Urteilskopf
150 III 423
43. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. S.A. gegen B. d.o.o. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_621/2023 vom 6. August 2024
Regeste
Art. 34 Nr. 3 LugÜ; Art. II Abs. 3 NYÜ; Rechtskraft eines negativen Zuständigkeitsentscheids eines Schiedsgerichts.
Erklärt sich das vereinbarte Schiedsgericht mit Sitz im Ausland für unzuständig und wird dieser Schiedsentscheid in der Schweiz anerkannt, so sind die staatlichen Gerichte in der Schweiz an den Schiedsentscheid gebunden und nicht an den Zuständigkeitsentscheid eines anderen staatlichen Gerichts über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung (E. 6).
Die staatlichen Gerichte in der Schweiz sind nicht gemäss Art. II Abs. 3 NYÜ verpflichtet, die Parteien auf das Schiedsverfahren zu verweisen, wenn sich das vereinbarte Schiedsgericht mit der Begründung für unzuständig erklärt hat, eine der Parteien sei von der Schiedsvereinbarung nicht erfasst, und dieser Schiedsentscheid in der Schweiz anerkannt wird (E. 7).
A.a Die B. d.o.o. (Gesuchstellerin, Beschwerdegegnerin) ist eine Aktiengesellschaft nach slowenischem Recht mit Sitz in U., Slowenien. Die A. S.A. (Gesuchsgegnerin, Beschwerdeführerin) ist eine Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht mit Sitz in V., Kanton Aargau.
A.b Am 9. Oktober 2009 unterzeichnete die Gesuchstellerin eine als "Distribution Agreement" bezeichnete Vereinbarung, die eine Schiedsklausel zugunsten eines Schiedsverfahrens vor dem Slovenian Chamber of Commerce enthielt (Schiedsvereinbarung). Zwischen den Parteien ist streitig, wer gemäss dem "Distribution Agreement" Vertragspartner der Gesuchstellerin war.
A.c Das vereinbarte Schiedsgericht erklärte sich mit Urteil vom 20. November 2017 mit der Begründung für unzuständig, die Gesuchsgegnerin sei nicht Partei der Schiedsvereinbarung. Die Gesuchstellerin erhob daraufhin beim Handelsgericht des Kantons Aargau Klage gegen die Gesuchsgegnerin und machte vertragsrechtliche Ansprüche aus dem "Distribution Agreement" geltend. Mit Urteil vom 5. November 2018 erklärte sich das Handelsgericht gestützt auf die Schiedsvereinbarung für unzuständig und verwies die Gesuchstellerin im Sinne von Art. II Abs. 3 des Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (NYÜ; SR 0.277.12) auf das Schiedsverfahren. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesgericht
BGE 150 III 423 S. 425
abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde (Urteil 4A_646/2018 vom 17. April 2019). Die Gesuchstellerin erhob anschliessend erneut Klage über weitgehend dieselben Ansprüche vor dem Kreisgericht Koper, Slowenien. Mit Urteil vom 21. März 2022 hat das Kreisgericht die Klage gutgeheissen und die Gesuchsgegnerin verpflichtet, der Gesuchstellerin aus dem Kaufvertrag EUR 593'075.11 nebst Zins zu bezahlen. Dieses Urteil wurde vom Höheren Gericht in Koper, Slowenien, mit Urteil vom 19. August 2022 bestätigt.
A.d Mit Zahlungsbefehl Nr. x des Betreibungsamtes X. vom 20. Mai 2022 betrieb die Gesuchstellerin gestützt auf das Urteil des Kreisgerichts Koper die Gesuchsgegnerin für den Gesamtbetrag von Fr. 673'067.65 nebst Zins.
