91 IV 30
Intestazione
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10. Urteil des Kassationshofes vom 5. März 1965 i.S. Hälg gegen Staatsanwalt des Kantons Aargau.
Regesto
Art. 102 num. 1 LCStr., interpretazione.
L'art. 102 num. 1 LCStr. non contiene nessuna regola sul concorso tra le disposizioni della legge sulla circolazione stradale e quelle del codice penale (consid. 2).
Concorso tra gli art. 90 num. 2 LCStr. e 117 CP.
Una condanna secondo l'art. 90 num. 2 LCStr. viene a cadere di fronte a una pena inflitta sulla base dell'art. 117 CP, quando l'omicidio colposo è stato commesso violando prescrizioni sulla circolazione (consid. 3).
Art. 102 num. 2 LCStr., pubblicazione della sentenza.
Presupposti per la pubblicazione della sentenza secondo l'art. 102 num. 2 lett. a LCStr. nei confronti di un conducente in stato di ebrietà, quando la lett. b non è applicabile (consid. 5).
A.- Durch Urteil vom 6. Dezember 1963 verurteilte das Bezirksgericht Aarau Hälg in Anwendung von Art. 91 Abs. 1 und 90 Ziff. 2 SVG in Verbindung mit Art. 117 und Art. 68 Ziff. 1 StGB zu 22 Monaten Gefängnis und einer Busse von Fr. 300.-- wegen fahrlässiger Tötung dreier Menschen, begangen durch Übertretung von Verkehrsvorschriften gemäss Art. 31 Abs. 1 und 2 (Nichtbeherrschen des Fahrzeuges und Fahren in angetrunkenem und übermüdetem Zustand), Art. 32 Abs. 1 (Nichtanpassen der Geschwindigkeit an die Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnisse), Art. 34 Abs. 4 SVG (Nichteinhalten eines ausreichenden Abstandes beim Überholen) sowie Art. 4 Abs. 1 VRV (nicht Anhalten innerhalb der überblickbaren Strecke) und Art. 7 Abs. 2 VRV (nicht Einhalten eines genügenden Abstandes vom rechten Fahrbahnrand). Zugleich ordnete es die Veröffentlichung des Urteilsspruches in den Tageszeitungen "Aargauer Tagblatt" und "Freier Aargauer" an.
Das Obergericht des Kantons Aargau, an welches der Verurteilte den erstinstanzlichen Entscheid weiterzog, schränkte die Urteilsveröffentlichung auf eine einmalige im kantonalen Amtsblatt ein; im übrigen wies es die Berufung ab.
B.- Hälg führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid wegen Verletzung der Art. 63 und 68 StGB sowie von Art. 102 Ziff. 1 und 2 SVG aufzuheben und die Sache zur Herabsetzung der Gefängnisstrafe sowie zur Aufhebung der Anordnung der Urteilsveröffentlichung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau schliesst auf Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. In Übereinstimmung mit dem Bezirksgericht Aarau ist das Obergericht der Auffassung, der Beschwerdeführer sei nicht nur wegen fahrlässiger Tötung gemäss Art. 117 StGB, sondern zusätzlich wegen Verletzung von Verkehrsvorschriften in Anwendung von Art. 90 Ziff. 2 SVG strafbar. Demgegenüber vertritt der Beschwerdeführer nach wie vor den Standpunkt, die Anwendung von Art. 90 SVG sei, da sich die mit jenen Übertretungen gesetzte Gefährdung in der fahrlässigen Tötung vollständig verwirklicht habe, ausgeschlossen. Unangefochten liess er die Verurteilung wegen Fahrens in angetrunkenem Zustande gemäss Art. 91 Abs. 1 SVG.
