Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
Retour à la page d'accueil Imprimer
Ecriture agrandie
 
Chapeau

112 IV 91


29. Urteil des Kassationshofes vom 3. November 1986 i.S. H. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde)

Regeste

Art. 36 al. 3 LCR; priorité.
Un véhicule obliquant vers la gauche ne doit plus être considéré comme appartenant au trafic principal, lorsque, au vu de la configuration des voies de circulation et du comportement normal des conducteurs, il apparaît comme engagé dans le trafic transversal. L'existence d'une telle situation n'a pas été admise in casu, s'agissant d'une intersection relativement importante.

Faits à partir de page 91

BGE 112 IV 91 S. 91
Die Mutschellenkreuzung in Berikon ist relativ grossräumig. Die beiden, in die vortrittsberechtigte Bernstrasse einmündenden Nebenstrassen (Bellikerstrasse und Bahnhofstrasse) liegen einander gegenüber und sind mit je einem Stopsignal versehen. Die entsprechenden Haltelinien sind seitlich um ca. 5 m versetzt.
BGE 112 IV 91 S. 92
Verkehrsunfallskizze nicht wiedergegeben.
Am 4. Mai 1985, ca. 20.30 Uhr, bog Frau S. (Nr. 1) aus der Bellikerstrasse nach links in die Bernstrasse ab (Nr. 2). Dabei kam es zu einem Zusammenstoss mit dem Fahrzeug von Frau H. (Nr. 3), welche ihre Fahrt von der Bahnhofstrasse geradeaus in Richtung Bellikerstrasse fortsetzen wollte. Der Unfall ereignete sich auf der Bernstrasse, ca. 2 m jenseits der Haltelinie der Bahnhofstrasse (Nr. 4). Der von Frau H. gelenkte Personenwagen stiess frontal in die Seite des von Frau S. geführten Fahrzeugs.
Das Obergericht des Kantons Aargau sprach Frau H. am 12. Juni 1986 von der Anklage mangelnder Aufmerksamkeit (Art. 26 Abs. 1 SVG) frei, verurteilte sie aber wegen Missachtens des Vortrittsrechts zu einer Busse von Fr. 60.--. Das Bundesgericht heisst eine dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde gut und weist die Sache zur Freisprechung von Frau H. an die Vorinstanz zurück.

Considérants

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Das Obergericht geht von Art. 15 Abs. 2 VRV aus, wonach die Benützer von Nebenstrassen unter sich den Rechtsvortritt zu beachten haben, wenn die Nebenstrassen am gleichen Ort in eine Hauptstrasse einmünden; dies gilt sinngemäss auch dort, wo Stopstrassen zusammentreffen. Das Gericht nimmt indessen an, wenn der nach links Abbiegende sich bereits auf der Hauptstrasse befinde, bevor der Geradeausfahrende sich in Bewegung setze, so sei dieser jenem gegenüber vortrittsbelastet. Da Frau S. ihren Personenwagen bereits in die Bernstrasse eingefügt gehabt habe, als es
BGE 112 IV 91 S. 93
zum Zusammenstoss kam, habe die Beschwerdeführerin deren Vortrittsrecht missachtet.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, es stehe nicht das Vortrittsrecht der Benützer von Nebenstrassen untereinander, sondern jenes des Geradeausfahrenden gegenüber einem nach links Abbiegenden in Frage. Anwendbar sei somit Art. 36 Abs. 3 SVG, nach welchem ihr der Vortritt zugestanden habe.