B. Nachdem die Gesuchsgegnerin gegen den Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag erhoben hatte, ersuchte die Gesuchstellerin am 25. November 2022 das Bezirksgericht Zofingen um definitive Rechtsöffnung im Umfang von Fr. 991'631.30. Mit Entscheid vom 17. April 2023 hiess der Präsident des Bezirksgerichts das Gesuch gut und erteilte die definitive Rechtsöffnung.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 24. Oktober 2023 ab. Zur Begründung führte das Obergericht im Wesentlichen aus, es liege ein Entscheid eines Vertragsstaates des Lugano-Übereinkommens (LugÜ; SR 0.275.12) vor. Dieser Entscheid sei nach dem LugÜ anzuerkennen und zu vollstrecken, selbst wenn das slowenische Gericht den Entscheid in Missachtung einer Schiedsvereinbarung gefällt haben sollte. Daran ändere nichts, dass das Handelsgericht des Kantons Aargau am 5. November 2018 die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte in der Schweiz verneint und die Gesuchstellerin an das vereinbarte Schiedsgericht verwiesen habe. Dieses Schiedsgericht habe bereits am 20. November 2017 entschieden, dass die Gesuchsgegnerin nicht Partei der Schiedsvereinbarung sei.
C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben und das Gesuch um definitive Rechtsöffnung sei abzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)
BGE 150 III 423 S. 426
Aus den Erwägungen:
6. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 34 Nr. 3 LugÜ.
6.1 Im Einzelnen macht sie geltend, die slowenische Entscheidung sei im Sinne von Art. 34 Nr. 3 LugÜ mit dem Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau unvereinbar. Die Beschwerdegegnerin habe die vor dem slowenischen Gericht eingeklagten Forderungen zuvor basierend auf derselben Grundlage vor dem Handelsgericht eingeklagt. Beide Gerichte hätten daher materiell über identische Forderungen und einen identischen Sachverhalt zu entscheiden gehabt. Das Handelsgericht habe das Vorliegen einer Zivilsache im Sinne des LugÜ verneint, sich für unzuständig erklärt und die Parteien an ein Schiedsgericht verwiesen. Das slowenische Gericht habe demgegenüber das Vorliegen einer Schiedsvereinbarung verneint und den streitgegenständlichen Anspruch beurteilt. Zur Frage, ob es sich beim Rechtsstreit zwischen den Parteien um eine Zivil- oder eine Schiedssache handle, würden sich die Urteile widersprechen. Dabei spiele es keine Rolle, dass es sich beim Urteil des Handelsgerichts um einen Nichteintretensentscheid handle und das Handelsgericht nicht selbst über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts habe befinden können. Vielmehr seien sämtliche Schweizer Gerichte aufgrund der negativen Wirkung der materiellen Rechtskraft des Handelsgerichtsentscheids an die Feststellung gebunden, dass es sich um eine schiedsgerichtliche Angelegenheit im Sinne von Art. II Abs. 3 NYÜ handle und daher ein Schiedsgericht anstelle eines staatlichen Gerichts über seine Zuständigkeit zu befinden habe. Kein Schweizer Gericht hätte daher auf die Klage der Beschwerdegegnerin eintreten dürfen, solange das vertraglich vorgesehene Schiedsgericht seine Zuständigkeit nicht verneint habe.
6.2 Die Vorinstanz hielt fest, das Handelsgericht habe mit seinem Entscheid nur über seine eigene Zuständigkeit, nicht aber über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts verbindlich entscheiden können, weshalb trotz der Verweisung auf das Schiedsverfahren ein reiner Nichteintretensentscheid des Handelsgerichts vorliege. Sei das eine Gericht auf die bei ihm erhobene Leistungsklage nicht eingetreten, die das andere Gericht materiell behandelt und vollumfänglich gutgeheissen habe, lägen keine sich gegenseitig ausschliessenden Rechtsfolgen vor. Daran vermöge auch die Verweisung auf das
BGE 150 III 423 S. 427
schiedsgerichtliche Verfahren im Dispositiv des Nichteintretensentscheids nichts zu ändern.
