den formellen Anforderungen von Art. 108 OG genügt (BGE 107 Ib 233
BGE 96 I 90).
2. Art. 5 Abs. 2 RPG hält - ebenso wie Art. 22ter Abs. 3 BV - als Grundsatz fest, dass volle Entschädigung zu leisten ist, wenn Planungsmassnahmen zu Eigentumsbeschränkungen führen, die einer Enteignung gleichkommen. Das Verwaltungsgericht gelangte im angefochtenen Entscheid zum Schluss, die kantonale Expropriationskommission habe das Entschädigungsbegehren, das die Beschwerdeführer wegen der Aufnahme ihrer Liegenschaften ins Verzeichnis der schützenswerten Bauten eingereicht hatten, zu Recht abgewiesen. Es war der Ansicht, die Eigentumsbeschränkung, die durch jene Planungsmassnahme entstanden sei, stelle keine materielle Enteignung dar und führe daher nicht zu einer Entschädigungspflicht des Staates. Die Beschwerdeführer halten dies für unzutreffend.
a) Das Bundesgericht unterscheidet bei der Umschreibung der materiellen Enteignung zwei verschiedene Tatbestände. Der erste liegt vor, wenn einem Eigentümer der bisherige oder ein voraussehbarer künftiger Gebrauch seiner Sache untersagt oder besonders schwer eingeschränkt wird, weil dem Eigentümer eine wesentliche, aus dem Eigentum fliessende Befugnis entzogen wird. Der zweite ist gegeben, wenn ohne Entzug einer wesentlichen Eigentümerbefugnis ein einziger oder einzelne Grundeigentümer so betroffen werden, dass ihr Opfer gegenüber der Allgemeinheit unzumutbar erschiene und es mit der Rechtsgleichheit unvereinbar wäre, wenn hiefür keine Entschädigung geleistet würde (BGE 110 Ib 32 E. 4 mit Hinweisen). Die Vorinstanz und die Beschwerdeführer gehen übereinstimmend davon aus, dass dieser zweite Tatbestand, der Fall des sogenannten Sonderopfers, hier deswegen ausser Betracht falle, weil die umstrittene Planungsmassnahme nicht nur einzelne Grundeigentümer, sondern insgesamt rund 30 Eigentümer von
BGE 111 Ib 257 S. 262
Liegenschaften an der Angensteinerstrasse in gleicher Weise treffe. Ob diese Auffassung richtig ist, kann dahingestellt bleiben, da - wie sich zeigen wird - die hier in Frage stehende Eigentumsbeschränkung ohnehin weder den einen noch den andern Tatbestand der materiellen Enteignung erfüllt.b) Das Verwaltungsgericht hat bei der Beurteilung der Frage, ob eine materielle Enteignung im Sinne des ersten Tatbestandes (Entzug einer wesentlichen Eigentümerbefugnis) vorliegt, zunächst untersucht, ob die Beschwerdeführer auch nach dem Eingriff noch über Eigentumsbefugnisse verfügen, die ihnen eine angemessene und vernünftige wirtschaftliche Nutzung ihrer Grundstücke erlauben. Es hielt als Ergebnis fest, die den Beschwerdeführern insgesamt verbleibenden Befugnisse seien vielfältig und bedeutend. Dies spreche gegen das Vorliegen einer besonders schweren und damit entschädigungspflichtigen Eigentumsbeschränkung gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung.
