Intestazione
150 IV 65
6. Auszug aus dem Urteil der II. strafrechtlichen Abteilung i.S. A. und B. gegen Bundesanwaltschaft (Beschwerden in Strafsachen)
7B_209/2022 / 7B_210/2022 vom 9. Februar 2024
Regesto a
Art. 2 cpv. 1 della legge federale che vieta i gruppi "Al-Qaïda" e "Stato islamico" (di seguito: legge Al-Qaïda/Stato islamico); pubblicizzazione di video di propaganda; organizzazione di azioni di propaganda.
Fattispecie oggettiva e soggettiva dell'art. 2 cpv. 1 della legge Al-Quaïda/Stato islamico (consid. 5.2). Carattere propagandistico dei video in questione (consid. 5.5.1). L'approvazione della pubblicazione di video di propaganda sui canali social media e sulle piattaforme internet costituisce una diffusione consapevole e oggettivamente riconoscibile di propaganda vietata e ricade in quanto tale sotto la clausola generale della "promozione in altro modo" ai sensi dell'art. 2 cpv. 1 della legge Al-Quaïda/Stato islamico (consid. 5.5.2). Lo stesso vale per la pubblicazione di un'intervista scritta su un sito internet, nella quale si fa riferimento a un video di propaganda e lo si pubblicizza (consid. 5.5.3), così come per la redazione di un tweet contenente un link per un video di propaganda tradotto in un'altra lingua (consid. 5.5.5). Anche l'organizzazione di e la partecipazione in un ruolo di moderatore a un evento dove viene mostrato un video di propaganda adempie la fattispecie dell'art. 2 cpv. 1 della legge Al-Quaïda/Stato islamico (consid. 5.5.4).
Regesto b
Art. 16 e 17 Cost.;
art. 10 CEDU; libertà di espressione; libertà dei media.
Nel caso concreto non sussiste alcuna violazione della libertà di espressione, nemmeno alla luce della giurisprudenza della CorteEDU (consid. 7). In assenza di una relativizzazione critica e di una contestualizzazione dei video di propaganda un richiamo alla libertà dei media è escluso (consid. 7.5.2).
A.a A., B. und E. wird vorgeworfen, gegen das Bundesgesetz vom 12. Dezember 2014 über das Verbot der Gruppierungen "Al-Qaïda" und "Islamischer Staat" sowie verwandter Organisationen (SR 122; nachfolgend: Al-Qaïda/IS-Gesetz) verstossen zu haben, indem sie zwei Filme (vgl. zum Inhalt der Filme E. 5.5.1) hergestellt (Vorwurf betrifft nur E.), veröffentlicht und über die sozialen Medien sowie an einer öffentlichen Veranstaltung aktiv beworben hätten.
B.a Am 15. Juni 2018 sprach die Strafkammer des Bundesstrafgerichts A. und B. vom Vorwurf der mehrfachen Widerhandlung gegen das Al-Qaïda/IS-Gesetz frei. E. sprach es dagegen in fünf von sechs Anklagepunkten schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten.
B.b Das Bundesgericht wies mit Urteil 6B_169/2019 vom 26. Februar 2020 eine von E. dagegen gerichtete Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Mit Urteil 6B_114/2019 vom gleichen Datum hiess das Bundesgericht eine Beschwerde der Bundesanwaltschaft gegen die Freisprüche von A. und B. gut, hob die Ziffern II und III des Urteils der Strafkammer des Bundesstrafgerichts vom 15. Juni 2018 auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
B.c Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts sprach mit Urteil vom 27. Oktober 2020 A. und B. der Widerhandlung gegen Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz schuldig. Sie verurteilte A. zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten und B. zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten, je unter Gewährung einer Probezeit von drei Jahren. Zudem erteilte sie den Verurteilten die Weisung, das auf der Internetseite des C. abrufbare Video "Die wahrhaftige Morgendämmerung" und die Verlinkung dazu zu löschen.
B.d Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts hiess mit Urteil vom 16. Dezember 2021 die dagegen erhobenen Berufungen von A. und B. teilweise gut. Sie sprach A. der Widerhandlung gegen Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten, unter Gewährung einer Probezeit von zwei Jahren. Weiter sprach sie B. der Widerhandlung gegen Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je Fr. 30.-,
BGE 150 IV 65 S. 68
unter Gewährung einer Probezeit von zwei Jahren, als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Regionalen Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland vom 4. Oktober 2018.
C. Dagegen gelangen sowohl A. als auch B. mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Sie beantragen, das Urteil der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts vom 16. Dezember 2021 sei aufzuheben und sie seien freizusprechen.
Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)
Aus den Erwägungen:
5.1 A. macht geltend, die ihm zur Last gelegten Tathandlungen würden den objektiven Tatbestand von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz mangels Tatnähe nicht erfüllen.
Zur Begründung bringt A. vor, er habe die fraglichen Videos weder produziert noch veröffentlicht. Die ihm vorgeworfenen Tathandlungen, d.h. das Absegnen und Veranlassen der Veröffentlichung, würden einen Schritt vor der Veröffentlichung darstellen. Diesen Handlungen fehle es an der erforderlichen Tatnähe. Dies gelte umso mehr, als eine Propagandaaktion selbst bloss eine indirekte Unterstützung darstellen könne. Hinzu komme, dass im fraglichen Video keine verbotene Organisation im Sinne des Gesetzes genannt werde und diese höchstens indirekt damit in Verbindung gebracht werden könnte.
Weiter bringt A. betreffend die Produktion des Interviews zwischen F. und B. vor, das Video kündige die Veröffentlichung des "Exklusivinterviews" von E. mit D. an. Die Produktion eines Interviews, in welchem die Veröffentlichung eines anderen Interviews angekündigt werde, könne mangels Tatnähe zu den verbrecherischen Tätigkeiten der Al-Qaïda nicht strafbar sein.
Betreffend die Organisation des Anlasses des C. vom 5. Dezember 2015 führt A. aus, selbst wenn er Organisator dieses Anlasses gewesen wäre, dann würde es an der Tatnähe fehlen. Er habe keinen Anlass organisiert, der eine verbotene Organisation bzw. ihre Aktivitäten oder Ziele in irgendeiner Weise hätte fördern sollen.
A. bringt betreffend das Verbreiten eines Tweets schliesslich vor, sofern ihm vorgeworfen werde, in einem Tweet auf die bosnische Übersetzung des Videos "Die wahrhaftige Morgendämmerung"
BGE 150 IV 65 S. 69
hingewiesen zu haben, so sei der blosse Hinweis auf ein Video mangels Tatnähe nicht tatbestandsmässig im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz. Ein blosser Hinweis - auch in der Form eines Links in einer Mitteilung in den sozialen Medien - habe mit dem "Organisieren" einer Propagandaaktion für eine verbotene Organisation oder ihre Ziele schlicht nichts zu tun.