6.3 Gemäss Art. 34 Nr. 3 LugÜ wird eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn sie mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die zwischen denselben Parteien in dem Staat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ergangen ist. Art. 34 Nr. 3 LugÜ ist restriktiv auszulegen. Eine Unvereinbarkeit muss sich bei den Wirkungen der gerichtlichen Entscheidungen zeigen (
BGE 138 III 261 E. 1.1 mit Hinweisen). Dagegen genügt zur Anerkennungsversagung nicht, dass die Rechtsfolgen (oder eine Vorfragebeurteilung) der anzuerkennenden Entscheidung lediglich mit einer nicht in Rechtskraft erwachsenen Vorfragebeurteilung des inländischen Urteils unvereinbar sind, solange nicht auch dessen Rechtsfolgen von der Unvereinbarkeit erfasst werden. Verlangt wird vielmehr, dass die ausländische Entscheidung entweder denselben Streitgegenstand abweichend entscheidet oder aber auf Prämissen aufbaut, die mit der materiellen Rechtskraft oder Gestaltungswirkung des inländischen Urteils unvereinbar ist (
BGE 138 III 261 E. 1.2).
6.4.1 Um zu beurteilen, ob das Urteil des Handelsgerichts und das zur Anerkennung vorgelegte slowenische Urteil miteinander unvereinbare Rechtswirkungen entfalten, ist zunächst festzustellen, welche Rechtswirkungen das Urteil des Handelsgerichts entfaltet. Diese bestimmen sich dabei nach dem Recht des Ursprungsstaates und damit nach schweizerischem Recht (DOMEJ/OBERHAMMER, in: Lugano-Übereinkommen [LugÜ] zum internationalen Zivilverfahrensrecht, Schnyder/Sogo [Hrsg.], 2. Aufl. 2023, N. 59 zu
Art. 34 LugÜ; LEIBLE, in: Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht EuZPR/EulPR, Bd. I, Rauscher [Hrsg.], 5. Aufl. 2021, N. 63 zu Art. 45 Brüssel Ia-VO; KODEK, in: Kurzkommentar Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, Czernich/Tiefenthaler/Kodek [Hrsg.], 2. Aufl. 2003, N. 37 zu Art. 34 EuGVVO; KROPHOLLER/VON HEIN, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, N. 49 zu Art. 34 EuGVO).
6.4.2 Nach schweizerischem Recht kann grundsätzlich nur ein Sachurteil in Rechtskraft erwachsen, während ein rechtskräftiges Prozessurteil höchstens in Bezug auf die Zulässigkeitsvoraussetzung, deren Vorliegen das Gericht bejaht oder verneint hat, in Rechtskraft erwachsen kann (
BGE 134 III 467 E. 3.2;
BGE 127 I 133 E. 7a; Urteile 4A_30/2020 vom 23. März 2021 E. 3.3.1; 4A_536/2018 vom 16. März 2020
BGE 150 III 423 S. 428
E. 3.1.2). Dabei ist die Bindungswirkung eines negativen Zuständigkeitsentscheids, mit dem sich ein staatliches Gericht in der Schweiz zugunsten eines Schiedsgerichts für unzuständig erklärt, noch nicht abschliessend geklärt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist ein vereinbartes Schiedsgericht mit Sitz in der Schweiz jedenfalls nicht an die Entscheidung des staatlichen Gerichts gebunden (
BGE 120 II 155 E. 3b/bb). Dies wird auch von der Lehre einhellig vertreten (BERGER/KELLERHALS, International and Domestic Arbitration in Switzerland, 4. Aufl. 2021, Rz. 728; BERGER/MOSIMANN, in: Berner Kommentar, Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht [IPRG], Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 2023, N. 83 zu
Art. 186 IPRG; COURVOISIER/KULL, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 4. Aufl. 2021, N. 45 zu
Art. 186 IPRG; LALIVE/POUDRET/REYMOND, Le droit de l'arbitrage interne et international en Suisse, 1989, N. 17 zu
Art. 186 IPRG; KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, International arbitration, 2015, Rz. 5.52).