Im weiteren liess das Gericht durch einen Experten abklären, ob und in welchem Masse die Liegenschaften der Beschwerdeführer durch die Aufnahme ins Verzeichnis der geschützten Bauwerke eine Werteinbusse erlitten hätten. Der Experte, Architekt Felix Stalder, stellte in seinem Gutachten vom 16. September 1982 und im Ergänzungsgutachten vom 2. Februar 1983 die bei einem Abbruch und Neubau ohne Unterschutzstellung und die bei einem Umbau nach der Unterschutzstellung zu erzielenden Landwerte einander gegenüber. Als zusätzliche Möglichkeit berechnete er eine Variante "Stockwerkeigentum", und zwar sowohl für einen Neubau vor als auch für einen Umbau nach der Eigentumsbeschränkung. Im Verfahren vor Verwaltungsgericht einigten sich die Parteien auf die Variante "Stockwerkeigentum", da sie die für die Beschwerdeführer günstigste Ausgangslage bilde. Der Experte kam dabei zu folgendem Ergebnis: ... Die Differenz zwischen dem Landwert vor und demjenigen nach der Unterschutzstellung betrage Fr. 167'000.-- oder Fr. 169.-- pro m2, d.h. der auf die Planungsmassnahme zurückzuführende Minderwert mache somit rund 18,3% aus. Das Verwaltungsgericht erachtete die der Expertise von Architekt Stalder zugrundeliegenden Annahmen und Berechnungen als zutreffend und schlüssig. Es stellte daher hinsichtlich der Höhe der Werteinbusse vollumfänglich auf die Expertise ab.
Abschliessend führte das Gericht im angefochtenen Entscheid aus, damit eine Eigentumsbeschränkung zu einer Entschädigungspflicht
BGE 111 Ib 257 S. 263
führe, müssten der Eingriff besonders schwer und der dadurch verursachte Minderwert entsprechend hoch sein. Das Bundesgericht habe im Urteil BGE 97 I 638 im Sinne einer allgemeinen Richtschnur erklärt, eine Werteinbusse, die 20% des ursprünglichen Wertes nicht übersteige, komme keiner Enteignung gleich und begründe daher keine Entschädigungspflicht. Ob der Ansatz von 20% eine absolute Grenze darstelle, brauche hier nicht entschieden zu werden, da im vorliegenden Fall der Minderwert sowohl nach den Berechnungen des Experten Stalder als auch nach dem Gutachten, das der Kanton Basel-Stadt im Verfahren vor der Expropriationskommission eingereicht habe und wonach der Minderwert 18% ausmache, darunterliege. Bei dieser Sachlage weise der Eingriff in das Eigentum der Beschwerdeführer nicht die für die Annahme einer materiellen Enteignung erforderliche Intensität auf.
3. Die Beschwerdeführer rügen, das Verwaltungsgericht sei hinsichtlich der Höhe der Werteinbusse, die ihre Liegenschaften durch die Aufnahme ins Verzeichnis der schützenswerten Bauwerke erlitten hätten, von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Sie machen geltend, das Gericht habe die Gutachten von Architekt Stalder unrichtig gewürdigt, denn es habe nicht beachtet, dass dessen Ausführungen "in mehrfacher Hinsicht willkürlich" seien und insbesondere auf einer "schwerwiegenden Fehlüberlegung" beruhten. Bei richtiger Interpretation der Expertisen ergäbe sich eine Wertverminderung der beiden Grundstücke von 73,37% bzw. - nach einer anderen Variante - von 61,16%, was eine materielle Enteignung bedeute...
Hat - wie hier - ein kantonales Gericht als Vorinstanz entschieden, so ist das Bundesgericht nach Art. 105 Abs. 2 OG an den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt gebunden, sofern sie ihn nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt hat... (Das Bundesgericht gelangt zum Schluss, die Vorinstanz habe die tatsächlichen Verhältnisse nicht offensichtlich unrichtig festgestellt, weshalb es gemäss Art. 105 Abs. 2 OG an den im angefochtenen Entscheid ermittelten Sachverhalt gebunden sei.)