5.2.1 Am 1. Januar 2015 ist das Al-Qaïda/IS-Gesetz in Kraft getreten (vgl. Art. 4 Abs. 2 Al-Qaïda/IS-Gesetz). Dieses Gesetz wurde per 1. Dezember 2022 (AS 2022 602) und damit nach Ausfällung des angefochtenen Urteils aufgehoben. Der im aufgehobenen Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz vorgesehene Straftatbestand wird nun durch
Art. 74 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 25. September 2015 über den Nachrichtendienst (Nachrichtendienstgesetz, NDG; SR 121) erfasst, dessen Wortlaut hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale und der angedrohten Strafen identisch ist (vgl.
BGE 150 IV 10 E. 5.1;
BGE 148 IV 298 E. 6.4.2). Die verbotenen Gruppierungen und Organisationen werden ihrerseits durch die bundesrätliche Allgemeinverfügung vom 19. Oktober 2022 betreffend das Verbot der Gruppierungen "Al-Qaïda" und "Islamischer Staat" sowie verwandter Organisationen aufgelistet (BBl 2022 2548) und entsprechen jenen, die in Art. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz aufgeführt sind. Hinzu kommen Gruppierungen, die terroristische oder gewalttätig-extremistische Aktivitäten unter Bezugnahme auf die "Al-Qaïda" oder den "Islamischen Staat" propagieren, unterstützen oder in anderer Weise fördern. Die den Beschwerdeführern vorgeworfenen Tathandlungen wurden unter Geltung des Al-Qaïda/IS-Gesetzes begangen und gerichtlich beurteilt. Da das neue Recht für die Beschwerdeführer nicht milder ist (vgl.
Art. 2 Abs. 2 StGB), kommt vorliegend das Al-Qaïda/IS-Gesetz zur Anwendung (vgl.
BGE 150 IV 10 E. 5.1;
BGE 145 IV 137 E. 2.6-2.8).
5.2.2 Die Tatbestandsvariante der
Unterstützung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz umfasst sämtliche Handlungen, die darauf abzielen, eine gemäss Art. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz verbotene Gruppierung oder Organisation personell oder materiell zu unterstützen (
BGE 148 IV 298 E. 7.2; Urteil 6B_948/2016 vom 22. Februar 2017 E. 4.1).
5.2.3.1 Als strafbares Verhalten erfasst Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz zudem die
Organisation von Propagandaaktionen für die
BGE 150 IV 65 S. 70
gemäss Gesetz verbotenen Gruppierungen oder Organisationen oder ihre Ziele. Die Organisation von Propagandaaktionen gilt gemäss der Botschaft vom 12. November 2014 zum Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen "Al-Qaïda" und "Islamischer Staat" sowie verwandter Organisationen als in die Unterstützungshandlung eingeschlossen (BBl 2014 8925 ff., 8934 Ziff. 2: "einschliesslich"), d.h. sie stellt eine konkrete Form von Unterstützungshandlung dar (vgl. ANDREAS EICKER, Das Antreten eines Fluges nach Istanbul als strafbare Unterstützung oder Förderung des "Islamischen Staats"?, forumpoenale 5/2017 S. 353; LEU/PARVEX, Das Verbot der "Al-Qaïda" und des "Islamischen Staats", AJP 2016 S. 760; in diesem Sinne
BGE 150 IV 10 E. 5.2.2).
5.2.3.2 Propagandaaktionen werden bzw. wurden auch durch andere Strafbestimmungen unter Strafe gestellt, namentlich
Art. 261bis Abs. 3 StGB betreffend Diskriminierung und Aufruf zu Hass und
Art. 275bis StGB betreffend die "Staatsgefährliche Propaganda" (aufgehoben am 1. Juli 2023; AS 2023 259), deren Wortlaut demjenigen von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz respektive von
Art. 74 Abs. 4 NDG ("Propagandaaktionen organisieren"; "organizzare azioni di propaganda"; "organiser des actions de propagande") praktisch entspricht (vgl.
BGE 150 IV 10 E. 5.2.2). Zum Begriff der Propaganda in den genannten Bestimmungen des StGB verweisen sowohl der Gesetzgeber als auch die Kommentatoren auf
BGE 68 IV 145 (vgl. Botschaft vom 20. Juni 1949 über eine Teilrevision des Schweizerischen Strafgesetzbuches, BBl 1949 I 1249 ff., 1263 Ziff. II.6; Botschaft vom 2. März 1992 über den Beitritt der Schweiz zum Internationalen Übereinkommen von 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung und über die entsprechende Strafrechtsrevision, BBl 1992 III 269 ff., 312 Ziff. 636.1 Fn. 139; BLOCH/WEBER, in: StGB, Annotierter Kommentar, Damian K. Graf [Hrsg.], 2020, N. 2 zu
Art. 275bis StGB; ALEXANDRE GUYAZ, L'incrimination de la discrimination raciale, 1996, S. 269; NATHAN LANDSHUT, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 4. Aufl. 2019, N. 2 zu
Art. 275bis StGB; TRECHSEL/VEST, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 4. Aufl. 2021, N. 2 zu
Art. 275bis StGB; BERNHARD ISENRING, in: StGB, JStG, Kommentar, 21. Aufl. 2022, N. 2 zu
Art. 275bis StGB; THIERRY GODEL, in: Commentaire romand, Code pénal, Bd. II, 2017, N. 7 zu
Art. 275bis StGB; MARCEL ALEXANDER NIGGLI, Rassendiskriminierung, 2. Aufl. 2007, Rz. 1222 f.; STRATENWERTH/BOMMER, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II: Straftaten gegen
BGE 150 IV 65 S. 71
Gemeininteressen, 7. Aufl. 2013, § 39 Rz. 35 und § 48 Rz. 12; MICHEL DUPUIS UND ANDERE, CP, Code pénal, 2. Aufl. 2017, N. 40 zu
Art. 261bis StGB und N. 4 zu
Art. 275bis StGB). Der in den genannten StGB-Normen verwendete Begriff der Propaganda wird von der Literatur im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz gleich ausgelegt (vgl. EICKER, a.a.O., S. 355; HEIMGARTNER/INHELDER, Strafbarkeit dschihadistischer Propaganda, AJP 2022 S. 1224; LEU/PARVEX, a.a.O., S. 762; PAJAROLA/OEHEN/THOMMEN, in: Kommentar Kriminelles Vermögen - Kriminelle Organisationen, Bd. II, 2018, N. 466 zu
Art. 260ter StGB; MARA TODESCHINI, Terrorismusbekämpfung im Strafrecht, 2019, S. 53 Rz. 76). Gründe, von diesem Begriffsverständnis abzuweichen, liegen keine vor (vgl.
BGE 150 IV 10 E. 5.2.2).
