111 V 28
Chapeau
111 V 28
7. Urteil vom 25. Januar 1985 i.S. Schweizerische Grütli gegen G. und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste
Art. 12 al. 2 ch. 2 LAMA.
- La garantie de paiement donnée à un établissement hospitalier représente une garantie de prestations de la caisse vis-à-vis de cet établissement et non pas un engagement définitif envers l'assuré de prendre en charge les frais. Dans des circonstances particulières, la garantie de paiement peut cependant avoir la portée d'un tel engagement (consid. 3).
- In casu, il n'existe pas de circonstances de ce genre et, par conséquent, pas de droit à la protection de la bonne foi (consid. 4).
A.- Susanne G. ist Mitglied der Krankenkasse "Schweizerische Grütli" und bei dieser seit 1. September 1982 für die Behandlungskosten in der privaten Abteilung einer Heilanstalt in der ganzen Schweiz versichert. Nach einer Kontrolle beim Frauenarzt Dr. med. S. am 20. Oktober 1982 konsultierte sie am 17. November 1982 Frau Dr. med. V., Bellevue-Klinik für ästhetische und plastische Chirurgie, welche gemäss ärztlichem Zeugnis vom 30. November 1982 eine ausgeprägte Mammahypertrophie beidseits mit Mastodynie sowie Rückenbeschwerden diagnostizierte; als Behandlung wurde eine Mammareduktionsplastik in Aussicht genommen. Gestützt auf dieses Zeugnis stellte die Kasse am 18. Januar 1983 für die vorgesehene Behandlung in der Bellevue-Klinik einen "Garantieschein" mit einer "Garantieerklärung" aus, welche sich auf die vertraglichen Leistungen ("Tagestaxe privat und Depot") erstreckte. Daraufhin unterzog sich Susanne G. während des vom 24. bis 28. Januar 1983 dauernden Klinikaufenthaltes dem chirurgischen Eingriff.
Nach Einholen verschiedener ärztlicher Stellungnahmen verweigerte die Kasse mit Verfügung vom 15. Dezember 1983 die Übernahme der von der Klinik und den Ärzten in Rechnung gestellten Kosten von Fr. 12'971.75. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei unwahrscheinlich, dass seit der bei Dr. med. S. am 20. Oktober 1982 erfolgten Kontrolle, welche keine Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Brustbeschwerden ergeben hätte, und der erstmaligen Kontrolle bei Frau Dr. med. V. am 17. November 1982, mithin innerhalb eines Zeitraumes von nur 4 Wochen, derart starke Beschwerden aufgetreten seien, dass eine Brustreduktionsplastik medizinisch indiziert gewesen sei. Vielmehr seien ästhetische Gründe im Vordergrund gestanden. Die Abgabe der Kostengutsprache sei durch die Angaben von Frau Dr. med. V. gemäss Zeugnis vom 30. November 1982 erwirkt worden, welche jedoch
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medizinisch kaum der tatsächlichen Situation entsprächen, wofür die Kasse nicht einzustehen habe.
B.- Das Versicherungsgericht des Kantons Zürich hiess eine hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 8. Mai 1984 gut, hob die angefochtene Verfügung auf und verpflichtete die Kasse, Susanne G. für den Klinikaufenthalt die versicherten Leistungen zu erbringen.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Kasse Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides. Die Versicherte lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. Das Bundesamt für Sozialversicherung verneint die Voraussetzungen des Gutglaubensschutzes und beantragt, die Sache sei zur Abklärung und Beurteilung der gesetzlichen und statutarischen Leistungspflicht der Kasse an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vorinstanz liess die Frage offen, ob eine gesetzliche oder statutarische Leistungspflicht der Kasse für den bei der Beschwerdegegnerin durchgeführten chirurgischen Eingriff (Brustreduktionsplastik) besteht. Hingegen bejahte sie den Anspruch auf vollumfängliche Kostenübernahme mit der Begründung, die Kasse habe für die Behandlung in der Bellevue-Klinik vorbehaltlos Kostengutsprache erteilt und die Beschwerdegegnerin habe im berechtigten Vertrauen darauf den Spitalaufenthalt angetreten. Es hätten für sie damals keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Kasse die Kostengutsprache irrtümlich abgegeben haben könnte. Die Kasse sei an die ohne Vorbehalt abgegebene Garantieerklärung gebunden und dementsprechend leistungspflichtig.
2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Erteilung einer Kostengutsprache garantiere dem Versicherten die Ausrichtung der Versicherungsleistungen nur unter der Voraussetzung, dass die fragliche Behandlung wissenschaftlich anerkannt sei und demnach eine Pflichtleistung der Kasse darstelle. Dabei verlangten die Praktikabilität und die ökonomische Abwicklung des Garantieverfahrens, dass sich die Kasse auf die Angaben in Kurzdiagnosen verlassen dürfe; der ganze administrative Ablauf würde in einer für den Versicherten unzumutbaren Weise erschwert, wenn die Kasse vor Abgabe der Kostengutsprache langwierige Abklärungen treffen müsste. Im vorliegenden Fall sei die Kurzdiagnose prägnant formuliert gewesen, so dass der Vertrauensarzt der Kasse ohne weitere
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medizinische Abklärung angenommen habe, es handle sich um eine Pflichtleistung. Erst im Zusammenhang mit der Prüfung der Arztrechnungen sei aufgrund eingeholter ergänzender medizinischer Berichte erkannt worden, dass sich die gestellte Diagnose als unzutreffend erweise, weshalb die Kasse an die abgegebene Kostengutsprache nicht gebunden sei.