2. Nach Art. 102 Ziff. 1 SVG finden die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches insoweit Anwendung, als das Strassenverkehrsgesetz keine abweichende Vorschriften enthält. Die besonderen Bestimmungen des Strafgesetzbuches bleiben vorbehalten. In welchem Verhältnis diese zu den Vorschriften des Strassenverkehrsgesetzes stehen, ist damit nicht geregelt. Insbesondere ist nichts darüber gesagt, dass bei den unter beide Gesetze zugleich fallenden Handlungen das eine gegenüber dem andern vorgehe, sei es in dem Sinne, dass Vorschriften mit der Androhung schwererer Strafen anwendbar wären, sei es als Sondergesetz. Mangels einer solchen besonderen Regelung ist nach den allgemeinen Grundsätzen über das Zusammentreffen verschiedener Strafvorschriften zu entscheiden, wie sie für die Anwendung oder Nichtanwendung von Art. 68 StGB bestimmend sind, mithin danach, ob der Unrechtsgehalt der zu beurteilenden Handlung durch die Bestrafung bereits nach einer der zusammentreffenden Bestimmungen, sei es infolge Konsumtion, sei es infolge Subsidiarität, völlig abgegolten werde oder nicht.
3. Sowohl die Übertretung der Verkehrsvorschriften als auch die fahrlässige Tötung, deren der Beschwerdeführer beschuldigt wird, sind an sich selbständige Straftatbestände, von denen jeder unabhängig vom andern erfüllt werden kann. Fahrlässige Tötung ist ohne Verkehrsübertretung und umgekehrt diese ohne jene möglich. Daraus allein lässt sich jedoch nicht folgern, dass durch die Begehung beider Strafhandlungen stets auch zwei Strafen verwirkt seien. Nicht was sein könnte (unabhängige Erfüllung) ist entscheidend, sondern was sich
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tatsächlich ereignet hat. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die fahrlässige Tötung nicht neben der Übertretung von Verkehrsvorschriften, sondern durch diese erfolgt ist. Der Umstand, dass eine Straftat durch das Mittel einer andern begangen wird, schliesst freilich für sich allein gesehen die Verwirkung mehrerer Strafen nicht schon aus. Hiefür zeugen die Fälle der Idealkonkurrenz, wie Mord durch Brandstiftung, Blutschande durch Notzucht am eigenen Kinde oder Bannbruch durch Urkundenfälschung, die der Strafschärfung nach Art. 68 StGB nicht entgehen. Der vorliegende Fall aber zeichnet sich gegenüber jenen dadurch aus, dass nicht nur die eine Tat (fahrlässige Tötung) durch die andere (Übertretung von Verkehrsvorschriften) begangen, sondern diese zugleich das Verschulden (die Fahrlässigkeit) jener begründet. Da die Verletzung irgend einer andern Sorgfaltspflicht in diesem Zusammenhang nicht Gegenstand der Anklage bildet, konnte der Richter hier gar nicht auf fahrlässige Tötung erkennen, ohne den Beschwerdeführer vorerst der ihm zur Last gelegten Übertretungen schuldig befunden zu haben. Bei dieser Sachlage geht es zu weit, eine Verwirkung mehrerer Freiheitsstrafen anzunehmen. Deren Rechtfertigung könnte sinngemäss nur in einem mehrfachen Verschulden liegen. Gerade an einem solchen aber gebricht es hier. Daran vermag nichts zu ändern, dass Art. 90 SVG nicht nur die konkrete, sondern auch die abstrakte Verkehrsgefährdung unter Strafe stellt. Denn die Übertretung, welche die Fahrlässigkeit bei der Tötung ausmacht, konnte nicht begangen werden, ohne die abstrakte Gefährdung zu schaffen, welche der Handlung innewohnt und um derentwillen diese geahndet wird. Demnach schliesst die Verurteilung wegen der fahrlässigen Tötung unter den gegebenen Umständen auch diejenige wegen abstrakter Gefährdung mit ein. Notwendigerweise ist dann aber auch der Unrechtsgehalt, der in der Verletzung der Verkehrssicherheit liegt, miterfasst und durch die Bestrafung des erwähnten Erfolges abgegolten.Es verhält sich unter den geschilderten Umständen gleich wie bei fahrlässiger Tötung oder Körperverletzung begangen durch andere, nur bei Eintritt eines derartigen Erfolges strafbare, sonst aber straflos bleibende Unvorsichtigkeiten (z.B. Kunstfehler eines Arztes, unvorsichtige Fahrweise eines Skiläufers). Für eine unterschiedliche Behandlung ist kein Grund ersichtlich. Dass gewisse Vorsichtspflichten, wie namentlich