5.2.3.3 Propaganda kann objektiv in irgendwelchen für andere Personen wahrnehmbaren Handlungen liegen, z.B. im Halten von Vorträgen, Ausleihen und Verteilen von Schriften, Ausstellen von Bildern, Tragen von Abzeichen, sogar in blossen Gebärden. Subjektiv erfordert die Propaganda nicht nur das Bewusstsein, dass eine bestimmte Handlung von anderen Personen wahrgenommen werde, sondern auch die Absicht, durch sie nicht nur Gedanken zu äussern, sondern dafür zu werben, d.h. so auf andere Personen einzuwirken, dass sie für die geäusserten Gedanken gewonnen oder, falls sie ihnen bereits zugetan sind, in ihrer Überzeugung bestärkt werden (
BGE 68 IV 145 E. 2; vgl. dazu auch
BGE 150 IV 10 E. 5.2.2;
BGE 140 IV 102 E. 2.2.2). Die Propaganda bezeichnet damit ein Kommunikationsverhalten (vgl. BBl 1992 III 269 ff.,
BGE 140 IV 312 Ziff. 636.1; NIGGLI, a.a.O., Rz. 1233; LANDSHUT, a.a.O., N. 2 zu
Art. 275bis StGB; ähnlich DUPUIS UND ANDERE, a.a.O., N. 40 zu
Art. 261bis StGB). Als Propagandaaktionen gelten Handlungen, die darauf abzielen, den Empfänger einer Mitteilung (unabhängig vom Medium) auf ideologischer Ebene zu beeinflussen mit dem Ziel, die Meinung Dritter zu gewinnen oder ihre Überzeugung zu stärken (vgl. BÜRGE/SCHWITTER, Die Rechtsprechung zu den neuen Terrorismusstrafnormen, Plädoyer 2022 1 S. 42). Die digitale Propaganda stellt einen integralen Bestandteil der Strategie terroristischer Gruppierungen und Organisationen dar (
BGE 150 IV 10 E. 5.2.3; HEIMGARTNER/INHELDER, a.a.O., S. 1221 f.; LEU/PARVEX, a.a.O., S. 762).
5.2.3.4 Eine Propagandaaktion "organisiert", wer die für deren Durchführung erforderlichen Operationen leitet (DUPUIS UND ANDERE, a.a.O., N. 41 zu
Art. 261bis StGB; GUYAZ, a.a.O., S. 270; MIRIAM MAZOU, in:
BGE 150 IV 65 S. 72
Commentaire romand, Code pénal, Bd. II, 2017, N. 33 zu
Art. 261bis StGB). Die Organisation einer Propagandaaktion umfasst deren Planung, Vorbereitung und Ausarbeitung (
BGE 150 IV 10 E. 5.2.2 am Ende; DUPUIS UND ANDERE, a.a.O., N. 41 zu
Art. 261bis StGB; NIGGLI, a.a.O., Rz. 1233; MAZOU, a.a.O., N. 33 zu
Art. 261bis StGB).
5.2.4 Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz bestraft zudem, wer die Aktivitäten der verbotenen Gruppierungen oder Organisationen
auf andere Weise fördert. Diese Generalklausel wurde vom Gesetzgeber absichtlich sehr weit gefasst, damit jegliche Handlungen bestraft werden können, mit denen der Fortbestand und die Aktivitäten der verbotenen terroristischen Gruppierungen oder Organisationen gefördert werden (Botschaft vom 22. November 2017 zur Verlängerung des Bundesgesetzes über das Verbot der Gruppierungen "Al-Qaïda" und "Islamischer Staat" sowie verwandter Organisationen, BBl 2018 87 ff., 98 Ziff. 2.2). Ihre Anwendbarkeit setzt eine gewisse Tatnähe des Handelns zu den verbrecherischen Aktivitäten der verbotenen Gruppierung oder Organisation voraus (
BGE 150 IV 10 E. 5.2.3;
BGE 148 IV 298 E. 7.2; Urteil 6B_948/2016 vom 22. Februar 2017 E. 4.2.1; vgl. nicht publ. E. 4.3). Nicht erforderlich ist im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz jedoch, dass die inkriminierte Tätigkeit direkt auf die Förderung der von der verbotenen Gruppierung oder Organisation verübten Straftaten ausgerichtet ist, da Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz in der Generalklausel explizit jede Förderung der Aktivitäten der verbotenen Gruppierung oder Organisation unter Strafe stellt (
BGE 150 IV 10 E. 5.2.3;
BGE 148 IV 298 E. 7.4).
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung werden die Aktivitäten einer gemäss Gesetz verbotenen Gruppierung oder Organisation namentlich dann im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz "gefördert", wenn sich eine Einzelperson von einer solchen Gruppierung oder Organisation so beeinflussen lässt, dass sie deren radikalisierende Propaganda in objektiv erkennbarer Weise bewusst weiterverbreitet (
BGE 148 IV 298 E. 7.3; Urteil 6B_948/2016 vom 22. Februar 2017 E. 4.2.2). Dies ist namentlich der Fall, wenn ein Video mit propagandistischem Inhalt auf soziale Medien geteilt wird (
BGE 150 IV 10 E. 5.4 und 5.7.4).
5.2.5 In subjektiver Hinsicht setzt Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz Vorsatz voraus. Eventualvorsatz genügt (
BGE 150 IV 10 E. 5.2.4; TODESCHINI, a.a.O., S. 56 Rz. 81).
BGE 150 IV 65 S. 73
5.3.1 Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (
Art. 105 Abs. 1 BGG) war A. im fraglichen Zeitraum Mitglied des Vorstandes des Vereins C. und fungierte als Vorsteher des "Departements für Public Relations und Information" als Kommunikationsverantwortlicher dieses Vereins. In dieser Funktion genehmigte er die Veröffentlichung der Videos "Exklusivinterview" und "Die wahrhaftige Morgendämmerung", die in der Folge auf den Social-Media-Kanälen des C. und auf Internetplattformen publiziert wurden (angefochtenes Urteil der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts CA.2020. 22 vom 16. Dezember 2021 S. 23 f.).
5.3.2 Die Vorinstanz hält in rechtlicher Hinsicht fest, indem A. die Publikation der beiden Videos auf verschiedene Medienkanäle veranlasst habe, habe er Propaganda für eine verbotene Gruppierung verbreitet. Die Veröffentlichung der beiden Filmerzeugnisse habe sich an einen möglichst grossen, im Einzelnen noch unbestimmten Adressatenkreis gerichtet. Die Publikation habe offenkundig die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die verbotene Propaganda weitere Beachtung finde. Angesichts der gewählten Verbreitung über das Internet bestünden keine Einflussmöglichkeiten mehr bezüglich der weiteren Verwendung des Materials. A. habe durch die öffentliche Publikation den beiden Propagandavideos einen potentiell unbegrenzten Konsumentenkreis und damit eine ausgedehnte Reichweite verschafft und die Beeinflussung einer unbestimmten Anzahl von Betrachtern ermöglicht. Damit habe er eine gesetzlich verbotene Gruppierung propagandistisch unterstützt und tatbestandsmässig im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz gehandelt (angefochtenes Urteil S. 24 f.).