Darüber hinaus sind die Rechtswirkungen eines solchen Entscheids umstritten. Nach einer Lehrmeinung stellt ein solcher Unzuständigkeitsentscheid nur die Unzuständigkeit des urteilenden staatlichen Gerichts rechtskräftig fest (POUDRET/BESSON, Comparative Law of International Arbitration, 2. Aufl. 2007, Rz. 515). Nach anderer Lehrmeinung bindet ein solcher Entscheid auch die übrigen staatlichen Gerichte in der Schweiz an die festgestellte Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung (BERGER/KELLERHALS, a.a.O., Rz. 728; COURVOISIER/KULL, a.a.O., N. 37 zu Art. 186 IPRG; DROESE, Res iudicata ius facit, 2015, S. 308 und Fn. 1527). Ob dem negativen Zuständigkeitsentscheid eines staatlichen Gerichts eine derart weitreichende Bindungswirkung zukommt, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben.
Denn vorliegend geht es um die Frage, ob die staatlichen Gerichte in der Schweiz an den negativen Zuständigkeitsentscheid eines vereinbarten Schiedsgerichts mit Sitz im Ausland gebunden sind. Dies ist der Fall, sofern dieser Schiedsentscheid in der Schweiz anerkannt wird (MÜLLER-CHEN, in: Zürcher Kommentar zum IPRG [nachfolgend: IPRG], Bd. I, 3. Aufl. 2018, N. 38 zu
Art. 7 IPRG; BERGER/MOSIMANN, a.a.O., N. 82 f. zu
Art. 186 IPRG; OETIKER, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, Bd. II, 3. Aufl. 2018, N. 106 zu
Art. 186 IPRG; POUDRET/BESSON, a.a.O., Rz. 475 f.; BERGER/KELLERHALS, a.a.O., Rz. 727). So entscheidet das Schiedsgericht grundsätzlich selbst über seine Zuständigkeit (sog. Grundsatz der relativen Kompetenz-Kompetenz; vgl.
Art. 186 Abs. 1 IPRG; BERGER/MOSIMANN, a.a.O., N. 5
BGE 150 III 423 S. 429
zu
Art. 186 IPRG; COURVOISIER/KULL, a.a.O., N. 3 zu
Art. 186 IPRG; BERGER/KELLERHALS, a.a.O., Rz. 668 f.). Dabei unterliegt zwar der schiedsgerichtliche Zuständigkeitsentscheid der Überprüfung der staatlichen Gerichte, sofern gegen den Entscheid bzw. dessen Anerkennung die vorgesehenen Rechtsbehelfe ergriffen werden (
BGE 121 III 38 E. 2b). Werden allerdings die vorgesehenen Rechtsbehelfe nicht ergriffen, so ist der Zuständigkeitsentscheid abschliessend und damit für die staatlichen Gerichte verbindlich (BERGER/KELLERHALS, a.a.O., Rz. 669; GIRSBERGER/VOSER, International Arbitration, 5. Aufl. 2024, Rz. 645; BERGER/MOSIMANN, a.a.O., N. 8 zu
Art. 186 IPRG). Hat sich somit das vereinbarte Schiedsgericht mit Sitz im Ausland in Ausübung seiner Kompetenz-Kompetenz für unzuständig erklärt und wird dieser Schiedsentscheid in der Schweiz anerkannt, so sind die staatlichen Gerichte in der Schweiz an den Schiedsentscheid gebunden und nicht (mehr) an den negativen Zuständigkeitsentscheid eines anderen staatlichen Gerichts, das sich aufgrund der aus seiner Sicht wirksamen Schiedsvereinbarung für unzuständig erklärt hat (MÜLLER-CHEN, IPRG, a.a.O., N. 38 zu
Art. 7 IPRG; BERGER/MOSIMANN, a.a.O., N. 82 f. zu
Art. 186 IPRG; OETIKER, a.a.O., N. 106 zu
Art. 186 IPRG; POUDRET/BESSON, a.a.O., Rz. 475 f.; BERGER/KELLERHALS, a.a.O., Rz. 727).