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diejenigen hinsichtlich des Strassenverkehrs, im Gesetz eigens geregelt sind, behält im Verhältnis zu jenen übrigen seine volle Bedeutung dadurch, dass ihre Verletzung ohne Hinzukommen eines Erfolges oder bei Ausbleiben der Ahndung eines solchen (z.B. mangels Strafantrages) an sich bereits strafbar ist. Darüber hinaus zu verlangen, dass eine derartige Übertretung auch bei Bestrafung des durch sie mit demselben Verschulden herbeigeführten Erfolges - gewissermassen um ihrer selbst willen - zusätzlich bestraft werden müsse, ist weder ein Gebot zwingender Folgerichtigkeit noch besteht hiefür strafrechtlich ein Bedürfnis.Endlich bleiben diese Erwägungen auch auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung, wie sie sich unter der Herrschaft des Art. 65 Abs. 4 des nunmehr ausser Kraft gesetzten Motorfahrzeuggesetzes vom 15. März 1932 entwickelt hat. Weshalb in das neue Strassenverkehrsgesetz keine entsprechende Bestimmung aufgenommen wurde, ist unbekannt. Die Beratungsprotokolle geben hierüber keine Auskunft. Soweit über die Frage des Verhältnisses des Strassenverkehrsgesetzes zu den Bestimmungen des Strafgesetzbuches beraten wurde, geschah dies im Sinne einer Bestätigung der bisherigen Ordnung. Die Meinungen gingen im wesentlichen nur darüber auseinander, ob eine entsprechende Bestimmung notwendig sei oder ob sich deren Gehalt bereits aus den allgemeinen Grundsätzen des Strafrechtes ergebe. Dass in der Folge ohne weitere Begründung, in Abweichung vorangegangener Entwürfe von der Aufnahme einer derartigen Vorschrift abgesehen wurde, spricht danach eher dafür, dass sie - ob zu Recht oder nicht - als überflüssig angesehen wurde. Wenn auch diese Vorgeschichte für die Gesetzesauslegung nicht entscheidend sein kann, so gibt sie doch Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung nicht mehr abzuweichen, als dies durch das neue Gesetz zwingend geboten ist.
Eine Verurteilung nach Art. 90 SVG neben derjenigen wegen fahrlässiger Tötung muss daher entfallen.
5. Nach Art. 102 Ziff. 2 lit. a SVG ordnet der Richter die Veröffentlichung des Urteils im Sinne von Art. 61 StGB an, wenn der Verurteilte eine besondere Rücksichtslosigkeit an den Tag gelegt hat. Der Beschwerdeführer räumt ein, dass ihm eine gewisse Rücksichtslosigkeit vorgehalten werden
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könne, bestreitet aber, dass eine besondere gegeben sei. Hievon könnte nach seiner Meinung nur gesprochen werden, wenn sein Verhalten auf einen an Brutalität grenzenden Charakter schliessen liesse, wenn es sich mit andern Worten bei ihm um einen Täter handelte, der gewohnt ist, sich gewissenlos und unbekümmert über die Sicherheit anderer hinwegzusetzen. Diese Umschreibung erweist sich als zu eng. Ein Motorfahrzeugführer, der in Missachtung von Art. 37 Abs. 2 SVG einen Wagen an einer stark befahrenen Strecke aufstellt und dadurch andere Strassenbenützer der Unfallgefahr aussetzt, kann allein schon dadurch eine besondere Rücksichtslosigkeit zum Ausdruck bringen, ohne dass sein Verhalten eine Brutalität in sich schliesst. Ebenso kann auch eine einmalige Handlungsweise eine derartige Rücksichtslosigkeit offenbaren. Es ist nicht notwendig, dass der Verurteilte die Gewohnheit hat, andere zu gefährden. Vielmehr genügt es, dass die ihm zur Last gelegte Gesetzesverletzung eine Rücksichtslosigkeit von besonderem Grad augenfällig macht.Gemäss dem angefochtenen Urteil beweist eine besondere Rücksichtslosigkeit derjenige, der trotz allen immer wiederkehrenden Aufklärungen und Warnungen in Presse und Rundspruch mit einem Motorfahrzeug an einen Vergnügungsanlass