5.4.1 Die Vorinstanz hält betreffend die Bewerbung der Propagandavideos in tatsächlicher Hinsicht (
Art. 105 Abs. 1 BGG) fest, dass A. ein Interview von F. mit B. am 13. November 2015 veröffentlicht habe, an der Organisation des Anlasses des C. vom 5. Dezember 2015 beteiligt gewesen sei, daran als Redner/Moderator teilgenommen und am 12. Januar 2016 über sein Tweet-Profil betreffend das von ihm vorgängig veröffentlichte Video "Die wahrhaftige Morgendämmerung" mitgeteilt habe, es sei nun eine bosnische Übersetzung vorhanden (angefochtenes Urteil S. 25 f.).
5.4.2 Die Vorinstanz erwägt in rechtlicher Hinsicht, in Anbetracht der Zielsetzung von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz, d.h. die
BGE 150 IV 65 S. 74
wirksame Intervention gegen ein vielseitiges und im Erscheinungsbild variierendes Bedrohungspotential, und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine effiziente strafrechtliche Bekämpfung terroristischer Aktivitäten nach einer relativ weitgehenden Pönalisierung im Bereich propagandistischer Umtriebe verlange, lasse sich ein Vergleich zu
Art. 261bis StGB ziehen. Gemäss
Art. 261bis Abs. 3 StGB sind sämtliche Hilfshandlungen zur Verwirklichung von Propaganda strafbar. Die Rechtsprechung tendiere bei einer direkten Verlinkung rassendiskriminierender Inhalte zur Annahme der Strafbarkeit, bei einem indirekten Link (Link auf Link-Liste) hingegen in der Regel mangels Zurechnung des Unrechts zur Straflosigkeit. Unter die strafbare Propagandatätigkeit seien damit diejenigen werbenden Handlungen zu subsumieren, die unmittelbar und direkt auf die propagandistischen Inhalte Bezug nehmen und erkennbar auf deren Weiterverbreitung abzielen. Eine solche Auslegung erlaube eine differenzierte Kategorisierung von unterstützenden Aktivitäten bezüglich der Bewerbung von Propagandamaterial und begegne durch konkrete Merkmale einer unzulässigen Ausweitung der Strafbarkeit (angefochtenes Urteil S. 27 f.).
5.4.3 Die Vorinstanz hält fest, den Beschwerdeführern werde vorgeworfen, die von E. produzierten Videos vor und nach ihrer Veröffentlichung im Rahmen einer koordinierten und organisierten Bewerbungskampagne aktiv beworben zu haben. Sämtliche Unternehmungen rund um die Veröffentlichung der beiden Videos seien in gemeinsamer Absprache und Koordination zwischen den Beschwerdeführern erfolgt. Es sei erstellt, dass es ein gemeinsames Vorhaben zur Bekanntmachung der beiden Videos gegeben habe und die mehrschrittige Ausgestaltung von beiden Beschwerdeführern mitgetragen worden sei (angefochtenes Urteil S. 29).
5.4.4 Die Vorinstanz stimmt der erstinstanzlichen Würdigung zu, wonach das von A. veröffentlichte schriftliche Interview von F. mit B. verbotene Propaganda darstelle. Dieses Interview sei auf der Homepage des C. publiziert worden und sei an die Öffentlichkeit als Adressatin gerichtet. Inhaltlich seien die Ausführungen im Interview geeignet, eine beeinflussende Wirkung auf die potenzielle Leserschaft zu entfalten und diese für die geäusserten Absichten und Meinungen zu gewinnen. D. und das mit ihm geführte Interview würden darin eine zentrale Stellung einnehmen. Sowohl in der Titelgebung als auch in der einleitenden Umschreibung werde der primäre Fokus auf das Interview mit D. gelegt. Im Anschluss an den
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Interviewtext fänden sich sodann Hinweise auf Publikationstermine. Auf inhaltlicher Ebene komme entscheidend hinzu, dass D. und die von ihm getätigten Aussagen durchwegs positiv konnotiert würden. D. werde als Persönlichkeit und in seinem Wirken ausschliesslich vorteilhaft attribuiert. Die "begeisterte" Darstellung von D. habe fraglos das Interesse an dem von E. mit ihm durchgeführten Interview wecken wollen. Zugleich werde der Eindruck erzeugt, dass besonderes Gewicht habe, was eine Person wie D. zu sagen habe. Das auch von A. im Rahmen der Bewerbungskampagne zu verantwortende Interview von F. mit B. unterstütze die Verbreitung der von D. vermittelten propagandistischen Rhetorik (angefochtenes Urteil S. 30).
5.4.5 Die Vorinstanz geht bezüglich des von A. mitorganisierten Anlasses des C. vom 5. Dezember 2015 und seines dortigen Auftrittes ebenfalls von einer verbotenen Propagandatätigkeit aus. Seine Mitwirkung bei der Organisation des Anlasses sei nicht bestritten worden und erscheine aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied und Kommunikationsverantwortlicher des C. plausibel. A. sei zudem anlässlich der Veranstaltung als Redner in einer moderierenden Rolle aufgetreten. Erklärter Zweck des vom C. organisierten Anlasses sei die Vorführung des Films "Die wahrhaftige Morgendämmerung" gewesen. Der Film habe einem grösseren Publikum vorgeführt und dessen Bekanntheitsgrad weiter erhöht werden sollen. Die Bedeutung der Filmvorführung sei durch die Anwesenheit und die einleitenden Bemerkungen von A. sowie durch die Konferenzschaltung mit E. unterstrichen worden. Alle diese Bemühungen um grösstmögliche Aufmerksamkeit hätten sich unmittelbar auf die Verbreitung der filmischen Botschaft und damit auch auf die Propagandaelemente gerichtet. Die Veranstaltung vom 5. Dezember 2015 samt Auftritt von A. habe sich in das Gesamtkonzept der Veröffentlichung und begleitenden Bewerbung der von E. produzierten Videos eingefügt. Indem A. diese Veranstaltung massgeblich mitgestaltet habe und dabei auch persönlich aufgetreten sei, liege in objektiver Hinsicht eine tatbestandsmässige Unterstützungshandlung vor (angefochtenes Urteil S. 30 f.).
5.4.6 Hinsichtlich des am 12. Januar 2016 verfassten Tweets inkl. des Links zur bosnischen Übersetzung des Videos "Die wahrhaftige Morgendämmerung" erwägt die Vorinstanz, A. habe auf von ihm als Linkanbieter selber gestaltete und ins Internet eingestellte Inhalte verwiesen. Dadurch habe er zum Zwecke der Weiterverbreitung
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unmittelbar propagandistische Inhalte beworben, wobei sich durch die Veröffentlichung einer in eine weitere Sprache übersetzten Version das Verbreitungspotential vergrössert habe. Ein solches Vorgehen sei geeignet, die Entfaltung der propagandistischen Wirkung verbotener Inhalte zu fördern, und deshalb im objektiven Sinne tatbestandsmässig (angefochtenes Urteil S. 31).