4. a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt - wie erwähnt - eine materielle Enteignung dann vor, wenn einem Eigentümer der bisherige oder ein voraussehbarer künftiger Gebrauch seiner Sache untersagt oder besonders schwer eingeschränkt wird, weil ihm eine wesentliche, aus dem Eigentum
BGE 111 Ib 257 S. 264
fliessende Befugnis entzogen wird. Ob ein Eingriff den Entzug einer wesentlichen Eigentümerbefugnis zur Folge hat, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Es muss stets aufgrund einer umfassenden Würdigung der Verhältnisse - insbesondere durch Vergleich der dem Betroffenen vor und nach der Eigentumsbeschränkung zustehenden Nutzungsmöglichkeiten - abgeklärt werden, ob der Eingriff in die Befugnisse des Eigentümers derart schwer bzw. intensiv ist, dass er einer Enteignung gleichkommt. Die Beschwerdeführer meinen, es komme für die Beantwortung dieser Frage einzig darauf an, ob im konkreten Fall die durch den Eingriff entstandene Wertverminderung bzw. Nutzungseinbusse eine bestimmte Höhe (in Prozentzahlen ausgedrückt) erreiche. Sie gehen gestützt auf das Urteil BGE 97 I 632 ff. davon aus, eine materielle Enteignung sei zu verneinen, wenn der Minderwert die Grenze von 20% nicht überschreite. Diese Auffassung ist unzutreffend. Für die Abgrenzung zwischen entschädigungslosen und entschädigungspflichtigen Eingriffen ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht allein die prozentuale Wertverminderung massgebend, sondern es wird darauf abgestellt, ob auf der betroffenen Parzelle eine bestimmungsgemässe, wirtschaftlich gute Nutzung weiterhin möglich ist (Urteile vom 21. November 1984, in ZBl 86/1985 S. 211 ff., und vom 14. Dezember 1983, in ZBl 85/1984 S. 366 ff.; unveröffentlichte Erwägung 4b des Urteils BGE 109 Ib 115; BGE 97 I 635 ff.; BGE 93 I 343 f.; BGE 82 I 164 ff.). So erblickte das Bundesgericht weder in der Auszonung eines Viertels einer Parzelle noch darin, dass ein Grundstück zu einem Drittel mit einem Bauverbot belegt wurde, einen enteignungsähnlichen Tatbestand, da es zum Schluss gelangte, die Eigentümer könnten ihre Parzellen auch nach dem Eingriff in angemessener, wirtschaftlich sinnvoller Weise nutzen (ZBl 85/1984 S. 367 f.; BGE 93 I 343.; BGE 82 I 164 ff.). Auch im Urteil BGE 97 I 632 ff., in welchem Fall eine Bauzonenänderung eine Reduktion des baulichen Nutzungsmasses auf ein Drittel und eine geschätzte Wertverminderung von 20% zur Folge hatte, wurde keine materielle Enteignung angenommen mit der Begründung, die den Eigentümern verbleibenden Befugnisse seien keineswegs bedeutungslos, denn sie könnten aus ihrem Land weiterhin einen beachtlichen wirtschaftlichen Nutzen ("un profit économique appréciable") ziehen (E. 6b S. 636). Die Feststellung, dass die Wertverminderung der Liegenschaften nicht bedeutend sei und 20% nicht überschreite, war für den Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht ausschlaggebend, was übrigens im Entscheid BGE 111 Ib 257 S. 265
(E. 7b S. 638) klar zum Ausdruck gebracht wird. Dieses Urteil ist daher nicht - wie die Beschwerdeführer und auch die Vorinstanz meinen - so zu verstehen, dass im Sinne einer allgemeinen Richtlinie oder gar eines absoluten Grenzwertes bestimmt worden wäre, der Ansatz von 20% Wertverminderung sei entscheidend für die Frage, ob eine materielle Enteignung vorliege oder nicht. Für die Beantwortung dieser Frage kommt es - wie dargelegt - ausschliesslich darauf an, ob nach wie vor eine bestimmungsgemässe, wirtschaftlich sinnvolle und gute Nutzung des betroffenen Grundstücks möglich ist. Trifft das zu, so kann in der Regel nicht von einem enteignungsähnlichen Eingriff in die Substanz des Eigentums gesprochen werden. Nach diesem Kriterium ist im folgenden zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht im hier zu beurteilenden Fall eine entschädigungspflichtige Eigentumsbeschränkung zu Recht verneint hat.b) Die Liegenschaften der Beschwerdeführer wurden mit Regierungsratsbeschluss vom 14. Juni 1971 gemäss § 43 (in der Fassung vom 7. Februar 1945) der Verordnung vom 9. Dezember 1911 zum baselstädtischen Einführungsgesetz zum ZGB in das Verzeichnis der geschützten Bauwerke aufgenommen. Die Aufnahme einer Liegenschaft in dieses Verzeichnis bedeutet, dass die Fassaden, Dächer und Brandmauern der Gebäude nicht verändert werden dürfen. Die Bewilligung zu baulichen Änderungen ist zu versagen, wenn der Eigenwert des geschützten Bauwerks dadurch beeinträchtigt wird. Der Abbruch der Gebäude ist zwar nicht schlechthin verboten, bedarf jedoch einer Bewilligung des Regierungsrates. Unter welchen Bedingungen sie zu erteilen ist, sagt die Verordnung nicht.