6.4.3 Das vereinbarte Schiedsgericht mit Sitz in Slowenien hat sich mit der Begründung für unzuständig erklärt, die Beschwerdeführerin sei nicht Partei der Schiedsvereinbarung. Dass dieses Schiedsurteil in der Schweiz nicht anerkannt worden wäre, wird von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht und ist dem angefochtenen Entscheid nicht zu entnehmen. Die schweizerischen Gerichte sind deshalb an diesen negativen Zuständigkeitsentscheid des Schiedsgerichts und nicht an die Feststellungen des Handelsgerichts zur Schiedsvereinbarung gebunden. Zwar ist - wie die Beschwerdeführerin zu Recht geltend macht - die Zuständigkeitsentscheidung des Handelsgerichts zeitlich nach dem Schiedsurteil ergangen, wobei das Handelsgericht das Schiedsurteil bei der Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit berücksichtigt hat. Die Zuständigkeitsentscheidung des Handelsgerichts ändert jedoch nichts daran, dass das Schiedsgericht bereits über seine eigene Zuständigkeit entschieden hat. Andernfalls drohte zum einen die unerwünschte Folge, dass das staatliche Gericht mit seiner Zuständigkeitsentscheidung das Schiedsurteil verdrängen und damit die Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts unterlaufen könnte. Zum anderen drohte ein negativer
BGE 150 III 423 S. 430
Kompetenzkonflikt, wenn sowohl das Schiedsgericht als auch das staatliche Gericht sich für unzuständig erklären würden (vgl. LALIVE/POUDRET/REYMOND, a.a.O., N. 17 zu
Art. 86 IPRG; POUDRET/BESSON, a.a.O., Rz. 515; MÜLLER-CHEN, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO] [nachfolgend: ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 3. Aufl. 2016, N. 30 zu
Art. 61 ZPO).
6.4.4 Das Urteil des Handelsgerichts ist somit nur insofern rechtskräftig, als das Handelsgericht seine eigene Unzuständigkeit festgestellt hat. Damit entfaltet dieses Urteil keine Rechtswirkungen, die mit den Rechtswirkungen des slowenischen Urteils im Sinne von Art. 34 Nr. 3 LugÜ potenziell unvereinbar sein könnten (vgl. E. 6.3 hiervor).
6.5 Schliesslich beruft sich die Beschwerdeführerin auf die Entscheidung
Gothaer gegen Samskip des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und rügt, das slowenische Gericht sei aufgrund dieser Rechtsprechung verpflichtet gewesen, die im Urteil des Handelsgerichts festgestellte Anwendbarkeit der Schiedsvereinbarung zu berücksichtigen (Urteil des EuGH vom 15. November 2012 C-456/11
Gothaer). Die Beschwerdeführerin zeigt indessen nicht rechtsgenüglich auf und es ist auch nicht ersichtlich, welche Rechtsverletzung sie damit der Vorinstanz vorwerfen will. Auf die erwähnte Rüge ist daher mangels Begründung nicht einzutreten (vgl.
Art. 42 Abs. 2 BGG).
6.6 Die Vorinstanz hat Art. 34 Nr. 3 LugÜ nicht verletzt.
7. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. II Abs. 3 NYÜ.
7.1 Im Einzelnen macht sie geltend, die Vorinstanz habe Art. II Abs. 3 NYÜ verletzt, indem sie das unter Missachtung der Schiedsvereinbarung ergangene slowenische Urteil zur Vollstreckung zugelassen habe. Das LugÜ stehe dem nicht entgegen, da die Schweiz sowohl das LugÜ als auch das NYÜ ratifiziert habe und beide Staatsverträge gleichrangig seien. Gehe es aber um die Anerkennung eines Urteils, das unter Missachtung einer Schiedsvereinbarung ergangen sei, liege ein Konventionskonflikt vor. Dieser Konflikt sei zugunsten des NYÜ als
lex specialis zu lösen.