5.5.1 Zunächst ist festzuhalten, dass A. weder den Propagandacharakter der Videos "Exklusivinterview" und "Die wahrhaftige Morgendämmerung" in Frage stellt noch sich mit den diesbezüglichen überzeugenden Erwägungen der Vorinstanz (angefochtenes Urteil S. 17-21; vgl. nicht publ. E. 3.3) begründet auseinandersetzt (
Art. 42 Abs. 2 BGG).
In diesem Zusammenhang verweist die Vorinstanz zunächst auf die erstinstanzlichen Ausführungen betreffend den Propagandacharakter des Videos "Exklusivinterview", welchen sie zustimmt (Art. 82 Abs. 4 StPO). Danach richtete sich das fragliche Video grundsätzlich an Muslime und insbesondere an muslimische Jugendliche im Westen. Es sei notorisch, dass die Verwendung von Internetpropaganda ein Einfallstor für (jeglichen) gewaltsamen Extremismus sei. Es sei weiter erstellt, dass im publizierten Videoerzeugnis zum Dschihad motiviert werde. D. stelle die dschihadistische Jaysh Al-Fath als erfolgreiches und gerechtes Kampfbündnis dar und bezeichne die dazugehörenden Kämpfer als Mudschaheddin oder als Märtyrer. Eine solche an Dritte gerichtete Botschaft stelle Werbung bzw. Propaganda zu einem bestimmten Denken und Handeln dar. Erstellt sei weiter, dass D. auch zum bewaffneten Dschihad für die Jaysh Al-Fath auffordere bzw. beabsichtige, die Adressaten dafür zu gewinnen oder sie in ihrer allenfalls bereits bestehenden Bereitschaft dafür zu festigen. Dies stelle Propaganda dar. Angesichts der Redezeit von D. von über 90 % des etwas mehr als 30 Minuten andauernden Videoerzeugnisses komme das Format einer Videobotschaft sehr nahe. Der Verherrlichung des Dschihads und der Motivation zum Dschihad setze das Video nichts entgegen. Die Veröffentlichung mit Untertiteln in mehreren Sprachen fördere zudem die Gedankenverbreitung auf nicht Arabisch sprechende Zuhörer (angefochtenes Urteil S. 19 mit Verweis auf erstinstanzliches Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.7 vom 27. Oktober 2020 E. 4.9.1-4.9.7 S. 54-62).
Im Zusammenhang mit dem Video "Die wahrhaftige Morgendämmerung" hält die Vorinstanz - wiederum unter Verweis auf die als
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zutreffend erachteten erstinstanzlichen Ausführungen - fest, dass dem Zuschauer, namentlich durch die Begrüssungsszene mit D., die Freude eines solchen Kontakts bzw. die Sympathie von E. zu D. übermittelt werde. Insofern zeige das Video das Wohlwollen des Videoherstellers gegenüber D., dem geistigen Führer der Jaysh Al-Fath und Befürworter der Ideologie der Al-Qaïda. Sodann würden sich die im Hintergrund hörbaren Naschids auf den gewaltsamen Dschihad beziehen. Zu hören sei ein Kampflied gegen Zion mit Aufruf zum Töten. Der Aufruf zum gewaltsamen Dschihad werde durch die Begleitmusik zu einem Video über die Jaysh Al-Fath und die von ihr eroberten Gebiete, das deren militärisches Wirken und somit auch jenes der dazugehörenden und militärisch operierenden Jabhat Al-Nusra glorifiziere. Das Video "Die wahrhaftige Morgendämmerung" stelle somit ebenfalls Propaganda für die Jabhat Al-Nusra und deren gewaltsamen Dschihad und somit auch für die Ideologie der Al-Qaïda dar (angefochtenes Urteil S. 19 f. mit Verweis auf erstinstanzliches Urteil E. 4.10.3-4.10.4 S. 65-67).
Es ist damit mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass es sich bei den genannten Videos inhaltlich um verbotene Propaganda für Jabhat Al-Nusra und für die Ideologie von Al-Qaïda handelt.
5.5.2 Die A. vorgeworfene "Genehmigung" der Veröffentlichung der fraglichen Propagandavideos kann zwar nicht als "Organisation" einer Propagandaaktion im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz betrachtet werden. Denn es ist nach den vorinstanzlichen Feststellungen (
Art. 105 Abs. 1 BGG) nicht ersichtlich, dass A. in die Planung, Vorbereitung oder Ausarbeitung dieser Videos involviert war (vgl. oben E. 5.2.3.4).
Es mag sein, dass die gesetzliche Umschreibung der von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz und von
Art. 261bis Abs. 3 StGB erfassten Tathandlungen in Bezug auf die (verbotene) Propaganda nicht deckungsgleich ist. Stellt Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz unter Strafe, wer für eine gemäss Art. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz verbotene Gruppierung oder Organisation oder ihre Ziele "Propagandaaktionen organisiert", erfasst
Art. 261bis Abs. 3 StGB, wer mit einem diskriminierenden Ziel "Propagandaaktionen organisiert, fördert oder daran teilnimmt". Verhaltensweisen im Zusammenhang mit verbotener Propaganda, die nicht als "Organisation" von Propagandaaktionen zu qualifizieren sind (vgl. oben E. 5.2.3.4), können indessen unter Umständen unter die Generalklausel der Förderung auf andere Weise fallen.
BGE 150 IV 65 S. 78
Voraussetzung dafür ist, dass darin eine bewusste und objektiv erkennbare Weiterverbreitung der radikalisierenden Propaganda erblickt werden kann (vgl. oben E. 5.2.4).
Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist in Bezug auf die A. vorgeworfene Genehmigung der Veröffentlichung beider Propagandavideos auf den Social-Media-Kanälen des C. und auf Internetplattformen zu bejahen. In seiner Eigenschaft als Vorsteher des "Departements für Public Relations und Information" und vor allem als Kommunikationsverantwortlicher des Vereins C. kam ihm bei der Entscheidung über Veröffentlichungen des Vereins eine zentrale Rolle zu (vgl. oben E. 5.3.1). Erst die Genehmigung seitens A. ermöglichte es, die beiden Propagandavideos auf den Social-Media-Kanälen des C. und auf Internetplattformen zu veröffentlichen und damit diesen einen potentiell unbegrenzten Konsumentenkreis bzw. eine erhöhte Reichweite zu verschaffen. Die durch die Genehmigung bewirkte Veröffentlichung der Propagandavideos ermöglichte die Beeinflussung einer unbestimmten Anzahl von Betrachtern. In der Genehmigung der Veröffentlichung der Propagandavideos sowohl auf den Social-Media-Kanälen des C. als auch auf Internetplattformen ist eine objektiv erkennbare Weiterverbreitung verbotener Propaganda zu erblicken. Durch diese hat A. die radikalisierende Propaganda von Jabhat Al-Nusra und von Al-Qaïda im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/ IS-Gesetz "gefördert" und damit in objektiver Hinsicht tatbestandsmässig gehandelt.
5.5.3 Betreffend die A. vorgeworfene Publikation des (schriftlichen) Interviews von F. mit B. auf der Homepage des C. ist festzuhalten, dass diese an die Öffentlichkeit als Adressatin gerichtet war. Weiter ist zu berücksichtigen, dass diese Veröffentlichung nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (
Art. 105 Abs. 1 BGG) Bestandteil einer koordinierten und organisierten Bewerbungskampagne beider Propagandavideos war (vgl. oben E. 5.4.3). A. bestreitet nicht, dass die Ausführungen im veröffentlichten Interview geeignet waren, eine beeinflussende Wirkung auf die potenzielle Leserschaft zu entfalten und diese für die geäusserten Absichten und Meinungen zu gewinnen. Darin nahmen D. und das mit ihm geführte Interview ("Exklusivinterview") eine zentrale Rolle ein, wurde doch sowohl in der Titelgebung als auch in der einleitenden Umschreibung der primäre Fokus darauf gelegt. A. stellt nicht in Abrede, dass beim veröffentlichten Interview D. und die von ihm getätigten Aussagen positiv konnotiert wurden (vgl. oben E. 5.4.4). Dieser wurde sowohl
BGE 150 IV 65 S. 79
als Persönlichkeit ("Gelehrter", "Autorität im Kampf gegen die IS-Ideologie") als auch in seinem Wirken ("zentrale Brückenbauerfigur" mit "unglaublich wichtigem Einfluss") ausschliesslich vorteilhaft attribuiert. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz wollte diese positive Darstellung von D. das Interesse der Öffentlichkeit an dem von E. mit ihm durchgeführten Propagandavideo ("Exklusivinterview") wecken (vgl. oben E. 5.4.4). Zu betonen ist hier wiederum die Eigenschaft von A. als Vorsteher des "Departements für Public Relations und Information" und als Kommunikationsverantwortlicher des Vereins C., somit seine zentrale Rolle hinsichtlich Veröffentlichungen des Vereins (vgl. oben E. 5.3.1). Mit der Veröffentlichung des fraglichen Interviews auf der Homepage des C. hat A. in objektiv erkennbarer Weise die Weiterverbreitung verbotener Propaganda aktiv unterstützt. Durch diese Veröffentlichung hat A. die radikalisierende Propaganda von Jabhat Al-Nusra und von Al-Qaïda im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz "gefördert" und damit in objektiver Hinsicht tatbestandsmässig gehandelt.
5.5.4 A. stellt nicht in Abrede, dass er den Anlass des C. vom 5. Dezember 2015 mitorganisiert hat und dort in einer moderierenden Rolle aufgetreten ist. Ebenso wenig bestreitet er, dass erklärter Zweck dieses Anlasses die Vorführung des Films "Die wahrhaftige Morgendämmerung" war und dass es darum ging, dieses Film einem grösseren Publikum vorzuführen und dessen Bekanntheitsgrad weiter zu erhöhen (vgl. oben E. 5.4.5). Dass es sich beim genannten Film inhaltlich um verbotene Propaganda handelte (vgl. oben E. 5.5.1), bleibt in der Beschwerde unbestritten. Indem A. den Anlass des C. vom 5. Dezember 2015 massgeblich mitgestaltet hat und dort in einer moderierenden Rolle aufgetreten ist, hat er im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz eine verbotene Propagandaaktion (mit)organisiert und damit in objektiver Hinsicht tatbestandsmässig gehandelt.
5.5.5 Schliesslich bestreitet A. nicht, am 12. Januar 2016 einen Tweet verfasst und auf diesen einen Link zur bosnischen Übersetzung des Films "Die wahrhaftige Morgendämmerung" gesetzt zu haben (vgl. oben E. 5.4.6). Ebenso wenig bestreitet er, dass es sich bei diesem Film inhaltlich um verbotene Propaganda handelte (vgl. oben E. 5.5.1). Im Verfassen eines Tweets und in der Verlinkung der bosnischen Übersetzung eines Propagandavideos ist eine objektiv erkennbare Weiterverbreitung verbotener Propaganda zu erblicken. Durch diese
BGE 150 IV 65 S. 80
Handlungen hat A. die radikalisierende Propaganda von Jabhat Al-Nusra und von Al-Qaïda im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz "gefördert" und damit in objektiver Hinsicht tatbestandsmässig gehandelt.
(...)
7.1 A. rügt schliesslich eine Verletzung der Meinungsäusserungs- und Medienfreiheit (
Art. 16 Abs. 2, Art. 17 BV und
Art. 10 EMRK).
7.2.1 Die Meinungsäusserungsfreiheit ist sowohl durch
Art. 16 BV als auch durch
Art. 10 EMRK gewährleistet (vgl.
BGE 148 IV 113 E. 3; Urteil 6B_440/2019 vom 18. November 2020 E. 3, nicht publ. in:
BGE 147 IV 65).
Nach
Art. 16 Abs. 2 BV hat jede Person das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten. Der Schutzbereich umfasst die Gesamtheit der Mitteilungen menschlichen Denkens und alle möglichen Kommunikationsformen (
BGE 144 I 126 E. 4.1;
BGE 127 I 145 E. 4b; je mit Hinweisen). Die Meinungsäusserungsfreiheit gilt allerdings nicht unbegrenzt (
BGE 137 IV 313 E. 3.3 mit Hinweisen). Einschränkungen dieses Grundrechts sind vielmehr zulässig, bedürfen aber einer gesetzlichen Grundlage, müssen durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt und verhältnismässig sein (
Art. 36 BV).
Gemäss
Art. 10 Ziff. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf freie Meinungsäusserung. Dieses Recht schliesst die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Die Ausübung dieser Freiheiten kann Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind, namentlich für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten (
Art. 10 Ziff. 2 EMRK). Ungeachtet der unterschiedlichen Formulierung räumt
Art. 10 EMRK dem Bürger keinen weitergehenden Schutz ein als den verfassungsmässigen Anspruch auf freie Meinungsäusserung (
BGE 145 IV 23 E. 5.1;
BGE 117 Ia 472 E. 3b; Urteile 6B_857/2022 vom 13. April 2023 E. 1.4.1; 6B_1438/2021 vom 16. Februar 2023 E. 3.1; je mit Hinweisen).
BGE 150 IV 65 S. 81
7.2.2 Art. 17 BV schützt die Medienfreiheit. Diese Freiheit gewährleistet ebenso
Art. 10 EMRK, obschon sie darin nicht ausdrücklich erwähnt wird (
BGE 144 I 126 E. 4.1;
BGE 141 I 211 E. 3.1; je mit Hinweisen).
Nach
Art. 17 Abs. 1 BV ist die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen gewährleistet. Die Medienfreiheit gehört zu den zentralen Ausprägungen des allgemeinen Grundrechts der freien Meinungsäusserung. Normativer Kern der Medienfreiheit ist die Sicherung des ungehinderten Nachrichtenflusses und des freien Meinungsaustauschs. Geschützt ist die Recherchetätigkeit der Journalisten zur Herstellung von Medienerzeugnissen und zu deren Verbreitung in der Öffentlichkeit (
BGE 147 I 463 E. 5.3;
BGE 144 I 126 E. 4.1;
BGE 143 I 194 E. 3.1; je mit Hinweis[en]). Einschränkungen dieses Grundrechts sind ebenfalls zulässig, bedürfen aber einer gesetzlichen Grundlage, müssen durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt und verhältnismässig sein (
Art. 36 BV).
Art. 10 Ziff. 1 EMRK statuiert die "Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden". Die Medienfreiheit gilt auch im Rahmen der EMRK nicht schrankenlos. Vielmehr kann die Realisierung einer pluralistischen Information im Sinne von
Art. 10 Ziff. 1 EMRK unter den Voraussetzungen von dessen Ziffer 2 eine staatliche Intervention rechtfertigen oder gebieten (
BGE 123 II 402 E. 2b/cc;
BGE 122 II 471 E. 4b; Urteil 2C_386/2015 vom 9. Mai 2016 E. 2.3 mit Hinweisen).
7.3 Es ist unbestritten, dass im vorliegenden Fall aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung der Beschwerdeführer der sachliche Geltungsbereich der der Freiheit der Kommunikation und der Meinungsbildung dienenden Grundrechte tangiert wurde (vgl. angefochtenes Urteil S. 21; erstinstanzliches Urteil S. 21 f.). Streitig ist indessen, ob die Einschränkung gerechtfertigt war. Dies wird von A. verneint, von der Vorinstanz hingegen bejaht (angefochtenes Urteil S. 21 f.).
7.3.1 Gemäss der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) stellt die Meinungsäusserungsfreiheit das Fundament einer demokratischen Gesellschaft dar. Unter diese Freiheit fallen unter Vorbehalt von
Art. 10 Ziff. 2 EMRK nicht nur unumstrittene Informationen oder Ideen, sondern - im Einklang mit den Erfordernissen von Pluralismus, Toleranz und Aufgeschlossenheit, ohne die es keine demokratische Gesellschaft gibt - auch
BGE 150 IV 65 S. 82
Aussagen, die verletzen, schockieren und beunruhigen (Urteile des EGMR
Rouillan gegen Frankreich vom 23. Juni 2022, Nr. 28000/19, § 63;
Z.B. gegen Frankreich vom 2. September 2021, Nr. 46883/15, § 52;
Perinçek gegen Schweiz vom 15. Oktober 2015, Nr. 27510/08, § 196; je mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat in diesem Sinne bereits festgehalten, dass es in einer Demokratie von zentraler Bedeutung ist, auch Standpunkte vertreten zu können, die einer Mehrheit missfallen oder für viele schockierend wirken (
BGE 148 IV 113 E. 3;
BGE 143 IV 193 E. 1; 131 IV E. 3.1; je mit Hinweisen).
7.3.2 Ein Eingriff in die Meinungsäusserungsfreiheit ist nach der Rechtsprechung des EGMR nur dann im Sinne von
Art. 10 Ziff. 2 EMRK gerechtfertigt, wenn er auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, mit dem Eingriff ein zulässiger Zweck verfolgt wird und dieser Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist (Urteile des EGMR
Perinçek, § 124;
Gözel und Özer gegen Türkei vom 6. Juli 2010, Nr. 43453/04 und 31098/05, § 42).
Ein Eingriff ist dann in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, wenn ein drängendes soziales Bedürfnis ("a pressing social need"; "un besoin social impérieux") dafür besteht (Urteile des EGMR Rouillan,§ 64; Z.B., § 53; Perinçek, § 196; Gözel und Özer, § 46). Diese Grundsätze gelten auch für staatliche Massnahmen im Rahmen der Terrorismusbekämpfung (Urteil des EGMR Gözel und Özer, § 47 in fine). Der EGMR berücksichtigt bei der Beurteilung der Notwendigkeit eines Eingriffs in die Meinungsäusserungsfreiheit nach Art. 10 Ziff. 2 EMRK die Umstände des konkreten Einzelfalles und insbesondere die mit der Terrorismusbekämpfung verbundenen Schwierigkeiten (Urteile des EGMR Rouillan, § 66; Z.B., § 59; je mit Hinweis[en]). Die Terrorismusbekämpfung stellt eine im öffentlichen Interesse stehende Frage dar, die in einer demokratischen Gesellschaft von primärer Bedeutung ist (Urteile des EGMR Rouillan, § 66; Z.B., § 59; vgl. dazu bereits Urteil des EGMR Demirel gegen Türkei vom 24. Mai 2007, Nr. 11584/03).
7.4 Die Vorinstanz erwägt, Propagandaaktionen für eine terroristische Organisation mit dschihadistischem Gedankengut seien geeignet, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu beeinträchtigen. Das Verbot des Propagierens dschihadistischen Gedankenguts und der Förderung entsprechender Aktivitäten erweise sich in Anbetracht der von terroristischen Organisationen ausgehenden Bedrohung als verhältnismässig. Die in Art. 2 Al-Qaïda/IS-Gesetz vorgesehene Strafbarkeit
BGE 150 IV 65 S. 83
sei im Sinne von
Art. 10 Ziff. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und zur Aufrechterhaltung der Ordnung notwendig. Sie ist gemäss Art. 19 Abs. 3 lit. b des Internationalen Paktes vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II; SR 0.103.2; in Kraft getreten für die Schweiz am 18. September 1992) für den Schutz der öffentlichen Ordnung erforderlich. Propagandistische Tätigkeiten für die Al-Qaïda, den IS oder in Bezug zu diesen stehenden Gruppierungen fielen folglich nicht unter den Schutz der Meinungsäusserungsfreiheit. Hinsichtlich solcher Äusserungen und Aktivitäten seien jedenfalls die Voraussetzungen erfüllt, unter welchen die Ausübung der von den Beschwerdeführern angerufenen Grundrechte durch Strafdrohung beschränkt werden könne (angefochtenes Urteil S. 21 f.).
Die Vorinstanz hält weiter fest, ein kontextualisiertes Format wolle informieren und aufklären sowie den Betrachter nicht bloss beeinflussen, sondern durch die Darlegung von Fakten sowie Gründen und Gegengründen dessen eigene Meinungsbildung ermöglichen. Die vorliegend in den Videos "Exklusivinterview" und "Die wahrhaftige Morgendämmerung" erfolgte kritiklose und unterstützende Befassung mit den propagandistischen Inhalten genüge diesen Ansprüchen nicht. Die Anschauungen des in beiden Videos prominent auftretenden D. würden inhaltlich weder hinterfragt noch überhaupt diskutiert. Eine auch nur ansatzweise kritische Haltung sei nicht feststellbar. Selbst ausdrückliche Aufrufe zum gewaltsamen Dschihad würden vorbehaltlos hingenommen. Die von D. vertretene Ideologie werde unreflektiert in das eigene Narrativ übernommen. Insgesamt manifestiere sich im Umgang der Beschwerdeführer mit den propagandistischen Inhalten der Aussagen von D. eine distanzlose Einstellung, die letztlich nur als Zustimmungserklärung interpretiert werden könne. Gleichzeitig liege darin eine mit der diskursiven Herangehensweise nicht zu vereinbare vorbehaltlose Übernahme der Ansichten von D. Was die Handlungen der Beschwerdeführer von der Berichterstattung von öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten unterscheide, sei die fehlende kritische Auseinandersetzung. Die Beschäftigung mit den propagandistischen Botschaften durch die beiden Beschwerdeführer habe nicht primär einordnen, sondern vor allem überzeugen wollen. Unter diesen Umständen könnten sie keine journalistischen Beweggründe und vor allem kein entsprechendes Vorgehen für sich beanspruchen (angefochtenes Urteil S. 22 f.).
