109 II 99
Urteilskopf
109 II 99
24. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. Juli 1983 i.S. Hotel B. AG gegen Staatsrat des Kantons Wallis (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste
Grundbuch, Sacheinlagevertrag.
Die in einem Sacheinlagevertrag vereinbarte Übertragung von Grundeigentum an eine Aktiengesellschaft untersteht dem absoluten Eintragungsprinzip, weshalb die Gesellschaft erst mit dem Grundbucheintrag das Eigentum an den eingebrachten Grundstücken erwirbt. Stirbt der Sacheinleger vor der Anmeldung der Eigentumsübertragung, so sind im Grundbuch vorerst seine Erben als Eigentümer einzutragen.
A.- Erwin, Marie-Thérèse, Eliane und Armin L. gründeten mit öffentlich beurkundetem Errichtungsakt vom 22. Dezember 1981/7. Januar 1982 die Hotel B. AG. Gemäss Sacheinlagevertrag vom 22. Dezember 1981 sollte diese von den Gründern die Aktiven und Passiven des Hotelbetriebs B. übernehmen. Insbesondere verpflichtete sich Erwin L., 59 Grundstücke auf die zu gründende Gesellschaft zu übertragen. Die Hotel B. AG wurde am 21. Januar 1982 im Handelsregister eingetragen.
Am 15. März 1982 starb Erwin L. Darauf richtete das Grundbuchamt am 23. März 1982 an den verurkundenden Notar ein
BGE 109 II 99 S. 100
"präventives Orientierungsschreiben". Darin stellte es unter anderem fest, dass die Grundstücke, die gemäss Sacheinlagevertrag auf die Hotel B. AG zu übertragen sind, vorerst im Grundbuch auf die Erbengemeinschaft des Erwin L. eingetragen werden müssten.
B.- Gegen dieses Schreiben beschwerte sich die Hotel B. AG beim Finanzdepartement des Kantons Wallis. Dieses wies die Beschwerde mit Entscheid vom 21. Juni 1982 ab. Dagegen erhob die Hotel B. AG Beschwerde an den Staatsrat des Kantons Wallis, unter anderem mit dem Begehren um Feststellung, dass für die Eintragung der Gesellschaft als Eigentümerin der im Sacheinlagevertrag aufgeführten Grundstücke im Grundbuch keine vorangehende Eintragung der Erbengemeinschaft L. erforderlich sei. Mit Entscheid vom 24. März 1983 wies der Staatsrat die Beschwerde ab.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht hält die Hotel B. AG an ihrem Feststellungsbegehren fest.
Der Staatsrat beantragt die Abweisung der Beschwerde. Den gleichen Antrag stellt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Aus den Erwägungen:
2. Nach Art. 656 Abs. 2 ZGB bedarf es zum Erwerb von Grundeigentum der Eintragung in das Grundbuch. Damit wird für die Übertragung des Grundeigentums das absolute Eintragungsprinzip festgelegt. Diesem Prinzip unterliegt grundsätzlich jeder rechtsgeschäftliche Erwerb von Grundeigentum (MEIER-HAYOZ, N. 1, 7 zu Art. 656 ZGB). Das einen Anspruch auf die Eigentumsübertragung vermittelnde Rechtsgeschäft ist entweder ein Vertrag oder eine Verfügung von Todes wegen ( Art. 657 Abs. 1 und 2 ZGB ). Der Sacheinlagevertrag stellt ein solches Rechtsgeschäft dar. Die in einem Sacheinlagevertrag vereinbarte Eigentumsübertragung untersteht deshalb dem absoluten Eintragungsprinzip (MEIER-HAYOZ, N. 11, 26 zu Art. 656 ZGB). Folglich ist die Grundbucheintragung entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin konstitutives Erfordernis dafür, dass diese gemäss dem Sacheinlagevertrag vom 22. Dezember 1981 das Eigentum an den 59 Grundstücken erwerben kann.
