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Ecriture agrandie
 
Chapeau

148 III 358


42. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_849/2020 vom 27. Juni 2022

Regeste

Art. 163 CC; durée de l'entretien entre époux.
A la différence de l'entretien post-divorce, l'entretien entre époux n'est pas limité dans le temps, mais est dû jusqu'au moment du divorce, dans la mesure où l'autre conjoint n'est pas en mesure de couvrir son entretien convenable au moyen de ses propres revenus. L'obligation de prendre ou d'étendre une activité lucrative existe déjà au moment de la séparation, lorsqu'on ne peut plus sérieusement compter sur une reprise de la vie commune (consid. 5).

Faits à partir de page 358

BGE 148 III 358 S. 358

A. Die Parteien, deren Ehe kinderlos ist, haben per 1. Dezember 2017 den gemeinsamen Haushalt aufgelöst. Der Ehemann arbeitet vollzeitig und die Ehefrau ist zu 60 % arbeitstätig.
BGE 148 III 358 S. 359

B. Mit Eheschutzentscheid vom 13. März 2019 verpflichtete das Kantonsgericht Nidwalden den Ehemann zur Unterhaltszahlung von Fr. 3'049.80 ab 6. April 2018 bis August 2019 und hielt fest, dass ab September 2019 kein Unterhalt mehr geschuldet sei.
Berufungsweise verlangte die Ehefrau Unterhalt von Fr. 3'902.30 ab Getrenntleben bis März 2020 und von Fr. 3'000.- ab April 2020. Mit Berufungsurteil vom 23. Januar 2020 billigte das Obergericht des Kantons Nidwalden der Ehefrau Unterhaltsbeiträge von Fr. 3'397.40 ab 6. April 2018 bis Dezember 2019 zu und wies die Berufung im Übrigen ab.

C. Mit Beschwerde vom 13. Oktober 2020 verlangt die Ehefrau Unterhaltsbeiträge von Fr. 3'397.30 ab 6. April 2018 bis Dezember 2019 und von Fr. 2'404.10 ab Januar 2020.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
(Zusammenfassung)

Considérants

Aus den Erwägungen:

5. Nachdem die Einwände des Ehemannes entweder mangels prozesskonformer Ausführungen nicht zu hören sind oder aber an der Sache vorbeigehen, ist auf die in der nicht publ. E. 3 wiedergegebenen Willkürrügen der Ehefrau zurückzukommen. Dabei geht es um die Frage, ob die obergerichtliche Auffassung, der Unterhaltsanspruch der Ehefrau sei zu befristen, weil sie in der Phase 2 ihr Existenzminimum selbst erwirtschaften könne, vor dem Willkürverbot standhält.
Das Kantonsgericht hat die zeitliche Befristung des Unterhaltsbeitrages überhaupt nicht oder jedenfalls nur sinngemäss mit dem Satz begründet, ab dem Zeitpunkt der Anrechnung eines Vollzeiterwerbes könne die Ehefrau ihr Existenzminimum selbst decken. Das Obergericht hat ebenfalls auf eine eigentliche Begründung verzichtet und - ohne auf die Beanstandungen der Ehefrau in der Berufung einzugehen - einfach die Aussage wiederholt, sie vermöge mit dem hypothetischen Einkommen in der Phase 2 ihren Unterhalt zu decken, und dem angefügt, es liege somit kein Verzicht auf eine Überschussverteilung, sondern eine Befristung der Unterhaltspflicht vor.
Ausgangspunkt einer jeden Unterhaltsberechnung bildet der sog. gebührende Unterhalt, der sich im ehelichen wie auch im
BGE 148 III 358 S. 360
nachehelichen Verhältnis anhand des zuletzt gemeinsam gelebten Standards bemisst (zuletzt BGE 147 III 293 E. 4.4; aus der früheren publizierten Rechtsprechung BGE 141 III 465 E. 3.1; BGE 137 III 102 E. 4.2.1.1; BGE 134 III 145 E. 4; BGE 132 III 593 E. 3.2). Der gebührende Unterhalt ist mithin, was die Gerichte beider Instanzen des Kantons Nidwalden jedenfalls im Ergebnis übersehen, vom Existenzminimum zu unterscheiden und bleibt bei günstigen Verhältnissen nicht auf dieses beschränkt. Vielmehr haben nach der konstanten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und der sich daran ausrichtenden Praxis aller 25 anderen Kantone beide Ehegatten im Rahmen der verfügbaren Mittel bis zur Höhe des ermittelten früheren gemeinsamen Standards einen Anspruch auf dessen Fortsetzung, solange die Ehe besteht (zuletzt BGE 147 III 293 E. 4.4 S. 296 und 299; Urteil 5A_112/2020 vom 28. März 2022 E. 6.2).
Angesichts der fehlenden Begründung wird nicht ganz klar, ob das Obergericht diese Grundsätze bewusst übergangen hat oder ob es (wie der Ehemann in seiner Beschwerdeantwort) den Grundsatz, wonach der nacheheliche Unterhalt grundsätzlich zeitlich zu limitieren ist, weil das Wort "angemessen" in Art. 125 Abs. 1 ZGB sich insbesondere auf die zeitliche Dimension bezieht (BGE 147 III 249 E. 3.4.5), unbesehen auf den ehelichen Unterhalt gemäss Art. 163 ZGB übertragen hat. Sinngemässe Anwendung auf den ehelichen Unterhalt in bestimmten Konstellationen findet einzig der aus dem Scheidungsunterhalt stammende Grundsatz, wonach beide Ehegatten den gebührenden Unterhalt nach Möglichkeit aus eigener Anstrengung erwirtschaften sollen (sog. Primat der Eigenversorgung); vom Gesetzgeber wird dieser nur in Art. 125 Abs. 1 ZGB direkt ausgedrückt, aber nach konstanter Rechtsprechung ist bereits im ehelichen Verhältnis die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Wiederaufnahme oder Ausdehnung einer Erwerbstätigkeit zu prüfen, wenn in tatsächlicher Hinsicht erstellt ist, dass mit einer Wiederaufnahme des gemeinsamen Haushaltes nicht mehr ernsthaft gerechnet werden kann (BGE 147 III 301 E. 6.2; BGE 138 III 97 E. 2.2; BGE 137 III 385 E. 3.1; BGE 130 III 537 E. 3.2). Hingegen ist dem ehelichen Unterhaltsrecht eine zeitliche Limitierung des zur Erreichung des gebührenden Unterhaltes notwendigen Unterhaltsbeitrages fremd; solange das Eheband besteht - und damit insbesondere im Eheschutzverfahren -, kommt der Art. 163 ZGB zugrunde liegende Gleichbehandlungsgedanke zum Tragen (Urteil 5A_112/2020 vom 28. März 2022 E. 6.2), gemäss welchem wie gesagt beide Ehegatten in gleicher Weise und
BGE 148 III 358 S. 361
grundsätzlich unabhängig von Kriterien wie Lebensprägung und Ehedauer im Rahmen der verfügbaren Mittel Anspruch auf Fortsetzung des gemeinsam gelebten Standards haben; unterhaltsbegrenzend wirkt hier einzig eine tatsächliche oder hypothetische Eigenversorgung, wie dies auch vorliegend der Fall ist.
Indem das Obergericht des Kantons Nidwalden entgegen diesen klaren Grundsätzen entschieden hat, ist es nach den zutreffenden Rügen der Ehefrau in Willkür verfallen. Diese hat auch in der Phase 2 Anspruch auf Fortführung der ehelichen Lebenshaltung und ihre rechnerische Vorgehensweise ist im Rahmen der anwendbaren zweistufigen Methode korrekt, wenn sie zur Berechnung des seinerzeitigen gemeinsamen Existenzminimums und sich daraus ergebenden Überschusses die Kosten der damals gemeinsam bewohnten Liegenschaft sowie den Grundbetrag für ein Ehepaar von Fr. 1'700.- einsetzt. In der Nachtrennungs-Phase 1 wird der gemeinsam gepflegte Lebensstandard und damit der gebührende Unterhalt durch die scheidungsbedingten Mehrkosten etwas geschmälert, aber in der Phase 2 wird er zufolge der erhöhten gesamthaften Leistungsfähigkeit wieder erreicht. Darauf, d.h. auf den vollständigen gebührenden Unterhalt hat die Ehefrau Anspruch, aber auch nicht auf mehr; es ist deshalb folgerichtig, wenn dem Ehemann in der Phase 2 - weil die addierten Nettoeinkommen über den addierten gebührenden Unterhalten liegen - nach Bestreitung des Unterhaltsbeitrages ein grösserer Überschuss verbleibt als der Ehefrau.