BGE 150 IV 65 S. 84
7.5.1 Soweit A. vorbringt, keine Propagandaaktionen für Al-Qaïda organisiert zu haben, kann ihm nach dem Gesagten (vgl. oben E. 5.5.4) nicht zugestimmt werden. Dasselbe gilt, wenn er ausführt, beide Videoproduktionen hätten nichts mit Al-Qaïda zu tun. Mit diesen Einwänden beschränkt sich A. im Wesentlichen darauf, seine bereits im vorinstanzlichen Verfahren vorgetragene Argumentation zu wiederholen. Dabei unterlässt er jedoch vollständig, sich mit den Ausführungen der Vorinstanz auseinanderzusetzen, mit welchen der Propagandacharakter beider Videos überzeugend bejaht wurde (
Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. oben E. 5.5.1). Darauf ist nicht weiter einzugehen.
Wenn A. weiter behauptet, er habe als Journalist das Interview kritisch hinterfragt und analysiert, bzw. kontextualisiert und Hintergrundinformationen vermittelt, setzt er sich nicht mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinander, in welchen die Vorinstanz mit überzeugender Begründung das Vorliegen einer Kontextualisierung der in beiden Videos enthaltenen propagandistischen Inhalte, bzw. das Vorhandensein einer "auch nur ansatzweise kritischen Haltung" verneinte (vgl. angefochtenes Urteil S. 22 f.; vgl. oben E. 7.4). Darauf ist mangels hinreichender Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht weiter einzugehen.
7.5.2 Fraglich ist, ob sich A. überhaupt auf die Medienfreiheit nach
Art. 17 Abs. 1 BV berufen kann. Die Vorinstanz hält diesbezüglich fest, A. könne aufgrund der fehlenden kritischen Auseinandersetzung mit den propagandistischen Inhalten der Aussagen von D. keine journalistischen Beweggründe für sich beanspruchen (angefochtenes Urteil S. 22 f.). Das Bundesgericht hielt bereits im Urteil 6B_169/2019 vom 26. Februar 2020 fest, dass E. (d.h. der Videohersteller) durch die hier zur Diskussion stehenden Filme nicht nur eine positive Gesinnung zum geistigen Führer der Jaysh Al-Fath bzw. der Jabhat Al-Nusra inszenierte, sondern den Aufruf zum bewaffneten Dschihad kritiklos zuliess. Im Video "Die wahrhafte Morgendämmerung" habe E. die propagandistischen Botschaften von D. zudem mit einem hetzerischen Kampflied untermalt. Aus diesen Gründen sprach das Bundesgericht E. eine dokumentarfilmische bzw. journalistische Motivation ab (zit. Urteil 6B_169/2019 E. 2.4).
Eine journalistische Motivation muss auch A. abgesprochen werden. Es ist aufgrund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (
Art. 105 Abs. 1 BGG) erstellt, dass er die Veröffentlichung der
BGE 150 IV 65 S. 85
propagandistischen Botschaften von D. kritiklos zuliess und dass auch im Rahmen der ihm vorgeworfenen Bewerbung beider Propagandavideos keine kritische Relativierung oder Kontextualisierung erfolgte. Bei dieser Sachlage ist eine Berufung von A. auf die Medienfreiheit (
Art. 17 Abs. 1 BV) ausgeschlossen. Zu prüfen bleibt, ob der Eingriff in die Meinungsäusserungsfreiheit von A. im Sinne von
Art. 10 Ziff. 2 EMRK gerechtfertigt war.
7.5.3 Unbestritten ist, dass vorliegend mit Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz eine gesetzliche Grundlage für den Eingriff in die Meinungsäusserungsfreiheit vorlag. Insoweit A. das Vorliegen einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage für den Grundrechtseingriff unter Hinweis auf das Bestimmtheitsgebot in Abrede stellt, erweist sich die Beschwerde nach dem bereits Ausgeführten (vgl. nicht publ. E. 4.2 f., E. 5) als unbegründet.
7.5.4 A. bestreitet zu Recht nicht, dass mit dem hier zur Beurteilung stehenden Eingriff in die Meinungsäusserungsfreiheit ein zulässiger Zweck verfolgt wurde. Dies angesichts des sensiblen Charakters ("caractère sensible") der Frage der Terrorismusbekämpfung und der Notwendigkeit für die Behörden, ihre Wachsamkeit gegenüber Handlungen auszuüben, die geeignet sind, die Gewalt einer gemäss Gesetz verbotenen Gruppierung oder Organisation zu verstärken (vgl. Urteile des EGMR
Rouillan, § 60;
Gözel und Özer, § 45; vgl. oben E. 7.3.2). Die in Art. 2 Al-Qaïda/IS-Gesetz vorgesehene Strafbarkeit ist zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Verhütung von Straftaten notwendig und verfolgt damit legitime Ziele im Sinne von
Art. 10 Ziff. 2 EMRK. Zu prüfen bleibt, ob der Eingriff in die Meinungsäusserungsfreiheit "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" war.
7.5.5 Es steht nach den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen (
Art. 105 Abs. 1 BGG) fest, dass A. durch die Genehmigung der Veröffentlichung und der Bewerbung beider Propagandavideos den Aufruf von D. zum bewaffneten Dschihad kritiklos zuliess (vgl. oben E. 7.4). Das Recht, Informationen zu kommunizieren, darf nach der Rechtsprechung des EGMR nicht als Alibi oder Vorwand für die Verbreitung von Äusserungen dienen, die einen Aufruf zur Gewalt beinhalten (vgl. Urteile des EGMR
Demirel, Nr. 11584/03;
Sürek gegen Türkei [Nr. 3]vom 8. Juli 1999, Nr. 24735/94, § 40 f.). Unter diesen Umständen erweist sich die Bestrafung von A. nach Art. 2 Al-Qaïda/IS-Gesetz unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des
BGE 150 IV 65 S. 86
EGMR als im Sinne von
Art. 10 Ziff. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft notwendig zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Verhütung von Straftaten. Die Verurteilung von A. verstösst damit nicht gegen die in
Art. 16 BV und
Art. 10 EMRK festgelegte Meinungsäusserungsfreiheit.
7.6 Nach dem Gesagten ist die Beschwerde von A. abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.