Intestazione
114 Ia 73
11. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 6. Mai 1988 i.S. Gemeinde Klosters-Serneus gegen X. und acht Mitbeteiligte sowie Y. (staatsrechtliche Beschwerde)
Regesto
Autonomia comunale; contributi sostitutivi di posti protetti nei rifugi e di posteggi.
1. Art. 90 cpv. 1 lett. b OG; esigenze di motivazione in un ricorso per violazione dell'autonomia comunale (consid. 2a, b).
2. Art. 104 lett. a OG: legge federale sull'edilizia di protezione civile. Ammissibilità del ricorso di diritto amministrativo. Nozione di diritto federale. È inammissibile sollevare in modo indipendente la censura riferita all'autonomia comunale nel ricorso di diritto amministrativo (consid. 2c).
3. Impugnazione di decisioni incidentali mediante il ricorso di diritto pubblico. Campo d'applicazione dell'art. 87 OG (consid. 3).
4. Contenuto dell'autonomia comunale. Interpretazione e applicazione dell'art. 162 della legge grigionese d'introduzione al codice civile (diritto di pegno legale per contributi sostitutivi di rifugi della protezione civile e di posteggi; consid. 4).
Im Streit um die Abgaben für die Überbauung A., ein von X. erstelltes Apparthotel in Klosters-Serneus, erliess der Gemeindevorstand Klosters-Serneus am 11. Mai 1987 folgenden Beschluss:
"1. X. wird verpflichtet, der Gemeinde Klosters-Serneus im Zusammenhang mit der Hotelüberbauung A. folgende Abgaben zu entrichten:
1.1. Beteiligungsbeitrag für 245 Schutzplätze im Betrage von Fr. 85'750.-- zuzüglich 5% Zins auf dem Betrag von Fr. 40'000.-- ab 4. Jan. 1985, für welchen der Rechtsöffnungsentscheid seit 9. Jan. 1987 bereits vorliegt, und 5% Zins auf dem Betrag von Fr. 45'750.-- ab 20. Dez. 1986.
1.2 Ersatzabgabe für 72 Autoabstellplätze im Betrage von Fr. 432'000.-- zuzüglich 5% auf dem Betrag von Fr. 300'000.-- ab 4. Jan. 1985 und 5% Zins auf dem Betrag von Fr. 132'000.-- ab 20. Dez. 1986.
1.3 (...)
2. Es wird festgestellt, dass folgende Stockwerkeigentümer-Einheiten mit einem gesetzlichen, allen anderen Pfandrechten vorgehenden Pfandrecht
BGE 114 Ia 73 S. 75
belastet sind:
2.1 Für den unter Ziff. 1.1 erwähnten Beteiligungsbeitrag für Schutzplätze von Fr. 85'750.--
(...)
2.2 Für die unter Ziff. 1.2 erwähnte Ersatzabgabe für Autoabstellplätze von Fr. 432'000.--
(...)
2.3 (...)"
Gegen diesen Beschluss rekurrierten der Bauherr und acht Stockwerkeigentümer (Rekurs 253/87) sowie Y., ebenfalls als betroffener Stockwerkeigentümer (Rekurs 251/87), beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Dieses erkannte in seinem Entscheid vom 18. August 1987 wie folgt:
"1. Der Rekurs Nr. 253/87 wird dahingehend gutgeheissen, dass die Ziffern 1.1, 1.2, 2.1 und 2.2 des angefochtenen Beschlusses des Gemeindevorstandes Klosters vom 11./14. Mai 1987 aufgehoben und zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen werden.
2. Der Rekurs Nr. 251/87 wird teilweise gutgeheissen, und die Ziffern 2.1 und 2.2 des angefochtenen Vorstandsbeschlusses werden aufgehoben.
3. Im übrigen werden die Rekurse abgewiesen.
4. Die Gerichtskosten ... (von insgesamt Fr. 2'378.--) gehen zur Hälfte zu Lasten der Gemeinde Klosters-Serneus und zu einem Viertel an X. und Mitbeteiligte, unter solidarischer Haftung derselben, sowie zu einem Viertel an Y. (...).
5. (...)