3. Zu prüfen sind vorab die Wirkungen einer Kostengutsprache. Die einer Heilanstalt erteilte Kostengutsprache stellt eine Leistungszusicherung der Krankenkasse gegenüber dieser Heilanstalt dar. Für den Versicherten hat sie zur Folge, dass er dadurch gegenüber der Heilanstalt von der Sicherstellung der Spitalkosten und von Teilzahlungspflichten während der Hospitalisation befreit wird. Davon zu unterscheiden ist die Leistungszusicherung der Krankenkasse gegenüber dem Versicherten. Die Kasse kann sich ihrem Mitglied gegenüber schon vor dem Spitaleintritt definitiv zur Kostenübernahme bereit erklären. Eine der Heilanstalt erteilte Kostengutsprache bedeutet indes noch keine Zusicherung der definitiven Kostenübernahme. Allerdings kann sie aufgrund weiterer Umstände in besonders gelagerten Fällen diese Bedeutung erhalten (nichtveröffentlichtes Urteil Jäger vom 31. August 1984).
4. Die Beschwerdeführerin hat mit der am 18. Januar 1983 an die Bellevue-Klinik adressierten Garantieerklärung der Heilanstalt gegenüber für die Behandlung der Beschwerdegegnerin Kostengutsprache erteilt. Diese der Heilanstalt erteilte Kostengutsprache stellt nach dem in Erw. 3 Gesagten grundsätzlich keine definitive Leistungszusage gegenüber der Beschwerdegegnerin dar, sondern befreite diese lediglich von der Depotleistung.
Zu prüfen ist indes, ob besondere Umstände vorliegen, aufgrund welcher die der Heilanstalt erteilte Kostengutsprache die Bedeutung einer definitiven Kostenübernahme gegenüber der Beschwerdegegnerin erhalten haben könnte. Die Tatsache, dass der Garantieschein der Beschwerdegegnerin persönlich ausgehändigt wurde, kann keinen solchen besonderen Umstand darstellen, weil der Garantieschein an die Klinik adressiert, somit klarerweise nur an diese gerichtet und mithin offensichtlich nicht für die Beschwerdegegnerin bestimmt war; allein die Aushändigung dieses Garantiescheins an die Beschwerdegegnerin kann nicht als rechtlich relevantes Handeln der Kasse ihrem Mitglied gegenüber aufgefasst werden, womit es an einer Voraussetzung für die Bejahung des Gutglaubensschutzes fehlt (BGE 108 V 182 Erw. 3 Ziff. 1). Sodann behauptet die Beschwerdegegnerin selber nicht, dass der Inhalt der
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Garantieerklärung oder Erklärungen der Kassenangestellten bzw. deren Verhalten geeignet gewesen wären, sie zur - berechtigten - Annahme zu verleiten, die Kasse habe ihr die beanspruchte Leistung verbindlich zugesichert, und sie dadurch zu veranlassen, im Vertrauen auf die Zusicherung die Behandlung in der Privatabteilung der Bellevue-Klinik anzutreten. Im weitern kommt der in der vorinstanzlichen Beschwerdeschrift betonten Tatsache, dass seit der Stellung der Diagnose durch Frau Dr. med. V. am 30. November 1982 bis zur Ausstellung des Garantiescheins am 18. Januar 1983 über anderthalb Monate vergangen waren, unter dem Gesichtspunkt des Gutglaubensschutzes keine erhebliche Bedeutung zu; denn die von der Beschwerdegegnerin daraus gezogene Schlussfolgerung, es finde eine eingehende materielle Vorprüfung ihres Leistungsanspruches statt, beruhte im wesentlichen auf ihrer irrtümlichen Auffassung über die rechtliche Bedeutung der Kostengutsprache, was nicht von der Kasse zu vertreten ist. Auch wenn die Beschwerdegegnerin schliesslich die Erteilung der Kostengutsprache abwartete, bis sie den Klinikaufenthalt antrat, lässt sich daraus unter dem Titel von Treu und Glauben nichts zu ihren Gunsten, namentlich keine besondere Aufklärungspflicht der Kasse über die rechtlichen Wirkungen einer Kostengutsprache ableiten, ist es doch keineswegs aussergewöhnlich, dass ein Versicherter mit einer nicht dringlichen stationären medizinischen Behandlung bis zur Erteilung der Kostengutsprache an die Heilanstalt zuwartet, um von der Depotleistung befreit zu sein.Besteht eine Leistungspflicht der Kasse nicht aufgrund des der Beschwerdegegnerin zuzubilligenden Gutglaubensschutzes, muss die Leistungspflicht der Kasse anhand der materiellen gesetzlichen und statutarischen Voraussetzungen geprüft werden, zu welchem Zweck die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 8. Mai 1984 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, damit diese über die gesetzliche und statutarische Leistungspflicht der Kasse befinde.