Der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Übertragung der Grundstücke im Zusammenhang mit der Übernahme eines Geschäfts mit Aktiven und Passiven vereinbart wurde, vermag das
BGE 109 II 99 S. 101
absolute Eintragungsprinzip nicht zu durchbrechen. Auf die Geschäftsübertragung finden die Bestimmungen von Art. 181 OR Anwendung (FORSTMOSER, Schweizerisches Aktienrecht, Bd. I/1, § 10 N. 37, 56). Dies bedeutet, dass die Übernahme des Geschäftes entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht auf dem Weg der Singularsukzession erfolgt, weshalb sich die Übertragung der einzelnen Objekte des Geschäftsvermögens nach den dafür gesetzlich vorgesehenen Vorschriften zu richten hat (FORSTMOSER, a.a.O. § 10 N. 37). Für die Übertragung des Grundeigentums auf die Gesellschaft aufgrund des Sacheinlagevertrags ist daher ein konstitutiv wirkender Eintrag im Grundbuch erforderlich, da es sich dabei, wie dargelegt, um eine auf rechtsgeschäftlicher Grundlage beruhende Eigentumsübertragung handelt.
3. Die Eintragungen im Grundbuch erfolgen aufgrund einer Anmeldung des Eigentümers des Grundstücks, auf das sich die Verfügung bezieht (Art. 963 ZGB, Art. 11 ff. GBV). Der bisherige Eigentümer und Sacheinleger Erwin L. ist am 15. März 1982 verstorben, ohne die Eigentumsübertragung an den 59 Grundstücken angemeldet zu haben. Die Funktion der Anmeldung einer Eigentumsübertragung besteht nicht nur im formellen Antrag an den Grundbuchverwalter, die Änderung einer Eintragung vorzunehmen. Sie stellt im Bereich des absoluten Eintragungsprinzips zugleich die materielle Verfügung über das eingetragene Eigentum dar (BGE 74 II 232; Hans HUBER, Anmeldung und Tagebuch im schweizerischen Grundbuchrecht, ZBGR 59/1978, S. 165; MEIER-HAYOZ, N. 34 zu Art. 656 ZGB). Da die vorliegende Übertragung des Eigentums an den 59 Grundstücken dem absoluten Eintragungsprinzip unterliegt, die Anmeldung der Eigentumsübertragung jedoch unterblieben ist, fehlt es an einer materiellen Verfügung über diese Eigentumsobjekte. Bis zum Ableben des Veräusserers Erwin L. verblieb das Verfügungsrecht über die Grundstücke bei diesem, da es unbestrittenermassen durch den Notar nicht ausgeübt worden war. Mit dem Tod des L. ist es auf dessen Erben übergegangen. Diese können jedoch erst dann durch eine wirksame Anmeldung über die Grundstücke verfügen, nachdem sie selbst als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden sind (MEIER-HAYOZ, N. 49 zu Art. 656 ZGB). Daran vermag auch jene Bestimmung des kantonalen Rechts nichts zu ändern, welche die Urkundsperson beauftragt, die von ihr beurkundeten Rechtsgeschäfte zur Eintragung anzumelden.
4. Wie das Verfügungsrecht über die Grundstücke ist auch Art. 560 Abs. 1 und 2 ZGB ) auf dessen Erben übergegangen, da diese die Erbschaft nicht ausgeschlagen haben. Die Beschwerdeführerin ist daher berechtigt, denselben bedingungslosen Anspruch auf Übereignung und Eintragung der Grundstücke, der ihr aufgrund des Sacheinlagevertrags gegenüber dem verstorbenen Sacheinleger zustand, gegenüber dessen Erben geltend zu machen. Inwiefern sie der Umstand, dass zwei Miterben noch minderjährig sind und deshalb für den Vollzug des Sacheinlagevertrags möglicherweise eines Beistands bedürfen, daran hindern könnte, ist nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sind deshalb weder der bedingungslose Anspruch auf die Grundbucheintragung gemäss Art. 633 Abs. 4 OR noch der mit dieser Bestimmung bezweckte Gläubigerschutz verletzt.
BGE 109 II 99 S. 102
die im Sacheinlagevertrag vereinbarte Pflicht zu deren Übertragung auf die Gesellschaft mit dem Tod des Sacheinlegers kraft Universalsukzession (Referenzen
Artikel:
Art. 656 ZGB,