fährt, dort im Übermass Alkohol zu sich nimmt, obwohl er weiss, dass er am Steuer seines Fahrzeuges nach Hause fahren und dadurch den Strassenverkehr - im günstigsten Fall - aufs Schwerste gefährden werde, und dieses Vorhaben auch ausführt. Angesichts der Bestimmung von Art. 102 Ziff. 2 lit. b SVG stellt sich allerdings die Frage, ob es möglich sei, der Betrunkenheit am Steuer im Rahmen von lit. a Rechnung zu tragen. Wenn das Fahren in angetrunkenem Zustande immer schon als eine besondere Rücksichtslosigkeit beurteilt würde, so wäre lit. b des genannten Artikels überflüssig; denn nach dieser Bestimmung ist die Veröffentlichung des Strafurteils vorgesehen, "wenn der Verurteilte innert fünf Jahren mehr als einmal wegen Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand bestraft wird". Es ist daher zuzugeben, dass wenn auch die Betrunkenheit am Steuer immer eine gewisse Rücksichtslosigkeit offenbart, dies nicht notwendigerweise eine besondere sein muss. Dies wird zum Beispiel dann zu verneinen sein, wenn ein nur leicht angetrunkener Motorfahrzeugführer im Bewusstsein seines Zustandes äusserst behutsam fährt, um
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irgendwelchen Unfall zu verhüten. Sind die Voraussetzungen des Art. 102 Ziff. 2 lit. b erfüllt, so hat der Richter jedoch auch in einem solchen Fall die Urteilsveröffentlichung anzuordnen, gleichgültig welcher Grad an Rücksichtslosigkeit angenommen wird. Verraten jedoch die Umstände, unter denen ein Fahrer in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug lenkt, eine besondere Rücksichtslosigkeit, so ist gemäss lit. a die Urteilsveröffentlichung schon bei erstmaliger Begehung anzuordnen. Von diesem Gesichtspunkt aus behalten beide Bestimmungen (lit. a und b von Art. 102 SVG) ihre selbständige Bedeutung.Im vorliegenden Fall hatte der Beschwerdeführer während der ersten Fahrt gegen Mitternacht mindestens 0,8 Promille Alkohol im Blut und mindestens 0,7 Promille im Zeitpunkte des Unfalles. Wird in Betracht gezogen, dass er sich vor der zweiten Fahrt nach seiner Darstellung ungefähr während einer Stunde im Freien aufhielt, um Luft zu schöpfen, so erscheint es zweifelhaft, dass seine leichte Angetrunkenheit allein schon eine besondere Rücksichtslosigkeit zu begründen vermöchte. Zwar kommt hinzu, dass er auch übermüdet war; doch dürfte auch dieser Umstand kaum entscheidend ins Gewicht fallen. Indessen hat der Beschwerdeführer nicht nur Art. 31 Abs. 2 SVG verletzt. Er hat es darüber hinaus auch unterlassen, die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges den Verhältnissen anzupassen, vom rechten Strassenrand und beim Überholen einen ausreichenden Abstand zu wahren und innerhalb der überblickbaren Strecke anzuhalten. Dabei wiegt namentlich der ungenügende Abstand vom rechten Strassenrand, dessen er sich bewusst sein musste, besonders schwer; dies angesichts seiner Geschwindigkeit und der allgemein bekannten Gefahr, bei abgeblendetem Licht Hindernisse auf der rechten Strassenseite nicht rechtzeitig zu bemerken. Endlich verlor der Beschwerdeführer, als er die drei Fussgänger (die späteren Opfer des Unfalles) bemerkte und anfuhr, die Beherrschung über sein Fahrzeug vollends. Eine derartige Häufung von Verletzungen wichtiger Verkehrsregeln lässt den Schluss auf eine besondere Rücksichtslosigkeit zu. Die beanstandete Urteilsveröffentlichung verstösst danach nicht gegen Art. 102 Ziff. 2 lit. a SVG. Unter diesen Umständen braucht nicht untersucht zu werden, ob auch die Voraussetzungen gemäss Art. 61 StGB erfüllt waren.
Demnach erkennt der Kassationshof:
In Teilgutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 23. Oktober 1964 insoweit aufgehoben, als sich die Verurteilung des Beschwerdeführers auch auf Art. 90 Ziff. 2 SVG stützt, und es wird die Sache zur Neubeurteilung der Strafe an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen.