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Urteilskopf

149 IV 1


1. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern und Schweizerische Eidgenossenschaft, Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) (Beschwerde in Strafsachen)
6B_978/2020 vom 16. November 2022

Regeste

Art. 23 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG (in den bis 31. Dezember 2020 und seit 1. Januar 2021 geltenden Fassungen); Art. 88 Abs. 1 FDV; unlautere Handlung durch Nichtbeachtung eines sog. Sterneintrags im Telefonverzeichnis; Ausnahmeklausel der bestehenden Geschäftsbeziehung.
Die auf den 1. Januar 2021 in Kraft getretene Fassung von Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG stellt klar, dass eine durch Sterneintrag im Telefonverzeichnis vermerkte Ablehnung von Werbemitteilungen dann keine Sperrwirkung hat, wenn die kontaktierte Person in einer Geschäftsbeziehung zum Urheber der Werbemitteilung steht. Die vorherige Fassung sah diese Ausnahme zwar noch nicht ausdrücklich vor. Doch greift der Vorbehalt der bestehenden Geschäftsbeziehung auch bei Sachverhalten, die sich unter altem Recht ereignet haben (E. 1).
Gerade angesichts des immer bedeutsameren Onlinehandels von Konsumgütern muss der Begriff der "Geschäftsbeziehung" unter anderem in zeitlicher Hinsicht eng genug ausgelegt werden, um dem Schutzzweck (Eindämmung von Auswüchsen im Telemarketing) zu genügen. Die Frage, wie lange eine nicht regelmässig erneuerte Geschäftsbeziehung aktuell bleibt, ist namentlich anhand einer allfälligen Vertragslaufzeit und der Natur des beworbenen Produkts zu beantworten (E. 4).

Sachverhalt ab Seite 3

BGE 149 IV 1 S. 3

A. A. ist Verwaltungsratspräsident des Telemarketingunternehmens B. AG. Dieses betreibt Callcenter, von denen aus Privatpersonen zu Marketing- und Werbezwecken angerufen werden. Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) gingen insgesamt 46 Beschwerden von Privatpersonen über Anrufe von Telefonnummern ein, die der Firma des Beschwerdeführers zuzuordnen sind.
Die für die strafrechtliche Verfolgung von Widerhandlungen gegen das UWG zuständige Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern warf A. unlautere Werbe- und Verkaufsmethoden vor. Als Verwaltungsratspräsident der B. AG sei er für die Geschäftstätigkeit und damit für die Einhaltung der Gesetze verantwortlich. Das Handeln der Mitarbeiter in den Callcentern sei ihm zuzurechnen (Art. 29 lit. a StGB). In der Zeit vom 21. Dezember 2012 bis 11. September 2014 seien in 27 Fällen von Telefonnummern der B. AG aus Personen zu Werbezwecken angerufen worden, die im Telefonverzeichnis eine Werbesperre (Sterneintrag) hätten vermerken lassen.
Das Regionalgericht Bern-Mittelland sprach A. in allen angeklagten Fällen vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241) frei (Urteil vom 29. März 2019).

B. Das SECO erhob Berufung in 15 Fällen. Das Obergericht des Kantons Bern sprach A. in elf Fällen vom Vorwurf der mehrfachen Widerhandlung gegen das UWG frei; in vier Fällen aus dem Jahr 2013 sprach es ihn schuldig. In zwölf Fällen waren erstinstanzliche Freisprüche unangefochten geblieben und damit rechtskräftig geworden. Von einer Bestrafung sah das Obergericht infolge des sehr leichten Tatverschuldens ab (Art. 52 StGB; Urteil vom 24. Juni 2020).

C. A. führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und er sei freizusprechen. Eventuell sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
BGE 149 IV 1 S. 4
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1.

1.1 Wer vorsätzlich unlauteren Wettbewerb u.a. nach Art. 3 UWG begeht, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe belegt (Art. 23 Abs. 1 UWG). Vorliegend steht eine Widerhandlung (unlautere Werbe- und Verkaufsmethoden) im Sinn von Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG zur Diskussion. Im Tatzeitraum (2013) stand diese Bestimmung in der vom 1. April 2012 bis 31. Dezember 2020 geltenden Fassung in Kraft. Danach handelt unlauter, wer den Vermerk im Telefonbuch nicht beachtet, dass ein Kunde keine Werbemitteilungen von Dritten erhalten möchte und dass seine Daten zu Zwecken der Direktwerbung nicht weitergegeben werden dürfen (vgl. Art. 88 Abs. 1 der Verordnung vom 9. März 2007 über Fernmeldedienste [FDV; SR 784.101.1]). Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG begründet eine Pflicht, anhand der sog. Primärverzeichnisse der Fernmeldedienstanbieter (Art. 11 FDV) zu prüfen, ob ein Sterneintrag vorliegt oder nicht (MISCHA SENN, Richtlinie der Lauterkeitskommission zur neuen UWG-Bestimmung betreffend Sterneintrag [Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG], sic! 4/2013 S. 268).

1.2 Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG war Gegenstand der auf den 1. Januar 2021 in Kraft getretenen Revision des UWG. Der Wortlaut des revidierten Gesetzes stellt seither klar, dass eine durch Sterneintrag im Telefonverzeichnis vermerkte Ablehnung von Werbemitteilungen dann keine Sperrwirkung hat, wenn die kontaktierte Person in einer Geschäftsbeziehung zum Urheber der Werbemitteilung steht.
Diese Ausnahme ist für die Beurteilung eines Teils der strittigen Schuldsprüche relevant (siehe E. 4). Nachdem sich die strittig gebliebenen Vorgänge im Jahr 2013 abgespielt haben und das vorinstanzliche Urteil vom 24. Juni 2020 datiert, ist die bis Ende 2020 geltende Fassung von Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG massgebend. Deren Wortlaut sah den Ausnahmetatbestand der bestehenden Geschäftsbeziehung noch nicht ausdrücklich vor. Vor Bundesgericht kann sich der Beschwerdeführer zwar nicht auf das ab 2021 geltende, für ihn günstigere Recht (lex mitior; vgl. Art. 2 Abs. 2 StGB in Verbindung mit Art. 1 und 2 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht [VStrR; SR 313.0]) berufen, weil die bundesgerichtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils nicht als Beurteilung im Sinn von Art. 2 Abs. 2 StGB gilt (BGE 145 IV 137).
BGE 149 IV 1 S. 5
Allerdings betrachtete schon die herrschende Lehrmeinung hinsichtlich der bis Ende 2020 gültigen Fassung von Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG Anbieter oder deren Hilfspersonen (wie Callcenter) nur dann als "Dritte", wenn sie keine vorbestehende Geschäftsbeziehung zur angerufenen Person unterhalten (GUIDO SUTTER, in: UWG, Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Kommentar, Heizmann/ Loacker [Hrsg.], 2018, N. 23 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG; GREGOR BÜHLER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb [UWG], 2013, N. 21 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG). Diese Auffassung ist Ausdruck einer gefestigten geltungszeitlichen Praxis (SUTTER, a.a.O., mit Hinweisen). Die Ausnahmeklausel, dass eine im Telefonverzeichnis eingetragene Werbesperre in Fällen einer bestehenden Geschäftsbeziehung nicht wirksam wird, ist vorliegend beachtlich.

2. (...)

2.5 Schliesslich bestreitet der Beschwerdeführer, dass der Strafantrag des SECO im Fall C. massgeblich ist und seine strafrechtliche Verfolgung bewirken kann. Der angezeigte Sachverhalt sei nicht durch einen entsprechenden Anzeigewillen des betroffenen Privaten gedeckt.
Nach Art. 23 Abs. 2 UWG kann Strafantrag stellen, wer nach den Artikeln 9 und 10 zur Zivilklage berechtigt ist. Dazu gehört der Bund, wenn er es zum Schutz des öffentlichen Interesses als nötig erachtet, so wenn bestimmte Kollektivinteressen bedroht oder verletzt sind (vgl. Art. 10 Abs. 3 lit. b UWG). Die Klagelegitimation und die damit einhergehende Befugnis des SECO, in seiner Eigenschaft als Oberaufsichtsbehörde (Art. 20 Abs. 1 UWG) Strafanträge zu stellen, ermöglicht es dem Bundesamt, seine Aufgaben beim Vollzug des UWG wahrzunehmen. Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG bezweckt, Auswüchse des Telefonmarketings einzudämmen (RETO HEIZMANN, in: Wettbewerbsrecht II, Kommentar, 2. Aufl. 2021, N. 2 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG; SUTTER, a.a.O., N. 4 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG mit Hinweisen). Dabei handelt es sich um ein Interesse überindividueller Natur. Solange der angezeigte Sachverhalt eine spezifische Widerhandlung im Sinn von Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG offenbart, kann es deshalb nicht darauf ankommen, woran sich der Anzeigesteller konkret gestört hat. Im Hinblick auf die Gültigkeit des Strafantrags spielt also keine Rolle, ob C. tatsächlich nur eine Belästigung durch Anrufe, bei denen jeweils nur ein Piepton zu vernehmen war,
BGE 149 IV 1 S. 6
zur Anzeige bringen wollte, nicht aber die vom SECO beanzeigte Verletzung des Sterneintrags als solche.
(...)

4.

4.1 Schliesslich wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Schuldspruch betreffend die Widerhandlung "ca. um den 17.10.2013 zum Nachteil von J.". Deren Adressdaten waren in der Kundendatenbank der Tochtergesellschaft I. AG abgelegt, nachdem die Kundin J. dort zuletzt am 12. Juni 2006 ein Nahrungsergänzungsmittel bestellt hatte. Die Vorinstanz geht davon aus, dass der Anruf vom 17. Oktober 2013 im Auftrag der I. AG, also im Rahmen einer bestehenden Geschäftsbeziehung (oben E. 1.2), erfolgte. Sie hält aber auch fest, es hätte der anrufenden B. AG bekannt sein müssen, dass die letzte Bestellung von J. bei der I. AG bereits über sieben Jahre zurücklag. Nach dieser langen Zeit dürfe nicht mehr von einer bestehenden Geschäftsbeziehung ausgegangen werden; demnach hätte J. nicht mehr zu Werbezwecken angerufen werden dürfen.

4.2 Der Beschwerdeführer rügt, auch hier seien die Voraussetzungen des Eventualvorsatzes (vgl. nicht publ. E. 3.3.1) nicht erfüllt. Tatsächlich handle es sich um einen Fall von nicht strafbarer Fahrlässigkeit. Er verweist auf den Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG; der Begriff "Kunde" lege nahe, dass die bei einer bestehenden Geschäftsbeziehung Platz greifende Ausnahme von der Sperrwirkung des Sterneintrags jede Kundenbeziehung erfasse, ungeachtet ihrer Intensität und Aktualität. Zum Tatzeitpunkt (17. Oktober 2013) sei die Praxis zur noch jungen Norm (in Kraft seit 1. April 2012) noch nicht entwickelt gewesen, was mit entsprechenden Unsicherheiten über die zutreffende Auslegung verbunden gewesen sei, das heisst darüber, wie lange nach einem Kundenkontakt noch von einer Geschäftsbeziehung im Sinn der Ausnahmeklausel ausgegangen werden darf. In Unkenntnis einer solchen Praxis habe die B. AG eine bestehende Kundenbeziehung annehmen dürfen. Es liege ein Verbotsirrtum (Art. 21 StGB) vor, was ein Unrechtsbewusstsein und damit den Eventualvorsatz ausschliesse.

4.3 Streitig ist zunächst, ob in zeitlicher Hinsicht noch von einer bestehenden Geschäftsbeziehung ausgegangen werden darf, nachdem zwischen der letzten Produktbestellung der kontaktierten Person und dem inkriminierten Anruf mehr als sieben Jahre vergangen sind. Für den Fall, dass die frühere Geschäftsbeziehung beendet ist, bestreitet der Beschwerdeführer den subjektiven Tatbestand.
BGE 149 IV 1 S. 7

4.3.1 Der Begriff des "Kunden" in Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG meint alle Kunden der Fernmeldedienstanbieter, seien es natürliche oder juristische ( Business-to-Business ) Personen (vgl. SUTTER, a.a.O., N. 16 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG; BÜHLER, a.a.O., N. 13 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG). Die hier interessierende Geschäftsbeziehung des Kunden zum Anbieter eines Produkts oder einer Dienstleistung (HEIZMANN, a.a.O., N. 7 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG) ermächtigt diesen oder den mit der Marketingkampagne beauftragten Dienstleister (z.B. ein Callcenter), dem Kunden trotz eines Sperrvermerks Werbemitteilungen zukommen zu lassen. Aus dem weit gefassten Begriff des Kunden (eines Fernmeldedienstanbieters) lässt sich nichts über Bestand und Dauer der Kundenbeziehung zum Urheber der Werbemitteilung ableiten.

4.3.2 Die Geschäftsbeziehung muss im Zeitpunkt der Werbemitteilung "bestehen" (Botschaft vom 6. September 2017 zur Revision des Fernmeldegesetzes, BBl 2017 6655 [betreffend die ab Januar 2021 gültige Fassung von Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG]). Auf eine ehemalige Geschäftsbeziehung ist die Ausnahmeklausel zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG nicht anzuwenden; eine Nachwirkung gibt es nicht (vgl. HEIZMANN, a.a.O., N. 17 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG). Freilich wird ein durch Produktbestellung begründetes Kundenverhältnis kaum je formell beendet. Damit eröffnet sich die Abgrenzungsfrage, wie lange die Geschäftsbeziehung anhalten kann, wenn sie nicht regelmässig erneuert wird. Dies ist mit Blick auf die Natur der Geschäfts- resp. Kundenbeziehung und, sofern ein Vertragsverhältnis eingegangen wurde, nach dessen Inhalt und Ausgestaltung zu beurteilen. In der Literatur wird abhängig u.a. von der Art des Produkts von einem Zeitrahmen zwischen einem und fünf Jahren ausgegangen; während dieser Zeit darf der Anbieter (oder sein Beauftragter) Werbemitteilungen (nur über gleichartige Produkte oder Dienstleistungen) an Kunden mit Sperrvermerk im Telefonverzeichnis absetzen (namens der Schweizerischen Lauterkeitskommission: SENN, a.a.O., S. 270). Bezogen auf Güter des täglichen Gebrauchs wird eine Kontaktierung bis maximal sechs Monate nach der letzten Interessensbekundung des Konsumenten als zulässig erachtet (BÜHLER, a.a.O., N. 22 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG).
Der Begriff der "Geschäftsbeziehung" muss unter anderem in zeitlicher Hinsicht eng genug ausgelegt werden, um dem Schutzzweck - der Eindämmung von Auswüchsen im Telemarketing - zu genügen. Vor allem angesichts des immer bedeutsamer werdenden
BGE 149 IV 1 S. 8
Onlinehandels ist die Dauer daher so zu veranschlagen, dass der mit dem Sterneintrag zum Ausdruck gebrachte Wille, keine ungebetenen telefonischen Werbemitteilungen zu erhalten( Opt-out ; BÜHLER, a.a.O., N. 1 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG), nicht zusehends wirkungsloser wird. Dies umso mehr, als eine Geschäftsbeziehung im Sinn von Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG - im Gegensatz zur Ausnahme im Bereich der Massenwerbung nach Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG ( Spam ; SUTTER, a.a.O., N. 44 ff. zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG) - keinen realisierten Kauf voraussetzt; es genügt bereits das Anfordern von Werbeunterlagen oder das Einholen einer Offerte (HEIZMANN, a.a.O., N. 17 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG; SUTTER, a.a.O., N. 25 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG; BÜHLER, a.a.O., N. 21 zu Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG).
Solange eine allfällige Vertragslaufzeit anhält - beispielsweise während der Abonnementsdauer eines Schlüsselfundservices -, bleibt eine Geschäftsbeziehung regelmässig aktuell. Dies mag auch während der Lebensdauer eines beständigen Investitionsgutes gelten. Anders verhält es sich aber im Fall von Kunden, die ein kurzlebiges, zum Verbrauch bestimmtes Konsumgut ein- oder mehrmalig bezogen haben, das Produkt dann aber über einen Zeitraum hinweg, der einem Vielfachen der gewöhnlichen Verbrauchsdauer entspricht, nicht mehr neu kauften. In solchen Fällen muss davon ausgegangen werden, dass die mit dem früheren Kauf begründete Geschäftsbeziehung dahingefallen ist. Die Ausnahmeklausel einer bestehenden Geschäftsbeziehung beruht auf der Vermutung, im betreffenden speziellen Zusammenhang bestehe ein Interesse an Werbemitteilungen. Diese Übersteuerung des Sperrvermerks ist nicht mehr gerechtfertigt, nachdem der Kunde während einer längeren Zeit kein entsprechendes Interesse mehr angemeldet hat.

4.3.3 Für den Anruf bei der Kundin J. hält die Vorinstanz zutreffend fest, dass angesichts der sieben Jahre zurückliegenden Bestellung eines Nahrungsergänzungsmittels keine andauernde Geschäftsbeziehung mehr besteht. In objektiver Hinsicht liegt eine Widerhandlung im Sinn von Art. 3 Abs. 1 lit. u UWG vor. Was den subjektiven Tatbestand anbelangt, durfte die B. AG resp. der Beschwerdeführer unter den gegebenen Bedingungen nicht in guten Treuen davon ausgehen, die Kundenbeziehung sei noch aktuell. Somit kann es nicht darauf ankommen, dass es zum Tatzeitpunkt dazu noch keine definierte behördliche Praxis gab. Die Frage eines Verbotsirrtums (Art. 21 StGB) stellt sich nicht. Vielmehr handelte die B. AG resp. der Beschwerdeführer diesbezüglich mit direktem Vorsatz.

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Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 4

Referenzen

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