7.2.1 Wird ein Gericht eines Vertragsstaates wegen eines Streitgegenstandes angerufen, hinsichtlich dessen die Parteien eine Schiedsvereinbarung im Sinne dieses Artikels getroffen haben, so hat nach
BGE 150 III 423 S. 431
Art. II Abs. 3 NYÜ das Gericht auf Antrag der Parteien sie auf das Schiedsverfahren zu verweisen, sofern es nicht feststellt, dass die Vereinbarung hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar ist. Erklärt sich jedoch das vereinbarte Schiedsgericht mit Sitz im Ausland mit der Begründung für unzuständig, eine Partei sei von der Schiedsvereinbarung nicht erfasst, so ist dieser Schiedsentscheid - unter Vorbehalt seiner Anerkennung - für jedes später angerufene staatliche Gericht in der Schweiz bindend (BERGER/MOSIMANN, a.a.O., N. 82 zu
Art. 186 IPRG; COURVOISIER/KULL, a.a.O., N. 47 zu
Art. 186 IPRG; BERGER/KELLERHALS, a.a.O., Rz. 727). Mit Blick auf diese Bindungswirkung entfällt die Pflicht der staatlichen Gerichte, die Parteien gemäss Art. II Abs. 3 NYÜ auf das Schiedsverfahren zu verweisen, wenn sich das zwischen den Parteien vereinbarte Schiedsgericht mit der Begründung für unzuständig erklärt, eine Partei sei von der Schiedsvereinbarung nicht erfasst, und dieser Schiedsentscheid anerkannt wird (COURVOISIER/KULL, a.a.O., N. 48 zu
Art. 186 IPRG; POUDRET/BESSON, a.a.O., Rz. 515).
7.2.2 Dies rechtfertigt sich auch im Hinblick auf den Zweck von Art. II Abs. 3 NYÜ. Diese Bestimmung soll die zwischen den Parteien bestehende Verpflichtung zur Durchführung eines Schiedsverfahrens für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem betreffenden Rechtsverhältnis zur Durchsetzung verhelfen (WILSKE/FOX, in: New York Convention, Wolff [Hrsg.], 2. Aufl. 2019, N. 191 f. zu Art. II NYÜ; BORN, International commercial arbitration, Bd. I, 2. Aufl. 2014, S. 1255 f.). Erklärt sich jedoch das vereinbarte Schiedsgericht nach pflichtgemässer Einleitung des Schiedsverfahrens mit der Begründung für unzuständig, eine Partei sei von der Schiedsvereinbarung nicht erfasst, so kann diese Pflicht nicht mehr erfüllt werden. Die weitere Durchsetzung dieser Pflicht durch die staatlichen Gerichte würde daher zu einem negativen Kompetenzkonflikt führen, bei dem sich sowohl das vereinbarte Schiedsgericht als auch die staatlichen Gerichte jeweils für unzuständig erklären würden und im Ergebnis der Justizgewährleistungsanspruch der klagenden Partei gefährdet wäre (vgl. MÜLLER-CHEN, ZPO, a.a.O., N. 30 zu
Art. 61 ZPO; LALIVE/ POUDRET/REYMOND, a.a.O., N. 17 zu
Art. 186 IPRG; POUDRET/BESSON, a.a.O., Rz. 515; STOJILJKOVIC, Die Kontrolle der schiedsgerichtlichen Zuständigkeit, 2014, S. 112 f.).
7.3 Das vereinbarte Schiedsgericht hat sich vorliegend mit der Begründung für unzuständig erklärt, die Beschwerdeführerin sei nicht Partei der Schiedsvereinbarung. Damit lag ein abschliessender und
BGE 150 III 423 S. 432
bindender Entscheid über die Frage der Zuständigkeit des vereinbarten Schiedsgerichts vor. Die Beschwerdeführerin macht sodann nicht geltend, dass dieses Schiedsurteil in der Schweiz nicht anerkannt worden wäre und deshalb von der Vorinstanz nicht hätte berücksichtigt werden dürfen. Die Vorinstanz war somit an diesen Zuständigkeitsentscheid des Schiedsgerichts gebunden und daher weder verpflichtet noch berechtigt, die Parteien erneut gemäss Art. II Abs. 3 NYÜ auf das Schiedsverfahren zu verweisen. Die Vorinstanz hat daher Art. II Abs. 3 NYÜ nicht verletzt, indem sie von einer Verweisung auf das Schiedsverfahren abgesehen hat.