Auf den Grundstücken der Beschwerdeführer steht je ein im Jahre 1896 erbautes Haus, das vor Erlass der Planungsmassnahme als Einfamilienhaus benutzt wurde. Am 30. Juli 1970 hatten die Beschwerdeführer ein Baubegehren für die Neuüberbauung der beiden Parzellen mit einem Mehrfamilienhaus eingereicht, welches Projekt den Abbruch der Einfamilienhäuser voraussetzte. Mit der Aufnahme der Liegenschaften ins Verzeichnis der geschützten Bauwerke wurde ihnen die Möglichkeit genommen, ihre Häuser abzubrechen und die Grundstücke bei einer Neuüberbauung gemäss Zone 3 des § 1 des Anhangs zum HBG zu nutzen, wie sie das aufgrund der damals für die Altstadtzone geltenden Bauvorschriften hätten tun können und nach dem erwähnten Baugesuch auch tun wollten (seit dem 20. Oktober 1977 gilt die Altstadtzone - zu
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der die Angensteinerstrasse gehört - als "Stadt- und Dorfbild-Schutzzone" gemäss § 3 des Anhangs zum HBG, nach welcher Vorschrift Um-, Aus- und Neubauten nur zulässig sind, wenn keine nach aussen sichtbare historisch oder künstlerisch wertvolle Substanz beeinträchtigt wird). Sie konnten ihre Liegenschaften nur noch umbauen, was sie in der Folge denn auch taten, und zwar wurde das Haus Nr. 30 in ein Zweifamilienhaus umgebaut, während das Gebäude Nr. 28, das langfristig vermietet ist, lediglich überholt und im Innern kleinen Veränderungen unterzogen wurde.Die Beschwerdeführer wurden somit durch die Planungsmassnahme vom 14. Juni 1971 im voraussehbaren künftigen Gebrauch ihrer Liegenschaften eingeschränkt, indem ihnen eine Nutzungsmöglichkeit untersagt wurde, die sie in naher Zukunft hätten verwirklichen können. Diese Einschränkung wiegt aber nicht derart schwer, dass sie einer Enteignung gleichkommt. Dabei ist unerheblich, ob die durch die Unterschutzstellung bewirkte Wertverminderung entsprechend der Expertise Stalder 18,3% beträgt - an welche Sachverhaltsfeststellung das Bundesgericht gebunden ist (E. 3) - oder ob sie wesentlich höher ist, wie die Beschwerdeführer behaupten. Entscheidend ist, ob diese nach wie vor die Möglichkeit haben, ihre Grundstücke bestimmungsgemäss und wirtschaftlich gut zu nutzen. Das trifft, wie die Vorinstanz zu Recht angenommen hat, zu. Den Beschwerdeführern ist der Gebrauch ihres Eigentums im bisherigen Umfang nicht untersagt worden. Die Häuser können weiterhin als Wohngebäude - mithin ihrem bestimmungsgemässen Gebrauch entsprechend - genutzt werden. Die Beschwerdeführer dürfen ihre Grundstücke auch frei veräussern. Sind die Bauten äusserlich erneuerungsbedürftig, so können sie überholt werden, sofern dabei keine Veränderungen vorgenommen werden, welche die Gebäude in ihren schützenswerten Aspekten beeinträchtigen. Eine solche Renovation ist denn auch - wie erwähnt - in bezug auf das Haus Nr. 28 erfolgt. Die Beschwerdeführer haben aber nicht nur die Möglichkeit, die Gebäude im Rahmen der Vorschriften des Denkmalschutzes äusserlich zu erneuern, sie können zudem, was entscheidend ins Gewicht fällt, die Häuser im Innern umbauen, um eine bessere Nutzung zu erzielen. Dies haben sie beim Einfamilienhaus Nr. 30 getan, das in ein Zweifamilienhaus umgebaut und als solches vermietet wurde. Der Denkmalschutz wirkt sich somit praktisch nur als Fassadenschutz aus. Die Beschwerdeführer haben weiterhin die Möglichkeit, aus ihren Liegenschaften einen beachtlichen wirtschaftlichen
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Nutzen zu ziehen, wie sich aus den von ihnen in der Klageschrift an die Expropriationskommission angeführten Zahlen über die Mietzinseinnahmen aus den Häusern Angensteinerstrasse 28 und 30 deutlich ergibt. Bei dieser Sachlage ist die Vorinstanz mit Recht zum Schluss gelangt, der Eingriff in das Eigentum der Beschwerdeführer weise nicht die für die Annahme einer materiellen Enteignung erforderliche Intensität auf.c) Dass im vorliegenden Fall nicht von einem entschädigungspflichtigen Tatbestand gesprochen werden kann, deckt sich mit der Auffassung, die in der Literatur zur Frage der enteignungsähnlichen Wirkung von Eigentumsbeschränkungen im Interesse der Denkmalpflege mehrheitlich vertreten wird. Danach wird in der Pflicht zur Erhaltung von Baudenkmälern im Regelfall keine materielle Enteignung erblickt, vor allem wenn die Unterschutzstellung - wie hier - zur Hauptsache nur die Erhaltung des äusseren Anscheins und Umfangs eines Gebäudes zum Gegenstand hat, und zwar deswegen nicht, weil mit der Massnahme im allgemeinen weder der bisher ausgeübte Gebrauch der Sache untersagt noch der künftige Gebrauch in besonders schwerer Weise eingeschränkt werde, vielmehr dem Betroffenen nach wie vor die wesentlichen, aus dem Eigentum sich ergebenden Befugnisse erhalten blieben (IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Auflage, Band II Nr. 130 III lit. f S. 963; ULRICH ZIMMERLI, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur materiellen Enteignung, ZBl 75/1974 S. 154; URS GUT, Die materielle Enteignung, Diss. Zürich 1969, S. 197; VICTOR MONTEIL, Bauvorschriften im Interesse des Heimatschutzes und materielle Enteignung, ZBl 64/1963 S. 462 f.; RAYMOND M. VON TSCHARNER, Probleme der Eigentumsgarantie und der Entschädigungspflicht in der Praxis der Denkmalpflege, in: Rechtsfragen der Denkmalpflege, St. Gallen 1981, S. 83 f.; MAX ERNST HODEL, Zur Wertentwicklung altüberbauter Grundstücke mit Erneuerungsinvestition in Zürcher Ortschaften unter Schutzverordnungen, ZBl 76/1975 S. 65; PHILIP VOGEL, La protection des monuments historiques, Diss. Lausanne 1982, S. 173; GABRIEL AUBERT, La protection du patrimoine architectural en droit genevois, RDAF 33/1977 S. 78; BLAISE KNAPP, Restrictions de droit public à la propriété privée, in: Dixième journée juridique, Genf, 10. Oktober 1970, S. 69). Es wird darauf hingewiesen, dass insbesondere bei überbauten Liegenschaften in der Altstadt die Unterschutzstellung grundsätzlich kaum eine Wertverminderung zur Folge habe, werde doch der Nachteil, der durch das
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Verbot einer Neuüberbauung mit grösserem Nutzungsvolumen entstehe, dadurch praktisch vollumfänglich aufgewogen, dass solche Grundstücke eben gerade wegen ihrer schützenswerten Eigenschaften (Alter, Stil, Seltenheit) auf dem sogenannten "Liebhabermarkt" besonders gefragt seien (HODEL, a.a.O., ZBl 76/1975 S. 63 ff.). Wäre es - wie weiter argumentiert wird - zulässig, auch in einer Altstadt ohne Rücksicht auf die bestehende Bauweise zu bauen, so würde diese bald ihren Reiz verlieren, was sehr wahrscheinlich auch den Wert der Stadtliegenschaften herabsetzen dürfte. Das im öffentlichen Interesse liegende Bestreben der Behörde, den Charakter einer Altstadt zu erhalten, nütze somit auch den privaten Interessen der Grundeigentümer, weshalb die betreffenden Eigentumsbeschränkungen auch von daher gesehen ohne Entschädigung hinzunehmen seien (MONTEIL, a.a.O., ZBl 64/1963 S. 461 f.).Wie dem auch im einzelnen sei, auf jeden Fall kann mit den genannten Autoren davon ausgegangen werden, dass die Unterstellung einer Liegenschaft unter Denkmalschutz, sofern sich die Massnahme zur Hauptsache auf einen Fassadenschutz beschränkt, in der Regel weder den Entzug einer wesentlichen Eigentümerbefugnis noch ein unzumutbares Sonderopfer zur Folge hat und daher keine materielle Enteignung bedeutet. Das Bundesgericht hat übrigens bereits in einem Urteil vom 29. September 1965 (BGE 91 I 341) bei der Prüfung der Frage, ob die betreffende Anordnung (es handelte sich um die Unterschutzstellung von Häusern in bezug auf die "strassenseitige Fassade samt Dach") auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruhe, erklärt, die Unterstellung eines Hauses unter Denkmalschutz stelle keinen ausserordentlich tiefgreifenden Eingriff in das Eigentumsrecht am Hause dar, zumal wenn sich der Schutz auf die vordere Fassade und das Dach beschränke; vielmehr gehörten solche Massnahmen im allgemeinen zu den herkömmlichen Eigentumsbeschränkungen. Ausnahmen von dieser Regel, wonach denkmalpflegerische Eigentumsbeschränkungen der erwähnten Art grundsätzlich keine Entschädigungspflicht auslösen, sind z.B. dann denkbar, wenn durch die Massnahme aufgrund besonderer Verhältnisse der bisher ausgeübte, bestimmungsgemässe Gebrauch der Sache praktisch verunmöglicht oder in ausserordentlich empfindlichem Masse eingeschränkt wird. In diesem Sinne hat das Bundesgericht in einem Urteil vom 20. März 1947 (zusammengefasst wiedergegeben in ZBl 48/1947 S. 222 ff.), das die Unterschutzstellung einer
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Kirche betraf, die den Bedürfnissen der Kirchgemeinde nicht mehr genügte und daher nach Ansicht der Gemeinde abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt werden sollte, ausgeführt, ein enteignungsähnlicher Eingriff wäre dann anzunehmen, wenn die kantonale Behörde die Kirchgemeinde verpflichten würde, für die Erhaltung der Kirche in gutem Zustand auch dann zu sorgen, wenn diese den Bedürfnissen der Kirchgemeinde nicht mehr entspreche, die Gemeinde also das Schutzobjekt nicht mehr bestimmungsgemäss benützen könnte, sondern gezwungen wäre, eine neue Kirche zu bauen.Solche besonderen Verhältnisse sind im hier zu beurteilenden Fall nicht gegeben, können doch die Liegenschaften der Beschwerdeführer - wie dargelegt - auch nach der Unterschutzstellung bestimmungsgemäss, wirtschaftlich sinnvoll und gut genutzt werden. Bei dieser Sachlage kann nicht vom Entzug einer wesentlichen Eigentümerbefugnis gesprochen werden. Auch der Tatbestand des Sonderopfers ist nicht erfüllt, da die Planungsmassnahme für die Beschwerdeführer keine erhebliche Nutzungseinbusse zur Folge hat und daher kein unzumutbares Opfer gegenüber der Allgemeinheit bedeutet (vgl. BGE 108 Ib 356). Das Verwaltungsgericht konnte demnach ohne Verletzung von Bundesrecht annehmen, es liege keine materielle Enteignung vor.