6. Die aussergerichtlichen Kosten werden wettgeschlagen."
Es erwog im wesentlichen: Indem die Gemeinde bei der Berechnung der Ersatzbeiträge für die Schutzraumplätze von 245 Plätzen ausgegangen sei, habe sie die im ursprünglichen Baubescheid auf 136 festgesetzte Zahl erhöht. Sie hätte deshalb eine neue Verfügung des kantonalen Militärdepartementes einholen müssen, was sie unterlassen habe. Hinsichtlich der Ersatzabgabe für die Autoabstellplätze liege ebenfalls ein den ursprünglichen Baubescheid abändernder Beschluss des Gemeindevorstandes vor, indem die ursprünglich 50 Parkplätze auf 72 erhöht worden seien. Diesbezüglich hätten die betroffenen Stockwerkeigentümer vor Erlass des streitigen Beschlusses angehört werden müssen. Art. 162 Abs. 1 Ziff. 3 des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch (EG ZGB) schliesslich, wonach ein gesetzliches Pfandrecht "für die auf Liegenschaften und Gebäulichkeiten entfallenden Beiträge an öffentliche Unternehmungen" bestehe, erfasse nur eigentliche Vorzugslasten oder einmalige Anschlussgebühren; Ersatzbeiträge für Schutzräume und Parkplätze fielen nicht darunter.
Gegen diesen Entscheid führt die Gemeinde Klosters-Serneus staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, Dispositiv Ziff. 1, 2, 4 und 6 aufzuheben. Sie rügt in verschiedener Hinsicht eine Verletzung der Gemeindeautonomie sowie (sinngemäss) von Art. 4 BV.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden beantragt in seiner Vernehmlassung Abweisung der Beschwerde. Den selben Antrag stellen auch das Konkursamt Z. (namens der Konkursmasse X.) und die acht beteiligten Stockwerkeigentümer. Von Y. ging keine Vernehmlassung ein.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintritt.
Aus den Erwägungen:
1. Die beschwerdeführende Gemeinde ist durch den angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts, der ihren Beschluss vom 11. Mai 1987 aufhebt, in ihren hoheitlichen Befugnissen betroffen. Sie ist daher grundsätzlich befugt, wegen Verletzung ihrer Gemeindeautonomie staatsrechtliche Beschwerde zu führen. Ob ihr im betreffenden Bereich tatsächlich Autonomie zukommt, ist demgegenüber keine Frage des Eintretens, sondern eine solche der materiellen Beurteilung (
BGE 113 Ia 202 E. 1a,
BGE 112 Ia 62 f. E. 2, 269 E. 1a).
2. Die Beschwerdeführerin beanstandet unter Berufung auf die Gemeindeautonomie in erster Linie, dass das Verwaltungsgericht ihren Beschluss hinsichtlich der Ersatzbeiträge für die Schutzräume aufgehoben habe.
a) Gemäss
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, "welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind". Die Zuerkennung eines geschützten Autonomiebereichs setzt voraus, dass das massgebende kantonale Verfassungs- und Gesetzesrecht im betreffenden Sachbereich keine abschliessende Ordnung trifft, sondern ihn ganz oder teilweise den Gemeinden zur Regelung überlässt und ihnen dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt (
BGE 113 Ia 205 E. 2a, 213 E. 3;
BGE 112 Ia 63 E. 3a, 270 E. 2a, 282 E. 3a, 342 E. 2). Soll auf die Beschwerde eingetreten werden, hat deshalb die Gemeinde zu begründen, inwiefern das kantonale Recht ihr im betreffenden Sachbereich eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit
BGE 114 Ia 73 S. 77
einräumt, und sodann darzulegen, weshalb der angefochtene Hoheitsakt ihre Autonomie verletzt.
b) Inwiefern das kantonale Recht den Bündner Gemeinden im hier fraglichen Sachbereich (d.h. bei der Festsetzung und Erhebung von Ersatzbeiträgen an Zivilschutzbauten) eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt, legt die Beschwerdeführerin mit keinem Wort dar. Sie zeigt auch nicht auf, inwiefern ihre Autonomie durch den angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts in unzulässiger Weise beschränkt sein soll. Auf die nicht weiter begründete Rüge ist deshalb nicht einzutreten.
c) Entscheide über Ersatzbeiträge von Grundeigentümern an Zivilschutzbauten stützen sich materiell auf öffentliches Recht des Bundes (Bundesgesetz über die baulichen Massnahmen im Zivilschutz, SR 520.2, insbesondere Art. 2 Abs. 3), und kantonal letztinstanzliche Entscheide über solche Beiträge können nach den allgemeinen Bestimmungen der Bundesrechtspflege grundsätzlich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden (Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 98 lit. g OG; ausführlich dazu
BGE 112 Ib 359 /60). Zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen solche Entscheide sind nach der Praxis zu
Art. 103 lit. a OG auch Gemeinden legitimiert, wenn sie durch den angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich betroffen sind wie ein Privater (
BGE 112 Ia 62 E. 1b;
BGE 105 Ib 358 E. 5a; allgemein dazu FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Auflage 1983, S. 168/9). Der Begriff des Bundesrechts, dessen Verletzung nach
Art. 104 lit. a OG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde als verletzt gerügt werden kann, umfasst auch die verfassungsmässigen Rechte der Bürger (wie beispielsweise
Art. 4 BV). Ist in der Hauptsache die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig und haben die kantonalen Instanzen Bundesverwaltungsrecht von Amtes wegen anzuwenden, so können daher Verletzungen solcher verfassungsmässiger Rechte ebenfalls mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemacht werden (
BGE 111 Ib 202; GYGI, a.a.O., S. 93) und übernimmt diese insoweit die Rolle der staatsrechtlichen Beschwerde (
BGE 108 Ib 382 E. 1e;
BGE 105 Ia 107 /8). Es fragt sich deshalb, ob die Eingabe der Beschwerdeführerin in diesem Punkt (hinsichtlich der Schutzraum-Ersatzbeiträge) als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegenzunehmen ist.
Diese Frage ist zu verneinen. Die Beschwerdeführerin rügt keine Bundesrechtsverletzung. Auch macht sie nicht geltend, kantonales Verfahrensrecht sei bei einer Verfügung gestützt auf Bundesrecht
BGE 114 Ia 73 S. 78
willkürlich oder sonst in einer gegen
Art. 4 BV verstossenden Weise angewendet worden. Im Zusammenhang mit den Ersatzbeiträgen für Schutzräume beruft sie sich einzig auf die Gemeindeautonomie. Ein Verstoss gegen die Gemeindeautonomie stellt aber in jedem Fall eine Verletzung von kantonalem Recht dar, die nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde gerügt werden kann.
3. Die Gemeinde rügt sodann, dass das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid ihren Beschluss hinsichtlich der Ersatzbeiträge für die Autoabstellplätze aufgehoben hat. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang auf die Gemeindeautonomie und (zumindest sinngemäss) auf
Art. 4 BV.
a) Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts schliesst das kantonale Verfahren nicht ab, sondern weist die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Gemeinde zurück. Es handelt sich somit um einen Zwischenentscheid.
Staatsrechtliche Beschwerden, die sich unter Berufung auf
Art. 4 BV gegen Zwischenentscheide richten, sind nur zulässig, wenn der Entscheid für den Betroffenen einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zur Folge hat (
Art. 87 OG). Das ist hier nicht der Fall. Beschwerden, die sich auf andere verfassungsmässige Rechte stützen, sind indessen ohne Beschränkung gegen Zwischenentscheide zulässig. Werden neben der Verletzung von
Art. 4 BV noch weitere Beschwerdegründe (hier wegen Verletzung der Gemeindeautonomie) vorgebracht, ist auf die Beschwerde einzutreten, unabhängig davon, ob der Zwischenentscheid den Beschwerdeführer in nicht wieder gutzumachender Weise trifft. Voraussetzung ist allerdings, dass der neben
Art. 4 BV angerufene Beschwerdegrund nicht mit der Rüge wegen Verletzung von
Art. 4 BV zusammenfällt und nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist (
BGE 106 Ia 227, 231 E. 2a, mit Hinweisen, vgl. auch
BGE 99 Ia 249 /50).