2. Art. 36 Abs. 3 SVG bestimmt, vor dem Abbiegen nach links sei entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen. Er stellt einen Anwendungsfall der im Strassenverkehr gültigen Grundregel dar, der Längsverkehr, der seine Richtung beibehalte, habe vor demjenigen den Vorrang, der sie ändere (BGE 100 IV 84 E. 1 mit Hinweisen; MAAG, Strassenverkehrsrechtliche Verhaltensvorschriften für das Abbiegen und ihre strafrechtliche Bedeutung, Diss. ZH 1974, S. 67 mit Nachweisen). Diese Bestimmung ist daher von Linksabbiegern auch auf Strassenverzweigungen unbekümmert darum zu beachten, ob der Vortritt in bezug auf beide von ihnen befahrenen Querstrassen durch Signale "Stop" oder "Kein Vortritt" aufgehoben wird (GIGER, Strassenverkehrsgesetz, S. 109; BUSSY/RUSCONI, Code suisse de la circulation routière, S. 235 N. 3.5.1 mit Hinweisen). Als nicht mehr dem Längsverkehr zugehörig ist ein nach links abbiegendes Fahrzeug dann zu betrachten, wenn es bereits Teil des Querverkehrs bildet, bevor sich seine Fahrlinie mit jener des geradeausfahrenden, ihm somit nicht mehr entgegenkommenden Fahrzeugs schneidet (vgl. BGE 106 IV 54 f.). Weil Sicherheit und Flüssigkeit des Strassenverkehrs in hohem Masse einfache und klar zu handhabende Regeln verlangen (BGE 100 IV 84 E. 1), kann es aber nicht darauf ankommen, ob der Linksabbiegende sich im konkreten Einzelfall wegen seiner besonderen Fahrweise zufällig bereits ganz oder teilweise quer zur Fahrlinie des Geradeausfahrenden befindet, sondern entscheidend bleibt, ob er nach der Strassenanlage bei üblicher Fahrweise generell als in den Querverkehr eingefügt zu gelten hat. Das ist nur der Fall, wenn Strassen nicht am gleichen Ort aufeinandertreffen, die Einmündungen seitlich klar gegeneinander versetzt sind und daher nicht mehr ein und dieselbe Verzweigung vorliegt, oder wenn auf Kreuzungen die einzelnen Verkehrsströme so geleitet werden, wie das in BGE 106 IV 54 /55 umschrieben wurde.
Wo ein Verkehrsgeschehen unter Art. 36 Abs. 3 SVG fällt, bei dem es um das Verhältnis des Längsverkehrs unter sich geht, bleibt
BGE 112 IV 91 S. 94
kein Raum für die Rechtsvortrittsregel des Art. 36 Abs. 2 SVG und 15 Abs. 2 VRV, die um in Betracht zu fallen, notwendigerweise Querverkehr voraussetzen.

3. Die Haltelinien der einander gegenüberliegenden Einmündungen der Belliker- und Bahnhofstrasse sind nach der Feststellung des Obergerichts um rund 5 m seitlich gegeneinander versetzt. Dennoch bildet die Strassenkreuzung nach ihrem äusseren Gepräge, wie es sich aufgrund der bei den Akten liegenden Übersichtsskizze, den vorhandenen Fotografien sowie bei Fortführung der Strassenaxen ohne Berücksichtigung der Kurvenausweitungen ergibt, eine einheitliche Verzweigung; die Bellikerstrasse stellt die natürliche Fortsetzung der Bahnhofstrasse dar und umgekehrt. Die aus der Bellikerstrasse kommende und nach links abbiegende Frau S. war deshalb gegenüber der entgegenkommenden, geradeausfahrenden Beschwerdeführerin gemäss Art. 36 Abs. 3 SVG vortrittsbelastet, selbst wenn sich im Zeitpunkt des Zusammenstosses deren Fahrzeug nach Annahme des Obergerichts bereits in Geradeausfahrt auf der Bernstrasse befand. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Obergericht zurückzuweisen, damit es die Beschwerdeführerin freispricht. Ob sie allenfalls Art. 26 Abs. 2 SVG verletzt habe (BGE 99 IV 175 E. c mit Hinweisen), kann nicht geprüft werden, da das Obergericht insoweit keine tatsächlichen Feststellungen trifft.

contenu

document entier
regeste: allemand français italien

Etat de fait

Considérants 1 2 3

références

ATF: 100 IV 84, 106 IV 54, 99 IV 175

Article: Art. 36 al. 3 LCR, Art. 26 Abs. 1 SVG, Art. 15 Abs. 2 VRV, Art. 36 Abs. 2 SVG suite...