b) Die Gemeinde begründet ihre Autonomierüge - soweit sich diesbezüglich den Anforderungen von
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügende Ausführungen zur Gemeindeautonomie überhaupt finden lassen - damit, dass das Verwaltungsgericht bei der Ermittlung der Ersatzbeiträge für Parkplätze ein Mitwirkungsrecht der Betroffenen fordere, das weder vom Bundesrecht noch vom kantonalen Recht vorgeschrieben sei, und gleichzeitig den Anspruch der Gemeinde auf rechtliches Gehör im verwaltungsgerichtlichen Verfahren verletzt habe. Die Frage, ob das Verwaltungsgericht den Anspruch der Stockwerkeigentümer auf rechtliches Gehör zu extensiv interpretiert und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
BGE 114 Ia 73 S. 79
gegenüber der Gemeinde eine Gehörsverweigerung begangen hat, bestimmt sich indessen nach
Art. 4 BV, allenfalls nach kantonalem Verfahrensrecht, dessen Anwendung das Bundesgericht jedoch nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür überprüft. Die Rüge wegen Verletzung der Gemeindeautonomie fällt demnach mit jener wegen Verletzung von
Art. 4 BV zusammen und hat keine selbständige Bedeutung. Die Beschwerde ist somit in diesem Punkt unzulässig, weshalb auf sie insoweit nicht einzutreten ist.
4. Der letzte Vorwurf der Gemeinde betrifft das gesetzliche Pfandrecht für die Ersatzbeiträge. Sie macht unter Berufung auf die Gemeindeautonomie geltend, indem das Verwaltungsgericht ein gesetzliches Pfandrecht der Gemeinde für die Ersatzbeiträge verneint habe, habe es Art. 162 EG ZGB falsch interpretiert und damit den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum bei der Handhabung kantonalen Rechts verletzt.
a) Soweit eine Gemeinde Autonomie geniesst, kann sie von der staatsrechtlichen Beschwerde Gebrauch machen, um unter anderem zu erreichen, dass die kantonalen Rechtsmittelbehörden formell im Rahmen ihrer Prüfungsbefugnis bleiben und materiell die kommunalen, kantonalen und bundesrechtlichen Normen, die den betreffenden Sachbereich ordnen, in denen Autonomie besteht, richtig anwenden. Das Bundesgericht prüft dabei die Anwendung von kantonalem Recht frei, soweit es sich um Normen auf Verfassungsebene handelt, sonst nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür (
BGE 113 Ia 206 E. 2b;
BGE 112 Ia 282 E. 3a, 342 E. 2).
b) Gemäss Art. 162 Abs. 1 Ziff. 3 EG ZGB besteht ein gesetzliches, allen anderen Pfandrechten vorgehendes Pfandrecht "für die auf Liegenschaften und Gebäulichkeiten entfallenden Beiträge an öffentliche Unternehmungen" (wie Flusskorrektionen, Wildbachverbauungen, Kanalisationen, elektrische Anlagen usw.). Die beschwerdeführende Gemeinde lässt die Frage nach der Autonomie der Bündner Gemeinden, in diesem kantonalrechtlich bestimmten Bereich selbständig zu legiferieren, offen, beansprucht aber eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit bei der Subsumtion der Abgabetatbestände unter Art. 162 EG ZGB.
Ob den bündnerischen Gemeinden im hier fraglichen Sachbereich nach dem massgeblichen kantonalen Recht Autonomie zukommt, kann offenbleiben. Jedenfalls erscheinen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Entscheid, soweit
BGE 114 Ia 73 S. 80
es ein gesetzliches Pfandrecht für Ersatzbeiträge für Schutzräume und Autoabstellplätze nach Art. 162 EG ZGB verneint, sachlich vertretbar. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass nur eigentliche Vorzugslasten, nicht jedoch Ersatzbeiträge für Schutzräume, Parkplätze und dergleichen unter Art. 162 EG ZGB fielen. Inwiefern diese Auslegung völlig unhaltbar - willkürlich - sein soll, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Sie vermag auch keine kantonale Bestimmung zu nennen, nach der Bündner Gemeinden die Tatbestände, die zu einem gesetzlichen Pfandrecht führen, weiter umschreiben könnten, als dies in Art. 162 EG ZGB vorgesehen ist. Die Beschwerde erweist sich somit in diesem Punkt, soweit auf sie im Hinblick auf ihre Substantiierung eingetreten werden kann, als unbegründet.